Zwillingsjungfrau
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Vergessen und vergeben?
Kränkungen mit sanfter Geduld ertragen, während man an einem Racheplan brütet.
In den Straßen der abendlich erleuchteten Stadt ist es heute sehr ruhig. Doch hinter den vielen hellen Fenstern pulsiert das Leben. Deutlich hört man auf den Straßen einen Aufschrei „Toooor“. Im Fernsehen wird das Viertel-Finale der Fußball-Weltmeisterschaft übertragen.
Nur durch ein Fenster dringt bitterliches Schluchzen. Wer weint denn dort?
Es ist Isolde. Sie sitzt in ihrem Lieblingssessel. Um sie herum sieht es aus, als hätte es geschneit. Der Teppich ist übersäht mit vielen zerknüllten feuchten Taschentüchern. In ihrem Fernseher läuft eine Herz-Schmerz-Geschichte, die Isolde tief ergriffen verfolgt.
Im Grunde ihres Herzens begrüßt Isolde die Tatsache, dass Herbert sie wegen einer anderen Frau verlassen hat. Endlich muss sie nicht mehr den "blöden Fußball“ anschauen, sondern kann ohne Tadel das traurige Schicksal der Heldin miterleben.
Wieder einmal empfindet sie ihre eigene Einsamkeit. Erst kürzlich hat ihre Freundin erzählt: „Du, Isolde, stell dir vor, ich habe Herbert getroffen. Du meine Güte, sah der erbärmlich aus. Er lässt dich fragen, ob du ihm verzeihen kannst, er würde so gern zu dir zurückkommen.“
„Ich weiß nicht“, meint Isolde, „seine Untreue hab ich ihm nicht verziehen, doch werde ich es mir überlegen“.
Isolde durchdenkt die bisherigen Erlebnisse, denkt an ihre Einsamkeit und kommt zu dem Schluss: „Ich probier es vielleicht doch noch mal mit Herbert.“ Einige Tage später ruft ihre Freundin an und fragt: „Ich sitze gerade mit Herbert im Cafe Meier, er fragt, ob du es dir überlegt hast?“ Isolde hat sich bereits entschieden. „Sag ihm, er kann mich besuchen kommen“. Das lässt sich Herbert kein zweites Mal sagen.
Mit Blumen in der Hand steht Herbert wenig später in der Tür und wird hereingelassen. „Ach Isolde“, stottert Herbert, „Du hast mir ja so gefehlt. Ich war ein Dummkopf, bitte verzeih mir.“ Doch davon ist Isolde nicht überzeugt. Die Kränkung sitzt zu tief.
Nun lebt Herbert wieder bei Isolde. Isolde dagegen kann nicht vergessen und vergeben. Bei den geringsten Wünschen von Herbert wird dieser in seine Schranken verwiesen und wagt Herbert Widerspruch oder wird er gar aufmüpfig, bezieht er von Isolde Prügel. Sie will nicht mehr für ihn kochen, waschen und bügeln, sie hasst es, morgens die Zahnpastatube zuzudrehen, weil er es vergessen hat, sie ist es leid, jeden Tag seine verstreuten schmutzigen Sachen hinter ihm herzuräumen und sie kann Fußball nun mal nicht ausstehen. Jeden Abend liegt er in ihrem Lieblingssessel, in einer Hand ein Bier, mit der anderen angelt er sich Erdnüsse aus einer Schale und schreit begeistert „Tooor“. Dabei verschluckt er sich fast immer und muss keuchend nach Luft ringen.
So hat Isolde sich das wirklich nicht vorgestellt. Sie überlegt und kommt auf eine Idee.
Zum nächsten Abend-Fernsehprogramm stellt Isolde vor Herbert ein Schälchen mit frisch geknackten Erdnüssen, die heute jedoch appetitlich glänzen. „Iss nur, lieber Herbert“ säuselt Isolde, „du magst sie doch so gern. Ich hab sie für dich in Butter angeröstet.“ Herbert nickt nur stumm, das Endspiel der Fußball-WM ist so spannend, dass er Isolde nicht einmal anblickt. Wieder langt Herbert kräftig zu, verschluckt sich, muss ganz fürchterlich husten, wird blau im Gesicht und tut keinen Muckser mehr. Mit Tränen in den Augen ruft Isolde den Hausarzt, der bei Herbert nur feststellt „Tod durch Ersticken“.
Der Blick durch das Fenster verrät, Isolde sitzt eigentümlich lächelnd in ihrem Lieblingssessel und schaut tränenüberströmt im Fernseher Herz-Schmerz-Geschichten. Sie denkt an das noch fast volle Fläschchen mit den Herztropfen. Es gehörte dem Großvater, der ebenfalls fußballbesessen war. Er knabberte anstatt Erdnüsse abends gern Isoldes selbstgebackene Kekse.
Kränkungen mit sanfter Geduld ertragen, während man an einem Racheplan brütet.
In den Straßen der abendlich erleuchteten Stadt ist es heute sehr ruhig. Doch hinter den vielen hellen Fenstern pulsiert das Leben. Deutlich hört man auf den Straßen einen Aufschrei „Toooor“. Im Fernsehen wird das Viertel-Finale der Fußball-Weltmeisterschaft übertragen.
Nur durch ein Fenster dringt bitterliches Schluchzen. Wer weint denn dort?
Es ist Isolde. Sie sitzt in ihrem Lieblingssessel. Um sie herum sieht es aus, als hätte es geschneit. Der Teppich ist übersäht mit vielen zerknüllten feuchten Taschentüchern. In ihrem Fernseher läuft eine Herz-Schmerz-Geschichte, die Isolde tief ergriffen verfolgt.
Im Grunde ihres Herzens begrüßt Isolde die Tatsache, dass Herbert sie wegen einer anderen Frau verlassen hat. Endlich muss sie nicht mehr den "blöden Fußball“ anschauen, sondern kann ohne Tadel das traurige Schicksal der Heldin miterleben.
Wieder einmal empfindet sie ihre eigene Einsamkeit. Erst kürzlich hat ihre Freundin erzählt: „Du, Isolde, stell dir vor, ich habe Herbert getroffen. Du meine Güte, sah der erbärmlich aus. Er lässt dich fragen, ob du ihm verzeihen kannst, er würde so gern zu dir zurückkommen.“
„Ich weiß nicht“, meint Isolde, „seine Untreue hab ich ihm nicht verziehen, doch werde ich es mir überlegen“.
Isolde durchdenkt die bisherigen Erlebnisse, denkt an ihre Einsamkeit und kommt zu dem Schluss: „Ich probier es vielleicht doch noch mal mit Herbert.“ Einige Tage später ruft ihre Freundin an und fragt: „Ich sitze gerade mit Herbert im Cafe Meier, er fragt, ob du es dir überlegt hast?“ Isolde hat sich bereits entschieden. „Sag ihm, er kann mich besuchen kommen“. Das lässt sich Herbert kein zweites Mal sagen.
Mit Blumen in der Hand steht Herbert wenig später in der Tür und wird hereingelassen. „Ach Isolde“, stottert Herbert, „Du hast mir ja so gefehlt. Ich war ein Dummkopf, bitte verzeih mir.“ Doch davon ist Isolde nicht überzeugt. Die Kränkung sitzt zu tief.
Nun lebt Herbert wieder bei Isolde. Isolde dagegen kann nicht vergessen und vergeben. Bei den geringsten Wünschen von Herbert wird dieser in seine Schranken verwiesen und wagt Herbert Widerspruch oder wird er gar aufmüpfig, bezieht er von Isolde Prügel. Sie will nicht mehr für ihn kochen, waschen und bügeln, sie hasst es, morgens die Zahnpastatube zuzudrehen, weil er es vergessen hat, sie ist es leid, jeden Tag seine verstreuten schmutzigen Sachen hinter ihm herzuräumen und sie kann Fußball nun mal nicht ausstehen. Jeden Abend liegt er in ihrem Lieblingssessel, in einer Hand ein Bier, mit der anderen angelt er sich Erdnüsse aus einer Schale und schreit begeistert „Tooor“. Dabei verschluckt er sich fast immer und muss keuchend nach Luft ringen.
So hat Isolde sich das wirklich nicht vorgestellt. Sie überlegt und kommt auf eine Idee.
Zum nächsten Abend-Fernsehprogramm stellt Isolde vor Herbert ein Schälchen mit frisch geknackten Erdnüssen, die heute jedoch appetitlich glänzen. „Iss nur, lieber Herbert“ säuselt Isolde, „du magst sie doch so gern. Ich hab sie für dich in Butter angeröstet.“ Herbert nickt nur stumm, das Endspiel der Fußball-WM ist so spannend, dass er Isolde nicht einmal anblickt. Wieder langt Herbert kräftig zu, verschluckt sich, muss ganz fürchterlich husten, wird blau im Gesicht und tut keinen Muckser mehr. Mit Tränen in den Augen ruft Isolde den Hausarzt, der bei Herbert nur feststellt „Tod durch Ersticken“.
Der Blick durch das Fenster verrät, Isolde sitzt eigentümlich lächelnd in ihrem Lieblingssessel und schaut tränenüberströmt im Fernseher Herz-Schmerz-Geschichten. Sie denkt an das noch fast volle Fläschchen mit den Herztropfen. Es gehörte dem Großvater, der ebenfalls fußballbesessen war. Er knabberte anstatt Erdnüsse abends gern Isoldes selbstgebackene Kekse.