Flucht über die Nordsee 20: Kuchen und Schnaps für das Volk

van Geoffrey

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Hier ist mir beim zweiten mal lesen ein Fehler aufgefallen:

Alina sagt zu Antonia:
»Jedenfalls darf deine Mutter meinen Vater nicht heiraten?«, zeterte sie, hämmerte mit zwei Fingern auf Antonias Oberschenkel.
Sie fasste an ihr Ohrläppchen, schaute in den Himmel. »Warum?«, hauchte sie. »Weil wir dann Schwester sind.«

Aber so weit ich die Handlung verfolgen konnte, ist Stephen ebenso der (angebliche) Sohn von Franziska wie auch Alina die (tatsächliche) Tochter von Franziska ist.
Also ist Stephen der Bruder von Alina und nicht deren Vater - wenn er auch nur ein Betrüger ist, der in die Rolle des echten Stephen, der tot ist, schlüpft. Somit ist ihre Sorge, Antonia und sie würden durch die Ehe zu Schwestern unbegründet. Sie würden dadurch eigentlich nur zu Cousinen.
Also kann der obige Satz nicht ganz stimmen - oder Alina erliegt einem noch ungeklärten Irrtum.
Vale wäre normalerweise Alinas Vater. Aber an einer anderen Stelle hat sie ja auch zu erkennen gegeben, dass Vale auch nicht ihr wirklicher Vater ist.

Das alles ist schwer zu durchschauen. Man kann Torben keinen Vorwurf machen, dass er verwirrt ist und nicht alles begreift.....
 

ahorn

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Das alles ist schwer zu durchschauen. Man kann Torben keinen Vorwurf machen, dass er verwirrt ist und nicht alles begreift.....
Oder will.;)
Zwei »Pubertiere«. Von Intellekt Alina und Antonia auf demselben Niveau.
Das eine Kind will ausbrechen, die ihm von den Eltern vorbestimmt Rolle verlassen. Aufbegehren! Ist ihre Geschichte wahr oder entspringt sie der Fantasie. Wieleicht ein Mädchen, welches sich wünscht, nicht das Kind seiner Eltern zu sein.
Das andere schwer zu greifen. Gefangen zwischen einer scheinbar zeitlich begrenzten Rolle und Neugier.

Versetzen wir uns in die Lage zweier dreizehnjährige, die sich erst ein paar Stunden kennen aber bereits feststellt haben, dass sie irgendwie auf einer Wellenlänge schwimmen.

Nehmen wir an, Alinas Geschichte entspricht der Wahrheit. Was durchaus möglich, wieleicht nicht hundertprozentig aber ...
Stephen warf Jannette an den Kopf, fuhr Alina fort, dass ihr Lebenswandel sie auseinandertrieb. Er nur eine Randfigur in ihrem Leben war. Gut, er habe das Kind gefunden, sagte sie, aber das Kind bedürfte einer guten Mutter, keiner verständnisvollen Schwester.
Stephen (echt oder nicht echt) füllt sich unterdrückt. Er hat das Kind gefunden, für die er eine gute Mutter braucht! Das Kind kennt die Frau, denn sie ist oder gab sich als ihre Schwester aus.

»Aber hast du mir nicht zugehört! Dieser falsche Stephan hatte von.« Sie schwang ihren Körper, drückte die Nase an Antonia »dem Kind«, sie sackte in sich zusammen, »erzählt, das Jannette nie mit ihm Kontakt hätte treten sollen.«
Jannette, wenn sie so heißt hätte nie als Schwester mit ihr Kontakt aufnehmen sollen.

Alina stieß mit dem rechten Zeigefinger gegen ihr Brustbein »Ich bin das Kind!«
Da sie die Mutterrolle annehmen sollte, oder die Mutter ist.
Welch ein Mann sucht für ein fremdes Kind eine Mutter, nur dann, wenn er der Vater.
Somit ist entweder Stephen oder Jannette ein Fake. Es sei denn Alina wäre das Kind von Inzest. Dann würde sie die Geschichte bestimmt nicht Antonia anvertrauen.

»Quatsch!«, zischte sie und rieb an ihrem Ohrläppchen. »Deine Eltern sind Valentin und Franziska..«
»Aber ich gehöre nicht dazu, bin anders.« Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. »Und«, nickte sie wie ein auf ein Baumstamm einschlagender Specht. »Warum haben sie mich ins Internat gesteckt?«
Die Verschickung ins Internat untermauert ihre Vermutung, dass Vale und Franziska nicht ihre wahren Eltern.

Sie fasste an ihr Ohrläppchen, schaute in den Himmel. »Warum?«, hauchte sie. »Weil wir dann Schwester sind.«
Keine Verwirrtheit, logische Schlussfolgerung.
Denn sollte Stephen nicht Alinas Bruder, sondern ihr Vater sein und dieser heiratet Tanja, dann sind Alina und Antonia Stiefgeschwister aus Alinas Sicht. Aus Antonias Sicht wäre sie eher die Tante von Alina – einen Gedankengang, den sie nicht preisgeben würde.
Wenn diese Jannette die Mutter (Antonia geht davon aus, dass Tanja ein Verhältnis mit ihr hat), dann wären es wiederum Stiefgeschwister.

Verquer ja! Aber es sind Teenager. ;)
Nur, würde das Gespräch zwischen zwei Mädchen genauso ablaufen?

Gruß
Ahorn
 

van Geoffrey

Mitglied
Hallo, Ahorn!

Danke für die Auflösung des Rätsels.
Bin so fixiert darauf gewesen, die vorgeblichen Verwandtschaftsverhältnisse zu verstehen, dass ich einen Fehler in meinem Verständnis oder im Verlauf deiner Geschichte gesucht habe.
Bin jetzt im Bilde und lese alles noch einmal durch.

Der Satz
»Verschwinden bei euch öfters Leute?«, fragte sie mit gekräuselter Stirn.
ist meiner Einschätzung nach ein Schlüsselsatz.
Denke, dass du in der Geschichte noch darauf zurückkommen wirst.

LG
 

ahorn

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20. Kuchen und Schnaps für das Volk

Toni stellte den Korb ab. »Boa. Ich kann nicht mehr!«, stöhnte er.
Alina lächelte sie an. »Setzt dich zu mir!«
Sie hatte ihr Fahrrad, an dem ihr Vater einen Anhänger befestigt hatte abgestellt, saß auf einer Bank am Dorfanger direkt neben einer Marienstatue.
Er griff an sein Gesäß, zog den Rock glatt und setzte sich zu Alina, faste an sein Knöchel. »Meine Füße«
Alina ergriff ihr Handgelenk, schaute sie über ihre Schulter an.
»Nah,«, schwenkte sie ihren Fuß. »Vor hundert Jahren gab es keine Turnschuhe«.
»Hundert Jahre«, wiederholte Toni.
»Die Klamotten«, griff Alina an die Schürze, »werden von Generation zu Generation weitergereicht«, knurrte sie.
»Ich weiß nicht, was du hast«, er strich über das Mieder. »Ich finde es schick!«

Modisch wäre ihm lieber gewesen, beobachtete er Aishe in ihrem flotten Minikleid. Schweißtropfen tropften von seiner Stirn. Der mehrlagige Rock, die dicken Kniestrümpfe, das derbe Mieder gepaart mit sommerlichen Temperaturen oberhalb zwanzig Grad erfreuten die alten Dorffrauen, nicht ihn. Die ihn bewundernden Damen, lobten, was für ein niedliches, schickes Mädchen er sei. Eine dieser Dorftratschen hatte ihm eine Stola aus Spitze geschenkt. Das Tuch auf der Schulter erhöhte ebenfalls seine Kerntemperatur. Toni kicherte. Wie sich die Zeiten änderten! Vor ein paar Wimpernschlägen hatte er sich nach einer Hose gesehnt, um die Finger zu vergraben. Jetzt saß er schweißnass auf einer Parkbank, schaute zu Aishe, flehte einen luftigen Sommerkleid herbei.

»Jedenfalls bist du in der Familie aufgenommen«, gluckste Alina.
Er starrte sie an. »Wieso?«
Alina und klopfte auf ihr Haupt, bedeckte ihre Lippen.»Du hast dein Häubchen bekommen«, kicherte sie.
Toni wandte ihr den Körper zu, lies die Mundwinkel hängen, zuckte mit den Achseln.
Die Freundin setzte sich aufrecht hin, hob einen Zeigefinger.
»Mädchen«, platzierte sie die Finger auf ihre Brust, »bekommen von einer Tante oder ihrer Großmutter, wenn sie zur Frau werden«, tippte sie abermals auf Antonias Schädel, »diese Kappe«. Sie legte die flache Hand oberhalb ihrer Augenbrauen an, streifte mit ausgestreckten Zeigefinger über den Anger, bis ihr Arm auf ihre Mutter deutete. »Und, wenn sie Heiraten die Haube«, grunzte sie und hielt sich den Bauch vor Lachen. »Verstehst du«, pochte sie an ihre Stirn. »Unter die Haube gekommen!«

Egal, warum er die Kopfbedeckung trug, ihm war bewusst, dass Tanja Franziska nicht eingeweiht hatte.
Toni berührte sein Brustbein, kniff ein Auge zu und zeigte auf Alina. »Und wo ist dein Häubchen?«
Sie schlug ihre Beine übereinander, verschränkte ihre Arme, grinste. »Verschollen!«
Er bedeckte den Mund. »Hast du es verloren?«
»Nein meine Tante Lotti ist verschwunden, bevor sie es mir überreichen konnte.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie auch, war ja noch nicht geboren.«
Toni umfasste seine Brust mit dem linken Arm, stützte den rechten Ellenbogen auf der dazugehörigen Hand ab, schmiegte den Zeigefinger an die Unterlippe.
»Verschwinden bei euch öfters Leute?«, fragte er mit gekräuselter Stirn.
Alina öffnete ihren Mund, kratzte ihr Genick.
»Jannette!«, schoss es Toni aus der Kelle.
»Jannette ist nicht verschwunden!«, zischte es über ihre Lippen.

Es war im ersten Jahr, in dem Alina das Internat besuchte. Da stand sie vor ihr. Sie hatte zuvor nie in ihrem Leben ihre Halbschwester gesehen. Seit diesem Tag hatte Jannette sie regelmäßig aufgesucht. Sie spazierten, radelten, bummelten in der Stadt oder sie fuhren zu ihren Pferden, galoppierten über die Wiesen. Sie gab Alina das, was ihre Mutter nie für sie hatte. Zeit. Zeit und Gunst, die ihr halfen, sich selbst zu finden. Es waren Gespräche von Frau zu Frau mit Gefühl und Hingabe, trotzdem distanziert. Jannette nahm sie nie in den Arm oder hauchte einen Kuss auf ihre Stirn, wie es Franziska pflegte. Sie berührte Alina nie. Angst eine Grenze zu überschreiten. Ihre Schwester verlangte sogar von ihr, nie über ihre Treffen zu berichten. Einmal, im Streit mit Franziskas hielt sie es nicht mehr aus, warf ihr an den Kopf, dass Jannette sie verstand. Worauf ihre Mutter sie für verrückt erklärte, da sie, wie Franziska ihr versicherte, zur Zeit in Estland lebte. Alina war wieder die Spinnerin, denn Beweise besaß sie nicht, nicht mal ein Foto.

»Ich glaube dir.« Antonia strich ihr über die Finger, »Du bist nicht verrückt«, hauchte sie.
Tanja hatte ihr erzählt, dass sie mit Jannette gemeinsam ausritt. Alinas besuchte ein Internat in Österreich. Matthias erklärt ihm ihre Pferde ständen gleich hinter der Grenze. Aber woher wusste er davon?
Alina strich ihr über den Arm.
»Dann sind wir schon zu dritt!«, zischte sie, mit verengten Augen und herunter gezogenen Mundwinkel.

Alina und Jannette waren auf einer ihrer Ausritte, unverhofft tauchte Matthias auf. Was er kurz hinter der Grenze suchte, bekam sie nie heraus. Jedenfalls gestattete Jannette ihm, wenn er Zeit hatte, sich, um ihre Tiere zu kümmern. Ein Angebot, welches ihr Bruder gerne annahm. Dafür verlangte sie von ihm, dass er stillschweigen bewahrte.

»Dieses Schwein, wie konnte ich ihm nur vertrauen«, murmelte Alina.
»Wie meinst du das?«
Sie wandte sich ab, presste ihre Hände auf den Schoß, knetete ihre Finger. »Das ist eine andere Geschichte«, erboste sie sich mit gesenkten Kopf.

»Aber Stephen hat doch Kontakt zu deiner Schwester«, fiel es Toni ein. Es war Jannette, die Tanja gebeten hatte, wegen dieses Testaments, ihn zu heiraten.
Alina lachte, stupste den Zeigefinger an ihre Stirn.
»Stephen«, zischte sie. »Der ist doch nicht echt«, sie schwang die Hand vorm Gesicht.

Jannette hatte ihr gestanden, dass sie sich mit ihrem Bruder nach dem Studium verzankt, seit dem kein Wort mehr mit ihm gewechselt hatte. Stephen bestritt dieses, lud zum Beweis Alina und Jannette zu einem gemeinsamen Musicalbesuch in Hamburg ein, erzählte Alina.
Kurz nach Osten, ihre Eltern darüber froh, dass sie etwas mit ihrem Bruder unternahm, sollte die Reise stattfinden.

Stephen holte Alina von der Schule ab, fuhr mit ihr zuerst gen Passau, um sich mit Jannette am Rathaus zu treffen. Sie warteten, bis er die Nase voll hatte, sie anrief. Sie verweilte in ihrem Hotel. Beide fuhren hin, Stephen stieg aus, wies sie an, im Wagen zu warten.

»Wenn du glaubst, ich bin neugierig«, zischte Alina, legte ihre Hand auf die Brust, »dann liegst du falsch. Mir war langweilig.« Sie zeigte in die Luft. »Ich bin dann hoch und im Flur habe ich sie schon streiten gehört.«

Jannette fuhr Stephen an, berichtete Alina, er könne diese paar Monate bis zur Hochzeit durchhalten, wieder verschwinde, wenn es ihm gefällt. Was ging ihr das blöde Testament an. Sie spielte nicht mehr mit, es wäre jetzt an ihm, klar Schiff zu machen. Woraufhin er ihr vorwarf, dass sie dafür verantwortlich war, ohne sie würde Stephen noch existieren. Hätte sie bloß nie den Kontakt zu Alina aufgenommen, warf Jannette ein. Er hätte nie etwas von dem Testament erfahren.

Toni verdeckte seinen Mund. »Du weißt von dem Testament?«.
»Natürlich. Die Erwachsene glauben immer, wir Kinder kriegen nichts mit, obwohl es das ganze Dorf weis. Das war es aber nicht, worüber sie sich gestritten hatte.«

Stephen warf Jannette an den Kopf, fuhr Alina fort, dass ihr Lebenswandel sie auseinandertrieb. Er nur eine Randfigur in ihrem Leben war. Gut, er habe das Kind gefunden, sagte sie, aber das Kind bedürfte einer guten Mutter, keiner verständnisvollen Schwester. Sie könne es nicht weiter belügen.
Er sollte reinen Tisch machen, verriet Alina. Immer, wenn er sie bräuchte, sollte sie alles für ihn erledigen. Sie wäre nur für die Drecksarbeit da. Worauf er ihr entgegenwarf, dass sie auch ein Interesse daran hätte, nicht leer ausginge.

Alina klopfte mit dem Handballen an die Stirn. »Verstehst du! Stephen ist nicht mein Bruder«, keuchte sie, zeigte ihr eine Faust. »Er ist ein Hochstapler, gibt sich nur als mein Bruder aus!«

Toni presste einen Zeigefinger gegen die Stirn. »Weil er den Hof erben will«, gluckste sie. »Das müssten die deinen Wissen?«
Sie zuckte mit der Schulter. »Weiß ich nicht«, flüsterte Alina. »Vielleicht stecken sie unter einer Decke, dennoch ...«, hauchte sie, lehnte ihren Oberkörper an der Parkbank an.
»Was geht es dich an?«, wandte er sich an Alina und stupste den rechten Zeigefinger an Alinas Brust »oder möchtest du den Hof erben.«
Sie drehte ihren Kopf weg »Ach«, ächzte sie. »Der Hof ist mir schnuppe. Wäre froh, wenn er weg wäre.« Sie senkte das Haupt. »Aber hast du mir nicht zugehört! Dieser falsche Stephan hatte von.« Sie schwang ihren Körper, drückte die Nase an Toni »dem Kind«, sie sackte in sich zusammen, »erzählt, das Jannette nie mit ihm Kontakt hätte treten sollen.«
Er zog den Kopf zurück. »Und?«
Alina stieß mit dem rechten Zeigefinger gegen ihr Brustbein »Ich bin das Kind!«
Nickend zeigte Toni ihr einen Vogel. »Quatsch!«, zischte er und rieb an seinem Ohrläppchen. »Deine Eltern sind Valentin und Franziska..«
»Aber ich gehöre nicht dazu, bin anders.« Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. »Und«, nickte sie wie ein auf ein Baumstamm einschlagender Specht. »Warum haben sie mich ins Internat gesteckt?«
Er wackelte mit dem Kopf. »Weil du dort besser gefördert wirst!«
»Ach. Ist wie in einer normalen Schule«, flüsterte Alina, senkte die Schultern, »Jedenfalls darf deine Mutter meinen Vater nicht heiraten?«, zeterte sie, hämmerte mit zwei Fingern auf Tonis Oberschenkel.
Toni fasste an sein Ohrläppchen, schaute in den Himmel. »Warum?«, hauchte er. »Weil wir dann Schwester sind.«
Alina ergriff seine Hand, legte ein breites Grinsen auf ihre Lippen. »Das wäre mir schon recht.« Sie senkte ihren Blick. »Besser als der Hias, das Schwein!« Sie richtete sich auf, blinzelte Toni zu. »Mit einer Schwester kam man einfach besser Quatschen, alles Anvertrauen«, raunte sie, presste ihre Lippen. »Wie mit Jannette, als ich glaubte, sie wäre meine Schwester.«

Alina faltete ihre Hände, quetschte diese zwischen ihre Knie.
»Ich hab dir nicht alles erzählt«, flüsterte sie und leckte über ihre Lippen. »Ich mag deine Mutter«, druckste sie, hob ihre Schultern bis zum Hals und verdeckte, dabei ein kichern von sich gebend, ihren Mund. »Und dich.« Sie schaute Antonia aus den Augenwinkeln an. »Ich habe Angst, dass die beiden, wenn sie verheiratet sind, sich verlieben«, stotterte sie und wandte ihr das Gesicht zu.
Alina sah sich verlegen um, drückte ihren Mund an ihr Ohr. »Die schlafen miteinander«, flüsterte sie.
Antonias Stirn legte sich in Falten, ihre Augen zu Schlitzen verengt. »Wer!«, murmelte sie, riss die Lider empor.
»Mein Vater«, wisperte sie, schaute sich um, berührte ihre Ohrmuschel mit den Lippen. »Deine Mutter«, tuschelte sie.
Antonia hielt sich den Mund zu. »Vale und Tanja«, stieß sie aus.
Alina schluck ihre flache Hand an die Stirn. »Quatsch!«
»Ach«, sie hob den rechten Zeigefinger, »Dein angeblicher Vater und meine angebliche Mutter«, interpretierte sie ihre Aussage, hob die Schulter, hoffte, dass Alina ihren Versprecher nicht bemerkte. »Und. Was ist da schlimm dran!«, hauchte sie, berührte ihren Arm.
Alina schob Antonias Hand von ihrem Bein. »Willst du mich nicht verstehen!«, starrte sie sie an. Ihr Kopf vibrierte. »Dann kommen Jannette und sie nie wieder zusammen.«

Antonia begriff ihr Geschwafel nicht, da ihre Schwester, wie sie ihr gesagt hatte, mit Jannette ein Verhältnis hatte. Es reichte nicht aus, ein Kleid zu tragen, eine brave Tochter sein, um ein Mädchen zu verstehen. Frauen und Männer sind halt Grund verschieden. Vielleicht lag wie in vielen einwenig Wahrheit in der Aussage, gleichwohl hasste er dieses Vorurteil.

»Es war letzte Wochenende am Vatertag«, nahm Alina den Faden wieder auf.
»Himmelfahrt«, korrigierte Antonia.
»Von mir aus Himmelfahrt, der Tag an dem die Kerle besoffen durchs Dorf laufen«, fauchte sie, fixierte Antonia aus den Augenwinkeln.
»OK!«
»Meine Mutter hatte mich nach Hause geholt.« Sie steckte ihre Zunge heraus, rollte mit den Augen. »Um ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen.«
»Da hast du sie erwischte« , gluckste Antonia, fing sich einen Armrempler ein.
»Du bist blöd«, kicherte Alina. »Natürlich nicht. In der Nacht!«, grummelte sie. »Ich musste mal raus und na ja«, druckste sie, schob ihren Unterkiefer vor. »Das Bad ist ja gleich neben Stephens Zimmer«, klimperte sie mit ihren Wimpern. »Ich bin ja nicht neugierig. Aber«, flüsterte sie, versenkte den Kopf zwischen den Schultern. »Ich habe zweideutig, eindeutige Gebräuche gehört.«
»Eindeutig, zweideutig«, gab Antonia zu verstehen.
»Jetzt höre endlich auf«, knirschte Alina mit den Zähnen, »mit diesen jungenhaften, neunmalklugen Verbesserungen, sonst kündige ich unsere Freundschaft«, zischte sie. »Ich habe durch das Schlüsselloch geschaut«, murmelte sie. »Viel sieht man nicht durch so ein Loch, aber es reichte aus.«
»Konntest du aufs Bett schauen«, pfiff Antonia mit aufgerissenen Augen.
»Nein!«, kam die zornige Antwort. »Sie stieg aus dem Bett und ich glotze auf ihre Scheide«, gluckste sie, verdeckte ihren Mund.
»Und es war eine weibliche Person!«, stocherte Antonia nach.
Sie fing sich erneut einen Seithieb ein.
Alina pickte an ihrer Schläfe und streckte die Zunge heraus. »Hast du irgendwann ein Männchen mit Muschi erblickt. Ich kam eine entblößte Frau von einem nackten Kerl unterscheiden.« Ihre Arme schnellten empor, starrte zwischen ihre Schenkel. »Beim Mann hängt da was!«, amüsierte sie sich. »Außerdem habe ich dir gesagt, dass ich ihre Vulva sah!«. Sie stemmte ihre Fäuste in die Taille. »Wenn ich nicht wüsste, dass du ein Mädchen bist, könnte man fast glauben du wärst ein Junge.«

Sie zuckte zurück, sie musste sich zurückhalten, sonst war die Fassade dahin.
»Und es war Tanja?«, fragte Antonia, obwohl sie wusste, dass ihre Schwester an diesem Tag auf Spitzbergen verweilte.
»Sie hat sich nach vorn gebeugt.« Alina legte ihre Hand zwischen ihre Oberschenkel, rieb. »Um sich mit einem Taschentuch trocken zu wischen«, flüstere sie.
»War sie jetzt im Bad!«, entgegnete sie, kniff ein Auge zu.
»Bist du nicht aufgeklärte?«, zuckte sie mit dem Kopf zurück.
Antonias Augenbrauen trafen sich. »Wieso?«

Alina wackelte von einer Pobacke auf die Andere »Wenn ein Mann bei dir da unten.« Sie Schaute auf Antonias Schritt. »Den Glibber reintut. Glaubst du nicht, da kommt wieder was raus!«
»Ist ja ekelhaft!«, schüttelte sie sich, stellte sich vor, ein Junge würde, was für sie abstrus war, sein Glied aus ihr entfernen und eine Schleimspur hinter sich herziehen.
Alina rümpfte die Nase. »Finde ich auch. Ich könnte mir nicht vorstellen«, würgte sie die Worte hervor, »dass so ein Wurm in mich eindringt und seinen Schleim in mir verteilt«. Sie setzte sich aufrecht hin, sah in den Himmel, rollte mit den Augen. »Obwohl, Spaß macht es schon.«
Antonia umfasste die Parkbank, presste die Lippen aufeinander, erschrocken darüber, dass sie ihre Fantasie an einer Stelle ansetzten, die Alina mit ihren nicht erreicht hatte. Verwundert über ihren letzten Satz, der ihrer Aussage in einer für sie nicht billigenden Art widersprach,.

»Hast du etwa, nah ...«, stotterte sie, »an dir rumgespielt?«
»Du nie?«, sah Alina sie verblüfft an.
Antonia schoss der Schweiß auf die Stirn. »Doch, doch!«, stammelte sie und ihr Gesicht lief rot an.

Themen hatten Mädchen, wenn sie sich vorstellte, sie würde mit einem Freund, den sie nicht besaß, derartige Sachen besprechen. Allein die Wörter, die sie in ihren zarten Mund nahm, trieben ihr mehr Blut in den Kopf.

Alina legte einen Arm um ihre Schulter.
»Ich sehe wir Madels verstehen uns«, hauchte sie, drückte einen Kuss auf ihre Wange. »Jedenfalls habe ich deine Mutter gesehen und sie hat ihm gesagt, dass es das absolut letzte Mal war«. Sie drohte mit einem Zeigefinger. »Dass er sich um sein Kind sorgen sollte.«
Antonia schaute sich um. »Und es war der Mann mit dem«, flüsterte sie, rieb ihr Ohrläppchen, wippte mit den Schultern »meine Mutter du weißt.«
Alina wandte sich mit gesenkten Haupt ab. »Es war ein Kerl«. Sie schlug mit der Faust auf ihr Knie. »Oder hast du schon einmal eine Frau mit behaarten Beinen gesehen?«
Antonia hob ihre Stirn, spitzte den Mund. »Ja!«, sie grinste, »Bärbel!«
»Du meinst die Tante deiner Mutter?«, stöhnte Alina mit langem Gesicht. »Die ist doch schon alt.«
»Und dann ist sie gegangen und Stephen blieb in seinem Zimmer?«, fragte Antonia um Zeit zu gewinne. Wer log, wer sagte die Wahrheit? Hatte sie Tanja angeschwindelt oder spann Alina.

Sie senkte die Schultern »Ob er in seinem Zimmer blieb weis ich nicht«, ächzte sie. »Aber Jannette habe ich dann auf dem Hof gesehen.«
»Jannette!«, glotze er sie an.
»Ja. Jannette!«, wiederholte sie, klimperte mit den Wimpern. »Nicht direkt. Jedenfalls bestieg sie ihren Wagen. Sie hat einen schnittigen roten Sportwagen, den erkenne ich im Dunkeln.«

»Und du bist nicht neugierig?«
»Ich hatte dir doch gesagt, dass ich auf die Toilette musste«, harschte sie sie an. »Jedenfalls hat sie deine Mutter vor dem Auto begrüßt, bevor sie fuhr!«
Antonias Kinnlade fiel herab.

»Ontonia!«, schrie Valentin.
Alina deutete mit der Hand auf die Gruppe Erwachsener, die sich an einem Bauernhaus amüsierten. »Ich glaube, du wirst gerufen«, kicherte sie.
Er schlug sich an die Stirn.»Mensch, der Kön. Ich sollte den Männern den Obstler bringen.«
Alina stand auf, latschte zu ihrem Anhänger, übergab der aufgestanden Freundin zwei Flaschen. Toni legte die Buddeln in den Korb, hing diesen über die rechte Armbeuge und wanderte los.

Auf der Hälfte seines Weges stieß er mit Matthias zusammen.
»Schickse, kannst nicht aufpassen?«, pflaumte er ihn an, grapschte sich ein Stück Kuchen und lief auf eine an der Seite des Angers marschierenden Gruppe olivgrün gekleideter Glatzköpfe zu.
Er erreichte die Truppe, begrüßte sie, in dem er seine zur Faust geballten Finger in die Luft reckte. Der Anführer trat an ihn heran, stieß ihn mit beiden Händen gegen die Schultern, dann nahm er ihn in den Schwitzkasten, bis Matthias mit hochroten Kopf zusammensackte.

»Kommst du mit auf eine Runde«, fragte Alina Toni nach dem Abendessen.
Es war schon spät am Abend und er wollte mehr von Jannette, Stephen und ihrer Schwester erfahren. Die Füße schmerzten ihm, obendrein hatte er sich vorgenommen, vor Alina ins Bett zu gehen.

Gertrud hielt ihn auf. Sie hatte eine zerrissene Hose in der Hand.
»Ontoinia tust mir een gefallen«, raunte sie, strich ihr über die Haare. »Da Friedl hod heid in da Stod sei Hosn zerissen de mog i flickn«, schüttelte sie den Kopf. Daraufhin zeigte sie auf einen Teller, auf dem Kuchen lag. »Kannst du am Voda sei Kuacha bringn«, lächelte sie Toni an, schritt an den Küchenschrank, entnahm ein Fläschen, tropfte ein wenig von dem Inhalt auf die Teigware. »Des is sei Medizin, aba grod a paar Dropfa sonst bring es ihn um sogt da Doktoa.«
Sie stellte das Medikament auf den Küchentisch, verließ die Küche.
Die Schultern hängend betrachtete Toni den Kuchen und die Medizin, atmete tief ein und trottete zu dem Großvater, der den Enkel mit seinem Wahn verführte.

Tonia stand vor Alinas Kleiderschrank strich über ihr neues Slipshirt und schmunzelte. Zumindest trug er kein Damennachthemd, dafür hatte sich seine Schwester übertroffen. Das Shirt war pink mit Rüschen an den Ärmeln und am Saum. Auf der Brust prangte die Aufschrift Only For Real Girls.
Er legte sich auf die Luftmatratze, nahm das neue Buch zu Hand. Warum hatte Tanja sie angelogen, dachte er und schlug Flucht über die Nordsee auf.

Bevor er den ersten Satz zu ende gelesen hatte, fielen ihm die Augen zu.



weiter zum nächsten Teil 21. Risikoreiche Wende
 



 
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