Flucht über die Nordsee 23: Der letzte Auftrag

van Geoffrey

Mitglied
Stelle hier meine unfertige Kritik rein. Habe sie bisher aus Zeitmangel nicht fertig stellen können, aber immerhin spiegelt sie meine Gedanken zum Kapitel wider....



Hallo, Ahorn!

Der Hobbydetektiv ist nun eine weitere von mir favorisierte Nebenfigur.
Diesen Abschnitt finde ich witzig. Welcher Mann hat denn auch KEINE Strümpfe in der Aktentasche – tststs.

Der Mann öffnete seine lederne Aktentasche.
Sie rafte ihren Rock. »Hast du ein paar Strümpfe dabei?«
Er holte ein Notizbuch hervor. »Ich nein? Wieso? Du solltest eher lernen auf diesen Stöckelschuhen zugehen.«
»Ich schritt bereits auf High Heels, da hast du noch in die Windel geschissen«, schäumte sie.

Auch diesen Abschnitt finde ich witzig:

»Ja«, grunzte er. »Der Fahrer hätte Shila ...«
»Gesundheit«, entgegnete die Frau.
»Das Mädchen heißt Shila«, zischte er.
Ihr Kopf kippte zur Seite. »Woher weiß du das?«
»Hat sie mir gesagt?«, hauchte er. »Also. Jedenfalls. Ich habe sie gerettet. Die Mutter war ganz wirr. Hat sie mit ihrem Bruder verwechselt!« Er atmete durch. »Jedenfalls, sie sind dann ins Haus und ich zu meinen Wagen.«

Nun wird auch allen Lesern klar, WER der rettende Neurologenengel war, der Torben/Antonia/Shila gerettet hat.
Ein echter Klasse-Detektiv, dem das Observationsobjekt zweimal davonfährt.
Einmal muss er auf die Toilette und dann hat er Hunger und muss sich einen Imbiss besorgen – ein echter Mann eben.
Jaja, der Mann ist ein Intelligenzbolzen, wie dieser Abschnitt zeigt:

Die Dame schüttelte ihren Kopf.
»Hab ihn dann in einer Drogerie wiedergefunden«, pustete er, er stockte. »Wieder so eine komische Sache. Der Junge hat sich Tampons gekauft. Hab ihn darauf angesprochen, fauchte mich dann an und verließ das Geschäft.«
Er klappte sein Notizbuch zu, steckte es in die Aktentasche.

O Mann, Alina auf die eben gekauften Tampons anzusprechen – im Glauben, sie sei ein Junge.
Der Hobbydetektiv begreift natürlich nicht, warum ihn „der Junge“ anfaucht.

Hier greifst du tief in die Trickkiste des Humors.
Der Hobbydetektiv ist ein sympathischer Tollpatsch, dem manches daneben geht und der vieles nicht begreift.

ABER ich bin der Überzeugung, dass er in seiner tollpatschigen Art noch einmal wesentlich durch eine seiner unzusammenhängenden Beobachtungen zum Handlungsverlauf beitragen wird können.
Ist nur so ein Bauchgefühl.

Die Beziehung der Dame in Rot zum Hobbydetektiv ist tatsächlich eine Mann-Frau-Beziehung – wobei der Hobbydetektiv eher den weiblichen Part und die Dame in Rot eher den männlichen Part bestreitet.
Das zeigt der folgende Abschnitt:

Die Frau zeigte zur Beifahrertür. »Steig aus. Mir reicht es«, zischte sie. »Das hätte ich auch herausbekommen.«
»Und meine Bezahlung?«
Sie öffnete ihre Handtasche.
»Könnest du mich zu meinen Wagen bringen. Er steht außerhalb der Stadt. Ein Mietwagen ist sehr auffällig!«, säuselte er.

Es fehlt noch, dass die Dame in Rot ihm zum Abschied aufs Gesäß klopft und ihn Püppchen nennt. Und ihm vielleicht noch einen Geldschein zusteckt, damit er sich ordentliche Strümpfe leisten kann… ; )

Noch etwas fällt an dem Hobbydetektiv auf: er muss mit der Dame in Rot befreundet sein, was von dem vertrauten „Du“ suggeriert wird. Ein echter Privatdetektiv würde seine Auftraggeberin nicht duzen.

Der „Schnitt“ vom verunfallten Hobbydetektiv zu Bärbel ist gut. Man muss wirklich in der Filmsprache von einem „Schnitt“ reden, denn der Effekt dieses Szenenwechsels ist wirklich fast visuell.
 

ahorn

Mitglied
Hallo van Geoffrey,
ich kann nicht mehr! Bauchmuskelkrämpfe hindern mich klare Sätze zu formulieren.
Das Licht, welches du auf Tim wirfst brillant. Schade, dass mein Roman bereits in den letzten Zügen und für eine Nebenrolle kein Platz mehr.
Aber ich will ihn trotzdem am Leben behalten, er gefällt mir - irgendwie im Nachgang. Daher habe ich mich gerade entschieden ihn aufsteigen zu lassen, vom Detektive zum Rechtsanwalt, wie Harry Klein vom Kommissar zu Derrick. Aus Maximilian Mundlos wird Maximilian Tim Mundlos, damit lebt er als Quasi rechte Hand von Herbert Tamban weiter.

Danke
Ahorn
 

ahorn

Mitglied
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23. Der letzte Auftrag

Die morgendlichen Strahlen der Sonne brachen sich an den Fensterfronten der Passauer Altstadt und hüllt die Straßenfronten in ihr weiches Licht. Eine Dame wandelte über einen Innenhof. Die ausladende Krempe ihres rubinroten Hutes wippte ihr bei jedem Schritt vor der Stirn. Ein bleistiftspitzer Absatz ihrer Pumps verfing sich in einer Fuge des Kopfsteinpflasters. Sie strauchelte. Die an ihren Unterarm hängende cremefarbene Henkeltasche schwang gegen ihre Hüfte, blieb an ihren cremeweißen Gürtel hängen, sodass sie vollends die Balance verlor und auf ihre bestrumpften Knie fiel. Sie rappelte sich empor, fluchte und trippelte auf einen blutroten Sportwagen zu. Öffnete die Fahrertür, griff an den schwingenden Rock ihres Kleides. Es leuchtete in derselben Farbe, wie ihr Hut, nur das unzählige blütenweiße Tupfen auf ihm prangten. Sie glitt in das Fahrzeug. Den Blick auf das Lenkrad stellte sie die Handtasche auf den Beifahrersitz, packte an den Rückspiegel und schaute hinein. Ihr behandschuhter rechte Zeigefinger getupfte ihre aristokratisch gepuderten Wangen, fuhr über die marsrot bemalten Lippen. Ein mit einer Sonnenbrille bedecktes Männergesicht huschte hinter ihrem Spiegelbild vorbei.

Sie begann ihren Kopf zu drehen. »Was machst du in meinen Wagen«, zischelte sie.
»Zehn Punkte in der B-Note«, lachte hämisch eine helle Männerstimme. »Dein Strumpf ist kaputt.«
Sie betrachtete das Malheur. »Scheiße!«, fluchte sie und wandte ihr Haupt.
»Nicht umdrehen«, zischte er. »Bericht erstatten!«
Sie rieb über ihre Nase. »Wir wollten uns doch am Nachmittag treffen«, donnerte sie, »Wie bist du rein gekommen?«
»Diese alte Kiste«, kicherte er. »Ganz einfach!«
Sie öffnete das Handschuhfach. »Dann erzähl mir, was du herausbekommen hast?«, flüsterte sie, dabei spähte sie ins Fach. »Aber beeile dich ich habe keine Zeit!«

Der Mann öffnete seine lederne Aktentasche.
Sie rafte ihren Rock. »Hast du ein paar Strümpfe dabei?«
Er holte ein Notizbuch hervor. »Ich nein? Wieso? Du solltest eher lernen auf diesen Stöckelschuhen zugehen.«
»Ich schritt bereits auf High Heels, da hast du noch in die Windel geschissen«, schäumte sie.

Schmatzend benetzte er den rechten Zeigefinger, schlug das Buch auf. »10. Mai fünfzehn null fünf Zielobjekt verlässt Wohnung«, fing er die Ausführung an.
Sie erhob ihre Hand. »Zusammenfassung reicht«, zischte sie, griff sich ans Genick und glitt mit den Fingerspitzen über eine brillenbügellange und fingerbreite Narbe.
»Also«, ergriff er das Wort. »Das Mädchen fuhr auf ihrem Fahrrad. War ganz schön schnell die Kleine, kam kaum hinterher. Jedenfalls erreichte sie unbeschadet das Brautmodengeschäft Chez Nicole , verblieb dort.« Er blätterte um. »Eine Stunde später verlies sie wieder die Boutique, nahm aber nicht ihr Rad, sondern ein altes Damenrad, fuhr wieder zurück.«

Die Frau richtete ihr schneeweißes Halstuch. »Und dann«, zischelte sie.
»Sie hatte sich nur umgezogen«, stöhnte er, »und fuhr erneut in den Laden. Ich habe dann gewartet. Nichts geschah.« Das Gesicht des Mannes wankte im Spiegel. »Musste dann dringend. Sah dann noch im Rückspiegel wie ihre Mutter das Geschäft betrat.«
Die Dame in Rot zuckte mit dem Kopf. »Ihre Mutter, war da?«
»Komm ich später zu!«. Erneut wandte er das Blatt. »Eine gefühlte endlose Zeit später, erschien ein weiteres Mädchen, sicherlich eine Angestellte, mit einer Tasche und fuhr mit dem Damenrad davon!«

Sie glitt mit einem Finger über das Lenkrad. »Und das andere Mädchen, das du observieren solltest?«, wisperte sie.
»Die kam später mit ihrer Mutter aus dem Geschäft. Sie gingen durch den Park.« Der Mann wackelte mit dem Hintern. »Hab mein Auto stehengelassen. Bin zu Fuß hinterher. Es fing langsam an zu dämmern.«
Sie leckte sich über die Lippen. »Wo sind sie hin?«, pfiff sie.
»Observationspunkt null zwei!«
Die Nase gerümpft, die Stirn in Falten gelegt, starrte sie durch die Windschutzscheibe. »Wie?«
Der Bursche mit der Sonnenbrille schlug die erste Seite des Blockes auf. »Punkt null zwei«, murmelte er. »Wohnung Bärbel Tütken.«
»Aha«, zischte die Frau. »Weiter!«

»Jetzt wird es ganz komisch«, hauchte er. »Ich also hinterher, konnte das Mädchen gerade noch retten.«
»Retten!«, fuhr sie ihm ins Wort.
»Ja, jemand wollte sie überfahren.« Wiedereinmal fing er an zu blättern, diesmal ans Ende seiner Niederschriften. »Ein schwarzer Volvo S90 neueres Baujahr mit belgischen Kennzeichen«, las er.
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. »Mit belgischen Kennzeichen«, wiederholte sie.
»Ja«, grunzte er. »Der Fahrer hätte Shila ...«
»Gesundheit«, entgegnete die Frau.
»Das Mädchen heißt Shila«, zischte er.
Ihr Kopf kippte zur Seite. »Woher weiß du das?«
»Hat sie mir gesagt?«, hauchte er. »Also. Jedenfalls. Ich habe sie gerettet. Die Mutter war ganz wirr. Hat sie mit ihrem Bruder verwechselt!« Er atmete durch. »Jedenfalls, sie sind dann ins Haus und ich zu meinen Wagen.«

Sie rieb an ihrer bleichen Wange. »Was passierte die nächsten Tage?«
»Nichts besonders. In Observationspunkt null eins, war kein Mädchen mehr. Klar war ja in null zwei, machte Besorgungen, ging zur Schule.«
Die Dame griff an ihr Genick. »Und der Junge?«
»Wer?«, hustete er.
»Fiete, der Junge, was hat er gemacht?«, zischte sie.

»Keine Kenntnis!«, stotterte er. »Sollte doch das Mädchen beobachten!«
Er blätterte weiter. »Am 16. fuhren sie mit einem Priester nach Niederbayern.«
»Alle vier?«, drückte sie hervor.
»Gehe von aus«, pustete er. »Also. Jedenfalls. Shila belud den Wagen. Diese Bärbel ging dann zum Bäcker. Ich hinterher hatte selber Hunger. Jedenfalls gab die Verkäuferin mit den Worten für Toni der Frau ein Stück Streuselkuchen. Bärbel antwortete heute nicht«
Sie spitze ihre matten Lippen. »Dann sind sie gefahren?«
»Gehe von aus. Ich musste noch bezahlen, dann waren sie weg!« Er lachte. »Habe dann den Paketbotentrick angewandt!«

Die Frau verzog ihr Gesicht. »Wie Trick?«
»Also. Hab im Haus geklingelt, Paket für Tütken. Eine alte Frau sagte mir, dass die Tütkens nach Bayern sind. Konsequenz Observationspunkt null drei. Bin dann in die Wohnung.« Wieder erschallte sein pipsiges Gelächter. »Einfaches Schloss!«
Die Augen rollend wackelte sie mit ihrem Kinn, wie eine Kuh beim Wiederkäuen. »Irgendetwas gefunden?«
»Nee. Normale Unterkunft, nur das im Mädchenzimmer nur noch die Möbel standen, sonst war alles leer geräumt.« Er atmete tief durch. »Bin dann zum Bahnhof. Die Bahn ist günstiger«, stotterte er.

Er entnahm einen zweiten Block aus der Aktentasche, schlug ihn auf. »Gestern fuhren dann Shila, ihre Mutter, der Junge und«, er pfiff, »eine heiße Braut einkaufen. Ich immer am Ball sprach dann den Jungen an. Wollte ihn ein wenig aushorchen«, schnaufte er wie ein Bulle beim Besteigen eines Weibchens. »Er ging einfach weiter. Musste dann meine Wagen umparken, stand an einer Bushaltestelle.«

Die Dame schüttelte ihren Kopf.
»Hab ihn dann in einer Drogerie wiedergefunden«, pustete er, er stockte. »Wieder so eine komische Sache. Der Junge hat sich Tampons gekauft. Hab ihn darauf angesprochen, fauchte mich dann an und verließ das Geschäft.«
Er klappte sein Notizbuch zu, steckte es in die Aktentasche.
Sie schlug ihre Augen auf und zog ihren Kopf zurück. »Das ist alles?«, zürnte sie.
»Erst einmal ja«, zwitscherte er.

Die Frau zeigte zur Beifahrertür. »Steig aus. Mir reicht es«, zischte sie. »Das hätte ich auch herausbekommen.«
»Und meine Bezahlung?«
Sie öffnete ihre Handtasche.
»Könnest du mich zu meinen Wagen bringen. Er steht außerhalb der Stadt. Ein Mietwagen ist sehr auffällig!«, säuselte er.
Die Dame startete ihren Sportwagen. Der Motor heulte auf. Mit quietschenden Reifen verließ sie den Hinterhof.

Der Mann deutete auf einen in einer Parkbucht stehenden schwarzen BMW.
Er drückte den Beifahrersitz nach vorn. »Danke fürs Bringen«, flüsterte er und kletterte aus dem Fahrzeug.
Die Frau kurbelte die Scheibe herunter. Er schritt um den Wagen. Sie nahm die Handtasche, entnahm einen Briefumschlag und überreichte es ihm.

Der Mann flanierte zu seinem Kraftfahrzeug, öffnete den Umschlag. Mehrer Meter entfernt, wendete der Porsche. Er lief zurück auf die Fahrbahn, hielt lose leere Blätter in der Hand. Das rote Auto beschleunigte, unbeachtet der die Arme emporstreckenden Person. In letzte Sekunde sprang er zur Seite.
Nur bemerkte er nicht den Lastkraftwagen, der auf der entgegengesetzten Spur zu spät bremste.

Die Fahrerin quetschte ihren Busen ans Lenkrad, wandte ihren Kopf. »Angekommen!«, quiekte Bärbel und hielt nach einem Parkplatz ausschaue.
Mit einem Schlag traf sie die Bordsteinkante, der Anlasser ratterte, bevor der Motor den Dienst einstellte.
»Vergiss deine Handtasche nicht«, wies sie Antonia an. »Und. «Ihr Zeigefinger kreiste vor ihrem Gesicht. »Eine Dame steigt immer mit beiden Füßen gleichzeitig aus einem Auto.«

Valentin, Franziska und Tanja mussten schon lange vor Antonia angekommen sein. Die Mutter des Bräutigams stolzierte wie ein aufgeschrecktes Huhn auf und ab und starrte auf ihre Armbanduhr. Der Admiral, hatte das, was sie sowie ihre Schwester nicht besaßen. Es sei den die beiden schipperten auf hoher See, Orientierungssinn. Selbst ihr kam es bei der Fahrt durch Passau vor, als hätten sie manch eine Straße mehrmals befahren.

Ein silbriggrauer Volkswagen hielt direkt neben dem von Karl. Fridolin, seine Gattin, Alina und Matthias stiegen aus. Obwohl sie vor Bärbel und Antonia den Hof verlassen hatten.

»Aishe wäre ich gefahren, wären wir schon lange da«, bellte Fridolin seine Gattin an. Sie lehnte sich an das Fahrzeug, streife ihre Turnschuhe von den Füßen und schlüpfte in Pumps. »Ihr Frauen hab einfach keinen Orientierungssinn«.
Sie richtete ihren Kostümrock. »Ihr Männer mit euren Vorurteilen«, empörte sie sich. »Ich wollte nur nicht.« Sie schaute über ihre Schulter auf die Hacken ihrer Schuhe. »Mit den Absätzen vom Parkhaus hierher laufen.«
Er zeigte demonstrativ auf das Pflaster. »Dann ständen wir aber nicht auf dem Fußweg«, wandte Fridolin ein. »Normalerweise fahre ich, wie sich das gehört!«
Aishe stöckelte auf ihn zu und schaute auf seine Beinkleider.
»Normalerweise zerreißt Mann nicht die Hose, jedenfalls nicht beim Autofahren«.
Das Ehepaar ließ sie und Bärbel zurück. Nach ein paar Wimpernschlägen folgten sie ihnen. Alina und ihr Bruder nahmen Antonia in ihre Mitte und reichten ihr jeweils ihre die Hand.

»Wo bleibt da Bua bloß?«, japste Franziska und fuhr sich in die Haare.
»Der kommt gleich«, versuchte ihr Mann, sie zu beruhigen. Dann zeigte er auf die gegenüberliegende Seite des Rathausplatzes. »Da ich seh ihn!«

Tanja steckte Bärbel ein Taschentuch zu.
»Glaubst du, ich weine bei dieser Hochzeit«, grummelte sie.
»Nein!« Sie runzelte die Stirn, blinzelte Antonia zu. »Aber du hast Lippenstift auf der Wange«.

»Wo bleibst du nur?«, fuhr Franziska Stephen an.
»Ich hab verschlafen«, japste er.

Antonia verdeckte ihren Mund und gluckste. Empfand sie am Vortag das Aussehen von Stephen eher enttäuschend, so verspürte sie in diesem Augenblick einen Anflug von Vergnügen. Standesgemäß, wie Valentin, gekleidet in Tracht, knielange Lederhose, Janker und Hut mit Gamsbart. Nur, dass die Krachlederne ihm wie eine zweite Haut die Oberschenkel einschnürte, eng, wie sie meistens Frauen trugen. Die Jacke dagegen zu weit und verschließen, als hätte schon sein Großvater sie getragen. Die Krönung war im wahrsten Sinn des Wortes die Kopfbedeckung. Wie ein Diadem thronte sie auf seiner Prinz-Eisenerz-Frisur.

Franziska erhob ihre Hand. »Wia kannst du am Dog doana Houchzeid vaschlafa«, zeterte sie. »Und wo hosd du gschlafa?«. Sie schwankte mit ihrem Haupt so ausgiebig, dass ihre Haube verrutschte.
Er zuckte mit den Schultern »Im Hotel«.
Fridolin sprang seinem Bruder zur Seite und blinzelte Tanja zu. »Die Brautleute dürfen nicht am Abend vor der Hochzeit unter einem Dach schlafen«, erklärte er.
»De Dradition gilt doch grod fia de Kirchliche«, konterte Fransiska.
Ihr Mann packte sie am Oberarm und zog sie zur Rathaustür. »Das können wir später klären«, harschte er sie an. »Der Amtmo wartet eh schon auf uns!«

Die Kinder wieselten vorweg die Treppenstufen zum Trausaal herauf und trafen auf Aishes Eltern und Gertrud. Nachdem auch die restlichen Erwachsen ihr Ziel erreichten, schwang die Tür zum Saal auf. Der Standesbeamte hopste mit den Füßen, sah auf seine Armbanduhr, bis die Gesellschaft ihren Platz einnahm. Das Brautpaar direkt hinter dem Schreibtisch. Die Eltern des Bräutigams samt Kinder, Bärbel und Torben neben Alina in der ersten Reihe. Der Rest verteilte sich in den abseitigen Rängen.
Der Beamte begrüßte die Gäste und schmetterte ohne Pathos den Geladenen seine Rede entgegen. Er sprach von Zweisamkeit, Glück und Treue. Nachdem er dem Bräutigam das Ehegelübde abgenommen hatte, wandte er sich der Braut zu.
»Willst du Tanja Sengbein-Tütken, den anwesenden Stephen Dohnhöfer zu deinem anvertrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, dann antworte mit, ja ich will?«
Sie wrang ihren Brautstrauß, schaute zu Bärbel, zuckte mit den Achseln, wandte den Blick Alina und Antonia zu, sah sie mit krauser Stirn an.

weiter zum nächsten Teil 24. Ohne Ausweg
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

van Geoffrey

Mitglied
Danke!

Seine tollpatschigen Eigenschaften gefallen mir. Dass er sich wegen Nahrungsaufnahme oder WC-Pause ewig verspätet, könnte man ja auch zu einem Running Gag machen.

Vergleich mit Harry Klein und sein Aufsteigen zum Anwalt ist interessant. Warte gespannt, was kommt.
DER Detektiv ist für mich immer noch Matula aus "Ein Fall für Zwei".
Diese Mischung aus Biedermann, Weiberheld und einem älteren Herrn, der in gewagten Actionszenen gute Figur macht, finde ich einfach gut.
Man wird aus dem Mann nicht schlau. Lebt immer in Designerwohnungen mit Billardtisch. Man fragt sich, ob er als Detektiv wirklich SO gut verdienen kann. Oder bezieht er Wohnungen, die Dr. Lessing für seine Klienten nur verwaltet, und auf die Matula ein Auge haben soll? Abende bei einem Bier oder Glas Rotwein mit seinem Freund und Arbeitgeber Dr. Lessing.

Ich habe das Thema Running Gags angeschnitten.
Handlungen oder Sätze, die immer wieder vorkommen, und auf die man als Leser gewissermaßen wartet.
An manchen Stellen deines Romans hatte ich den Eindruck, dies und das könnte zu einem Running Gag werden.
 

ahorn

Mitglied
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23. Der letzte Auftrag

Die morgendlichen Strahlen der Sonne brachen sich an den Fensterfronten der Passauer Altstadt und hüllt die Straßenfronten in ihr weiches Licht. Eine Dame wandelte über einen Innenhof. Die ausladende Krempe ihres rubinroten Hutes wippte ihr bei jedem Schritt vor der Stirn. Ein bleistiftspitzer Absatz ihrer Pumps verfing sich in einer Fuge des Kopfsteinpflasters. Sie strauchelte. Die an ihren Unterarm hängende cremefarbene Henkeltasche schwang gegen ihre Hüfte, blieb an ihren cremeweißen Gürtel hängen, sodass sie vollends die Balance verlor und auf ihre bestrumpften Knie fiel. Sie rappelte sich empor, fluchte und trippelte auf einen blutroten Sportwagen zu. Öffnete die Fahrertür, griff an den schwingenden Rock ihres Kleides. Es leuchtete in derselben Farbe, wie ihr Hut, nur das unzählige blütenweiße Tupfen auf ihm prangten. Sie glitt in das Fahrzeug. Den Blick auf das Lenkrad stellte sie die Handtasche auf den Beifahrersitz, packte an den Rückspiegel und schaute hinein. Ihr behandschuhter rechte Zeigefinger getupfte ihre aristokratisch gepuderten Wangen, fuhr über die marsrot bemalten Lippen. Ein mit einer Sonnenbrille bedecktes Männergesicht huschte hinter ihrem Spiegelbild vorbei.

Sie begann ihren Kopf zu drehen. »Was machst du in meinen Wagen«, zischelte sie.
»Zehn Punkte in der B-Note«, lachte hämisch eine helle Männerstimme. »Dein Strumpf ist kaputt.«
Sie betrachtete das Malheur. »Scheiße!«, fluchte sie und wandte ihr Haupt.
»Nicht umdrehen«, zischte er. »Bericht erstatten!«
Sie rieb über ihre Nase. »Wir wollten uns doch am Nachmittag treffen«, donnerte sie, »Wie bist du rein gekommen?«
»Diese alte Kiste«, kicherte er. »Ganz einfach!«
Sie öffnete das Handschuhfach. »Dann erzähl mir, was du herausbekommen hast?«, flüsterte sie, dabei spähte sie ins Fach. »Aber beeile dich ich habe keine Zeit!«

Der Mann öffnete seine lederne Aktentasche.
Sie rafte ihren Rock. »Hast du ein paar Strümpfe dabei?«
Er holte ein Notizbuch hervor. »Ich nein? Wieso? Du solltest eher lernen auf diesen Stöckelschuhen zugehen.«
»Ich schritt bereits auf High Heels, da hast du noch in die Windel geschissen«, schäumte sie.

Schmatzend benetzte er den rechten Zeigefinger, schlug das Buch auf. »10. Mai fünfzehn null fünf Zielobjekt verlässt Wohnung«, fing er die Ausführung an.
Sie erhob ihre Hand. »Zusammenfassung reicht«, zischte sie, griff sich ans Genick und glitt mit den Fingerspitzen über eine brillenbügellange und fingerbreite Narbe.
»Also«, ergriff er das Wort. »Das Mädchen fuhr auf ihrem Fahrrad. War ganz schön schnell die Kleine, kam kaum hinterher. Jedenfalls erreichte sie unbeschadet das Brautmodengeschäft Chez Nicole , verblieb dort.« Er blätterte um. »Eine Stunde später verlies sie wieder die Boutique, nahm aber nicht ihr Rad, sondern ein altes Damenrad, fuhr wieder zurück.«

Die Frau richtete ihr schneeweißes Halstuch. »Und dann«, zischelte sie.
»Sie hatte sich nur umgezogen«, stöhnte er, »und fuhr erneut in den Laden. Ich habe dann gewartet. Nichts geschah.« Das Gesicht des Mannes wankte im Spiegel. »Musste dann dringend. Sah dann noch im Rückspiegel wie ihre Mutter das Geschäft betrat.«
Die Dame in Rot zuckte mit dem Kopf. »Ihre Mutter, war da?«
»Komm ich später zu!«. Erneut wandte er das Blatt. »Eine gefühlte endlose Zeit später, erschien ein weiteres Mädchen, sicherlich eine Angestellte, mit einer Tasche und fuhr mit dem Damenrad davon!«

Sie glitt mit einem Finger über das Lenkrad. »Und das andere Mädchen, das du observieren solltest?«, wisperte sie.
»Die kam später mit ihrer Mutter aus dem Geschäft. Sie gingen durch den Park.« Der Mann wackelte mit dem Hintern. »Hab mein Auto stehengelassen. Bin zu Fuß hinterher. Es fing langsam an zu dämmern.«
Sie leckte sich über die Lippen. »Wo sind sie hin?«, pfiff sie.
»Observationspunkt null zwei!«
Die Nase gerümpft, die Stirn in Falten gelegt, starrte sie durch die Windschutzscheibe. »Wie?«
Der Bursche mit der Sonnenbrille schlug die erste Seite des Blockes auf. »Punkt null zwei«, murmelte er. »Wohnung Bärbel Tütken.«
»Aha«, zischte die Frau. »Weiter!«

»Jetzt wird es ganz komisch«, hauchte er. »Ich also hinterher, konnte das Mädchen gerade noch retten.«
»Retten!«, fuhr sie ihm ins Wort.
»Ja, jemand wollte sie überfahren.« Wiedereinmal fing er an zu blättern, diesmal ans Ende seiner Niederschriften. »Ein schwarzer Volvo S90 neueres Baujahr mit belgischen Kennzeichen«, las er.
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. »Mit belgischen Kennzeichen«, wiederholte sie.
»Ja«, grunzte er. »Der Fahrer hätte Shila ...«
»Gesundheit«, entgegnete die Frau.
»Das Mädchen heißt Shila«, zischte er.
Ihr Kopf kippte zur Seite. »Woher weiß du das?«
»Hat sie mir gesagt?«, hauchte er. »Also. Jedenfalls. Ich habe sie gerettet. Die Mutter war ganz wirr. Hat sie mit ihrem Bruder verwechselt!« Er atmete durch. »Jedenfalls, sie sind dann ins Haus und ich zu meinen Wagen.«

Sie rieb an ihrer bleichen Wange. »Was passierte die nächsten Tage?«
»Nichts besonders. In Observationspunkt null eins, war kein Mädchen mehr. Klar war ja in null zwei, machte Besorgungen, ging zur Schule.«
Die Dame griff an ihr Genick. »Und der Junge?«
»Wer?«, hustete er.
»Fiete, der Junge, was hat er gemacht?«, zischte sie.

»Keine Kenntnis!«, stotterte er. »Sollte doch das Mädchen beobachten!«
Er blätterte weiter. »Am 16. fuhren sie mit einem Priester nach Niederbayern.«
»Alle vier?«, drückte sie hervor.
»Gehe von aus«, pustete er. »Also. Jedenfalls. Shila belud den Wagen. Diese Bärbel ging dann zum Bäcker. Ich hinterher hatte selber Hunger. Jedenfalls gab die Verkäuferin mit den Worten für Toni der Frau ein Stück Streuselkuchen. Bärbel antwortete heute nicht«
Sie spitze ihre matten Lippen. »Dann sind sie gefahren?«
»Gehe von aus. Ich musste noch bezahlen, dann waren sie weg!« Er lachte. »Habe dann den Paketbotentrick angewandt!«

Die Frau verzog ihr Gesicht. »Wie Trick?«
»Also. Hab im Haus geklingelt, Paket für Tütken. Eine alte Frau sagte mir, dass die Tütkens nach Bayern sind. Konsequenz Observationspunkt null drei. Bin dann in die Wohnung.« Wieder erschallte sein pipsiges Gelächter. »Einfaches Schloss!«
Die Augen rollend wackelte sie mit ihrem Kinn, wie eine Kuh beim Wiederkäuen. »Irgendetwas gefunden?«
»Nee. Normale Unterkunft, nur das im Mädchenzimmer nur noch die Möbel standen, sonst war alles leer geräumt.« Er atmete tief durch. »Bin dann zum Bahnhof. Die Bahn ist günstiger«, stotterte er.

Er entnahm einen zweiten Block aus der Aktentasche, schlug ihn auf. »Gestern fuhren dann Shila, ihre Mutter, der Junge und«, er pfiff, »eine heiße Braut einkaufen. Ich immer am Ball sprach dann den Jungen an. Wollte ihn ein wenig aushorchen«, schnaufte er wie ein Bulle beim Besteigen eines Weibchens. »Er ging einfach weiter. Musste dann meine Wagen umparken, stand an einer Bushaltestelle.«

Die Dame schüttelte ihren Kopf.
»Hab ihn dann in einer Drogerie wiedergefunden«, pustete er, er stockte. »Wieder so eine komische Sache. Der Junge hat sich Tampons gekauft. Hab ihn darauf angesprochen, fauchte mich dann an und verließ das Geschäft.«
Er klappte sein Notizbuch zu, steckte es in die Aktentasche.
Sie schlug ihre Augen auf und zog ihren Kopf zurück. »Das ist alles?«, zürnte sie.
»Erst einmal ja«, zwitscherte er.

Die Frau zeigte zur Beifahrertür. »Steig aus. Mir reicht es«, zischte sie. »Das hätte ich auch herausbekommen.«
»Und meine Bezahlung?«
Sie öffnete ihre Handtasche.
»Könnest du mich zu meinen Wagen bringen. Er steht außerhalb der Stadt. Ein Mietwagen ist sehr auffällig!«, säuselte er.
Die Dame startete ihren Sportwagen. Der Motor heulte auf. Mit quietschenden Reifen verließ sie den Hinterhof.

Der Mann deutete auf einen in einer Parkbucht stehenden schwarzen BMW.
Er drückte den Beifahrersitz nach vorn. »Danke fürs Bringen«, flüsterte er und kletterte aus dem Fahrzeug.
Die Frau kurbelte die Scheibe herunter. Er schritt um den Wagen. Sie nahm die Handtasche, entnahm einen Briefumschlag und überreichte es ihm.

Der Mann flanierte zu seinem Kraftfahrzeug, öffnete den Umschlag. Mehrer Meter entfernt, wendete der Porsche. Er lief zurück auf die Fahrbahn, hielt lose leere Blätter in der Hand. Das rote Auto beschleunigte, unbeachtet der die Arme emporstreckenden Person. In letzte Sekunde sprang er zur Seite.
Nur bemerkte er nicht den Lastkraftwagen, der auf der entgegengesetzten Spur zu spät bremste.

Die Fahrerin quetschte ihren Busen ans Lenkrad, wandte ihren Kopf. »Angekommen!«, quiekte Bärbel und hielt nach einem Parkplatz Ausschau.
Mit einem Schlag traf sie die Bordsteinkante, der Anlasser ratterte, bevor der Motor den Dienst einstellte.
»Vergiss deine Handtasche nicht«, wies sie Antonia an. »Und. «Ihr Zeigefinger kreiste vor ihrem Gesicht. »Eine Dame steigt immer mit beiden Füßen gleichzeitig aus einem Auto.«

Valentin, Franziska und Tanja mussten schon lange vor Toni angekommen sein. Die Mutter des Bräutigams stolzierte wie ein aufgeschrecktes Huhn auf und ab und starrte auf ihre Armbanduhr. Der Admiral, hatte das, was er sowie ihre Schwester nicht besaßen. Es sei den die beiden schipperten auf hoher See, Orientierungssinn. Selbst ihm kam es bei der Fahrt durch Passau vor, als hätten er manch eine Straße mehrmals befahren.

Ein silbriggrauer Volkswagen hielt direkt neben dem von Karl. Fridolin, seine Gattin, Alina und Matthias stiegen aus. Obwohl sie vor Bärbel und Antonia den Hof verlassen hatten.

»Aishe wäre wir mit meinem Wagen gefahren, mit mir am Steuer, dann wären wir schon lange da«, bellte Fridolin seine Gattin an. Sie lehnte sich an das Fahrzeug, streife ihre Turnschuhe von den Füßen und schlüpfte in Pumps. »Ihr Frauen hab einfach keinen Orientierungssinn«.
Sie richtete ihren Kostümrock. »Ihr Männer mit euren Vorurteilen«, empörte sie sich. »Ich wollte nur nicht.« Sie schaute über ihre Schulter auf die Hacken ihrer Schuhe. »Mit den Absätzen vom Parkhaus hierher laufen.«
Er zeigte demonstrativ auf das Pflaster. »Dann ständen wir aber nicht auf dem Fußweg«, wandte Fridolin ein. »Frauen gehören nicht ans Lenkrad, wie man sieht. Normalerweise fährt der Mann, wie sich das gehört!«
Aishe stöckelte auf ihn zu und schaute auf seine Beinkleider.
»Normalerweise zerreißt Mann nicht die Hose, jedenfalls nicht beim Autofahren«.
Das Ehepaar ließ sie und Bärbel zurück. Nach ein paar Wimpernschlägen folgten sie ihnen. Alina und ihr Bruder nahmen Antonia in ihre Mitte und reichten ihr jeweils ihre die Hand.

»Wo bleibt da Bua bloß?«, japste Franziska und fuhr sich in die Haare.
»Der kommt gleich«, versuchte ihr Mann, sie zu beruhigen. Dann zeigte er auf die gegenüberliegende Seite des Rathausplatzes. »Da ich seh ihn!«

Tanja steckte Bärbel ein Taschentuch zu.
»Glaubst du, ich weine bei dieser Hochzeit«, grummelte sie.
»Nein!« Sie runzelte die Stirn, blinzelte Antonia zu. »Aber du hast Lippenstift auf der Wange«.

»Wo bleibst du nur?«, fuhr Franziska Stephen an.
»Ich hab verschlafen«, japste er.

Toni verdeckte ihren Mund und gluckste. Empfand er am Vortag das Aussehen von Stephen eher enttäuschend, so verspürte er in diesem Augenblick einen Anflug von Vergnügen. Standesgemäß, wie Valentin, gekleidet in Tracht, knielange Lederhose, Janker und Hut mit Gamsbart. Nur, dass die Krachlederne ihm wie eine zweite Haut die Oberschenkel einschnürte, eng, wie sie meistens Frauen trugen. Die Jacke dagegen zu weit und verschließen, als hätte schon sein Großvater sie getragen. Die Krönung war im wahrsten Sinn des Wortes die Kopfbedeckung. Wie ein Diadem thronte sie auf seiner Prinz-Eisenerz-Frisur.

Franziska erhob ihre Hand. »Wia kannst du am Dog doana Houchzeid vaschlafa«, zeterte sie. »Und wo hosd du gschlafa?«. Sie schwankte mit ihrem Haupt so ausgiebig, dass ihre Haube verrutschte.
Er zuckte mit den Schultern »Im Hotel«.
Fridolin sprang seinem Bruder zur Seite und blinzelte Tanja zu. »Die Brautleute dürfen nicht am Abend vor der Hochzeit unter einem Dach schlafen«, erklärte er.
»De Dradition gilt doch grod fia de Kirchliche«, konterte Fransiska.
Ihr Mann packte sie am Oberarm und zog sie zur Rathaustür. »Das können wir später klären«, harschte er sie an. »Der Amtmo wartet eh schon auf uns!«

Die Kinder wieselten vorweg die Treppenstufen zum Trausaal herauf und trafen auf Aishes Eltern und Gertrud. Nachdem auch die restlichen Erwachsen ihr Ziel erreichten, schwang die Tür zum Saal auf. Der Standesbeamte hopste mit den Füßen, sah auf seine Armbanduhr, bis die Gesellschaft ihren Platz einnahm. Das Brautpaar direkt hinter dem Schreibtisch. Die Eltern des Bräutigams samt Kinder, Bärbel und Toni neben Alina in der ersten Reihe. Der Rest verteilte sich in den abseitigen Rängen.
Der Beamte begrüßte die Gäste und schmetterte ohne Pathos den Geladenen seine Rede entgegen. Er sprach von Zweisamkeit, Glück und Treue. Nachdem er dem Bräutigam das Ehegelübde abgenommen hatte, wandte er sich der Braut zu.
»Willst du Tanja Sengbein-Tütken, den anwesenden Stephen Dohnhöfer zu deinem anvertrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, dann antworte mit, ja ich will?«
Sie wrang ihren Brautstrauß, schaute zu Bärbel, zuckte mit den Achseln, wandte den Blick Alina und Toni zu, sah sie mit krauser Stirn an.

weiter zum nächsten Teil 24. Ohne Ausweg
 



 
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