Flucht über die Nordsee 77. Damenkränzchen im Tulpenland

ahorn

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Damenkränzchen im Tulpenland
»Einen weiteren Likör die Damen?«
Klara presste ihre Lippen, schüttelte den Kopf. »Danke. Nein!«
»Für mich nicht!«, gab Josephine zu verstehen.
Der Kellner strich über sein Revier und neigte sich den Damen zu. »Wenn sie etwas wünschen ...«
»Dann melden wir uns«, wetterte Josephine und winkte ab.
Der Ober kehrte auf dem Absatz um und schlich zum nächsten Tisch.
Klara dreht ihre goldfarbene Armbanduhr ums Handgelenk. »Wo bleibt deine Tanja?«
»Die kommt. Warte!«, zischte ihre Freundin und zupfte an ihren Haaren. »Du siehst verboten aus.«
Sie griff in ihre orangerote Mähne. »Das trug ich damals so!«
»Die Locken gehen ja, aber die Farbe: ätzend!«
Klara zupfte am Rock ihres schneeweißen mit kleinen roten Rosen bedruckten Kleides und warf den Kopf in den Nacken.
Josephine reckte den Hals, hob ihren rechten Arm und winkte. »Wenn man von Teufel spricht. Da kommt sie!«
Die linke Hand auf ihrem Oberschenkel wandte sich Klara um und drückte den rechten Ellenbogen auf die Rückenlehne des tiefschwarzen, ledernen Sessels. »Stephen!«
Josephine zwinkerte. »Ideale Besetzung für die Tanja. Meinst du nicht?«

»Tag die Damen.«
Josephine plusterte ihre Wangen, obendrein zeigte sie mit dem Zeigefinger auf ihn. »Wie siehst du den aus!«
Die Stirn gefaltete, strich Stephen über seinen orange-schokoladenbraun karierten Kostümrock. »Ist elegant!«
»In den Siebzigern«, spöttelte Josephine.
Klara sah Stephen grimmig an, woraufhin er das Gesicht abwandte und an ihr vorbei stöckelte. Er setzte sich wie eine feine Dame auf den dritten Klubsessel, stellte seine Handtasche auf den kniehohen Tisch und schaute abwechselnd von Links nach rechts. »Da bin ich. Wie geht es weiter?«

Klara klopfte an ihre Schläfe. »Josephine bis du jetzt total verrückt«, zischte sie und stieß mit dem Absatz ihrer rechten rosenroten Sandalette gegen Stephens Sessel. »Kannst ihn gleich bei den Bullen abliefern!«
Stephen legte eine Strähne seiner sandgelben Langhaarperücke über sein rechtes Ohr. »Wie?«
Die Arme vor der Brust verschränkt starrte Klara Josephine an. »Viel erzählt hast du ihm nicht.«
»Das Nötigste.«
»Das Tanja sterben wird wohl nicht!«
Josephine spitze die Lippen und betrachtete die Decke des Foyers.
»Bitte erkläre es ihm«, wies Klara sie an.
»Tanja«, sie zeigte auf Stephen, »also du, du wirst entführt und ermordet.« Sie streichelte Stephens Knie. »Wenn ich nicht wüsste, dass du ein Kerl bist, hielte ich dich glatt für Klaras Zwillingsschwester.«

Stephen drückte seine, mit schokoladenbrauner Farbe lackierten Nägeln, verzierten Finger auf seine orange bemalten Lippen. »Sterben«, presste er hervor, zog die Hand auf die rechte Wange, legte die Linke auf die andere und wandte das Gesicht Klara zu. »Ich war der Ansicht, ihr wolltet deinen Entführer überführen!«
Josephine tippte an ihre Schläfe. »Quatsch! Da hast du mich falsch verstanden.« Sie drehte die Spitze des Zeigefingers auf der Haut, als wäre sie in der Lage ein Loch in ihre Schädeldecke zu bohren.»Eine Entführung inszenieren! Habe ich dir gesagt.«
Die Finger erneut auf seinen Lippen beugte er sich zu Klara hinüber. »Aber, hast du mir nicht erzählt, er sei wieder da.«
Klara stützte das Kinn auf ihren Handballen ab. »Genau das macht die Gefahr aus.«
»Warum das Ganze.«
Seine Gattin verschränkte die Arme. »Ich habe es satt Tanja zu spielen.« Sie zupfte an ihrer Haarpracht. »Will wieder ich sein!«
Stephen rückte näher an sie heran. »Du hast einen Menschen ermordet. Musst dich dann zur Verantwortung ...«
»War ein Unfall, das werde ich klären. Schlimmer ist es, dass ich die ganzen Jahre …«
Stephen schlug an seine Stirn und wandte sich Josephine zu. »Ich verstehe. Ihr seid genial.«
»Deswegen kannst du nicht die Tanja spielen«, warf Klara ein.
»Wieso!«
Klara presste den Ellenbogen auf die Seitenlehne des Sessels und legte ihre Wange auf die Handfläche. »Wenn werden die Bullen zuerst unter Verdacht nehmen«, zischte sie. »Hast du dann ein Alibi.«
Josephine grinste und winkte ab. »Las mich das Regeln. Hab keine Angst.« Sie strich über Stephens Knie und schielte zu Klara, »Hauptsache du bist wieder frei!«
Stephen griff sich zwischen seine falschen Brüste. »Ich brauch was für den Magen.«
Beim herumschleichenden Kellner bestellte er sich einen Genever.
»Aber Tanja«, zischte Josephine. »Ein Pfefferminzlikör für die Dame, für mich-«
Der Ober betrachtete Klara. Sie hob das Glas, welches vor ihr auf den Tisch stand. »Ingwer-Tee! Nein! Haben sie Malve-Tee?«
»Gewiss!«, bestätigter der Kellner, dabei streckte er seinen Hals.
Josephine stand auf. »Ich lasse euch mal kurz alleine.« Sie überkreuzte die Beine. »Ich muss mal!«, keuchte sie und stöckelte dem Ober hinterher.

Klara erhob sich, schritt um den Tisch, setzte sich auf den Sessel, auf dem zuvor Josephine gesessen hatte.
»Was machst du hier?«, zischte sie ihn an. »Warum trägst du mein Kostüm?«
Stephen zupfte an der Kostümjacke. »Deins? Hat mir Aishe gegeben.«
Klara zog ihren Kopf zurück. »Wo, wann hast du sie getroffen? Ich versuche sie seit Tagen zu erreichen.«
»Gestern Abend in der Lola. Ich wollte gerade los.«
»Warum?«
»Sie hat herausbekommen, dass ich nicht der bin, für den ich mich ausgebe.«
»Scheiße!«
»Das kannst wohl sagen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht doof.« Er schürzte die Lippen. »Ein bisschen musste ich preisgeben, aber nichts, was unserem Plan gefährdet.«
»Das entschuldigt nicht die Tatsache, dass du hier bist.«
»Josephine hatte mich angerufen. Ihre Tanja irgendwie vakant.«
»Da springst du sofort ein.«
»Wie sollen wir ohne eine Tanja …«
»Ja! Ich gebe dir recht. Du bleibst im Hintergrund, denn für dich ist die Gefahr zu groß.«
Stephen richtete seinen Oberkörper auf. »Ich schaffe das schon. Josephine ist der Ansicht, ich sei ein guter«, er malte Anführungszeichen in die Luft, »Schauspieler.«
»Gut!« Klara grinste. »Perfekt. Da stimme ich ihr zu.« Sie beugte sich zu ihm. »Zwillingsschwester!« Die Arme verschränkend lehnte sie sich zurück. »Im Kostüm trage ich mein Haar nie offen.«
»Machst du wohl!«
»Mache ich nicht«
Stephen öffnete seine Handtasche, zauberte einen Haarkamm hervor und steckte das falsche Haar hoch. »Besser!«
»Zuviel Rouge!«
Er kramte einen Handspiegel aus der Tasche, hielt diesen vor sein Gesicht. »Meinst!«
»Ich habe einen größeren Busen«, konterte Klara, unterdessen starrte sie auf die Henkeltasche.
»Hättest mich mindestens Vorwarnen können.« Sie Lachte während sie über sein Knie strich. »Ich hätte dir Tipps gegeben.«
»Wir sind halt ein gutes Team. Wären wir damals schon gewesen.«
»Hör auf! Ich liebe dich nicht. Werde dich nie lieben!«
»Warum hast du mich dann geheiratet!«
»Das wollte ich nicht, das weißt du. War Bärbels Idee!«
»Aber sie war doch dagegen.«
»Am Anfang nicht«, sie schlug auf ihren Oberschenkel. »Sie hat gesagt, ich solle heiraten, wusste nicht einmal wen. Egal! Warum warst du so lange verschwunden.«
»Gunnars Schuld!«
»Welcher Gunnar?«
»Ich dachte immer, er stünde auf meiner Seite, aber seit ...«
»Welcher Gunnar?«
»Gunnar Müller!«
»So ein kleiner Schmieriger, der immer auf verständnisvoll tut?«
»Das beschreibt ihn! Woher kennst du ihn.«
»War ein Kumpel von Anton. Ging damals auf der Farm ein sowie aus. Erwähne diesen Namen nie wieder. Zu niemanden. Wir sollten die Sache abblasen.«
»Was ist mit unserer Rache. Sollte Josephine nicht genauso Leiden.«
»Ja!«
»Deswegen willst du dich stellen. Einfach einen Schlussstrich ziehen. Mord verjährt nicht!«
»Es war kein Mord, ein Unfall.«
»Wenn willst du das erzählen ohne Beweise.«
»Ich habe einen Zeugen!«, klärte ihn Tanja auf.
»Auf einmal!«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich den Kerl, der mich niedergeschlagen hatte, kurz im Geländewagen erblickt habe.«
»Und!«
»Ich weiß, wer er ist.«
Stephen lachte. »Hast in zufällig beim Einkaufen getroffen.«
»Nein! Du musst ihn kennen! Joos van Düwen!«

Stephen senkte den Blick. »Ein- zweimal gesehen. Anton hat mich immer vor ihm gewarnt.« Er wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht. »Der ist nicht richtig im Kopf.«
Klara zuckte mit den Schultern. »Auf mich hat er einen netten Eindruck gemacht.«
»Ein Eindruck kann täuschen. Anton meinte er können alles gefährden.«
»Bitte nicht!«
Stephen spreizte die Beine, soweit es der enge Rock zuließ, und strich über sein Knie. »Wir sind auserwählt! Du, ich und mein Kind, welches du mir entzogen hast.«
»Zum letzten Mal! Ich bedauere es, dass ich es in Stich gelassen habe. Habe jahrelang nach ihm gesucht, aber Svenja ist meine Tochter.«
Tanja tippte an ihre Schläfe. »Der einzige der krank im Geiste war, war Anton sowie sein Kumpel dieser Ommo. Die mit ihrer Verschwörungstheorie.«
»War es etwa Zufall, dass wir uns bei Josephines Party wiedergesehen. Nein! Ich muss dir etwas sagen.«
Klara regte den Hals. »Jetzt nicht! Josephine kommt zurück.«

Gefolgt vom Kellner schritt Josephine an den Tisch. Der Ober stellte die Getränke ab. Sie setzte sich auf den Platz, auf dem vor ihrem Weggang Klara gesessen hatte.
Sie klatschte in die Hände. »Alles geregelt!«, triumphierte sie und blinzelte Stephen zu. »Du wirst ein Alibi haben.«
»Wie?«, fragte Klara.
Josephine legte ihren rechten Zeigefinger auf ihre tiefroten Lippen. »Abwarten!«
Stephen hob die Schultern. »Wie geht es weiter?«

Josephine öffnete ihre Handtasche. »Zuerst machen wir aus dir Tanja.« Sie holte einen Siegelring hervor, steckte diesen auf seinen rechten Ringfinger. »Den hat Tanja getragen«, sie schwankte mit dem Kopf, »nicht den, den habe ich nachmachen lassen.«
»Ein Affe, der sich den Mund zuhält«, murmelte Stephen.
Josephine wackelte mit ihrem Ringfinger. »Wo ist deiner Tanja Schatz« – »Entschuldige Klara!«
Klara entnahm einen dritten Ring, auf dem ein Affe sich die Ohren zuhielt, ihrer Handtasche und steckte ihn an.
Josephine legte Stephens beringte Hand auf die ihre und sah Klara auffordernd an. Nachdem Klara ihre Hand auf Stephens gelegt hatte, hob und senkte Josephine ihren rechten Arm.
»Schwestern«, begann sie. »Schwestern«, Klara stimmte mit ein. »Schwestern«. Murmelte Stephan unisono mit den Frauen. »Schwestern für immer.«
Josephine warf sich zurück in ihren Sessel, dabei lachte sie süffisant. »Das witzige Tanja«, sie sah Stephen in die Augen, »wir«, ihr Blick wanderte zu Klara, »sind«, sie legte den Kopf schief, »wahre Schwestern.«

Klara verspürte einen Brechreiz. Sie kannte Josephine gut genug, um zu wissen, wann sie log.
Josephine faltete ihre Hände wie zum Gebet. »Ach Klara Engelchen Hauptsache wir hatten Spaß. Ich habe dir verziehen, dass du unseren Vater ermordet hast.« Lächelnd strich sie über Stephens Rock. »Wir mein Schätzchen gehen erst einmal shoppen.« Sie zupfte an dem Stoff. »So kannst du nicht herumlaufen.«
»Klara kommst du mit?«, fragte er sie, die erneut sich streckte, dabei winkte.
»Nein!«
»Wieder die Schnepfe aus dem Restaurant!«
»Meine Sache«, schnaufte Klara, schnappte ihre geldbörsengroße, rosenrote Handtasche und hing den Riemen über ihre Schultern. »Mädels wir sehen uns zum Abendessen!«

»So! Ich bring dich jetzt in deine Pension.«
»Ich dachte«, Stephens Blick wanderte durch das Foyer.
»Wäre zu auffällig. Apropos! Ich habe den Plan ein wenig abgeändert.« Sie tippte auf ihr Brustbein. »Ich nehme die Alina.«, sie stand auf, öffnete Stephens Frisur. »Offene Haare stehen dir besser! Du schnappst dir Klaras Balg. Kommt dir entgegen. Oder?«
Stephen ergriff seine Handtasche, stand auf und hing deren Griff über seine Armbeuge. »Josephine du denkst an alles!«

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