Fluchtversuch (gelöscht)

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James Blond

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Lieber Walther,

dieses Sonett hat mir vor allem dadurch gefallen, dass es eine gewisse Spontaneität und Direktheit austrahlt und dennoch perfekt in seiner Form sitzt.

Das Gefühl, dass Du beschreibst, kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut: Da trifft man auf ein ganz schlechtes Gedicht und spricht das auch offen aus und schon wird man vom selbstgefälligen Dichter samt seiner Jüngerschar in eine Art Glaubenskrieg verwickelt. Unversehens in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt, (hier würde ich allerdings bei der Schreibweise "To[blue]t[/blue]schlag" bleiben,) bleibt dann oft nur noch der schnelle Rückzug als Fluchtversuch.

Wie häufig musste ich das schon in Foren erleben, wo ich ahnungslos und unbekümmert den Platzhirschen vor das Geweih geriet. An einem Austausch von Gedanken, Ideen und Meinungen waren die nicht interessiert: Stets waren sie um ihren Status besorgt, der anscheinend gefährdet schien, wie man an ihren Empfindlichkeiten leicht erkennen konnte.

Obwohl ich nach den ersten Tagen in der LL erkennen muss, dass auch hier Rudelbildungen und persönliche Angriffe keine unbekannten Erscheinungen sind, werde ich mich davon nicht einschüchtern lassen und meine An- oder Einsichten über fremde Texte weiterhin veröffentlichen, es sei denn, der Betreffende bittet mich ausdrücklich darum, von weiteren Kommentierungen seiner Werke Abstand zu nehmen. :)

Zurück zum Text.
Ich hoffe, ich habe den Inhalt so verstanden, wir er gemeint war. Allerdings musste ich in Q2 etwas länger grübeln, bevor ich mir den Sinn zusammengereimt hatte:

Sehr selten bleibt die Chuzpe leider unentdeckt.
Und man ist irreschnell der Dümmste der Galaxis.
Ach ja: Das "man" ist die Schablone aus Q1 ("man las"), hinter der sich der hier dichtende Dichter, (und nicht der Angesprochene) verbirgt. Und weil dieser die Chuzpe ent- und aufgedeckt hat, wird er nun zum Dümmsten der Galaxis - und zum Gejagten. Nachdem ich mir so nach und nach den Inhalt zusammengereimt hatte, wurde mir klar, was mein Verständnis erschwert hatte:

Hier stilisiert sich einer zum Opfer. Er verschweigt dem Leser seine eigenen Taten (der offenen Kritik an einem fremden Text und des nachfolgenden Glaubensstreits, zu dem bekanntlich zwei gehören) und stellt sein Gegenüber als den eigentlichen Täter heraus:

Einer, der ein schlechtes Gedicht schreibt, der auch noch stolz darauf ist und zugleich der Selbsttäuschung erlegen. Einer, der den Brustton der Überzeugung beherrscht, dessen Orthodoxieanspruch ihn zugleich in die Nähe von Mord und Totschlag rückt.

Mein Kompliment:
Die Täter-Opfer-Verdrehung ist wirklich geschickt gemacht, geradezu genial ist die Andeutung von Mord und Totschlag, ohne dass der Vorwurf ausgesprochen wird. Dem bleibt der Andere nun ausgeliefert, ohne sich dagegen wehren zu können.

Mein Urteil:
Hier stellt jemand seine sprachlichen Fähigkeiten in den Rahmen seiner eigenen Machtinteressen. Nicht tiefere Einsicht ist hier das Ziel, nicht die Reflexion der eigenen Rolle, sondern die Wiederherstellung von Selbstgerechtigkeit, die er ironischerweise seinem Gegenüber vorwirft. Ich nenne so etwas eine "angewandte Dichtung" (im Politischen wäre es wohl "Propaganda") und finde es bedauerlich, wenn jemand sein Talent dazu missbraucht. Von einer gelungenen Dichtung erwarte ich mehr.

Gern kommentiert.

LG JB
 

Walther

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lb James,

wieder dieses absichtsvolle mißverstehen, das durch eine freundliche eingangseloge garniert wird. der text beschreibt eine allgemeine übung, die das bild des reimens (hier im sinne des zusammenreimens zu verstehen, was man übrigens leicht erkennen könnte, wenn man es wollte) nur aufgreift.

auch du, James Blond, hätte der liebe caesar unter persiflieren der iden des märz hier gesagt, als du sein armes textlein tötetest (oder das wenigstens langatmigst und nicht sonderlich originell versucht hast) hältst dich und das, was unter uns feierabenddichtern geschieht, für zu wichtig. du bist nicht angesprochen, wenn du hier etwas liest, es sei denn, du läufst barfuß und ziehst dir diesen schuh an.

also: schreibe gute lyrik und ehrliche kommentare. du könntest beides und verschwendest gerade deine und, schlimmer, unsere wertvolle zeit. und, ein drittes mal: steig von deinem hohen roß herunter. es steht dir schlecht an, da oben zu sitzen. da sitzt vielleicht Goethe. aber sicher nicht du und sonst auch keiner aus den leselupen des internets.

damit du's kapierst: solche kommentare amüsieren mich allenfalls, wobei ich gerne noch etwas feinschliff hätte, damit es nicht so leicht ist, die absicht zu durchschauen.

mehr aber auch nicht.

lg w.
 

James Blond

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Lieber Walther,

zum einen erwartest Du von mir "ehrliche Kommentare", zum andern mehr "Feinschliff", um meine Absichten schwer durchschaubarer zu machen. Das dürfte allerdings nur ganz großen Dichtern gelingen, mir wohl nie. ;)

Denn ich sitze auf keinem hohen Roß, gehe zu Fuß und bin für alle erreichbar und offen. Ich ziehe mir Deine Schuhe auch nicht an, weil ich selbst über ein Paar (und nicht etwa: ein paar) verfüge.

Dass Dein Sonett nur als

eine allgemeine übung, die das bild des reimens (hier im sinne des zusammenreimens zu verstehen, was man übrigens leicht erkennen könnte, wenn man es wollte) nur aufgreift.
zu verstehen sein soll, überzeugt mich nicht und ich glaube auch nicht, dass dies daran liegt, dass ich so blöd bin, mehr Inhalt herauszulesen, als dort hineingelegt wurde.

Gerne die Zeit verschwendet.

LG JB
 
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