Gedichte ohne Sinn (1) : Zwecke

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Stavanger

Mitglied
Den meisten Lesern schwebt es vor,
dass ein Gedicht, nach altem Brauch,
hübsch klingen soll fürs linke Ohr
und für das zweite, linke, auch.

Die meisten Kenner finden's gut,
wenn ein zu lesendes Gedicht
von irgendetwas handeln tut
und irgendwie zu ihnen spricht.

Ich finde, dass, was ich gedichtet
(und hoffe stark, das denkst auch du),
den einen Zweck ganz gut verrichtet.
Den andren nicht, das geb ich zu.
 

mondnein

Mitglied
den einen Zweck ganz gut verrichtet.
Den andren nicht, das geb ich zu.
welchen Zweck denn nun verrichtet das, was Du dichtest,
und welchen nicht?
daß es von etwas "handelt"?
oder/und den, daß es irgendwie zu den Lesern spricht?

das ist doch alles Hörersache, nur, allein , ausschließlich
 

Stavanger

Mitglied
Hallo mondnein,

Vorsicht, dies ist wieder blanker Blödsinn!
Trotzdem: Verrichten tut es (finde ich), dass es hübsch klingt.
Was es nicht leistet, ist, dass es von irgendwas handelt.
(Na gut, außer vom Handeln/Nichthandeln/von sich selbst.)
Aber besonders Sinn-voll ist das Stück hoffentlich nicht?!

Es kommt aber noch schlimmer, ich stelle ein zweites aus der Serie ein.

Sei gegrüßt!
Uwe
 

mondnein

Mitglied
Was es nicht leistet, ist, dass es von irgendwas handelt.
ja, ich glaube, ich verstehe jetzt die Intention, Stavanger.

Wenn denn wir schon darüber reflektieren:

Muß in der Gesprächssituation, in der sich der Zuschauer des inneren Films mit dem Mitschöpfer (Leser) des inneren Films befindet, der Text des Drehbuchs immer "von etwas handeln"? Wo man die Absicht "merkt" (und verstimmt ist)?
Lyrik steht zwischen Sprache und Musik. Letztere handelt von nichts, sie erhandelt sich selbst, in Intervallen und Rhythmen, die auf andere Intervalle und Spannungsaufbauten bezogen sind, in der forttreibenden Erwartung durch die kunstvoll geordnete Zeitgestalt der Intervalle und Rhythmen hindurch.
Sprache kann musikalisch werden.
In Dichtungen können die Inhalte, die von etwas zu "handeln" scheinen, hinter der Losgelöstheit (Absolutheit) der sich hervorsingenden Erwartungen und Spannungsbögen zurücktreten.
Das kann ganze Werke betreffen, in denen der ästhetische Gesamtzusammenhang, also die musikalische Gestalt, die scheinbare Handlung mit einem Spannungsproblem aufbaut und in einer alles befriedigenden großen Schlußklausel auf-löst. Wie z.B. in Wagners "Tristan", wo Isolde sich in eine sich selbst im konkreten Vollzug beschreibende Musik auflöst. Der Inhalt, von dem dieses Werk handelt, gipfelt in einer kosmischen Gleichung von Tod=Liebe=Nacht=Selbst=Weltall=Nirvana, die schon dadurch, daß sie das gesamte Ganze des Daseins, den berühmten unbekannten "Sinn des Lebens", zu formulieren versucht, zu tautologischem Nonsense werden muß. Also ein durch und durch unsinniges Werk, spirituell-absolut wie ein unverständliches Kinderlied oder ein Koan. Herrlich!

grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:

Stavanger

Mitglied
Hallo hansz,

Hui, das klingt aber kompliziert!
An Wagner hatte ich gar nicht gedacht, sogar ungefähr am allerwenigsten.
Der war nicht besonders nett, oder?

Jedenfalls viel Gruß:
Uwe
 

Scal

Mitglied
Ich finde, dass, was du gedichtet
nach hübschem, älterem Gebrauch,
beide Zwecke gut verrichtet,
und hoffe stark, das denkst du auch.

:)LG
 

Stavanger

Mitglied
Heihei mondnein,
Mir ist deine Analyse zu kompliziert, und mein Stück ist ein Nonsense-Gedicht.
Also: Ja, das ist alles, was ich zu sagen habe.

Hallo Scal,
Vielen Dank, das hast du schön gesagt!
Schönen Gruß:
Uwe
 

mondnein

Mitglied
Mir ist deine Analyse zu kompliziert
was ist denn daran "kompliziert", daß man das Verhältnis von Form und Inhalt der Verse zu verstehen sucht? Bei nonsense-Texten z.B. absorbiert die Form den Inhalt, die Verse tönen im inneren Film als Musik.
Was auch immer, ich denke, Du weißt, was Du tust.
Aber vielleicht betreibst Du "automatisches Schreiben" -
allerdings metasprachlich reflektiert, etwas abgehoben abstrakt?

grusz, hansz
 



 
Oben Unten