Haselblatt
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Wie hätte der zeit seines Lebens unbekannte und völlig unbedeutende Elias Goldblum ahnen können, dass er der Ausgangspunkt eines unglaublichen Ereignisses sein würde? Eine lapidare Kleinigkeit trotz allem, die für einen anderen, ebenso unbekannten wie unbedeutenden Zeitgenossen eine Lebenswende einläuten sollte. Eine Wende, von deren Dimension er, Elias Goldblum, nicht nur keine Notiz nehmen durfte, sondern die ihn nicht einmal näherungsweise berühren konnte.
Die eigentliche Ursache war ein kleiner Fehler, eine Schlamperei in Wahrheit, die von Elias Goldblum unbemerkt ihr Dasein fristete. Der Fehler hatte als einzigen Parameter eine messbare Länge und Breite. Demnach handelte es sich um einen zweidimensionalen Fehler erster Ordnung, um die Gegebenheiten mit mathematischer Präzision darzustellen: Zwei Zentimeter und acht Millimeter in der einen und knapp vier Millimeter in der anderen Richtung. Keine aufregenden Maße, jedenfalls bei weitem nicht so aufregend wie zum Beispiel 90-60-90, notabene ein dreidimensionaler Parametersatz, der bevorzugt zur Bemaßung der Vermarktungsfähigkeit weiblicher Körperrundungen ins Spiel gebracht wird. Nein, der Fehler, der Elias Goldblum betraf, fiel eher in die Kategorie der Bedeutungslosigkeit - nebbich, wie ein Jude zu sagen pflegt - und blieb demgemäß seinem Auge verborgen.
Oh nein, es handelte sich keinewswegs um einen persönlichen Mangel. Der Fehler bestand vielmehr aus einem zwei-komma-acht mal null-komma-vier Zentimeter großen Loch in der Hosentasche jener Blue Jeans, die Elias Goldblum am Abend einer feucht-fröhlichen Zechtour am Körper trug. Dieses Loch war genau so groß, dass die einzige Münze - ein Zwei-Euro Stück - die ihm nach Sperrstunde an der Bar noch geblieben war, dass also genau diese Münze ihren Weg abwärts, entlang seiner stark behaarten Ober-, dann weiter entlang der Unterschenkel und schlussendlich über den Rist der billigen Kunststoffsandale des rechten Fußes finden konnte. Da lag sie also, auf dem kalten, grauen Boden, blank und nackt, so wie eine verlorene Münze eben aussieht. Derweilen ruhte Elias Goldblum, unberührt vom Verlust seiner letzten Barschaft, zu Hause im Bett und schlief seinen Rausch aus, womit dieser Teil der Geschichte sein erschöpfendes Ende findet.
Kaum wenige Stunden später bückte sich eine dubiose Gestalt, in Uniform gekleidet und mit Schirmkappe - nennen wir sie nur beim Vornamen: Enzo - also es bückte sich dieser Enzo, hob die Münze auf, grinste dämlich vor Freude und streifte das Fundstück ungeniert in seinen Säckel. Welchen Weg wird diese Münze jetzt vor sich haben? Wird sie länger in der Dunkelheit verweilen oder gleich wieder über den Tresen rollen? Wird sie ein neues Schlupfloch finden und sich ungefragt aus dem Staub machen? Wir wissen es nicht, denn eine Münze ist vom Stigma der millionenfachen Anonymität gezeichnet. Ein Stigma, dem auch Millionen Menschen anheim gefallen sind, so, als seien sie das Kleingeld in einem großen Monopoly-Casino, bei dem der Gegenwert eines Menschen nur ein winziger Bruchteil des Mindesteinsatzes ist.
Aber bleiben wir beim Thema: Der besagte Enzo, von Beruf Flugkapitän bei einer großen europäischen Airline, befand sich auf dem Weg zur Arbeit und investierte sein Fundstück bei einem Tabakkiosk in einen einzigen Tipp auf einem Lottoschein. Normalerweise spielte Enzo niemals um Geld, schon gar nicht beim Lotto, von dem er zu sagen pflegte, es sei eine Maschinerie zur Umverteilung von den Blinden zu den Einäugigen. Diesmal erlaubte er sich aber eine Ausnahme, weil gefundenes Geld ist gefundenes Glück - sagt man so?
Und siehe da: wenige Tage später, nach der Ziehung der Lottozahlen bei der Tagesschau im Fernsehen, wusste Enzo, dass sein gefundenes Glück ihn um den Betrag von zwei Millionen und achthundertvierzigtausend Euro reicher werden ließ. Somit hatte das zwei-komma-acht mal null-komma-vier Zentimeter große Loch in Elias Goldblums Hosensack sich in der vierten Dimension um den Faktor zehn hoch sechs vervielfacht. Die etwa ebenso große Zwei-Euro Münze versank hingegen erwartungsgemäß im Dunkel der Anonymität. Elias Goldblum besuchte tags darauf dieselbe Bar, streute diesmal aber kein Kleingeld aus, weil er alles bis zum letzten Cent in Spiritus umgesetzt hatte.
Der besagte Lottokönig namens Enzo warf das Handtuch bei der Airline, buchte ein Ticket für einen Literatenkurs, kaufte Aktien eines bedeutenden britischen Verlagshauses und entwickelte sich nach einiger Zeit zu einem erfolgreichen Börsenspekulant, der für eine Geldkolumne bei der Washington Post einmal wöchentlich einen Kommentar zur Lage auf den Finanzmärkten abgibt.
Wie das Leben halt so spielt...
Die eigentliche Ursache war ein kleiner Fehler, eine Schlamperei in Wahrheit, die von Elias Goldblum unbemerkt ihr Dasein fristete. Der Fehler hatte als einzigen Parameter eine messbare Länge und Breite. Demnach handelte es sich um einen zweidimensionalen Fehler erster Ordnung, um die Gegebenheiten mit mathematischer Präzision darzustellen: Zwei Zentimeter und acht Millimeter in der einen und knapp vier Millimeter in der anderen Richtung. Keine aufregenden Maße, jedenfalls bei weitem nicht so aufregend wie zum Beispiel 90-60-90, notabene ein dreidimensionaler Parametersatz, der bevorzugt zur Bemaßung der Vermarktungsfähigkeit weiblicher Körperrundungen ins Spiel gebracht wird. Nein, der Fehler, der Elias Goldblum betraf, fiel eher in die Kategorie der Bedeutungslosigkeit - nebbich, wie ein Jude zu sagen pflegt - und blieb demgemäß seinem Auge verborgen.
Oh nein, es handelte sich keinewswegs um einen persönlichen Mangel. Der Fehler bestand vielmehr aus einem zwei-komma-acht mal null-komma-vier Zentimeter großen Loch in der Hosentasche jener Blue Jeans, die Elias Goldblum am Abend einer feucht-fröhlichen Zechtour am Körper trug. Dieses Loch war genau so groß, dass die einzige Münze - ein Zwei-Euro Stück - die ihm nach Sperrstunde an der Bar noch geblieben war, dass also genau diese Münze ihren Weg abwärts, entlang seiner stark behaarten Ober-, dann weiter entlang der Unterschenkel und schlussendlich über den Rist der billigen Kunststoffsandale des rechten Fußes finden konnte. Da lag sie also, auf dem kalten, grauen Boden, blank und nackt, so wie eine verlorene Münze eben aussieht. Derweilen ruhte Elias Goldblum, unberührt vom Verlust seiner letzten Barschaft, zu Hause im Bett und schlief seinen Rausch aus, womit dieser Teil der Geschichte sein erschöpfendes Ende findet.
Kaum wenige Stunden später bückte sich eine dubiose Gestalt, in Uniform gekleidet und mit Schirmkappe - nennen wir sie nur beim Vornamen: Enzo - also es bückte sich dieser Enzo, hob die Münze auf, grinste dämlich vor Freude und streifte das Fundstück ungeniert in seinen Säckel. Welchen Weg wird diese Münze jetzt vor sich haben? Wird sie länger in der Dunkelheit verweilen oder gleich wieder über den Tresen rollen? Wird sie ein neues Schlupfloch finden und sich ungefragt aus dem Staub machen? Wir wissen es nicht, denn eine Münze ist vom Stigma der millionenfachen Anonymität gezeichnet. Ein Stigma, dem auch Millionen Menschen anheim gefallen sind, so, als seien sie das Kleingeld in einem großen Monopoly-Casino, bei dem der Gegenwert eines Menschen nur ein winziger Bruchteil des Mindesteinsatzes ist.
Aber bleiben wir beim Thema: Der besagte Enzo, von Beruf Flugkapitän bei einer großen europäischen Airline, befand sich auf dem Weg zur Arbeit und investierte sein Fundstück bei einem Tabakkiosk in einen einzigen Tipp auf einem Lottoschein. Normalerweise spielte Enzo niemals um Geld, schon gar nicht beim Lotto, von dem er zu sagen pflegte, es sei eine Maschinerie zur Umverteilung von den Blinden zu den Einäugigen. Diesmal erlaubte er sich aber eine Ausnahme, weil gefundenes Geld ist gefundenes Glück - sagt man so?
Und siehe da: wenige Tage später, nach der Ziehung der Lottozahlen bei der Tagesschau im Fernsehen, wusste Enzo, dass sein gefundenes Glück ihn um den Betrag von zwei Millionen und achthundertvierzigtausend Euro reicher werden ließ. Somit hatte das zwei-komma-acht mal null-komma-vier Zentimeter große Loch in Elias Goldblums Hosensack sich in der vierten Dimension um den Faktor zehn hoch sechs vervielfacht. Die etwa ebenso große Zwei-Euro Münze versank hingegen erwartungsgemäß im Dunkel der Anonymität. Elias Goldblum besuchte tags darauf dieselbe Bar, streute diesmal aber kein Kleingeld aus, weil er alles bis zum letzten Cent in Spiritus umgesetzt hatte.
Der besagte Lottokönig namens Enzo warf das Handtuch bei der Airline, buchte ein Ticket für einen Literatenkurs, kaufte Aktien eines bedeutenden britischen Verlagshauses und entwickelte sich nach einiger Zeit zu einem erfolgreichen Börsenspekulant, der für eine Geldkolumne bei der Washington Post einmal wöchentlich einen Kommentar zur Lage auf den Finanzmärkten abgibt.
Wie das Leben halt so spielt...
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