gegenwert

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Ralf Langer

Mitglied
hallo rogathe,

das gefällt mir. die muschel und das aus dem schmerz erwachsene kleinod. sehr dicht, vielschichtig interpretierbar.

zwei dinge:
den titel halte ich für falsch gewählt. er ist - wie soll ich sagen - nicht sinnig genug, er weist nur auf das hin was du im text darstellt. hier fände ich etwas, das auf ein anderes hinwiese angemessener.


zum anderen würde ich :

barmherzig begrabe ich sie
in der schatulle

streichen, hier irritiert mich vor allem das adjektiv. ich glaube das gedicht hat diese auflösung nicht nötig. wenn doch würde ich vielleicht den letzten satz in veränderter form als titel nehmen.

in etwa so:

in der schatulle

die muschel wehrt sich
den splitter im fleisch
schicht um schicht ummantelt
verjährt ihr schmerz
zur perle


das wäre für mich ein sehr schönes stück.

nichtsdestotrotz,
sehr gerne gelesen und kommentiert

ralf
 

rogathe

Mitglied
Hallo Ralf,
herzlichen Dank für deine konstruktive Kritik!
Ich denke gerne über deinen Vorschlag nach. Als Titel könnte ich mir "für die schatulle" vorstellen.

Was ist schlecht an Adjektiven?

LG rogathe
 

anbas

Mitglied
Hallo rogathe,

auch mir gefällt dieses Gedicht - aber, im Gegensatz zu Ralf, komplett, so wie es da steht, vom Titel bis zur letzten Zeile. Die Aussage, seinen Schmerz, die Verwundung im Nachhinein barmherzig, vielleicht sogar dankbar anzusehen, ist auf meiner Wellenlänge. Sicher, es ist nicht immer einfach, dies zu tun. Und wenn man mittem im Schmerz ist, geht das erst recht nicht. Aber, so geht es mir jedenfalls, kann ich mir immer öfters in einer schmerzhaften Situation sagen, dass da mit großer Wahrscheinlichkeit eine neue Perle wächst (klar, immer klappt das mit den Perlen nicht :D).

Liebe Grüße

Andreas
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo rogathe,
zu deiner frage:
ich drückte mich mißverständlich aus. hir meinmte ich nicht das adjektiv als solches, sondern die aussage prinzipiell.

ich mag halt offene enden, ich mag es wenn der auto mich durch den text bis an einen punkt führt, an den punkt der entscheidungen, hier bin ich als leser dann gerne allein.

hier will ich selbst entscheiden..


das ist aber wirklich eine einstellungsfrage

lg
ralf
 

ameise

Mitglied
Hallo Rogathe,

barmherzig würde ich streichen. Die Idee von Ralf finde ich interessant.
Ist aber dein Gedicht. Gefällt mir dennoch :)

LG
ameise
 

rogathe

Mitglied
Herzlichen Dank für eure Anmerkungen!
Ich habe mal Ralfs Idee aufgegriffen: Text gestrafft und den Titel verändert.

LG rogathe
 

rogathe

Mitglied
gegenwert

die muschel wehrt sich
den splitter im fleisch
schicht um schicht ummantelt
verjährt ihr schmerz
zur perle
 
S

scarda

Gast
Für mich hat das Werk durch die Straffung verloren.
Mich hatte gerade der Perspektivenwechsel weg von der Muschel, hin zum lyrischen und sich selbst betrachtenden und bewertenden Ich ("barmherzig" "begrabe" "Schatulle")so berührt. Dieser letzte so vieldeutbare Satz der dem Schmerz eine letzte Ruhestätte (aber noch mit der Chance einer Auferstehung) gibt.

Scarda
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo rogathe,
spannendes bild, gefällt mir. dass der nachsatz weg ist, das ist mir eine frage wert:
die barmherzigkeit wird ziemlich zynisch präzise dann, wenn eine muschel ihren schmerz überwunden hat. sie wird getötet werden, damit die perle ihren weg ins wertvolle der menschen finden kann. die muschel überlebt diesen wertetransfer nicht.
könnte es sein, dass du genau diesen zynismus zur sprache bringen wolltest? das wäre ziemlich bissige. dem empathischen schein ein solides bein gestellt.

indem du die barmherzigkeit weglässt, verliert der biss etwas an macht, es kann jetzt auch so gelesen werden:
überwundener schmerz verwandelt sich zuweilen in etwas wertvolles, so etwa ...
ich nehme an, diese lesart ist eher deine absicht.

... mal so gedacht

LG
Die Dohle
 

rogathe

Mitglied
Hallo Ameise, das freut mich!

Hallo Scarda,
hallo Dohle,
die erste Version drückte den Text zu sehr in eine Richtung.
Die Straffung lässt ihn offen.

lG rogathe
 

Walther

Mitglied
moin,

ich finde das gedicht gut gelungen. im "gegenwert" schwingt lautmalerisch die "gegenwehr" mit. das schafft auch dem titel den boden für seine berechtigung.

lg w.
 

Walther

Mitglied
ich wehrte mich nicht dagegen, dieses zu denken, und hielt es für wert, es auszuschreiben (sprechen geht ja noch nicht :)).

wer sich nicht wehrt, ist es nicht wert. :D
 
O

orlando

Gast
Hallo rogathe,
eines dieser Gedichte, die in meinen Augen einen sehr interessanten Kern enthalten, aber insgesamt nicht wirklich zufriedenstellen.
Ich habe mir deshalb noch einmal deine Erstfassung vorgenommen und etwas daran herumgebastelt:


gegenwert

die muschel wehrt sich -
ihr splitter im fleisch
verjährt zur perle

devotionalie meiner schatulle
Ich finde die Sache mit der Schatulle gelungen, um aber den Kreis zu schließen, müsste sie m. E. am Ende wieder als Behältnis für ein wertvolles Gut dastehen (Gegenwert).

Was meinst du dazu?

LG, orlando
 
Hallo rogathe,
die aktuelle Fassung Deines Werkes ist eine echte Perle und auch die Überschrift ist absolut passend. Da bin ich mir mit anbas einig. Sie impliziert die Gegenwehr der Muschel.
Glückwunsch!
LG Eberhard
 



 
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