Gewiss

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Otto, das Gedicht hat zwei Ebenen: eine traurig-tragische und eine absurde.

Die tragisch-traurige entsteht, wenn man den "normalen" Sinn betrachtet.
Wir haben dann aber viele abstrakte Begriffe, kein Bild, außer die Träne als Metapher für Traurigkeit und die Anteilnahme, die du schilderst.

Die absurde Ebene entsteht, wenn man es wörtlich liest.
Ich sitze da und (zer)teile Tränen.
Das hat als Bild eine wesentlich stärkere Wirkung, ist aber wahrscheinlich unabsichtliche Komik. Und eine solche, die nur durch "hutschinieren" entsteht.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
es ist einfach scheiße, wenn man plötzlich in einen Lebenskampf hineingerissen wird, der mit einem selbst so ganz und gar nichts zu tun hat…aber die tränen der trauernden einem so nahe kommen, so selbstverständlich sind, dass man sie mit denjenigen teilt.
(vielleicht aus unbewussten erinnerungen an das selbst erlebte geweint)


aber selbstverständlich gönne ich dem liebenswerten hutschi sein hutschinieren.

gruß und schönes wochenende

otto
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Otto, leider habe ich nicht gewusst, dass es ein derart persönliches Gedicht ist, sonst hätte ich die zweite Interpretation unterlassen.

Leider kenne ich auch solche Situationen.

Ich habe ja die tragische Ebene besonders hervorgehoben. Und sie ergibt sich aus dem Sprichwort "Tränen teilen".

Eine Frage ist, gibt es ein besseres Bild für die Schlusszeile?
Ich habe keins gefunden.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ist schon in ordnung, lieber bernd. ich habe dich schon richtig verstanden. mir fällt leider auch keine alternative zur letzten zeile ein. also lassen wir sie halt so stehen.
 

laudabilis

Mitglied
danke, otto, für diesen text. gern gelesen, zumal ich mich mit eigenen erinnerungen sehr trefflich darin wiederfinde. von mir ne 8.

lg,
laudabilis
 

Thylda

Mitglied
Lieber Otto

Dieses Gedicht, das ich mir nun mehrfach angesehen habe, spricht nicht, jedenfalls nicht zu mir. Der Schmerz der Nähe soll ja wohl einen Jetzt-zustand beschreiben, ist aber so formuliert, als schmerzte Nähe immer. Bei den letzten beiden Zeilen könnte ich mir schon noch eine sprachliche Verbesserung vorstellen, wie etwa

Die Tränen sind nicht meine -
und teile sie doch.

Trotzdem habe ich ein Problem damit, daß die Aussage, wenn auch vielleicht für Dich tief emotional, letztlich eher schlicht ist, und dem Leser wenig Spielraum läßt. Schlichtheit ist immer dann gut, wenn die Worte mehrdeutig/überraschend/witzig/provozierend/schön sind oder Irgendetwas, was mehr ist, als nur eine Aussage/Idee. Sonst wirkt es leicht banal.

Man kann mit Metaphern innerhalb eines Bildes arbeiten, um eine Idee auszuführen, oder reduzieren um kurz und knapp einen Knalleffekt zu erreichen. Das Tränen teilen lehnt sich an Leid teilen an. Für mich persönlich zu nah, um mir als eine neue Idee ein "ja, genau!" zu entlocken. So bleibt Dein Werk für mich zwar tief empfindend, doch wenig verdichtet, ein wenig schal.

Mit diesem Gedicht bleibst Du hinter Deinem Können zurück und ich sehe leider auch wenig Potential. Du hast ein schwieriges Thema gewählt in das Du gefühlsmäßig verstrickt zu sein scheinst, was es in meiner Erfahrung immer noch schwieriger macht, es lyrisch gut umzusetzen.

Liebe Grüße
Thylda
 



 
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