Gewogen

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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gewogen

In den Fängen der kalten Jägerin –
du nennst sie Diana –
rollst du mit den Wogen,
lässt dich zerbrechen an ihren Klippen
und strandest besoffen im Tang.

Du tanzt keinen Walzer mit ihr,
gehst nicht auf einen Tripp in die Welt,
du ertrinkst nur vergessen im Meer.

Was hilft dir der Anker,
der hakt nur das Tau für die Mannschaft,
darüber bricht die Gicht dein Urteil
und nach den Möwen kommt ein Traktor,
der harkt deine Reste vom Strand.

Ein nachtkalter Mond strahlt dir entgegen.
Er ist keine Dame,
was er in den Zähnen kaut,
sind nur die Gezeiten,
dein Ende,
und alles was bleibt ist ein Lied.
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo lapismont,

an der zeile bleibe ich hängen:
"darüber bricht die Gicht dein Urteil"

kann es sein, die Gicht ist die Gischt ...
mal so nachgefragt.

ziemlich wilde sache, muß das noch wirken lassen.

einstweilen grüße vom festland
die dohle
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gewogen

In den Fängen der kalten Jägerin –
du nennst sie Diana –
rollst du mit den Wogen,
lässt dich zerbrechen an ihren Klippen
und strandest besoffen im Tang.

Du tanzt keinen Walzer mit ihr,
gehst nicht auf einen Trip in die Welt,
du ertrinkst nur vergessen im Meer.

Was hilft dir der Anker,
der hakt nur das Tau für die Mannschaft,
darüber bricht die Gischt dein Urteil
und nach den Möwen kommt ein Traktor,
der harkt deine Reste vom Strand.

Ein nachtkalter Mond strahlt dir entgegen.
Er ist keine Dame,
was er in den Zähnen kaut,
sind nur die Gezeiten,
dein Ende,
und alles was bleibt ist ein Lied.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gicht != Gischt

jup, es war keine Krankheit gemeint, auch wenn sie sich (für mein berliner Ohr) besser reimt

;)
 
K

Kara

Gast
... und alles was bleibt ist ein Lied.
Ganz sicher kann man allerdings nicht sein. Vielleicht magst du mein dazu passendes Gedicht lesen:

der letzte engel

du schmiegst dich
in ein bett aus sand
algen haben sich in
deinen haaren verfangen
blicklos sind deine augen
zum himmel gerichtet
den bleichen mond
siehst du nicht mehr
der gleißend
dein bett versilbert
mit leichtem flügelschlag
erscheint ein engel
birgt deine erschöpfte seele
in seinen armen

LG Uschi
 
O

orlando

Gast
...
Nur Sinken um uns von Gestirnen. Abglanz und Schweigen.
Doch das Lied überm Staub danach
wird uns übersteigen.
Ingeborg Bachmann: Lieder auf der Flucht
Oder Paul Celan:
Es sind noch Lieder zu singen jenseits der Menschen.
Diese Verse fallen mir zu deinem Gedicht ein.
Kein schlechtes Zeichen. ;)

Schöne Grüße, verbunden mit forenüblichen Wünschen
Heidrun
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo lapismont,
ging mir wie orlando, untergangslyrik, dann aber dachte ich auch an das lied, lou reed, take a walk on the wild side oder bachs cellosuiten, das weihnachtsoratorium, ...
das ist doch was, sagichmalso

hab, nachdem ich mit dem vorweggenommenen ende zurechtkam gefunden: der text gefällt mir gut.

lg
die dohle
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, euch allen.

Tatsächlich gingen mir einige Lieder durch den Kopf, als ich mich mit dem Thema einließ. Manchmal grübelt man jahrelang über einige Wörter nach, die man in Gedicht packen möchte und stellt plötzlich fest, dass man nur noch nicht die richtige Melodie, den passenden Sound dazu hatte.

Schöne Feiertage wünscht
lap
 
M

mirami

Gast
hi lapismont,

ich lese in diesen zeilen ein "liebesendzeit"-gedicht.
kann sein dass ich völlig daneben liege, ABER man kann das so lesen. und WENN man es so liest, dann hast du hervorragende, sehr unschwülstige, unverbrauchte worte und metaphern gefunden.

lg
mirami
 
F

Fettauge

Gast
Hallo, mein armer Lapismont,

ich weiß gar nicht, was du hast - das kann doch passieren, dass einem in dichterischem Überschwang ein Text mal nicht so gerät, wie einem das vorgeschwebt hat, passiert mir laufend. Nur stelle ich dann meinen Text, dem ich selbst kritisch gegenüberstehe, nicht ins Forum. Da du aber meinen Kommentar kraft deines Moderatorentums in irgendein FL verschoben hast, muss ich annehmen, dass du nur Zustimmung zu diesem Text erwartet hast. Das, entschuldige bitte, ich will dich nun wahrlich nicht kränken, denn was hätte ich davon, mir in dir den beleidigten Poeten zu schaffen?, tut mir sehr leid, ich bin aber der Ansicht, dass man als angehender Literat auch schon mal ein paar zutreffende Worte verkraften lernen muss, zumal ich dir nicht an den Wagen fahren wollte, sondern es mir wirklich nur um deinen Text ging. Ich nehme hiermit die Ausdrücke Blödsinn und Schwulst in tiefer Zerknirschung zurück und bitte demütig um Verzeihung. Leider bleibe ich aber dabei, dass ich den Text nicht gerade überwältigend finde, sondern wirr und unlogisch - für mich kein Zeichen für ein gutes Gedicht. Diese Ansicht musst du mir schon lassen.

Aber ich will meine Ansicht begründen:

1. Strophe:

In den Fängen der kalten Jägerin -
du nennst sie Diana -
rollst du mit den Wogen,
lässt dich zerbrechen an ihren Klippen
und strandest besoffen im Tang.

Anzunehmen, dass du vom Meer als dem Du sprichst. Nun hat aber deine Diana Klippen, wenn ich die Formulierung richtig lese.
Diana mit Klippen und nicht mit Pfeil und Bogen - nun ja, eine recht eigenwillige Version einer Diana. Sprachlich zu bemängeln in diesem Kontext das "besoffen". Schöner wäre hier
"und strandest trunken im Tang", zumal du hier noch einen Stabreim hättest und dich an die Sprachebene gehalten hättest.


2. Strophe:

Du tanzt keinen Walzer mit ihr,
gehst nicht auf einen Trip in die Welt,
du ertrinkst nur vergessen im Meer.

Erst jetzt begreife ich, dass das Du nicht das Meer ist, das mit den Wogen rollt, sondern ein offensichtlich menschliches Wesen. Woher aber die Wogen? Völlig überflüssig das "nur" in Zeile 3.


3. Strophe:

Was hilft dir der Anker,
der hakt nur das Tau für die Mannschaft,
darüber bricht die Gischt dein Urteil,
und nach den Möwen kommt ein Traktor,
der harkt deine Reste vom Strand.

Sachlich zunächst: Ein Anker hakt kein Tau für die Mannschaft, sondern soll verhindern, dass das Schiff weiterfährt.
Aber über den Anker bricht die Gischt "dein" Urteil. Hier hätte ich doch ein "ihr Urteil" erwartet, außerdem bricht die Gischt in diesem Fall nicht, sondern spricht. Dann kommen Möwen, danach ein Traktor, der harkt (?) "deine Reste" vom Strand. Ich stehe ahnungs- und fassungslos vor der Tragödie und stellt mir das Harken des Traktors vor.


4. Strophe:

Ein nachtkalter Mond strahlt dir entgegen.
Er ist keine Dame,
was er in den Zähnen kaut,
sind nur die Gezeiten,
dein Ende,
und alles was bleibt ist ein Lied.

Jetzt wird es komisch. Das Du, das jetzt nur noch als vom Traktor weggeharkter Rest existiert, fühlt offensichtlich noch etwas, nämlich: dass ihm ein nachtkalter Mond entgegenstrahlt.
Vielleicht doch nicht als Rest weggeharkt? Ein wenig verblüffend die Erklärung, dass der Mond keine Dame ist (hier ist der Leser aber tüchtig unterfordert) und dass er die Gezeiten "in den Zähnen" kaut. Muss ich nicht kommentieren. Die Gezeiten sind, verstehe ich das richtig?, offensichtlich das Ende des vom Traktor weggeharkten Restes. Der Leser ist, wenn er es bisher noch nicht war, zumindest jetzt etwas verwirrt. Aber du gibst ihm einen Trost zum Ausklang mit auf den Weg, denn nun ist alles, was bleibt, ein Lied. Von und mit Freddy Quinn: "Junge, komm bald wieder"?

Ich hoffe, du verstehst jetzt, warum ich etwas drastisch werden musste.

Liebe Grüße, Fettauge
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Moin moin Fettauge,

vielen Dank für Deine Beschäftigung mit dem Text.

Gewogen ist sicherlich kein Gedicht, der eine klare Botschaft vermittelt.

Anzunehmen, dass du vom Meer als dem Du sprichst.
Hätte ich jetzt nicht erwartet, dass man hier herauslesen kann, das Meer sei angesprochen.


Nun hat aber deine Diana Klippen, wenn ich die Formulierung richtig lese.
Nicht ganz. Der Angesprochene verbindet die Klippen mit Diana.

Diana mit Klippen und nicht mit Pfeil und Bogen - nun ja, eine recht eigenwillige Version einer Diana.
Genau. Das ist Thema der Strophe.

Sprachlich zu bemängeln in diesem Kontext das "besoffen". Schöner wäre hier
"und strandest trunken im Tang", zumal du hier noch einen Stabreim hättest und dich an die Sprachebene gehalten hättest.
Wäre denkbar. Allerdings ist trunken positv besetzt. Man denkt eher an trunken vor Freude. Der Erzähler gibt mit besoffen aber eine negative Bewertung der Situation ab.

Erst jetzt begreife ich, dass das Du nicht das Meer ist, das mit den Wogen rollt, sondern ein offensichtlich menschliches Wesen. Woher aber die Wogen? Völlig überflüssig das "nur" in Zeile 3.
Wogen kann vieles.
Das nur ist wieder eine Bewertung des Erzählers und darum wichtig.

Sachlich zunächst: Ein Anker hakt kein Tau für die Mannschaft, sondern soll verhindern, dass das Schiff weiterfährt.
Oder abtreibt. Mit der Mannschaft an Bord. Du hast es eigentlich genau erfasst.

Aber über den Anker bricht die Gischt "dein" Urteil. Hier hätte ich doch ein "ihr Urteil" erwartet,
Das ist ein hübsches Sprachphänomen. Wem gehört das Urteil? Dem, der es fällt oder dem, über den es gesprochen wurde?
Erwartet die Verurteile ihr Urteil oder seines (des Gerichts)?

außerdem bricht die Gischt in diesem Fall nicht, sondern spricht.
Mehr lyrische Fantasie, Hannah!
Hier verband ich die über dem Anker zusammenbrechende Gischt mit dem Brechen des Urteilsstabes. Sowas kann man schon mal machen, find ich.

Dann kommen Möwen, danach ein Traktor, der harkt (?) "deine Reste" vom Strand. Ich stehe ahnungs- und fassungslos vor der Tragödie und stellt mir das Harken des Traktors vor.
Genau so ist das. Erst kommen die Möwen, dann der Traktor und dann die Badegäste.

cu
lap
 
F

Fettauge

Gast
Hallo Lapismont,

gut, dann sind wir ja einer Meinung: "Gewogen" - und zu leicht befunden.

Liebe Grüße, Fettauge
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Menetekel utpharsin

P.S.:
stark! stark!
Ich las den Titel - wer wird da nicht an den Menetekel-Spruch aus dem Danielbuch denken, aber hier gilt: erst abwägen, dann urteilen.
Deshalb bin ich geradezu vom Hocker gefallen, als ich (eben erst) las, wie ausgerechnet Fettauge ("Religion gehört in die Kirche und hat in der Leselupe nichts zu suchen", so etwa zu dem Titel "Gebet" von der einzigartigen unica) hier Bibel zitiert.
Ein rhetorisch perfekter Schlußpunkt, und das Urteil bleibt subjektiv beim Abwägenden (ich urteile anders, ich liebe das Lied). Mein Nachtrag ist nur eine kleine Einspänner-Pferdestärke.
 



 
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