Hallo an alle
!
Hier ist noch eine interessante Interpretation, die mir ein Freund auf Anfrage zuschickte. Lesen lohnt sich! Wirklich!
"Als primärern Topos nach der ersten Rezeption des Werks "Gottes Segen?"
lässt sich der (durchaus gewaltsame) Tod ausmachen. Dies kann werkimmanent
belegt werden (z.B. Schädel zersägt), durchaus aber auch durch
entsprechende intertextuelle Kenntnis (z.B.Mandelkerne). Dieser
Todes-Topos kann durch einen Kannibalismus-Topos ergänzt und verstärkt
werden (Fleisch, rot-weiss (mmm Pommes)), wobei ein genereller Grundekel
der hier beschriebenen Nahrungsaufnahme mitschwingt.
Hebt man das Gesamtwerk auf eine eher allegorische Ebene, erschließt sich
dem Interpreten das Werk anders. Wird der Tod nicht als das gewaltsame
Ende angesehen, sondern wertneutral als Veränderung, die jemandem
wiederfährt, zeigt sich der hier angedeutete Kannibalismus doch eher als
eine Form der Autophagie, der Selbstverzehrung, deren Wurzeln im
angestrengeten Nachdenken über die o.g. Veränderung liegen. Dennoch
schwingt hier auch eine gewisse Form der Selbstbestätigung /
Selbstwertschätzung, vor allem in der letzten Strophe mit (selig bin ich).
Daran lässt sich nach Interpretenmeinung ablesen, dass Veränderung
manchmal schmerzhaft sein kann und das letzte von einem Menschen fordert,
generell aber auch zu einer Form der Zufriedenheit oder negativ konnotiert
Resignation führt.
In diesem Zusammenhang ist das Bild des Seepferdchens interessant zu
sehen. Getrocknet und als Pulver zerrieben wird es vor allem im
asiatischen Kulturkreis gerne als Potenzmittel zu sich genommmen, es führt
also durch die eigene Veränderung vom Lebewesen zum Objekt eine
Veränderung am Subjekt herbei, es ist also aktiv passiv. Genau so kann
hier das sich selbst verzehrende Subjekt verstanden werden, welches wie
der Interpret annimmt, ungleich dem Verfasser ist, da es aktiv passiv ist,
ihm also Dinge wiederfahren, ohne danach gefragt zu haben, dennoch aber
sich auf der aktiven Seite sieht und somit wenigstens seine eigene
Seligkeit beschwören kann.
Man kann also hier eine Auflösung des Dualismus aktiv/passiv beobachten,
wobei hier die Einheit der Differenz von aktiv/passiv
Handlung ist. Diese Form der Handlungsteuerung und Handlungsabhängigkeit
des hier dargestellten Subjekts zeigt sich insbesondere an den "drei
Stunden Arbeit" welches dem Subjekt auferlegt werden bzw. die es
verrichtet.
Dabei zeichnet sich dieses Subjekt generell durch eine hohe Körperlichkeit
aus, da über den Körper gesprochen wird und der Körper auch benutzt wird
um mit ihm Dinge zu verrichten. Körperlichkeit wird somit zu Handlung, die
am Körper und durch den Körper vorgenommen wird."
Liebe Grüße und gute Nacht!
presque_rien