lieber Bernd,
"ein schuß ins knie" ist eine stehende redewendung für einen fehlschuß oder eine nicht gut geratene aktion. das ist keine beleidigung der dahinter stehenden person, sondern eine, wenn auch blumige, beschreibung eines ergebnisses ihres handelns. ich habe damit nichts über den menschen hinter dem nick "Phantologe" ausgesagt; das stünde mir auch nicht zu, da ich ihn nicht kenne.
leider muß ich dir, und das darf ich auch aufgrund meiner langjährigen haiku-schreiber und - vor allem - leser- und kommtiererei auch, heftig widersprechen, was du als haiku definierst:
* es ist nicht korrekt, daß die form 5-7-5 kontituierend ist; es gibt viele, mit internationalen preisen überschüttete, haikus, die eine zeile haben.
* es ist korrekt, daß haikus eigentlich naturgedichte sind und senryus den menschen zum gegenstand haben.
* es ist besonders wichtig und konstituierend, daß der autor hinter seinem text "verschwindet", also nur beobachtend beschreibt und nicht interpretiert/kommentiert; dieser text tut genau das; wie unbescheiden der autor an die sache geht, kann man daran erkennen, daß er Basho herbeizitiert und sich auf eine stufe mit ihm stellt
* es ist wichtig, das hinter dieser art von betrachtung und zeichnung der umwelt "wohnende" konzept des ZEN zu verstehen: der autor ist unwichtig, das gesehene ist wichtig; der autor respektiert und initiiert die fähigkeit des lesers, das haiku fertigzuschreiben und seine schlüsse aus dem dargebrachten, dem angebot zum hineinfühlen und -denken annehmend, zu ziehen.
* die ebenfalls wichtigen gestaltungsvorgaben des Kigo (jahreszeitenwort) und der wiederholung von aussagen sind von dir gar nicht genannt
* wikipedia liefert übrigens eines kurze und knackige beschreibung, die zwar etwas oberflächlich ist, aber dennoch die merkmale gut herausarbeitet
* wer mehr wissen will, dem empfehle ich die periodika der Deutschen Haiku-Gesellschaft, der ich seit mehr als 20 jahren angehöre
wer diese philosophie nicht verinnerlicht, sollte kein haiku oder senryu schreiben. haiku-momente sind geschenke. sie zu haben und dann schreiben zu können, ist mindestens so viel glück wie begabung. vor allem aber setzt das eine grundbescheidenheit voraus, die uns westlern eigentlich nicht gegeben ist. sie muß man regelrecht einüben.
das haiku verdient respekt, indem man nur dann diese kleinen wunderwerke schreibt, wenn man es kann und in der stimmung dafür ist (= haikumoment).
dem rest empfehle ich schweigen und kontemplieren. vielleicht kommt dann auch der moment, den es braucht.
lieber gruß W.