Haiku / Senryu Weiße Päonie

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B

Beba

Gast
Trotz des Jahreszeitenbezugs würde ich es als Senryu bezeichnen. Wie auch immer, auch mir gefällt der Text. Einzig die Großbuchstaben zu Beginn der Verse stören mich, aber das ist Geschmacksache. ;)

LG
Beba
 

Walther

Mitglied
Lb. serge,

danke für Deine freundlichen Worte. In der Tat ist dieser Text ein Grenzfall.

LG W.

Lb. Beba,

danke für Eintrag und Wertung. Würde man der traditionellen Schule folgen, dann wäre die Verortung unter Senryu richtig. Die moderne Haikuschule verwischt diese Gegensätze zunehmend. Hier sind beide Elemente enthalten: der Jahreszeitenbezug durch das Jahreszeitenwort "Päonie" (= chin. Pfingstrose, ein winterhartes Strauchgewächse aus der Familie der Rosen). Sie findet man auch in japan. Gärten. Die Personalisierung des Bilds im 3. Vers, das ist ein Senryu Element.

LG W.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich war noch gar nicht soweit gelangt, Walters Erwiderung zu lesen, da fiel mir bereits der Jahreszeitenbezug auf. Blumen deuten immer auf eine Jahreszeit hin, wenn sie blühen. Mit wenigen Ausnahmen geben sie zumindest an, dass kein Winter ist.

Für einige, die es nicht sehen sollten: "ie" in "Päonie" wird als Diphtong gesprochen. [Päonije]

Die schweren Köpfe
Der weißen Päonie
Nicken Dir zu

Soweit ich es verstehe, ist der Grenzfall "dir" und "zunicken" - es "vermenschlicht" die Pflanze.
Eine Frage: wie steht es mit dem Satzbau? Wie wichtig ist der Moment des Innehaltens nach dem ersten Vers?

Wäre folgende Form näher am Haiku?:

weißer Blütenkopf -
im Winde nickt sie sachte
die Päonie

(Es geht mir um die Form, die Reihenfolge, den Namen zuerst zu nennen, gefällt mir besser.)
 
B

Beba

Gast
Lb. Bernd,

weißer Blütenkopf -
im Winde nickt sie sachte
die Päonie
in meinen Augen ist deine Version die klassischere Variante. Und hier würde ich nun auch von einem Haiku sprechen. Das "nicken" hat hier nichts Vermenschlichtes.

Mir gefällt diee Variante übrigens sogar besser als das Original. Die Aussagen beider Varianten sind jedoch unterschiedlich.

LG
Beba
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke, Beba, für die Antwort. Das der Inhalt anders ist, ist ja beabsichtigt, mir also wohl bewusst.
Wichtig war, die Schwachstelle als Haiku zu finden.
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd, lb. Beba,

vielen Dank für Eure Einträge. So macht Haikudichten Spaß.

Als Postulat für das Haiku gilt: Im Weglassen liegt die wahre Meisterschaft. Daher sollten Adverbien / Adjektive wie "sachte" nur dann gebraucht werden, wenn sie absolut notwendig sind. Hier sind sie es nicht. Im dritten Vers ist dieser Zustand schon beschrieben. Ich habe das jetzt oben noch deutlicher gemacht, indem ich den gedachten Gedankenstrich gesetzt und durch das Einfügen des "sie" die Situation präziser dargestellt.

Mir fällt in vielen Diskussionen gerade beim Haiku auf, daß uns im Westen sowohl die Fähigkeit des zurückhaltenden Wortmalens als auch die Fähigkeit des ruhigen Hineinhorchens in einen Text etwas abgängig ist. Das ist auch der Grund, warum ich viele Vielschreiber in Sachen Haiku einerseits ob ihrer Chuzpe ebenso bewundere wie ich das Ergebnis i.d.R. sehr ärgerlich finde.

Auch hier doktern wir wieder an der Wortsetzung herum, anstatt einfach das Bild auf uns wirken zu lassen und es auszuleuchten, um dann die Assoziationen als genau das zu verstehen, was sie sind: Invididuelle Komplettierungen des Lesers, die durch den Autor und seine Worte heraufbeschworden sind. Sie sind, und das ist vielen, die hier sog. Haikus einstellen, nicht bewußt, geradezu das gewünschte Ergebnis eines guten Haiku: Er soll zum Weiterdichten anregen.

Haikus und ihre Geschwister sind immer dann gut, wenn sie genau das tun, was man von einem handwerklich guten Text erwartet: Raum lassen für das Fertigmalen des Bilds, Anregen zum Weiterdichten, Erkennen, daß hier ein Stück Naturerlebnis so vermittelt wird, wie man es nicht immer sieht. Und genau deshalb schreibe ich so wenig, weil es davon ebenso selten zu sehen wie korrekt zu memorieren und als guten Text niederzuschreiben gibt. Wobei wiederum nur ein sehr kleiner Teil überhaupt meine Festplatte verläßt.

Lieben Dank für die Anregungen!

LG W.
 



 
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