Hand an legen

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Walther

Mitglied
Hand an legen


Man sollte hand an legen
An wetter phänomene &
Ereignis stränge

Als könnte man raues glatt
Streichen wider spenstige
Locken in form wuscheln

Wäre da nicht ein wenn in
Allem könnten die danns
Eingespart werden

Vorbehalte könnten ein
Gelagert werden & dort
Vergessen bis sie

Als aus weich strategische
Wieder gänger als recht
Fertigungs un tote

Die luft verpesten &
Verantwortung wie eis
In der sonne weg

Schmelzen man sollte aus
Geschichten lernen & die
Geschichte neu schreiben
 
O

orlando

Gast
Lieber Walther,
gut, dass es dir noch selber aufgefallen ist. Die ehemaligen "wider gänger" empfand ich auch als störend.
Worüber du aber nochmals nachdenken könntest, wäre, hier durchgehende Kleinschreibung zu wählen, weil sich dadurch weitere (schöne) Deutungen erschlössen. Um nur ein Beispiel zu nennen:


als könnte man raues glatt
streichen wider spenstige
locken in form wuscheln
Ich beziehe mich besonders auf das Locken der (wider-)Spenstigen, was mir ganz wunderbar gefällt. - Auch kommunizierten die Versgruppen m. E. besser untereinander, die Enjambements würden ihrer "Aufgabe" eleganter gerecht.

Ansonsten finde ich das Gedicht in der überarbeiteten Fassung bereits deutlich runder; es könnte ein sehr gutes werden - manche Texte müssen halt immer und immer wieder verändert werden - gerade die, welche mit Wortspielereien und starken Brüchen arbeiten, also die Fantasie und Intelligenz der Leser herausfordern. -
Inhaltlich ohne Fehl und Tadel, ein tragikomisches "Brimborium" um "wenn das Wörtchen wenn nicht wär`" - sehr schön wirkt der Griff in die Gespensterkiste (Erinnerungen?) auf mich, das Reich der Untoten. (Hier würde ich übrigens einfach zusammenschreiben: "untoten", das separierte "un" macht für mich keinen Sinn. -
Eine weitere Möglichkeit wäre, nur einige (wenige!) Wörter durch Großschreibung hervorzuheben. Das ist dann aber wohl eher Geschmackssache.
Hoffentlich kann ich dir mit meinen Anmerkungen nützlich sein. Vielleicht erhältst du auf dies Weise sogar etwas Gegenteiliges. ;)

Herzliche Grüße
orlando

Mein finaler VorSCHLAG lautet übrigens:

hand anlegen


man sollte hand anlegen
an wetter phänomene &
ereignisstränge

als könnte man raues glatt
streichen wider spenstige
locken in form wuscheln

wäre da nicht ein wenn in
allem könnten die danns
eingespart werden

vorbehalte könnten ein
gelagert[strike] werden[/strike] & dort
vergessen [blue]werden[/blue] bis sie

als aus weich strategische
wieder gänger als recht
fertigung[strike]s[/strike] untote

die luft verpesten &
verantwortung wie eis
in der sonne weg

schmelzen man sollte aus
geschichten lernen & die
geschichte neu schreiben
Trag`s mit Fassung! :D:)
 

Walther

Mitglied
Moin Orlando,

das ist die "ordentliche" schreibung:
Hand anlegen


Man sollte hand anlegen
an wetterphänomene &
ereignisstränge

Als könnte man raues glatt-
streichen widerspenstige
locken in form wuscheln

Wäre da nicht ein wenn in
allem könnten die danns
eingespart werden

Vorbehalte könnten ein-
gelagert werden & dort
vergessen bis sie

Als ausweichstrategische
wiedergänger als recht-
fertigungsuntote

Die luft verpesten &
verantwortung wie eis
in der sonne weg-

Schmelzen man sollte aus
Geschichten lernen & die
Geschichte neu schreiben
wäre das eine fassung, mit der du leben könntest?

danke für deine intensive auseinandersetzung mit meinen wort- und gedankenspielen!

lg w.
 
O

orlando

Gast
Lieber Walther,
mit "ordentlich" oder "unordentlich" haben meine Anmerkungen (hoffentlich!) nüscht zu tun, eher mit Sinnhaftigkeit und (vermuteter) formaler Willkür; dies ist aber allemal nur meine persönliche Meinung.
Ich kann mit dem Text auch in der vorliegenden Form "leben", finde aber, dass sich einfach noch viel mehr herausholen ließe.

- Warum du die Versgruppen nun, die doch fast durchgängig Enjambements aufweisen, jeweils mit Großbuchstaben anfangen lassen willst, ist mir nicht eingängig.

Jede Stilart - auch die von dir zur Zeit favoriserte - ist doch von ihren Schöpfern gut durchdacht worden; da ging und geht es nicht um "modern" oder "unmodern", sondern um passend oder nicht.

Vielleicht verstehe ich aber einfach nicht, was du mit der von dir gewählten Form ausdrücken und erreichen willst. In diesem Falle wäre ich für ein paar erklärende Worte durchaus zugänglich. :)

Herzliche Grüße
orlando
 

Walther

Mitglied
lb Orlando,

das ist ein hybrid der schreibung, die ich in meinem band "Die dunkle seite der nacht" verwende. dazu gibt es einen poetologie, die in der ASP21 ausführlich erläutert wird. der titel der poetologie lautet: "Versuch einer Poetologie der Langsamkeit". ich werde jetzt die schreibung im haupteintrag in diese richtung verändern, damit ein klares bild entsteht. danke, daß du mich daran erinnert hast.

da die ASP21 erst noch abverkauft werden muß, kann ich diesen artikel noch nicht freigeben. wer ihn also lesen will, muß die ASP21 kaufen (am besten auch gleich das buch mit dazu; alles zusammen gibt es mit widmung für € 20, das spart € 2, und man bekommt eine widmung dazu). :)

wobei man auch noch eine gute tat tut, denn die einnahmen für das buch werden komplett in die herstellung des ersten bands von Walthers Anthologie der Internetlyrik gesteckt. einige lupianer, auch du, sind ja daran beteiligt.

lg w.
 

Walther

Mitglied
Hand anlegen


Man sollte hand anlegen
an wetter phänomene &
Ereignis stränge

Als könnte man raues glatt
streichen wider spenstige
locken in form wuscheln

Wäre da nicht ein wenn in
allem könnten die danns
eingespart werden

Vorbehalte könnten ein
gelagert werden & dort
vergessen bis sie

Als ausweich strategische
wieder gänger als recht
fertigungs untote

Die luft verpesten &
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in der sonne weg

Schmelzen man sollte aus
geschichten lernen & die
geschichte neu schreiben
 
O

orlando

Gast
Aha,
jetzt kommen wir der Sache schon näher.
"Entschleunigen" ist ja in aller Munde und das zu Recht, bedenkt man die überaus hektisch-schnelllebige Zeit in der wir leben. Warum sollte jenes also nicht Auswirkungen auf die Lyrik haben? Sicherlich ein marktlückenfüllender Gedanke ...
Andererseits verstehe ich immer noch nicht, warum ein Großbuchstabe verlangsamen soll, wirkt der nicht eher wie ein (An-)Schreien? Mmh. - Gern räume ich aber ein, dass ich mich mit diesen Aspekten der Groß- und Kleinschreibung noch wenig beschäftigt habe. Und das obwohl bei mir eine ganze Regalreihe von Poetologien besetzt ist, angefangen mit der "Poetik" von Aristoteles. An einer Stelle schreibt der:
...
Daraus ergibt sich, dass der Dichter eher Erfinder von Handlungen sein soll als von Versmaßen, sofern er nämlich als Dichter Nachahmer ist und zwar Nachahmer von Handlungen.
Verzeih mir den kleinen Abschwiff; ich freue mich halt immer diebisch, wenn es eine Gelegenheit zum inhaltlichen Disput gibt. ;)
Herzlichst
orlando
 

Walther

Mitglied
Hand anlegen


Man sollte hand anlegen
an wetter phänomene &
ereignis stränge

Als könnte man raues glatt
streichen wider spenstige
locken in form wuscheln

Wäre da nicht ein wenn in
allem könnten die danns
eingespart werden

Vorbehalte könnten ein
gelagert werden & dort
vergessen bis sie

Als ausweich strategische
wieder gänger als recht
fertigungs untote

Die luft verpesten &
verantwortung wie eis
in der sonne weg

Schmelzen man sollte aus
geschichten lernen & die
geschichte neu schreiben
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo walther,
vor längerer zeit (über einem jahr) schrieb ich schon einmal, das icxh es mit spannung verfolge wie weit du an der „sprachzersetzung“ arbeitest bis es eine gültige form für sich ist.
mir scheint du hast jetzt die form für dich gefunden. es ist müßig darüber zu spekulieren, warum dich das antreibt, hat doch jeder dichter seine motivation, aus der sich seine arbeit ergibt.

ich finde dieses gedicht formell sozusagen „endgültig“. es ist sehr stimmig.

so gesehen , möchte ich dir hiermit also gratulieren.

es ist ein indiz für einen - wie solch ich sagen - vielleicht reifegrad oder besser fortschreiten in das eigene ergebnis.
darin liegt dann ein wiedererkennungswert des dichters, also originalität

lg
ralf
 

Walther

Mitglied
moin Ralph,

die arbeit an diesem projekt wird mich sicherlich noch eine weile begleiten - aber du hast schon recht, so langsam kann ich das ende dessen sehen, wohin ich einmal kommen wollte. dann wird es auch zeit für den zweiten gedichtband in dieser schreibung, an dem ich schon eine weile arbeite. die frage ist, ob ich einen verleger dafür finden werde. ;)

danke für deine diagnose. es tut gut, begleitung zu haben, die gelegentlich ermutigt. das tut auch orlando, und ich bin sehr dankbar, solche einträge zu erhalten.

welcher dichter möchte nicht originalität und wiedererkennungswert erreichen? wenn man da hingekommen ist, dann ist ein kleiner schritt zur eigenen poetik geschafft, die unverwechselbar ist. aber das ist ein weiter weg, und ich weiß nicht, ob und wie weit ich ihn noch gehen werde. denn wieviel zeit man dazu braucht, weiß man leider selbst am wenigsten.

lg w.
 



 
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