"Hast du Lust?"
"Wir werden ein Phallusfest feiern!" sagte ich eines Abends.
"Was? Wie? Na ich hoffe, du willst mich nicht beschneiden lassen!"
"Nein, keine Bange, mein Schatz. Ich bin froh, dass du unbeschnitten bist. Es ist eine kleine Zeremonie für deine Zeugungskraft. Du ehrst dein bestes Stück und deine männlichen Kronjuwelen, legst dich auf Seide und Rosenblätter, lässt dich von meinen Küssen bedecken und mit wertvollem Duftöl salben. Dann sprichst du Worte der Dankbarkeit und Wünsche für die Zukunft und lässt alles ruhen bis es dir wieder zu Diensten steht. That's it."
"Und wer ist da dabei? Irgendein Guru?"
"Nein. Niemand außer uns beiden."
"Okay. Dein Wille geschehe," sagt er dann, sich drein fügend und erleichtert, dass ihm niemand etwas wegschneiden wollte.
Das war gleich die Gelegenheit, ihm und seinen Bedürfnissen mehr Beachtung zu schenken. Ich war manchmal zu selbstsüchtig, hatte mich dabei ertappt, dass ich, während ich meine ihm verdankte Befriedigung auskostete und in eine himmlische Ruhephase entglitten war, an seine noch bestehende Erektion nicht dachte. Schlimmer noch, gar nicht darauf achtete, wie er dalag neben mir, mit prallen Hoden, einem blutgefüllten Schaft und einer rotglänzenden Eichel. Seine prächtigen Geschlechtsteile, die nicht nur zum Abküssen da waren, harrten ihrer naturgegebenen oder sollte ich sagen 'gottgegebenen' Bestimmung wie ein angespannt lauernder Panther, der in Kürze seinen Beutesprung absetzen würde.
Dann sollte ich ihn eigentlich lust- und liebevoll einladen und in Empfang nehmen, sein Genießen mit ihm zusammen genießen und mich dann mit ihm über seine Befriedigung freuen. Das war wohl nicht zu viel verlangt aus der Sicht eines liebesbereiten jungen Mannes, der sich 'artgerecht' verhielt ... Sex konnte verdammt egoistisch machen, was nur die Liebe wieder zurechtrücken und ausgleichen kann.
Manchmal brauchte ich ihn nur länger anzusehen und schon verspürte ich in mir sich übereinander schichtende Gefühle, vom feuchten Kribbeln bis hinauf zur orgastischen Steigerung. Dann wollte ich unbedingt eine Umarmung von ihm und küsste ihn ganz spontan. Seine Küsse fühlten sich für mich immer noch himmlisch an, sein Sex war mir heilig. In diesen Momenten der Überdosierung in meinem Gefühlschaos wollte ich ehrlich zu ihm sein ohne das Allerletzte zu verraten: "Ich spür dich in mir, Darling, ich will dich auch um mich spüren." Meistens war es jedoch umgekehrt. In solchen für mich von Sinnlichkeit erfüllten Phasen, musste ich nicht zusätzlich auch ihn noch überreizen.
Er aber hatte feine Antennen für meine Gefühlszustände und fragte mich ganz direkt: "Hast du Lust? Hast du Lust auf mich so wie ich auf dich?" Er nimmt meine Hand, zieht jeden meiner Finger einzeln zwischen seine Lippen zum Küssen, eine ganz zärtliche erotische Geste. Dann lassen wir uns auf dem gemusterten Bettvorleger nieder, weil er nicht wollte, dass wir uns auf die Tagesdecke fallen ließen, aber meinte, sie erst zusammenzufalten störe den Flow. Solche Vorbereitungen vertreiben die spontane Lust.
So eilig hatte er es sonst nie, das war mir neu. Er überraschte mich immer wieder. Ich weiß gar nicht, wo überall ich seine Küsse spürte, während er mich auszog. Im Hochsommer war das nicht viel, bis ich zwischen Teppichhaaren und seinen Haaren seinen Körper auf mir spürte, denn er hatte sich flink seiner Shorts und des T-Shirts entledigt. Den sexy Minislip, den er ausnahmsweise unter den Shorts trug, ließ er sich lieber von mir mit den Zähnen herunterziehen, weil er auf die besonderen Streicheleinheiten meiner Zunge und Lippen dabei aus war. Und ich liebte sein Einfühlungsvermögen. Er würde nie drauflos stoßen, sondern vorsichtig ergründen, welche Grenzen sich nicht überschreiten ließen. Sein Lustempfinden koppelte er an das Lustschenken. Und er schenkte reichlich. Küsste und streichelte meine erogenen Zonen.
Er fragte immer, ob alles passte, wenn er Bewegungen oder Rhythmen änderte. Ein Erleben, das einem kosmischen Ereignis gleichkam. Eine Frau lässt man nicht unbefriedigt zurück, auch wenn man selbst die Spitze des Horizonts schon überschritten hat, das hatte er in seiner Genetik. Ohne ihn jedes Mal darum zu bitten, verharrte er nach dem Abklingen noch eine Weile bis er sich aus mir zurückzog. Er schätzte unser zärtliches Nachspiel sehr, wenn ich ihn liebevoll trockentupfte und nicht einfach glitschig klebrig neben mir liegen ließ, bis er sich aufraffen konnte, duschen zu gehen. Ich empfand das nicht als extra Liebesdienst sondern als ganz selbstverständlich. Alles andere würde mir ihm gegenüber, dem so zärtlich Liebenden, grob und lieblos vorkommen.
Er bedankte sich jedes Mal und sagte, wie sehr er Sex mit mir liebte und dass er sich immer schon aufs nächste Mal freute.
Nach dem Zelebrieren der Phallusfête meldete sich als eines der vernachlässigten Organe als erstes der Magen und wir verlegten die festliche Stimmung ins Esszimmer.
Dort, beim Nachtmalessen wurde ein erotisches Fingerfood daraus. Weil wir uns die Finger beim Abbeißen der Brötchen bekleckerten und danach ableckten, erst nur die eigenen, dann ich seine und er meine. Servietten waren nicht das Thema. Wir fanden Gefallen an der Abschleckerei mit allem Drum und Dran:
Erotische Blicke sowieso, sein berühmter Schlafzimmerblick, erotische Neckereien und so weiter. Das war weniger kindisch, als das Soletti Knabbern von zwei Enden her, wo man sich in der Mitte zu einem Kuss trifft. Aber auch solche Teenagerblödeleien verachteten wir nicht.
Das Nonplusultra war dann der Bananensplit. Die schalenbefreite Banane thronte in der Mitte vom Teller, links und rechts am unteren Ende die aufgegupften Vanilleeisbällchen. Obers und ein paar Schokostreusel an den richtigen Stellen. Ich hatte das nicht im Vorhinein geplant. Erst beim Anrichten kam mir die Idee.
Er lachte herzlich:
"Was für ein origineller Bauplan! Willst du mir damit etwas Bestimmtes sagen?"
"I wo. Ist doch selbsterklärend! Lass es dir schmecken!"
Er lacht überhaupt gern, hat eine gute Portion Eigenironie und überhaupt eine sympathische Art von Humor, nie irgendjemanden beleidigend, nie Frauen- oder Menschen verachtend oder primitiv oder schlüpfrig. Mit einem Wort total okay!
Es gab nicht immer nur Steaks oder Schnitzel, er wollte selber Bodenständiges kennenlernen. Beim Essen musste er öfters loslachen. Wenn es so richtig aus ihm herausbrach, konnte das durchaus einen erotischen Zusammenhang haben, zum Beispiel bei einer 'Knackwurst', da reizte ihn schon der Name, oder bei 'Wurstknödel'.
"Was habt ihr bloß für Namen für eure Speisen? Denkt ihr immer nur an das Eine?"
"Na, euer 'Hotdog' ist auch nicht ohne! Was soll das sein, ein 'heißer Hund'? Und wie der schon aussieht, könnte man bevor man abbeißt, ihm direkt ein Kondom überziehen."
Das ist alles gleich 'schlimm' und gleich amüsant, darüber waren wir uns einig und mussten aufpassen, uns nicht vor lauter Lachen zu verschlucken. Es stand sowieso immer ein Krug mit seinem geliebten Wiener Wasser auf dem Tisch ...