Trotz der Kürze des Textes wird ein wesentliches Prinzip unseres Lebens in sehr plastischen Bildern beschrieben: die Dualität Leben - Tod. Das eine ist nicht ohne das andere denkbar. Wer im Leben steht, in einem bewussten, anstrengenden, hat wohl auch immer den Tod vor Augen.
Das Verhältnis zu ihm dürfte zumeist ein ambivalentes sein. Einerseits Angst, andererseits Sehnsucht. Bei Spengler kann man sehr schön nachlesen, wie alle Kunst - und vermutlich alles Menschenwerk, die gesamten Leistungen der Hochkulturen - ein Produkt von Todesangst ist/sind. Den zweiten Teil hat Freud ja sehr ausgewalzt.
Mit einem Bild: wir sitzen zeitlebens auf der Wippe, machen uns schwer in jungen Jahren, gewichtig. Die Todesangst auf der anderen Seite des Balkens bekommt keinen Fuß auf die Erde. Später, wenn unsere Kräfte nachlassen, wenn wir uns lange und immer wieder schwer und wichtig gemacht haben, ändert sich das Ganze. Unser Widerpart erscheint uns gar nicht mehr so unheimlich. Fast wie ein guter Freund. Wir sehen ihn nicht mehr als Schreckgespenst, sondern zunehmend als guten, verständnisvollen Partner. Wir geben nach, der Balken kippt, wir werden leicht...
P.