Heimsuchung

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ENachtigall

Mitglied
Hallo Waldemar,

danke für Deine umfangreiche und fundierte Beleuchtung des Themas, sowie den Kritikpunkt. Gerne beziehe ich das in eine eventuell alternative Gestaltung des Textes mit ein. Aber zunächst lass ich ihn mal nachreifen - wie einen guten Käse!

:)Gruß von Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Und gerade bei "Er schlief -sogar- in meinem Bett" würde man eine Andeutung erwarten, was dabei herauskam: Unfruchtbarkeit?, ein neuer Tod?, gebar das Angst?, oder weitere Angstlosigkeit?
Der Tod im Text hat kein "Gesicht", und das bedeutet, es ist eben doch nicht gelungen ihn zu personalisieren = mit ihm bekannt zu werden = er bleibt somit weiterhin "außen vor" = verdrängt.
Ich will dieses Argument Waldemars aufgreifen und den Text geringfügig erweitern, um anzudeuten, dass der personifizierte Tod sich aus der ihm zunächst zugewiesenen Gastrolle (fremd, hilfreich und gut) zwangsläufig wegentwickelt und eigendynamisch zum Phantom aufbläht, das schließlich menschlich schwächelnde Züge annehmen muss.

Er bewirkt durch das Schlafen in Jemandes Bett natürlich Schlaflosigkeit, die in krasser Form wieder todbringend sein wird (Unfall oder Krankheit verursachend); so dass letztendlich die Personifizierung einen Teufelskreis heraufbeschwört, der durchbrochen werden muss, um vital zu bleiben = Ende des Textes.
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Trotz der Kürze des Textes wird ein wesentliches Prinzip unseres Lebens in sehr plastischen Bildern beschrieben: die Dualität Leben - Tod. Das eine ist nicht ohne das andere denkbar. Wer im Leben steht, in einem bewussten, anstrengenden, hat wohl auch immer den Tod vor Augen.

Das Verhältnis zu ihm dürfte zumeist ein ambivalentes sein. Einerseits Angst, andererseits Sehnsucht. Bei Spengler kann man sehr schön nachlesen, wie alle Kunst - und vermutlich alles Menschenwerk, die gesamten Leistungen der Hochkulturen - ein Produkt von Todesangst ist/sind. Den zweiten Teil hat Freud ja sehr ausgewalzt.

Mit einem Bild: wir sitzen zeitlebens auf der Wippe, machen uns schwer in jungen Jahren, gewichtig. Die Todesangst auf der anderen Seite des Balkens bekommt keinen Fuß auf die Erde. Später, wenn unsere Kräfte nachlassen, wenn wir uns lange und immer wieder schwer und wichtig gemacht haben, ändert sich das Ganze. Unser Widerpart erscheint uns gar nicht mehr so unheimlich. Fast wie ein guter Freund. Wir sehen ihn nicht mehr als Schreckgespenst, sondern zunehmend als guten, verständnisvollen Partner. Wir geben nach, der Balken kippt, wir werden leicht...

P.
 

ENachtigall

Mitglied
@ Waldemar

Für Dich sollten wir ein neues Forum eröffnen: Komme[red]wer[/red]tar[red]ke[/red]. Mit Vergnügen gelesen!

@ Penelopeia

Der Vergleich mit der Wippe trägt viel Wahres in sich. Schlimm nur, wenn die Wippe in der Balance hängen bleibt; krampfhaftes Festklammern an ein verlöschendes Leben. Oder wenn die Gewichtung sich schlagartig ändert; armes Steißbein ;-(

Mit besten Grüßen

Elke
 



 
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