Im OP

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Ji Rina

Mitglied
Im OP (Just a fake)

Die Situation war äußerst dramatisch. Vier Ärzte arbeiteten an ihm. Ein ganzes Team berühmter Spezialisten händigten sich Instrumente aus, warfen hastige Blicke auf Zeiger, kontrollierten Schläuche, Messgeräte und Monitore.
»Blutdruck?«, fragte Dr. Roth.
»Skalpell!«, befahl Dr. Stein, während die Krankenschwestern sich flink auf ihren Absätzen drehten. Die Lage war so angespannt, dass man hätte die Luft durchschneiden können. Als Journalistin der Early Post hatte ich von Jeff Singer eine Sondergenehmigung erhalten, um an jenem Morgen im Weather Bens Hospital in San Camino den Vorgang einer Hirnoperation zu beobachten.
Ich sollte mir dabei Notizen machen und, wenn möglich, auch ein paar Bilder knipsen. Der Patient hatte sich jahrelang beklagt, dass er im Kopf seltsame Störungen spüre, für die niemand eine Erklärung fand. Er war von einem Arzt zum anderen gewandert, von einem Krankenhaus ins nächste, ohne Erfolg. Dr. Stein war erst mal den üblichen Prozeduren nachgegangen. Im Kernspintomografen hatte man nichts entdeckt, und auch die letzten Ergebnisse hatten keine Anomalien angezeigt. Ihm war nichts Außergewöhnliches aufgefallen.

Jetzt lag der Patient auf dem OP-Tisch, Metallklammern hielten seinen Kopf in waagerechter Position, und ich blickte direkt auf seine geöffnete Schädeldecke. Dr. Stein und Dr. Roth, die beiden Hauptchirurgen, standen links und rechts dicht neben mir, und ich hörte schon seit einer Weile ihren murmelnden Kommentaren zu.
»Hier alles in Ordnung.«
»Mh … Auch hier.«
»Scheint alles völlig normal.«
»Mh … Seltsam …«
Die Luft im Raum war stickig, und ich hatte gerade meinen Blick auf einen der Monitore gerichtet, als Dr. Stein plötzlich zusammenzuckte.
»Oh!«, rief er und ließ seinen Kopf abrupt tiefer sinken.
»Was ist denn?«, fragte ich und beugte mich auf seine Höhe.
»Mist!«, rief er, und ich sah, wie er mit einer Pinzette in eine graufarbene Masse piekste, plötzlich zuschnappte und etwas herauszog. Er hielt es in die Luft gegen eine der großen Neonlampen. Ich sah etwas Undefinierbares, klitzekleines Rotes mit vier kleinen Extremitäten, das hin und her zappelte und quietschende Geräusche von sich gab.
»Was ist denn das?«, fragte ich.
»Na, das sehen Sie doch selber«, antwortete er gereizt, und legte es an die Seite der Schädeldecke. Ich erkannte ein winzig kleines Männchen mit Kopf, Armen und Beinchen, das sich blitzschnell wieder aufrichtete und zurück in die Hirnmasse lief.
»He! Freundchen!«, rief Dr. Stein und schnappte mit der Pinzette schnell zu. »So geht das nicht!« Aber das Männchen war ihm entkommen.
»Na, da haben wir den Mist!«, sagte Dr. Roth entnervt.
Es vergingen nur einige Sekunden, und schon lugte ein zweites Männchen hervor. Und wieder schnappte Dr. Stein zu, um es an den Rand der Schädeldecke zu setzen, aber auch dieses rannte schnurstracks zurück. Es rannte geduckt, mit den Ärmchen über dem Kopf, so, als ob es sich schützen wolle.
»Wir haben hier jetzt ein ernsthaftes Problem«, sagte Dr. Roth und warf uns allen einen finsteren Blick zu, während eine der Schwestern ihm mit hastigen Handbewegungen die Schweißperlen von der Stirn tupfte.
Plötzlich rannten drei Männchen kreuz und quer über die Schädeldecke, es war, als würden sie um die Wette rennen, und sie waren so schnell, dass Dr. Stein ihnen nicht nachkommen konnte.

Ich entspannte meinen Nacken und atmete zweimal tief durch. Mir war aufgefallen, dass meine Hände und meine Stirn klitschnass waren und dass ich seit dem frühen Morgen außer einem Croissant nichts Weiteres im Magen hatte.
»Das gibt’s doch gar nicht!«, rief Dr. Stein aufgebracht, und ich sah, wie er ein Männchen nach dem anderen herauszog, sie mit blitzschnellen Bewegungen an den Rand der Schädeldecke setzte, während diese sich genauso schnell wieder aufrichteten und aus dem Staub machten. Einige drehten sich dabei noch um, und warfen uns einen erschrockenen Blick zu, ich sah, wie ihre Augen blitzten und wie verängstigt sie waren.
»Das ist ja völlig verrückt!«, sagte Dr. Roth erschöpft, »Es gibt sie in allen Farben! Schaut her! Rot, Grün, Blau … Einige sind Violett!«
»Och nee, nee«, rief Dr. Stein jetzt verärgert, während er eine leicht weißgelbliche Masse anhob, unter der bestimmt ein Dutzend kleiner Männchen saß. Ich sah ihre entsetzten Gesichter, hörte ihre quietschenden Laute und beobachtete, wie sie sich mit ihren ausgebreiteten Ärmchen nach hinten drängten, um der Pinzette zu entkommen.

Plötzlich brach Dr. Stein abrupt ab. Er trat einen Schritt zurück und warf die Pinzette in eine Schüssel.
»Tut mir leid«, sagte er entschieden, und zog sich den Mundschutz herunter, »aber so kann ich nicht arbeiten!«
Ich wandte mich ihm verwundert zu und starrte ihn an.
»Ja wie, Sie hören jetzt mittendrin auf?«
»Na sehen Sie sich das doch an«, sagte er empört, »das ganze Ding ist voller Männchen. Was soll ich denn da noch machen? Sie haben es doch selbst gesehen, ich ziehe sie heraus und sie kriechen wieder rein, ich setzte sie vor die Tür, und sie schlüpfen zurück. Was meinen Sie wohl, was da drinnen los ist? Das Ganze ist ein einziges Wollknäuel voller Männchen, alles ist verwachsen, zwischen Venen und Knochen, bis zum Hinterhirn. Da kann ich doch nicht einfach etwas herausschneiden!«

Er sah mich so vorwurfsvoll durch seine dicke Hornbrille an, dass ich mich nicht traute, ihm zu widersprechen. Was mich in dem Augenblick am meisten wunderte, war, dass es mir so vorkam, als ob er auf eine Antwort wartete, so, als ob ich ihm sagen könnte, was zu tun sei. Ich blickte unauffällig zu den Schwestern, aber auch sie machten jetzt einen verlorenen Eindruck. Dr. Stein drehte mir daraufhin den Rücken zu, ohne noch etwas zu sagen, ich sah, wie er sich die Handschuhe abzog und sie in eine Ecke pfefferte und dann durch die Glastür verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen. Der Tag war ihm wohl zweifellos versaut worden.

Dr. Roth überlegte, was zu tun sei. Dann gab er die Anordnung, dass man alles wieder in den Schädel hineinstopfen solle und die Operation somit beendet sei. Und im selben Augenblick war mir klar, dass ich keinen Bericht in der Tasche hatte.
Kurze Zeit später lief ich die Treppe des Hospitals herunter, ohne einen klaren Gedanken zu fassen. Um Punkt sechs saß ich in der U-Bahn und um sieben erreichte ich mein Hotel in der Peshword Avenue. Es war ein beschissener Tag gewesen, so ein Tag ohne Anfang und ohne Ende.

Ich fuhr im Fahrstuhl in die zwölfte Etage und überlegte, ob ich Jeff anrufen sollte oder nicht. Ich öffnete das Fenster und blickte eine Weile auf die glitzernden Lichter der Stadt. Dann setzte ich mich an einen Tisch und versuchte, diese Sache so gut wie möglich aufzuschreiben.




Anmerkung:

Vor einigen Jahren gab es auf einem Literaturportal ein User, der sich nebenbei als minderstens fünf weitere User mit unterschiedlichem Namen, etc...ausgab. Er lud demnach unterschiedliche Texte hoch, schrieb im Namen all seiner User Rezensionen und liess „seine User“ im Forum bei allen möglichen Themen heftig gegeneinander diskutieren und streiten. Ihm widmete ich diese Story.
[/i]
 
G

Gelöschtes Mitglied 17359

Gast
Guten Morgen, Ji Rina!

Was für eine abgefahrene, gruselige kleine Geschichte! Wie immer lebendig geschrieben. Nur den Schluss finde ich ein bisschen fad. Wie wär's hiermit:

"Dann setzte ich mich an einen Tisch und versuchte die Sache so gut wie möglich aufzuschreiben. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Täuschte ich mich, oder spürte ich in meinem Kopf seltsame Störungen?"

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag!

Gruß, Hyazinthe
 
O

orlando

Gast
Ganz herrlich!
Und besonders die Widmung: im Grunde zeitnah und ganz & gar aus dem extrem ernsthaften Hobbydichterforenleben gegriffen.
Ich erkannte ein winzig kleines Männchen mit Kopf, Armen und Beinchen, das sich blitzschnell wieder aufrichtete und zurück in die Hirnmasse lief.
»He! Freundchen!«, rief Dr. Stein und schnappte mit der Pinzette schnell zu. »So geht das nicht!« Aber das Männchen war ihm entkommen.
»Na, da haben wir den Mist!«, sagte Dr. Roth entnervt.
Bitte, grüß doch den Mehrfachtäter von mir!

Um mich kurz zu outen; Ich mag Fakes, aber nur die intelligenteren - also eher die von Lyrik heute als die von Google und Konsorten.

In diesem Sinne
allerherzlichste Empfehlungen
orlando (kreuzbrav :cool: )
 
Hallo Ji

Also ich sehe die Männchen vor mir, so lebendig hast Du sie beschrieben. Erst dachte ich, aha, eine Geschichte über eine "normale" Operation :), aber dann gehen die Ereignisse ganz schön ab. Ich fand es spannend zu lesen, hätte mir aber ein anderes Ende gewünscht. Jedenfalls kann ich mir vorstellen, dass in jedermann's Kopf solche "kleinen Männchen" unterwegs sind. Vielleicht sind es ja sie, die Ideen für solche ausgefallenen Geschichten liefern?

Viele Grüsse

Claudia
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Hi JiRina,

habe zuerst den erklärenden Text unten gelesen und deswegen den Bezug sofort kapiert. Die Idee finde ich super, die Umsetzung auch. Nur die Sprache finde ich etwas holprig. Zwei Beispiele:

Ein ganzes Team berühmter Spezialisten händigten sich Instrumente aus, warfen hastige Blicke auf Zeiger, kontrollierten Schläuche, Messgeräte und Monitore.
Subjekt ist hier 'Ein ganzes Team', trotzdem benutzt du die 3. Pers. Plural 'händigten'. Ob das grammatisch geht, sei einmal dahin gestellt, es verwirrt aber auf jeden Fall.

Die Lage war so angespannt, dass man hätte die Luft durchschneiden können
Wenn die Lage angespannt ist, sagt man: Die Luft war zum Zerschneiden dick. Das reicht. Dann muss man nicht mehr sagen, dass die Lage angespannt war.

Das Ende finde ich auch ein bißchen fade. Eine bessere idee habe ich allerdings auch nicht.

Insgesamt geren gelesen.

Gruß,

CpMan
 

Ji Rina

Mitglied
Im OP (Just a fake)

Die Situation war äußerst dramatisch. Vier Ärzte arbeiteten an ihm. Ein ganzes Team berühmter Spezialisten händigten sich Instrumente aus, warfen hastige Blicke auf Zeiger, kontrollierten Schläuche, Messgeräte und Monitore.
»Blutdruck?«, fragte Dr. Roth.
»Skalpell!«, befahl Dr. Stein, während die Krankenschwestern sich flink auf ihren Absätzen drehten. Die Lage war so angespannt, dass man hätte die Luft durchschneiden können. Als Journalistin der Early Post hatte ich von Jeff Singer eine Sondergenehmigung erhalten, um an jenem Morgen im Weather Bens Hospital in San Camino den Vorgang einer Hirnoperation zu beobachten.
Ich sollte mir dabei Notizen machen und, wenn möglich, auch ein paar Bilder knipsen. Der Patient hatte sich jahrelang beklagt, dass er im Kopf seltsame Störungen spüre, für die niemand eine Erklärung fand. Er war von einem Arzt zum anderen gewandert, von einem Krankenhaus ins nächste, ohne Erfolg. Dr. Stein war erst mal den üblichen Prozeduren nachgegangen. Im Kernspintomografen hatte man nichts entdeckt, und auch die letzten Ergebnisse hatten keine Anomalien angezeigt. Ihm war nichts Außergewöhnliches aufgefallen.

Jetzt lag der Patient auf dem OP-Tisch, Metallklammern hielten seinen Kopf in waagerechter Position, und ich blickte direkt auf seine geöffnete Schädeldecke. Dr. Stein und Dr. Roth, die beiden Hauptchirurgen, standen links und rechts dicht neben mir, und ich hörte schon seit einer Weile ihren murmelnden Kommentaren zu.
»Hier alles in Ordnung.«
»Mh … Auch hier.«
»Scheint alles völlig normal.«
»Mh … Seltsam …«
Die Luft im Raum war stickig, und ich hatte gerade meinen Blick auf einen der Monitore gerichtet, als Dr. Stein plötzlich zusammenzuckte.
»Oh!«, rief er und ließ seinen Kopf abrupt tiefer sinken.
»Was ist denn?«, fragte ich und beugte mich auf seine Höhe.
»Mist!«, rief er, und ich sah, wie er mit einer Pinzette in eine graufarbene Masse piekste, plötzlich zuschnappte und etwas herauszog. Er hielt es in die Luft gegen eine der großen Neonlampen. Ich sah etwas Undefinierbares, klitzekleines Rotes mit vier kleinen Extremitäten, das hin und her zappelte und quietschende Geräusche von sich gab.
»Was ist denn das?«, fragte ich.
»Na, das sehen Sie doch selber«, antwortete er gereizt, und legte es an die Seite der Schädeldecke. Ich erkannte ein winzig kleines Männchen mit Kopf, Armen und Beinchen, das sich blitzschnell wieder aufrichtete und zurück in die Hirnmasse lief.
»He! Freundchen!«, rief Dr. Stein und schnappte mit der Pinzette schnell zu. »So geht das nicht!« Aber das Männchen war ihm entkommen.
»Na, da haben wir den Mist!«, sagte Dr. Roth entnervt.
Es vergingen nur einige Sekunden, und schon lugte ein zweites Männchen hervor. Und wieder schnappte Dr. Stein zu, um es an den Rand der Schädeldecke zu setzen, aber auch dieses rannte schnurstracks zurück. Es rannte geduckt, mit den Ärmchen über dem Kopf, so, als ob es sich schützen wolle.
»Wir haben hier jetzt ein ernsthaftes Problem«, sagte Dr. Roth und warf uns allen einen finsteren Blick zu, während eine der Schwestern ihm mit hastigen Handbewegungen die Schweißperlen von der Stirn tupfte.
Plötzlich rannten drei Männchen kreuz und quer über die Schädeldecke, es war, als würden sie um die Wette rennen, und sie waren so schnell, dass Dr. Stein ihnen nicht nachkommen konnte.

Ich entspannte meinen Nacken und atmete zweimal tief durch. Mir war aufgefallen, dass meine Hände und meine Stirn klitschnass waren und dass ich seit dem frühen Morgen außer einem Croissant nichts Weiteres im Magen hatte.
»Das gibt’s doch gar nicht!«, rief Dr. Stein aufgebracht, und ich sah, wie er ein Männchen nach dem anderen herauszog, sie mit blitzschnellen Bewegungen an den Rand der Schädeldecke setzte, während diese sich genauso schnell wieder aufrichteten und aus dem Staub machten. Einige drehten sich dabei noch um, und warfen uns einen erschrockenen Blick zu, ich sah, wie ihre Augen blitzten und wie verängstigt sie waren.
»Das ist ja völlig verrückt!«, sagte Dr. Roth erschöpft, »Es gibt sie in allen Farben! Schaut her! Rot, Grün, Blau … Einige sind Violett!«
»Och nee, nee«, rief Dr. Stein jetzt verärgert, während er eine leicht weißgelbliche Masse anhob, unter der bestimmt ein Dutzend kleiner Männchen saß. Ich sah ihre entsetzten Gesichter, hörte ihre quietschenden Laute und beobachtete, wie sie sich mit ihren ausgebreiteten Ärmchen nach hinten drängten, um der Pinzette zu entkommen.

Plötzlich brach Dr. Stein abrupt ab. Er trat einen Schritt zurück und warf die Pinzette in eine Schüssel.
»Tut mir leid«, sagte er entschieden, und zog sich den Mundschutz herunter, »aber so kann ich nicht arbeiten!«
Ich wandte mich ihm verwundert zu und starrte ihn an.
»Ja wie, Sie hören jetzt mittendrin auf?«
»Na sehen Sie sich das doch an«, sagte er empört, »das ganze Ding ist voller Männchen. Was soll ich denn da noch machen? Sie haben es doch selbst gesehen, ich ziehe sie heraus und sie kriechen wieder rein, ich setzte sie vor die Tür, und sie schlüpfen zurück. Was meinen Sie wohl, was da drinnen los ist? Das Ganze ist ein einziges Wollknäuel voller Männchen, alles ist verwachsen, zwischen Venen und Knochen, bis zum Hinterhirn. Da kann ich doch nicht einfach etwas herausschneiden!«

Er sah mich so vorwurfsvoll durch seine dicke Hornbrille an, dass ich mich nicht traute, ihm zu widersprechen. Was mich in dem Augenblick am meisten wunderte, war, dass es mir so vorkam, als ob er auf eine Antwort wartete, so, als ob ich ihm sagen könnte, was zu tun sei. Ich blickte unauffällig zu den Schwestern, aber auch sie machten jetzt einen verlorenen Eindruck. Dr. Stein drehte mir daraufhin den Rücken zu, ohne noch etwas zu sagen, ich sah, wie er sich die Handschuhe abzog und sie in eine Ecke pfefferte und dann durch die Glastür verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen. Der Tag war ihm wohl zweifellos versaut worden.

Dr. Roth überlegte, was zu tun sei. Dann gab er die Anordnung, dass man alles wieder in den Schädel hineinstopfen solle und die Operation somit beendet sei. Und im selben Augenblick war mir klar, dass ich keinen Bericht in der Tasche hatte.
Kurze Zeit später lief ich die Treppe des Hospitals herunter, ohne einen klaren Gedanken zu fassen. Um Punkt sechs saß ich in der U-Bahn und um sieben erreichte ich mein Hotel in der Peshword Avenue. Es war ein beschissener Tag gewesen, so ein Tag ohne Anfang und ohne Ende.

Ich fuhr im Fahrstuhl in die zwölfte Etage und überlegte, ob ich Jeff anrufen sollte oder nicht. Ich öffnete das Fenster und blickte eine Weile auf die glitzernden Lichter der Stadt. Dann setzte ich mich an einen Tisch und versuchte, diese Sache so gut wie möglich aufzuschreiben.




Anmerkung:

Vor einigen Jahren gab es auf einem Literaturportal ein User, der sich nebenbei als minderstens fünf weitere User mit unterschiedlichem Namen, etc...ausgab. Er lud demnach unterschiedliche Texte hoch, schrieb im Namen all seiner User Rezensionen und liess „seine User“ im Forum bei allen möglichen Themen heftig gegeneinander diskutieren und streiten. Ihm widmete ich diese Story.
[/i]
 

Ji Rina

Mitglied
@Hyazinthe!

So langsam bin ich mir sicher, dass meine “Enden” Dich nie überzeugen werden…..Na wenigstens magst Du die Anfänge und so manche Geschichte (bis kurz vor dem Ende) lach… Dein vorgeschlagenes Ende passt nicht so ganz in den Kontext, also zur Idee, die mich zu dieser KG inspirierte (Siehe Anmerkung, am Ende der Geschichte).
Ich bedanke mich herzlichst, fürs lesen und kommentieren!
Mit Gruss, Ji


@Orlando
Hi Orlando!
Anscheinend hat Dir das Geschichtle so gefallen, wie´s ist. Hab mich sehr darüber gefreut! Danke!
Ji

@Claudia! Ich hoffe, dass nicht bei jedem diese Männchen im Kopp rumrennen. Und ja, leider sind es andere Dinge, die die Ideen für solche Geschichten liefern.
Dir ein dickes Dankeschön, dass Du Dir die Zeit genommen hast!
Ji

Hallo @CP!
Hab mich ganz doll gefreut, dass es Dir gefallen hat, denn auch Deine Meinung ist mir sehr wichtig. Holprig….oh je...Hilf!

Deiner Erklärung nach, glaube ich, dass Du mit dem ersten Satz recht hast: Ein ganzes Team berühmter Spezialisten….
Aber könnte ich den Satz dann nicht so schreiben? =

"""händigte sich Instrumente; warf hastige Blicke, kontrollierte Monitore und Schläuche….??

Wie würdest Du ihn denn schreiben?
Das mit der dicken Luft leuchtet mir ein und ich werde es ändern.

Das Ende: Leider fällt mir kein knalleffekt-Ende ein. Aber hauptsächlich ging es mir um die Beschreibung dessen, was so mancher im Inneren seines Kopfes herumträgt.

Erstmal: Ein dickes Dankeschön!
Ji
 
O

orlando

Gast
Aber hauptsächlich ging es mir um die Beschreibung dessen, was so mancher im Inneren seines Kopfes herumträgt.
:D:D

Ich denke, allzu selten sind multiple User wirklich nicht. - Bei Eröffnung eines Forums legen selbst manche Betreiber gern einmal Hand an oder befüllen mit sich und den anderen etwaige Sommerlöcher. Das birgt viel Witziges in sich ... aber auch Grenzwertiges.
Bewundernswert finde ich Idee und Ausstattung der jeweiligen Figuren, gleichsam der verhassten / geliebten Archetypen foren-sischen Lebens.

Erst während einer großen OP tritt alles zutage! Vorher gab es in dem einen oder anderen Fall wohl Vermutungen ... jedoch ...

Eine kreative Woche
wünscht
orlando
 

Ji Rina

Mitglied
Im OP (Just a fake)

Die Situation war äußerst dramatisch. Vier Ärzte arbeiteten an ihm. Ein ganzes Team berühmter Spezialisten händigte Instrumente aus, warf hastige Blicke auf Zeiger, kontrollierte Schläuche, Messgeräte und Monitore.
»Blutdruck?«, fragte Dr. Roth.
»Skalpell!«, befahl Dr. Stein, während die Krankenschwestern sich flink auf ihren Absätzen drehten. Die Luft war zum Zerschneiden dick. Als Journalistin der Early Post hatte ich von Jeff Singer eine Sondergenehmigung erhalten, um an jenem Morgen im Weather Bens Hospital in San Camino den Vorgang einer Hirnoperation zu beobachten.
Ich sollte mir dabei Notizen machen und, wenn möglich, auch ein paar Bilder knipsen. Der Patient hatte sich jahrelang beklagt, dass er im Kopf seltsame Störungen spüre, für die niemand eine Erklärung fand. Er war von einem Arzt zum anderen gewandert, von einem Krankenhaus ins nächste, ohne Erfolg. Dr. Stein war erst mal den üblichen Prozeduren nachgegangen. Im Kernspintomografen hatte man nichts entdeckt, und auch die letzten Ergebnisse hatten keine Anomalien angezeigt. Ihm war nichts Außergewöhnliches aufgefallen.

Jetzt lag der Patient auf dem OP-Tisch, Metallklammern hielten seinen Kopf in waagerechter Position, und ich blickte direkt auf seine geöffnete Schädeldecke. Dr. Stein und Dr. Roth, die beiden Hauptchirurgen, standen links und rechts dicht neben mir, und ich hörte schon seit einer Weile ihren murmelnden Kommentaren zu.
»Hier alles in Ordnung.«
»Mh … Auch hier.«
»Scheint alles völlig normal.«
»Mh … Seltsam …«
Die Luft im Raum war stickig, und ich hatte gerade meinen Blick auf einen der Monitore gerichtet, als Dr. Stein plötzlich zusammenzuckte.
»Oh!«, rief er und ließ seinen Kopf abrupt tiefer sinken.
»Was ist denn?«, fragte ich und beugte mich auf seine Höhe.
»Mist!«, rief er, und ich sah, wie er mit einer Pinzette in eine graufarbene Masse piekste, plötzlich zuschnappte und etwas herauszog. Er hielt es in die Luft gegen eine der großen Neonlampen. Ich sah etwas Undefinierbares, klitzekleines Rotes mit vier kleinen Extremitäten, das hin und her zappelte und quietschende Geräusche von sich gab.
»Was ist denn das?«, fragte ich.
»Na, das sehen Sie doch selber«, antwortete er gereizt, und legte es an die Seite der Schädeldecke. Ich erkannte ein winzig kleines Männchen mit Kopf, Armen und Beinchen, das sich blitzschnell wieder aufrichtete und zurück in die Hirnmasse lief.
»He! Freundchen!«, rief Dr. Stein und schnappte mit der Pinzette schnell zu. »So geht das nicht!« Aber das Männchen war ihm entkommen.
»Na, da haben wir den Mist!«, sagte Dr. Roth entnervt.
Es vergingen nur einige Sekunden, und schon lugte ein zweites Männchen hervor. Und wieder schnappte Dr. Stein zu, um es an den Rand der Schädeldecke zu setzen, aber auch dieses rannte schnurstracks zurück. Es rannte geduckt, mit den Ärmchen über dem Kopf, so, als ob es sich schützen wolle.
»Wir haben hier jetzt ein ernsthaftes Problem«, sagte Dr. Roth und warf uns allen einen finsteren Blick zu, während eine der Schwestern ihm mit hastigen Handbewegungen die Schweißperlen von der Stirn tupfte.
Plötzlich rannten drei Männchen kreuz und quer über die Schädeldecke, es war, als würden sie um die Wette rennen, und sie waren so schnell, dass Dr. Stein ihnen nicht nachkommen konnte.

Ich entspannte meinen Nacken und atmete zweimal tief durch. Mir war aufgefallen, dass meine Hände und meine Stirn klitschnass waren und dass ich seit dem frühen Morgen außer einem Croissant nichts Weiteres im Magen hatte.
»Das gibt’s doch gar nicht!«, rief Dr. Stein aufgebracht, und ich sah, wie er ein Männchen nach dem anderen herauszog, sie mit blitzschnellen Bewegungen an den Rand der Schädeldecke setzte, während diese sich genauso schnell wieder aufrichteten und aus dem Staub machten. Einige drehten sich dabei noch um, und warfen uns einen erschrockenen Blick zu, ich sah, wie ihre Augen blitzten und wie verängstigt sie waren.
»Das ist ja völlig verrückt!«, sagte Dr. Roth erschöpft, »Es gibt sie in allen Farben! Schaut her! Rot, Grün, Blau … Einige sind Violett!«
»Och nee, nee«, rief Dr. Stein jetzt verärgert, während er eine leicht weißgelbliche Masse anhob, unter der bestimmt ein Dutzend kleiner Männchen saß. Ich sah ihre entsetzten Gesichter, hörte ihre quietschenden Laute und beobachtete, wie sie sich mit ihren ausgebreiteten Ärmchen nach hinten drängten, um der Pinzette zu entkommen.

Plötzlich brach Dr. Stein abrupt ab. Er trat einen Schritt zurück und warf die Pinzette in eine Schüssel.
»Tut mir leid«, sagte er entschieden, und zog sich den Mundschutz herunter, »aber so kann ich nicht arbeiten!«
Ich wandte mich ihm verwundert zu und starrte ihn an.
»Ja wie, Sie hören jetzt mittendrin auf?«
»Na sehen Sie sich das doch an«, sagte er empört, »das ganze Ding ist voller Männchen. Was soll ich denn da noch machen? Sie haben es doch selbst gesehen, ich ziehe sie heraus und sie kriechen wieder rein, ich setzte sie vor die Tür, und sie schlüpfen zurück. Was meinen Sie wohl, was da drinnen los ist? Das Ganze ist ein einziges Wollknäuel voller Männchen, alles ist verwachsen, zwischen Venen und Knochen, bis zum Hinterhirn. Da kann ich doch nicht einfach etwas herausschneiden!«

Er sah mich so vorwurfsvoll durch seine dicke Hornbrille an, dass ich mich nicht traute, ihm zu widersprechen. Was mich in dem Augenblick am meisten wunderte, war, dass es mir so vorkam, als ob er auf eine Antwort wartete, so, als ob ich ihm sagen könnte, was zu tun sei. Ich blickte unauffällig zu den Schwestern, aber auch sie machten jetzt einen verlorenen Eindruck. Dr. Stein drehte mir daraufhin den Rücken zu, ohne noch etwas zu sagen, ich sah, wie er sich die Handschuhe abzog und sie in eine Ecke pfefferte und dann durch die Glastür verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen. Der Tag war ihm wohl zweifellos versaut worden.

Dr. Roth überlegte, was zu tun sei. Dann gab er die Anordnung, dass man alles wieder in den Schädel hineinstopfen solle und die Operation somit beendet sei. Und im selben Augenblick war mir klar, dass ich keinen Bericht in der Tasche hatte.
Kurze Zeit später lief ich die Treppe des Hospitals herunter, ohne einen klaren Gedanken zu fassen. Um Punkt sechs saß ich in der U-Bahn und um sieben erreichte ich mein Hotel in der Peshword Avenue. Es war ein beschissener Tag gewesen, so ein Tag ohne Anfang und ohne Ende.

Ich fuhr im Fahrstuhl in die zwölfte Etage und überlegte, ob ich Jeff anrufen sollte oder nicht. Ich öffnete das Fenster und blickte eine Weile auf die glitzernden Lichter der Stadt. Dann setzte ich mich an einen Tisch und versuchte, diese Sache so gut wie möglich aufzuschreiben.




Anmerkung:

Vor einigen Jahren gab es auf einem Literaturportal ein User, der sich nebenbei als minderstens fünf weitere User mit unterschiedlichem Namen, etc...ausgab. Er lud demnach unterschiedliche Texte hoch, schrieb im Namen all seiner User Rezensionen und liess „seine User“ im Forum bei allen möglichen Themen heftig gegeneinander diskutieren und streiten. Ihm widmete ich diese Story.
[/i]
 

Ji Rina

Mitglied
Im OP (Just a fake)

Die Situation war äußerst dramatisch. Vier Ärzte arbeiteten an ihm. Ein ganzes Team berühmter Spezialisten händigte Instrumente aus, warf hastige Blicke auf Zeiger, kontrollierte Schläuche, Messgeräte und Monitore.
»Blutdruck?«, fragte Dr. Roth.
»Skalpell!«, befahl Dr. Stein, während die Krankenschwestern sich flink auf ihren Absätzen drehten. Die Luft war zum Zerschneiden dick. Als Journalistin der Early Post hatte ich von Jeff Singer eine Sondergenehmigung erhalten, um an jenem Morgen im Weather Bens Hospital in San Camino den Vorgang einer Hirnoperation zu beobachten.
Ich sollte mir dabei Notizen machen und, wenn möglich, auch ein paar Bilder knipsen. Der Patient hatte sich jahrelang beklagt, dass er im Kopf seltsame Störungen spüre, für die niemand eine Erklärung finde. Er war von einem Arzt zum anderen gewandert, von einem Krankenhaus ins nächste, ohne Erfolg. Dr. Stein war erst mal den üblichen Prozeduren nachgegangen. Im Kernspintomografen hatte man nichts entdeckt, und auch die letzten Ergebnisse hatten keine Anomalien angezeigt. Ihm war nichts Außergewöhnliches aufgefallen.

Jetzt lag der Patient auf dem OP-Tisch, Metallklammern hielten seinen Kopf in waagerechter Position, und ich blickte direkt auf seine geöffnete Schädeldecke. Dr. Stein und Dr. Roth, die beiden Hauptchirurgen, standen links und rechts dicht neben mir, und ich hörte schon seit einer Weile ihren murmelnden Kommentaren zu.
»Hier alles in Ordnung.«
»Mh … Auch hier.«
»Scheint alles völlig normal.«
»Mh … Seltsam …«
Die Luft im Raum war stickig, und ich hatte gerade meinen Blick auf einen der Monitore gerichtet, als Dr. Stein plötzlich zusammenzuckte.
»Oh!«, rief er und ließ seinen Kopf abrupt tiefer sinken.
»Was ist denn?«, fragte ich und beugte mich auf seine Höhe.
»Mist!«, rief er, und ich sah, wie er mit einer Pinzette in eine graufarbene Masse piekste, plötzlich zuschnappte und etwas herauszog. Er hielt es in die Luft gegen eine der großen Neonlampen. Ich sah etwas Undefinierbares, klitzekleines Rotes mit vier kleinen Extremitäten, das hin und her zappelte und quietschende Geräusche von sich gab.
»Was ist denn das?«, fragte ich.
»Na, das sehen Sie doch selber«, antwortete er gereizt, und legte es an die Seite der Schädeldecke. Ich erkannte ein winzig kleines Männchen mit Kopf, Armen und Beinchen, das sich blitzschnell wieder aufrichtete und zurück in die Hirnmasse lief.
»He! Freundchen!«, rief Dr. Stein und schnappte mit der Pinzette schnell zu. »So geht das nicht!« Aber das Männchen war ihm entkommen.
»Na, da haben wir den Mist!«, sagte Dr. Roth entnervt.
Es vergingen nur einige Sekunden, und schon lugte ein zweites Männchen hervor. Und wieder schnappte Dr. Stein zu, um es an den Rand der Schädeldecke zu setzen, aber auch dieses rannte schnurstracks zurück. Es rannte geduckt, mit den Ärmchen über dem Kopf, so, als ob es sich schützen wolle.
»Wir haben hier jetzt ein ernsthaftes Problem«, sagte Dr. Roth und warf uns allen einen finsteren Blick zu, während eine der Schwestern ihm mit hastigen Handbewegungen die Schweißperlen von der Stirn tupfte.
Plötzlich rannten drei Männchen kreuz und quer über die Schädeldecke, es war, als würden sie um die Wette rennen, und sie waren so schnell, dass Dr. Stein ihnen nicht nachkommen konnte.

Ich entspannte meinen Nacken und atmete zweimal tief durch. Mir war aufgefallen, dass meine Hände und meine Stirn klitschnass waren und dass ich seit dem frühen Morgen außer einem Croissant nichts Weiteres im Magen hatte.
»Das gibt’s doch gar nicht!«, rief Dr. Stein aufgebracht, und ich sah, wie er ein Männchen nach dem anderen herauszog, sie mit blitzschnellen Bewegungen an den Rand der Schädeldecke setzte, während diese sich genauso schnell wieder aufrichteten und aus dem Staub machten. Einige drehten sich dabei noch um, und warfen uns einen erschrockenen Blick zu, ich sah, wie ihre Augen blitzten und wie verängstigt sie waren.
»Das ist ja völlig verrückt!«, sagte Dr. Roth erschöpft, »Es gibt sie in allen Farben! Schaut her! Rot, Grün, Blau … Einige sind Violett!«
»Och nee, nee«, rief Dr. Stein jetzt verärgert, während er eine leicht weißgelbliche Masse anhob, unter der bestimmt ein Dutzend kleiner Männchen saß. Ich sah ihre entsetzten Gesichter, hörte ihre quietschenden Laute und beobachtete, wie sie sich mit ihren ausgebreiteten Ärmchen nach hinten drängten, um der Pinzette zu entkommen.

Plötzlich brach Dr. Stein abrupt ab. Er trat einen Schritt zurück und warf die Pinzette in eine Schüssel.
»Tut mir leid«, sagte er entschieden, und zog sich den Mundschutz herunter, »aber so kann ich nicht arbeiten!«
Ich wandte mich ihm verwundert zu und starrte ihn an.
»Ja wie, Sie hören jetzt mittendrin auf?«
»Na sehen Sie sich das doch an«, sagte er empört, »das ganze Ding ist voller Männchen. Was soll ich denn da noch machen? Sie haben es doch selbst gesehen, ich ziehe sie heraus und sie kriechen wieder rein, ich setzte sie vor die Tür, und sie schlüpfen zurück. Was meinen Sie wohl, was da drinnen los ist? Das Ganze ist ein einziges Wollknäuel voller Männchen, alles ist verwachsen, zwischen Venen und Knochen, bis zum Hinterhirn. Da kann ich doch nicht einfach etwas herausschneiden!«

Er sah mich so vorwurfsvoll durch seine dicke Hornbrille an, dass ich mich nicht traute, ihm zu widersprechen. Was mich in dem Augenblick am meisten wunderte, war, dass es mir so vorkam, als ob er auf eine Antwort wartete, so, als ob ich ihm sagen könnte, was zu tun sei. Ich blickte unauffällig zu den Schwestern, aber auch sie machten jetzt einen verlorenen Eindruck. Dr. Stein drehte mir daraufhin den Rücken zu, ohne noch etwas zu sagen, ich sah, wie er sich die Handschuhe abzog und sie in eine Ecke pfefferte und dann durch die Glastür verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen. Der Tag war ihm wohl zweifellos versaut worden.

Dr. Roth überlegte, was zu tun sei. Dann gab er die Anordnung, dass man alles wieder in den Schädel hineinstopfen solle und die Operation somit beendet sei. Und im selben Augenblick war mir klar, dass ich keinen Bericht in der Tasche hatte.
Kurze Zeit später lief ich die Treppe des Hospitals herunter, ohne einen klaren Gedanken zu fassen. Um Punkt sechs saß ich in der U-Bahn und um sieben erreichte ich mein Hotel in der Peshword Avenue. Es war ein beschissener Tag gewesen, so ein Tag ohne Anfang und ohne Ende.

Ich fuhr im Fahrstuhl in die zwölfte Etage und überlegte, ob ich Jeff anrufen sollte oder nicht. Ich öffnete das Fenster und blickte eine Weile auf die glitzernden Lichter der Stadt. Dann setzte ich mich an einen Tisch und versuchte, diese Sache so gut wie möglich aufzuschreiben.




ANMERKUNG:

Die Geschichte ist allen Fakes gewidmet; allen Schwindlern und Täuschern, die vervielfacht in Rollenspielen schlüpfen und sich in unsere Köpfe einnisten.
 

Ji Rina

Mitglied
Vielen Dank, Orlando, hab Deinen Korrekturhinweis im Text abgeändert.
Hab übrigens auch gerade Dein passendes Gedicht zum Thema gelesen.
Einmalig…..

Tolle Idee: "Komische Lyrik III"
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Aaah ich bin empört, das heißt empört wie gut du schreiben kannst.

Gleich im ersten Satz hast du mich in die Geschichte gerissen und alles so klar dargestellt, dass ich mich wohl daran erinnern werde, als wäre ich dabei gewesen ... (so stelle ich mir vor, ist es mit der Phantasie: intensive Vorstellungen sind im Nachhinein vergleichbar mit Erinnerungen echter Erfahrungen)

Das war ja so intensiv! Ich habe selten so intensive Leseerfahrungen ... Puh ... als Dr. Stein das Lebewesen aus dem Schädel zog und es betrachtete war ich so geschockt!! Ich dachte am Anfang es ist so ein komischer Wurm oder ähnliches, mit Extremitäten halt, irgendwas parasitisches... Ich saß mit aufgerissenen Augen vor dem Bildschirm und musste einfach nur weiterlesen (wenn mir an diesem Punkt jemand meinen Laptop weggenommen hätte, würde ich wohl heute nicht mehr einschlafen können). Ja, das klingt übertrieben aber so war es. Ich weiß nicht wie ich sonst verdeutlichen kann wie heftig diese Szene auf mich gewirkt hat.

Einige Zeilen später, als dann das erste Männchen auf den Schädelrand gesetzt wird, aber "blitzschnell" zurück rennt war ich dann schon so überfordert, dass ich eine kurze Pause machen musste. Ich lag nur auf meinem Schreibtisch, mit dem Gesicht in den Armen und schnaufte mehrere Minuten lang. Das war so krass. Da war ich einfach nur empört, wie gut die Geschichte ist, ich musste lachen vor Faszination und tief atmen vor Intensivität. Wie kann eine Geschichte so stark auf mich wirken? Diese Vorstellung! Ich hatte fast schon reale Angst

Wie gut du diese Operation beschrieben hast. Ich kann einfach nicht fassen, wie gut ich mir alles vorstellen konnte.

Selbst jetz muss ich noch lachen, weil mein Kommentar schon so lang ist aber immer noch nicht annähernd alles beinhaltet, was mich beeindruckt hat ... wie viel Angst diese Männchen haben ... wie sie immer zurückrennen ... wie die Chirugen aufgeben ... die Situation nach dem Aufgeben der Chirgen ...

Alles was ich von hier an schreiben würde, wäre nur noch eine Wiederholung des bisherigen, auf beinahe alle Elemente der Geschichte übertragen. Ja, auch das Ende hat mir gefallen, es hat einfach gepasst. Bei meinem ersten Lesen hat mir dabei vor allem die Einsicht gefallen (was heißt gefallen? ich war einfach rundum glücklich dabei), dass die Kurzgeschichte das ist, was die Journalistin "so gut wie möglich" aufzuschreiben versucht, sozusagen also ihr Bericht ist.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden hab, wofür die Geschichte gewidmet ist (von welchen Fakes ist hier dauernd die Rede? Ich weiß nicht ob ich das selbe darunter verstehe)

Mein einziger "Verbesserungsvorschlag" (bei dem Wort Verbesserung komme ich mir aber dumm vor): So etwas groteskes und unheimliches würde ich gerne vielleicht das nächste Mal ohne das märchenhafte Element des Männchens lesen. Das war das einzige, was mich vielleicht im entferntesten gestört hat. Aber auch nur, wenn ich übertrieben kleinlich bin, denn während dem Lesen hat das gepasst und darauf basiert ja die Geschichte. Ich hoffe du verstehst was ich meine.

Das war eine gute Droge (wenn wir dessen ursprüngliche Bedeutung betrachten - nicht an konventionelle Drogen denken)

Diese Erfahrung werde ich wohl nicht so schnell vergessen, das ist wirklich in meinen Augen eine professionelle Kurzgeschichte, dafür würde ich Geld zahlen.
 

Ji Rina

Mitglied
@Etma,

Lieber Etma, Vielen Dank für Deinen sehr interessanten Kommentar! Ich muss schon sagen, der war irgendwie besser als meine Kurzgeschichte..:D
Ich freu mich, dass Du Spass daran hattest!

Mein einziger "Verbesserungsvorschlag" (bei dem Wort Verbesserung komme ich mir aber dumm vor): So etwas groteskes und unheimliches würde ich gerne vielleicht das nächste Mal ohne das märchenhafte Element des Männchens lesen. Das war das einzige, was mich vielleicht im entferntesten gestört hat.
über diesen Satz muss ich erst noch nachdenken...

Ganz lieben Gruss!
Wir lesen uns!
Ji
 



 
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