Wieso, liebe Lé,
sollte ich als Leser nicht unbefangen sein?
Es gehört zum Dichten, sich völlig aus sich herauszusetzen und die Position eines absolut unbefangenen Hörers einzunehmen, dem ein gleichfalls unbefangener Leser das Lied vorsingt.
Das wird in diesem Fall dadurch erleichtert, daß die Lieder, die ich zur Zeit in der Lelu einbringe, schon seit zwei Jahren in der Schublade liegen. Ich könnte sie heute nicht mehr neu schreiben, ich könnte sie auch nicht aus dem Gedüchtnis wiederholen, ich habe sie vergessen.
Es kommt vor, daß ich einzelne Stellen nicht spontan verstehe und mit Phantasie hineinsteigen muß in die verkofferten Metaphern. Da entdecke ich dann einiges. So wie jeder andere Leser auch. Ob da eine Geschichte drin steckt, die kommunikativ zwischen Captain und Schiffsarzt hin und herspielt, unbewußt geklaut aus der Startrek-Picardie oder unbekannten Babylonesome Five Folgen?
Allerdings macht es mir viel Spaß, in den alten Versen auf Reisen zu gehen. Bonbons zu lutschen wie die doucements und aphrodisiaka der ersten Strophe.
Es besteht natürlich keine Notwendigkeit, schöne Gedichte in der Lelu zu veröffentlichen. Ich kann die Dinger auch alleine verspeisen. Ich habe weder Verlag noch Wettbewerbspreise. Ab und zu erinnert mich wieder mal der eine oder der andere Sympoiet daran, daß ich am Niedergang der deutschen Lyrik mitschuld bin. Oder daß ich hier nicht hingehöre. Das ist natürlich Quatsch, denn ich habe noch etwa drei schulterklopfende Leser, früher waren es fünf, sechs. Die schauen manchmal rein und schenken mir eine mitleidige Vier. Nicht immer. Ich schreibe dann eine Erklärung, einen Geheimnisverrat, aber das ist dann meistens zu spät.
und wenn sonst keiner sich meiner erinnert
ich dresch meinen reim durchs vergessen der zeiten
grusz, hansz