Kindheitsidyll-I- Die Zabka

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Ralf Langer

Mitglied
Kindheitsidyll I
Die Zabka

Knapp unter`m Himmel,
nah bei den Schloten,
in der Sphäre vom lieben Gott,
bewohnte die Zabka, dachschräg,
eine Mansarde im dritten Stock.

Wie oft riefen wir Knaben,
wenn wir vom schreien
im Hof hungrig waren,
die Zabka bei ihrem Namen,
und aus ihrem Fenster fielen
Bonbons, und auch Bananen,
auf uns ihre Kinder,
wie sie uns schimpfte, herab.

So ist sie - gewesen,
die Zabka vom dritten Stock,
auf eine ruhrpottweise
eine Melange höherer Wesen,
eine Mischpoke:
den Leib von Buddha,
das Lächeln der Jungfrau Maria,
und die Stimme, die goldige Kehle;
ein weiblicher Karel Gott.

Jetzt nicht mehr, die Zabka
längst tot und begraben
von einer höheren Macht -
die Gewalt auch über'm dritten OG hat -
wurde sie um die Ecke zum Friedhof,
und wir Kinder erwachsen
- zum Schweigen gebracht.
 
D

Die Dohle

Gast
das ist ein schönes lied!

Hallo Ralf Langer,
überleg grad, ob da noch ein bisschen mehr singsang, sag ich mal ein bisschen flapsig, einzubauen gut täte. hm, ich glaub das ist so, kann aber nach dem ersten lesen noch keine anregung geben. evtl. aber willst du das ja genau so haben ...

lg
die dohle
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf!

Ja, das ist das Komische an Kindheitserinnerungen. Wer erinnern uns nur vage an manche Spielkameraden, aber einige von den "Großen" haben bleibende und manchmal wehmütige Spuren in uns hinterlassen.

Das habe ich sehr gerne und auch mit der nötigen Wehmut gelesen - eine ähnliche Erinnerung habe ich auch.

Liebe Grüße
Manfred
 
D

Die Dohle

Gast
... ich mach mal einen ersten versuch:

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Knapp unter`m Himmel,
nah bei den Schloten,
in der Sphäre vom lieben Gott,
bewohnte die Zabka,
dachschräg,
eine Mansarde im dritten Stock.

Wie oft riefen wir Knaben,
hungrig vom schreien im Hof
die Zabka beim Namen
und aus ihrem Fenster rieselten
Bonbons und Bananen,
auf uns Kinder,
Wir waren die ihren,
wenn sie uns schimpfte.

So ist sie - gewesen,
die Zabka vom dritten Stock,
eine Melange höherer Wesen,
eine Mischpoke vom Pott:
den Leib von Buddha, das Lächeln
der Jungfrau Maria und die Stimme,
die goldene Kehle,
ein weiblicher Karel Gott.

Jetzt nicht mehr, die Zabka
längst tot und begraben
geholt von einer höheren Macht -
die Gewalt auch über das dritte OG hat -
wurde sie um die Ecke zum Friedhof,
und wir Kinder erwachsen
- zum Schweigen gebracht.

###


Hallo Ralf Langer, vielleicht kannst du ja was davon brauchen, die zeichen sollten in jedem fall bedacht werden, ich denk da kann das eine oder andere komma raus beispsw..

lg
die dohle
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo dohle,

ersteinmal herzlichen dank.

zum verständnis:

"auf uns ihre Kinder,
wie sie uns schimpfte, herab."

dieses schimpfte hat im ruhrgebiet einfach die bedeutung von "nennen".

ralf
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Ralf Langer,
ja guckscht du, ich kenn mich am niederrhein-ruhr höchstens ein kleines bisschen aus, ein problem in dem fall. mein vorschlag ist da wohl eher südwestdeutsch geprägt, wonach die respektierte autorität zwar prinzipiell zetert, jedoch nicht ohne liebe gegenüber den gescholtenen. hmnjo, entsprechend deiner nachricht geht der vorschlag dann ziemlich daneben.

jedenfalls hab ich verstanden, die Zabka war eine institution, mindestens...

lg
die dohle
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo manfred,

ja das mit den erinnerungen ist eine sache für sich.


ich freue mich, das die wehmut erkennbar ist.

denn obschon ich versucht habe es lakonisch zu formulieren, sollte die traurigkeit ob des verlustes von einer "gewesenen"
gegenwart - durchscheinen.

wehmut, welch schönes wort

lg
ralf
 

revilo

Mitglied
Tach Schalka....ein schönes Stück Ruhrpott fast schon im Stil von Frank Goosen.....Deine Geschichte inspirierte mich, sofort auch eine Pottstory mit einer Erinnerung zu memorieren....

die letzte Zeile ist allerdings nicht schlüssig....was ist damit gemeint???

LG von Gladbach-revilo,
der wegen des Sieges bei den dämlichen Dortmundern ein herzliches Dankeschön erwartet.....:D.....

ich habe bereits Huldigungen von einigen Deiner Gesinnungsgenossen entgegengenommen....;)....
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo zusammen,

vielleicht ist das ende wirklich nicht schlüssig:
gemeint ist ja nicht das jemand umgebracht wird, sondern
das das erwachsen werden zum schweigen führt.

es ist der verlust von etwas unbeschwertem, das hier das kindergeschrei ist.

an oli:

respekt vor den deinen, hat uns einen schritt näher an die vizemeisterschafft gebracht

und ja : es wird noch ein paar erinnerungen geben

ralf
 
D

Dnreb

Gast
Lieber Ralf,

beste Grüße aus den kalten Höhen weit im Westen, die karge Nordeifel ist eine raue Gegend. Doch meine persönlichen Kindheitserinnerungen spielen in den Stadtvierteln von Köln, Deine Zabka winkt auch mir aus zahlreichen Fenstern.

In Deinem schönen Erzählgedicht scheinen mir an zwei Stellen Verse, den Leserhythmus unnötig zu stören. Auch scheinen sie mir inhaltlich entbehrlich, vielleicht sogar zu viel des Guten...

1.) ein weiblicher Karel Gott
Mit der goldigen Kehle verbleibt doch für den Leser ein schönes kleines Geheimnis.

2.) die Gewalt auch über'm dritten OG hat -
Der Einschub schmälert nur die Wirkung der drei Schlussverse.



Herzliche Grüße
Bernd Sommer
 

Ralf Langer

Mitglied
hall bernd,

interssante vorschläge deinerseits:

ich glaube ich folge dir betreffend der von dir ausgewiesenen strophe "... auch über`m dritten OG hat"

diese zeile ist nicht wirklich nötig und oder wirksam.
wobei sie ja nur als anspielung auf strophe eins funktionieren soll)

betreffs "... Karel Gott " bin ich mir noch nicht schlüssig.

dann dürfte die strophe aber nicht auf "kehle" enden, das stünde im widerspruch zu der intonisation der endworte aller anderen strophen :
Stock, herab, Gott( oder eben kehle), gebracht
sind ja alles verschlußlaute und sollen es auch sein.

ich überlege mir aml etwas.


herzlichen dank

ralf
 



 
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