Aufschreiber
Mitglied
Kren drückte die breite Taste, die mit einem Kreissegment und einem Dreieck beschriftet war.
Nichts geschah. Widerwillig ließ er den Verschluss seines Sicherheitsgurtes aufschnappen und segelte langsam nach oben.
„Mist!", jammerte er, „Auch das noch!"
Die künstliche Schwerkraft war ausgefallen. Nun würde er sich an der Notreling entlang zur Schleuse hangeln müssen.
Langsam breitete er die Arme aus und klatschte dann die Hände über seinem Kopf zusammen. Der Impuls trieb ihn seinem Pilotensessel entgegen, den er schnell ergriff. Nun hatte er eine sichere Startposition. Kren schnaufte zufrieden.
Der Anfang der Reling war rechts vom Sessel an der Wand befestigt und sie führte durch den gesamten Gleiter. 'Ariadnes Faden' nannten sie die Piloten scherzhaft.
Kren griff nach der Stange , sicherte seinen Halt und begann, den Handlauf entlang zu hangeln. Er musste die Schleuse beim Reaktorraum erreichen. von dort aus konnte er nach draußen gelangen, um die defekte Steuerdüse reaktivieren zu können. Genau diese hätte der Tastendruck zünden sollen.
Gelang ihm das nicht, war er verloren. Mit dem Langstreckentriebwerk ließen sich keine Feinkorrekturen durchführen. Selbst wenn er den Antimaterieblaster nur für einige wenige Nanosekunden hätte einschalten können, wäre der Schub unkalkulierbar.
Auch rein technisch bestand keine Möglichkeit, denn die Steuerung des Haupttriebwerks war nicht für Ultrakurzzeit-Aktivierung konzipiert. Es gab nur ein 'EIN' oder ein 'AUS'. Der Rest wurde über Ausstoßrichtung und Steuerfelder kontrolliert.
Kren hangelte durch den Tunnel, den Fußboden im Rücken. Wichtig war allein, die Steuerdüse flott zu bekommen. Misslang das, würde er sein Ziel verfehlen und ewig durch das All treiben. Hinter der nächsten Biegung musste die Schleuse liegen. Ihm blieben maximal sieben Minuten zur Korrektur. Anschließend wäre die Kursabweichung so groß, dass die Steuerdüse nicht ausreichen würde, sie zu korrigieren. Er wäre verloren, auf Hilfe von einem anderen Schiff angewiesen. Zu alledem bekam er nun auch noch Kopfschmerzen. Das konnte er sich jetzt nicht leisten. Sein Skaphander verfügte über eine Einrichtung, mit deren Hilfe man sich verschiedene Medikamente injizieren konnte. Er wählte ein leichtes Schmerzmittel und spürte den Stich der Nadel im Oberschenkel. Das Serum wirkte fast sofort, unterdrückte das Hämmern in seinem Hirn.
Endlich gelangte er zu dem Kombinationsschloss, das die innere Schleusentür öffnen musste. Er gab die Kennzahl ein.
Genau in Augenhöhe leuchtete plötzlich ein Signal auf.
Schleuse belegt. Keine Dekompression möglich. Override?
Was sollte denn das bedeuten? Außer ihm befand sich niemand an Bord! 'Schleuse belegt' konnte nur heißen, es befand sich bereits etwas oder jemand in der Kammer.
Mit fliegenden Fingern erteilte Kren den Befehl zur Anzeige der Innenansicht.
Als sich der Monitor erhellte, fuhr der Pilot erschreckt zurück. In der Dekompressionskammer schwebte eine Art rotpelziges Wesen, etwa katzengroß, mit kleinen runden Ohren.
Das Ding schien zu schlafen.
Mit einiger Mühe gewann der Astronaut die Fassung wieder und dachte nach.
Wie kam das Ding in die Schleuse? Der Bordrechner hatte ihm keinerlei Aktivitäten gezeigt.
Was konnte man tun? Das Wesen konnte unbekannte Erreger einschleppen, ließe er es in das Innere. Es konnte gefährlich sein, es konnte ... einfach krepieren, wenn er etwas falsch machte.
Kren begann, einen Extraktionsplan zu schmieden. Er würde einen Hermetic-Container kommen lassen, das Viech hinein bugsieren und es dann in die Krankenstation befördern.
Was aber, wenn es intelligent war?
Daran mochte Kren nicht denken. Es galt das strenge Verbot, intelligente Rassen in irgendwelche Behälter zu sperren. Also musste er vorher eine Kontaktaufnahme versuchen.
Schweiß bildete kleine Perlen auf der Stirn, so viele Gedanken stürmten auf ihn ein.
* * *
Zrrgll war hoch konzentriert. Ganz plötzlich war ein Bewusstsein in seinem Perzeptionsbereich aufgetaucht. Es nahm Unsicherheit wahr, ein wenig Erschöpfung, vielleicht?
Vorsichtig streckte es seine mentalen Fühler aus, erfasste das Wesen und analysierte seine Bewusstseinszentren.
Wie in einem Zeitraffer-Film liefen Erinnerungen und Emotionen ab.
Da gab es ein pelziges Wesen, dem sein Exemplar offenbar sehr zugetan war. Schnell nahm Zrrgll eine Gestalt an, von der es meinte, sie sähe dem Partner des Wesens ähnlich.
Nun war das Ding da. Zrrgll nahm kleinste Teile des Bewusstseins wahr. Es erkannte sogar Verbindungen, die dem Wesen möglicherweise selbst nicht vollständig klar waren. Eine Welle von Wohlwollen brandete ihm entgegen. Die Wahl der Gestalt erwies sich als goldrichtig.
Behutsam tastete sich Zrrgll weiter. Das Wesen grübelte offensichtlich, was es nun tun solle. In dem Bewusstsein des Forschers bildete sich das Abbild eines eigenartigen Behälters.
'Aha', dachte Zrrgll, 'Es will mich darin aufbewahren. Will mich erforschen.'
Das passte ihm nicht. Es gehörte zur zweithöchsten Krrmkll seines gesamten Sternsystems. Mit ihm trieb man keine „Wegpack-Spielchen"!
Immer noch sehr behutsam erforschte Zrrgll die anderen Hirnfunktionen, und – Zentren.
Es sog das fremde Bewusstsein förmlich auf, verglich, sortierte, nahm unbemerkt Einfluss.
Das Ding hinter der metallenen Wand war klar als intelligent einzustufen, wenn auch auf einer extrem niedrigen Stufe. Es würde sich ihm nicht zu erkennen geben. Stattdessen würde es sich äquivalent dem Partnerwesen verhalten.
So würde es gehen. Zrrgll konnte das Wesen erforschen, ohne es stärker als nötig zu beeinflussen.
* * *
Kren schüttelte den Kopf. Was war nur los? Er fühlte sich unkonzentriert. Er tat das als eine Folge des Schmerzmittels ab.
Sein Blick landete wieder auf dem friedlich schlummernden Pelzling. Nein, das war nicht gefährlich. Er verwarf die Idee, es einzusperren.
Mit ein paar Tastendrücken aktivierte er die BiDi-Schaltung.
„Hallo, mein kleiner Freund", lockte er, „kannst du mich verstehen?"
Am Kopf des Wesens zuckte ein Ohr.
„Ich tu dir nichts. Ich muss dich zur Krankenstation bringen, damit ich einige Tests vornehmen kann!"
Mit diesen Worten löste er die Öffnungssequenz aus. Das schwere Schott glitt nach oben und verschwand in der Decke.
Die linke Hand ausgestreckt, so, wie man sich einem verletzten wilden Tier nähert, glitt Kren vorwärts, auf das fremde Wesen zu.
Es schien sich nicht für seine Annäherung zu interessieren.
Erst als er es berührte, öffnete sich ein bernsteingelbes Auge und musterte ihn eindringlich.
„Ich tu dir nichts", wiederholte Kren beschwörend und ergriff das Wesen vorsichtig.
* * *
Die Situation wurde spannend. Das Wesen hatte die Wand geöffnet und bewegte sich auf Zrrgll zu. Gleich musste es den Körper berühren.
Zrrgll öffnete ein Auge. Dem Wesen sollte klar sein, dass das pelzige Etwas, das seinem Vertrauten so ähnlich schien, durchaus wachsam war.
Doch übermäßige Vorsicht schien nicht notwendig.
Das eigenartige Wesen schien durchaus wohlwollend zu sein. Es war ebenfalls angespannt, voller Erwartung.
Jetzt! Das Ding hatte Zrrgll berührt, ergriff es sanft, aber fest und schleppte es in das Raumfahrzeug hinein. Eine winzige Panik erschien, versuchte Kontrolle über die Reflexe des flauschigen Körpers zu erlangen. Der besaß scharfe, spitze Teile, die dem Wesen unangenehm werden konnten.
Es bedurfte einiger Konzentration, die Panikattacke in den Griff zu bekommen. Endlich gelang es und Zrrgll begann sogar, die Berührung als angenehm zu empfinden.
Fast unwillkürlich bewegten sich bestimmte Muskelgruppen und erzeugten ein Geräusch.
Zrrgll schnurrte.
* * *
In Krens Helm erklang ein melodiöses Pfeifen.
„Was gibt es?", sagte er.
„Zeitfenster bis zum Ende der projektierten Richtungskorrekturphase: 3 Minuten.", antwortete die Sprachsynthese-Einheit des Bordcomputers.
In Kren stieg Hektik auf.
Was nun? Er würde es kaum schaffen, die Düse flott zu bekommen, solange er das fremde Wesen nicht irgendwo untergebracht hatte.
Da hatte er eine Idee. Seine Kabine lag nicht weit entfernt. Er würde das Wesen dort einschließen und dann zur Düse ...
Kren stieß sich kräftig vorwärts, schwebte auf die Biegung zu, wo er die Reling wieder zu fassen bekam. Dieses Manöver wiederholte er an der nächsten Kurve des Ganges. Dann war er am Eingang seiner Kabine angelangt, öffnete und glitt hinein.
Er legte das Wesen sanft auf der kleinen Couch ab, die sich an der linken Wand befand.
„Ich komme gleich wieder. Bleib schön hier und mach' mir keinen Ärger, ok?"
Mit diesen Worten machte er kehrt und schwang sich zurück zur Schleuse.
* * *
Zrrgll fühlte sich wohl. Der Untergrund des Podestes, auf dem ihn das Wesen abgelegt hatte, war weich und warm.
Es krallte sich daran fest, damit es nicht in der Schwerelosigkeit davon schweben konnte.
Dieser Körper passte sehr gut, fand Zrrgll.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass es immer noch schnurrte. Auch das war durchaus angenehm.
Doch was tat das Wesen? Es dehnte seinen Wahrnehmungsbereich aus, nahm das fremde Bewusstsein wieder wahr.
Es war sehr angespannt. Und es befand sich außerhalb des Raumfahrzeuges.
Zrrgll konzentrierte sich, bis es wieder klare Eindrücke empfing.
* * *
„Zeitfenster ... : 1 Minute.", drängte der Bordcomputer.
Kren öffnete die Metallklappe, die die Kontrolleinheit schützte.
Mit wenigen Handgriffen schaltete er die Steuersequenz auf 'manual override' um.
"Fünf, Neun, Zwei, Zwei, Null, Drei, Vier, Acht, Eins", sprach er den Befehlscode laut mit.
Geschafft. Nun schnell zurück!
Er zog sich mit aller Kraft zurück in die Schleuse. Das Außenschott schloss sich. Im gleichen Augenblick startete der Hauptrechner die Kurskorrektur. Der Gleiter ruckte scharf zur Seite und Kren wurde wie von einer Riesenfaust gegen das Innenschott geschleudert.
Er verlor das Bewusstsein.
* * *
Das fremde Wesen war verstummt. War es in den Raum geschleudert worden? War es gestorben?
Die Unklarheit machte Zrrgll schwer zu schaffen. Es stieß sich in Richtung der Wandöffnung ab, durch die es herein getragen worden war.
Doch diese tat sich nicht auf.
Zrrgll krallte sich an einer Art Armatur fest, spannte alle Muskeln und schnellte zurück, in Richtung des Podestes.
Da setzte die Schwerkraft wieder ein.
Zrrgll prallte gegen die Stirnseite des Podestes und wurde ohnmächtig.
* * *
Als Kren die Augen öffnete, schwang eben der Deckel des Illusors auf. Doktor Kravanic, der Chef der Simulationsabteilung, beugte sich über ihn und lächelte.
Das tat er immer, aber heute schien er besonders zufrieden zu sein.
„Kren, mein Freund", hob er an, während er dem muskulösen Mann die Sensoren vom nackten Körper entfernte, „sie haben uns nicht enttäuscht.
Das war der letzte Test zur Kontaktfähigkeit. Sie haben bestanden. Gratuliere."
Er half Kren auf und schüttelte ihm kräftig die noch etwas schlaffe Hand.
Gemeinsam gingen sie zur Nachbarkabine.
Dort war eben Nadine, Krens Partnerin und Lebensgefährtin, aus dem Illusor gestiegen.
Auch ihr schüttelte Doktor Kravanic die Hand.
„Sie haben sich beide bewährt, jeder in seiner Situation", lobte er. "Machen Sie sich ein wenig frisch, denn um 20-00 Bordzeit erhalten Sie von Commodore Gygerl das Briefing für Ihre erste Mission als Raumkontakter Klasse I."
Kren nickte glücklich.
Und irgendwo tief in Nadines Bewusstsein schnurrte Zrrgll.
Nichts geschah. Widerwillig ließ er den Verschluss seines Sicherheitsgurtes aufschnappen und segelte langsam nach oben.
„Mist!", jammerte er, „Auch das noch!"
Die künstliche Schwerkraft war ausgefallen. Nun würde er sich an der Notreling entlang zur Schleuse hangeln müssen.
Langsam breitete er die Arme aus und klatschte dann die Hände über seinem Kopf zusammen. Der Impuls trieb ihn seinem Pilotensessel entgegen, den er schnell ergriff. Nun hatte er eine sichere Startposition. Kren schnaufte zufrieden.
Der Anfang der Reling war rechts vom Sessel an der Wand befestigt und sie führte durch den gesamten Gleiter. 'Ariadnes Faden' nannten sie die Piloten scherzhaft.
Kren griff nach der Stange , sicherte seinen Halt und begann, den Handlauf entlang zu hangeln. Er musste die Schleuse beim Reaktorraum erreichen. von dort aus konnte er nach draußen gelangen, um die defekte Steuerdüse reaktivieren zu können. Genau diese hätte der Tastendruck zünden sollen.
Gelang ihm das nicht, war er verloren. Mit dem Langstreckentriebwerk ließen sich keine Feinkorrekturen durchführen. Selbst wenn er den Antimaterieblaster nur für einige wenige Nanosekunden hätte einschalten können, wäre der Schub unkalkulierbar.
Auch rein technisch bestand keine Möglichkeit, denn die Steuerung des Haupttriebwerks war nicht für Ultrakurzzeit-Aktivierung konzipiert. Es gab nur ein 'EIN' oder ein 'AUS'. Der Rest wurde über Ausstoßrichtung und Steuerfelder kontrolliert.
Kren hangelte durch den Tunnel, den Fußboden im Rücken. Wichtig war allein, die Steuerdüse flott zu bekommen. Misslang das, würde er sein Ziel verfehlen und ewig durch das All treiben. Hinter der nächsten Biegung musste die Schleuse liegen. Ihm blieben maximal sieben Minuten zur Korrektur. Anschließend wäre die Kursabweichung so groß, dass die Steuerdüse nicht ausreichen würde, sie zu korrigieren. Er wäre verloren, auf Hilfe von einem anderen Schiff angewiesen. Zu alledem bekam er nun auch noch Kopfschmerzen. Das konnte er sich jetzt nicht leisten. Sein Skaphander verfügte über eine Einrichtung, mit deren Hilfe man sich verschiedene Medikamente injizieren konnte. Er wählte ein leichtes Schmerzmittel und spürte den Stich der Nadel im Oberschenkel. Das Serum wirkte fast sofort, unterdrückte das Hämmern in seinem Hirn.
Endlich gelangte er zu dem Kombinationsschloss, das die innere Schleusentür öffnen musste. Er gab die Kennzahl ein.
Genau in Augenhöhe leuchtete plötzlich ein Signal auf.
Schleuse belegt. Keine Dekompression möglich. Override?
Was sollte denn das bedeuten? Außer ihm befand sich niemand an Bord! 'Schleuse belegt' konnte nur heißen, es befand sich bereits etwas oder jemand in der Kammer.
Mit fliegenden Fingern erteilte Kren den Befehl zur Anzeige der Innenansicht.
Als sich der Monitor erhellte, fuhr der Pilot erschreckt zurück. In der Dekompressionskammer schwebte eine Art rotpelziges Wesen, etwa katzengroß, mit kleinen runden Ohren.
Das Ding schien zu schlafen.
Mit einiger Mühe gewann der Astronaut die Fassung wieder und dachte nach.
Wie kam das Ding in die Schleuse? Der Bordrechner hatte ihm keinerlei Aktivitäten gezeigt.
Was konnte man tun? Das Wesen konnte unbekannte Erreger einschleppen, ließe er es in das Innere. Es konnte gefährlich sein, es konnte ... einfach krepieren, wenn er etwas falsch machte.
Kren begann, einen Extraktionsplan zu schmieden. Er würde einen Hermetic-Container kommen lassen, das Viech hinein bugsieren und es dann in die Krankenstation befördern.
Was aber, wenn es intelligent war?
Daran mochte Kren nicht denken. Es galt das strenge Verbot, intelligente Rassen in irgendwelche Behälter zu sperren. Also musste er vorher eine Kontaktaufnahme versuchen.
Schweiß bildete kleine Perlen auf der Stirn, so viele Gedanken stürmten auf ihn ein.
* * *
Zrrgll war hoch konzentriert. Ganz plötzlich war ein Bewusstsein in seinem Perzeptionsbereich aufgetaucht. Es nahm Unsicherheit wahr, ein wenig Erschöpfung, vielleicht?
Vorsichtig streckte es seine mentalen Fühler aus, erfasste das Wesen und analysierte seine Bewusstseinszentren.
Wie in einem Zeitraffer-Film liefen Erinnerungen und Emotionen ab.
Da gab es ein pelziges Wesen, dem sein Exemplar offenbar sehr zugetan war. Schnell nahm Zrrgll eine Gestalt an, von der es meinte, sie sähe dem Partner des Wesens ähnlich.
Nun war das Ding da. Zrrgll nahm kleinste Teile des Bewusstseins wahr. Es erkannte sogar Verbindungen, die dem Wesen möglicherweise selbst nicht vollständig klar waren. Eine Welle von Wohlwollen brandete ihm entgegen. Die Wahl der Gestalt erwies sich als goldrichtig.
Behutsam tastete sich Zrrgll weiter. Das Wesen grübelte offensichtlich, was es nun tun solle. In dem Bewusstsein des Forschers bildete sich das Abbild eines eigenartigen Behälters.
'Aha', dachte Zrrgll, 'Es will mich darin aufbewahren. Will mich erforschen.'
Das passte ihm nicht. Es gehörte zur zweithöchsten Krrmkll seines gesamten Sternsystems. Mit ihm trieb man keine „Wegpack-Spielchen"!
Immer noch sehr behutsam erforschte Zrrgll die anderen Hirnfunktionen, und – Zentren.
Es sog das fremde Bewusstsein förmlich auf, verglich, sortierte, nahm unbemerkt Einfluss.
Das Ding hinter der metallenen Wand war klar als intelligent einzustufen, wenn auch auf einer extrem niedrigen Stufe. Es würde sich ihm nicht zu erkennen geben. Stattdessen würde es sich äquivalent dem Partnerwesen verhalten.
So würde es gehen. Zrrgll konnte das Wesen erforschen, ohne es stärker als nötig zu beeinflussen.
* * *
Kren schüttelte den Kopf. Was war nur los? Er fühlte sich unkonzentriert. Er tat das als eine Folge des Schmerzmittels ab.
Sein Blick landete wieder auf dem friedlich schlummernden Pelzling. Nein, das war nicht gefährlich. Er verwarf die Idee, es einzusperren.
Mit ein paar Tastendrücken aktivierte er die BiDi-Schaltung.
„Hallo, mein kleiner Freund", lockte er, „kannst du mich verstehen?"
Am Kopf des Wesens zuckte ein Ohr.
„Ich tu dir nichts. Ich muss dich zur Krankenstation bringen, damit ich einige Tests vornehmen kann!"
Mit diesen Worten löste er die Öffnungssequenz aus. Das schwere Schott glitt nach oben und verschwand in der Decke.
Die linke Hand ausgestreckt, so, wie man sich einem verletzten wilden Tier nähert, glitt Kren vorwärts, auf das fremde Wesen zu.
Es schien sich nicht für seine Annäherung zu interessieren.
Erst als er es berührte, öffnete sich ein bernsteingelbes Auge und musterte ihn eindringlich.
„Ich tu dir nichts", wiederholte Kren beschwörend und ergriff das Wesen vorsichtig.
* * *
Die Situation wurde spannend. Das Wesen hatte die Wand geöffnet und bewegte sich auf Zrrgll zu. Gleich musste es den Körper berühren.
Zrrgll öffnete ein Auge. Dem Wesen sollte klar sein, dass das pelzige Etwas, das seinem Vertrauten so ähnlich schien, durchaus wachsam war.
Doch übermäßige Vorsicht schien nicht notwendig.
Das eigenartige Wesen schien durchaus wohlwollend zu sein. Es war ebenfalls angespannt, voller Erwartung.
Jetzt! Das Ding hatte Zrrgll berührt, ergriff es sanft, aber fest und schleppte es in das Raumfahrzeug hinein. Eine winzige Panik erschien, versuchte Kontrolle über die Reflexe des flauschigen Körpers zu erlangen. Der besaß scharfe, spitze Teile, die dem Wesen unangenehm werden konnten.
Es bedurfte einiger Konzentration, die Panikattacke in den Griff zu bekommen. Endlich gelang es und Zrrgll begann sogar, die Berührung als angenehm zu empfinden.
Fast unwillkürlich bewegten sich bestimmte Muskelgruppen und erzeugten ein Geräusch.
Zrrgll schnurrte.
* * *
In Krens Helm erklang ein melodiöses Pfeifen.
„Was gibt es?", sagte er.
„Zeitfenster bis zum Ende der projektierten Richtungskorrekturphase: 3 Minuten.", antwortete die Sprachsynthese-Einheit des Bordcomputers.
In Kren stieg Hektik auf.
Was nun? Er würde es kaum schaffen, die Düse flott zu bekommen, solange er das fremde Wesen nicht irgendwo untergebracht hatte.
Da hatte er eine Idee. Seine Kabine lag nicht weit entfernt. Er würde das Wesen dort einschließen und dann zur Düse ...
Kren stieß sich kräftig vorwärts, schwebte auf die Biegung zu, wo er die Reling wieder zu fassen bekam. Dieses Manöver wiederholte er an der nächsten Kurve des Ganges. Dann war er am Eingang seiner Kabine angelangt, öffnete und glitt hinein.
Er legte das Wesen sanft auf der kleinen Couch ab, die sich an der linken Wand befand.
„Ich komme gleich wieder. Bleib schön hier und mach' mir keinen Ärger, ok?"
Mit diesen Worten machte er kehrt und schwang sich zurück zur Schleuse.
* * *
Zrrgll fühlte sich wohl. Der Untergrund des Podestes, auf dem ihn das Wesen abgelegt hatte, war weich und warm.
Es krallte sich daran fest, damit es nicht in der Schwerelosigkeit davon schweben konnte.
Dieser Körper passte sehr gut, fand Zrrgll.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass es immer noch schnurrte. Auch das war durchaus angenehm.
Doch was tat das Wesen? Es dehnte seinen Wahrnehmungsbereich aus, nahm das fremde Bewusstsein wieder wahr.
Es war sehr angespannt. Und es befand sich außerhalb des Raumfahrzeuges.
Zrrgll konzentrierte sich, bis es wieder klare Eindrücke empfing.
* * *
„Zeitfenster ... : 1 Minute.", drängte der Bordcomputer.
Kren öffnete die Metallklappe, die die Kontrolleinheit schützte.
Mit wenigen Handgriffen schaltete er die Steuersequenz auf 'manual override' um.
"Fünf, Neun, Zwei, Zwei, Null, Drei, Vier, Acht, Eins", sprach er den Befehlscode laut mit.
Geschafft. Nun schnell zurück!
Er zog sich mit aller Kraft zurück in die Schleuse. Das Außenschott schloss sich. Im gleichen Augenblick startete der Hauptrechner die Kurskorrektur. Der Gleiter ruckte scharf zur Seite und Kren wurde wie von einer Riesenfaust gegen das Innenschott geschleudert.
Er verlor das Bewusstsein.
* * *
Das fremde Wesen war verstummt. War es in den Raum geschleudert worden? War es gestorben?
Die Unklarheit machte Zrrgll schwer zu schaffen. Es stieß sich in Richtung der Wandöffnung ab, durch die es herein getragen worden war.
Doch diese tat sich nicht auf.
Zrrgll krallte sich an einer Art Armatur fest, spannte alle Muskeln und schnellte zurück, in Richtung des Podestes.
Da setzte die Schwerkraft wieder ein.
Zrrgll prallte gegen die Stirnseite des Podestes und wurde ohnmächtig.
* * *
Als Kren die Augen öffnete, schwang eben der Deckel des Illusors auf. Doktor Kravanic, der Chef der Simulationsabteilung, beugte sich über ihn und lächelte.
Das tat er immer, aber heute schien er besonders zufrieden zu sein.
„Kren, mein Freund", hob er an, während er dem muskulösen Mann die Sensoren vom nackten Körper entfernte, „sie haben uns nicht enttäuscht.
Das war der letzte Test zur Kontaktfähigkeit. Sie haben bestanden. Gratuliere."
Er half Kren auf und schüttelte ihm kräftig die noch etwas schlaffe Hand.
Gemeinsam gingen sie zur Nachbarkabine.
Dort war eben Nadine, Krens Partnerin und Lebensgefährtin, aus dem Illusor gestiegen.
Auch ihr schüttelte Doktor Kravanic die Hand.
„Sie haben sich beide bewährt, jeder in seiner Situation", lobte er. "Machen Sie sich ein wenig frisch, denn um 20-00 Bordzeit erhalten Sie von Commodore Gygerl das Briefing für Ihre erste Mission als Raumkontakter Klasse I."
Kren nickte glücklich.
Und irgendwo tief in Nadines Bewusstsein schnurrte Zrrgll.
Zuletzt bearbeitet: