Krieg Dich

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HerbertH

Mitglied
Krieg Dich

Komm Dichter Heer

Stu-Ka-ture Nicht zersplitter-bomben
[ 2]über gedanken los felder
aus weiden flicht Nicht unter stände
[ 2]noch ab und an tritte in tret-verbot-minen

geh fecht stand bilde Nicht im hintern
[ 2]land Nicht fall schirm
springer stiefele Nicht kugel-hagel-mienen
[ 2]gefallener gottes krieger im boden-kampf

Nicht gemeine wacht-meistere
[ 2]auf ruhr auf dünn pfiff
sprung auf marsch arsch
[ 2]zusammen gekniffen

zerfurche Nicht äcker granat-äpfelnd
[ 2]waid aus Kein leit
auch Nicht in aus geh uni form
[ 2]Nicht säe furcht

Nicht angst furche
[ 2]Nicht grob-furchen durch phall-lose
pfähle Nicht fahl gesichtig
[ 2]vom fleisch gefallene

Und singe Nicht parole parole
[ 2]keine gefangene

Und weihnachtsliedere Nicht
[ 2]über schützen gräbern

Sondern unterm Tannenbaum
 

HerbertH

Mitglied
4.6.1989 inspiriert

und ja, ich denke auch, dass dieses Gedicht auch in Experimentelles gepasst hätte ... wenn es überhaupt passt ;)
 
D

Dnreb

Gast
Nicht

Nicht Nicht Nicht
Nicht Nicht Nicht Nicht Nicht
Krieg Dich Nicht​



Deine Phantasie und Dein politischer Wille
und Dein Handwerk zur Einheit verschmolzen.
Das stößt vor den Kopf, das trägt auf sicheren Flügeln.

Herzliche Grüße
von Bernd Sommer
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Herbert,

das ist ein ziemlich starkes Stück - laut gelesen ungemein dynamisch, satirisch, traurig, wütend, soldatisch - marschig, mit vielen gelungenen Wortspielereien. Ich sehe einen Soldaten über eine Bühne marschieren und ihn dieses Wortgetümmel im Hin - und- Herschritt aus sich herausstossen …

Ich werte ja nicht so gern, weil ich Jedem seinen verdienten Balken zerstöre ;-)

Deshalb hier: das Ist für mich eine 9

L.G.
Mara
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Bernd,

danke für Deinen einfühlenden Kommentar mit der sehr treffenden
lyrischen Zusammenfassung dieses Gedichts - die solltest Du wirklich als eigenes Werk einstellen.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Mara,

danke auch Dir für Deine Einschätzung und "gefühlte" Wertung :) dieses Gedichts. Die Idee mit dem marschierenden Soldaten auf der Bühne gefällt mir sehr.

Liebe Grüße

Herbert
 
O

orlando

Gast
Hallo Herbert,
das empfinde ich als sehr gelungen.
Erinnert mich ein irgendwie an den Expressionisten August Stramm, der ebenfalls der Meinung war, dass der Krieg seine eigene Sprache erfordere. Er schrieb Etliches zum 1. Weltkrieg, und es lohnt sich, einmal nachzustöbern.
Bei dir überzeugen mich die originellen Wortspiele: Stu-ka-ture, tret-verbot-mienen etc. - trozt des ernsten Themas ein wahres Lesevergnügen. :)
Dir einen lieben Gruß
orlando
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Tannenbäume

Ja, heftig. Deshalb sprachlich und in der sachlichen Aufmerksamkeit hervorragend!
Und trotz der sachlich gebotenen Aufdringlichkeit des Textes - mir, einem Nachkriegsgeborenen, fremd.
Ja, gewiß: tausendfach gesehen in Film und Fernsehen, gerade jetzt zum 70-Jährigen des "Längsten Tages", gelesen, vergegenwärtigt, in Berichten gehört, wenn auch nicht von meinem Vater etwa - der schwieg über seine Kriegserfahrungen, sowohl die als Soldat als auch über die als drittes von acht Kindern einer ausgebombten Großstadtfamilie.
Ich stutze über den "Tannenbaum" - liest sich zwar zunächst wie ein friedliches Gegenbild zu den "Schützen - Gräbern" (feines Wortspiel!), aber hießen die Lichtkegel über den Städten, die mit verschiedenen Sorten von Bombenteppichen überdeckt und abgedeckt und zerstört werden sollten, also jene Ausleuchtungen des Operationsfeldes durch die ersten Bomberstaffeln, nicht "Tannenbäume" oder so ähnlich? Also auch das, dieses pointierte Schlußwort, kein per se friedlicher, weihnachtlicher Gegenvorschlag?
 

HerbertH

Mitglied
Liebe orlando,

bei dem Thema Krieg sind die Expressionisten natürlich nicht fern. Für den Hinweis auf Stramm bin ich sehr dankbar, da ich von ihm bisher nichts kenne. Die mienen-minen hätte man auch vertauschen können :)
Dass der Krieg eigene Sprache erfordert und schafft, ist für mich ein sehr verständlicher Gedanke. Ob ich diese hier schon gefunden habe, weiß ich allerdings nicht.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Lieber mondnein,

ehrlichgesagt kann auch ich nur versuchen, Krieg sprachlich zu begegnen. Denn erlebt habe ich keinen selbst, worüber ich sehr dankbar bin. Sein Schrecken allerdings - wer kann sich ihm entziehen?

Den Tannenbaum hatte ich eher naiv gemeint. Die Markierung von Bomberangriffszielen durch "Tannenbäume" hatte ich nicht im Sinn. Doch diese Interpretation passt durchaus zu dem Gedicht. Danke dafür!

Liebe Grüße

Herbert
 

Walther

Mitglied
mir,

lb. herbert,

macht das auch bei mir gelegentlich verwandte zerlegen von wörtern in ihre bestandteile spaß, denn damit können die gedanken auf die reise gehen und feststellen, daß sich das gedicht doch anders wendet als zuerst erspürt.

ich habe das konzept von Nicht und Kein noch nicht ganz durchschaut, aber die verneinung und ihre weglassung selbst schaffen wiederum spannende aussagen.

das krieg nicht ist ein böses spiel mit bedeutungsebenen. es vereint nicht bekommen mit krieg nicht (also frieden oder kein krieg). allein der widerspruch der beiden bedeutungen ist das lesen wert.

lg w.
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Herbert H.,

was mich an diesem Text doch etwas verwundert, ist, dass du ganz altmodisch Buchstaben verwendest. Bisschen antiquiert, findest du nicht auch?

Schöne Grüße, Fettauge
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walther,

das schon oben schön zusammengefasste "Krieg, Dich Nicht" ist die zentrale Botschaft.

Es ist nur einmal ein "Kein" statt "Nicht" in der Zeile "waid aus Kein leit", deren zweite Hälfte eher 'dialektisch' gedacht ist, und in der es auch um Binnenreim und Klang mit Diphthongen geht.

Das 'keine' in 'keine gefangene' hat eine ganz andere Rolle, angedeutet durch die Kleinschreibung. Es ist Teil einer der schrecklichsten Parolen des Krieges.

Solche Gedichte mit Umdeutungen durch Zerlegung der Worte und 'Wortspielen' sind nicht immer leicht zu deuten -- was aber, wie Du zu recht betonst, und in Deinen Gedichten ja oft meisterhaft durchführst, den Leser bewusst von den Standardpfaden bei der Interpretation wegführt, also den Kopf und das Denken weitet.

Für mich ist das eines meiner besseren Gedichte, in dem ich viele Stilmittel auch sprachlicher Art einsetze, aber ich bin mir im Klaren, dass es nicht jedem gefallen dürfte.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Sargasso-Meer

Liebe Fettauge,

Gedichte nur aus Zahlen sind in der Lyrik noch nicht weit verbreitet, was doch sicherlich alle Liebhaber schöner Sprache regelmäßig enttäuscht.

Ich bin sicher, dass Dich meine Buchstaben in Feste Formen mehr begeistern werden...

Liebreizende Grüße

Herbert
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Herbert H.

man muss es ja nicht immer so direkt sagen: Mit dieser Art "Lyrik" ist sie nun endgültig an ihrem Tiefpunkt angelangt. Und wer es nicht begriffen hat, ist an den Kommentaren ablesbar. Das wollte ich dir vermitteln, und ob du das nun immer noch "liebreizend" findest, wage ich zu bezweifeln.

Genaugenommen könnte man diesen Text als einen eines schreibenden Stotterers akzeptieren, aber dann wäre es vielleicht angebracht, ihn beim Vortrag besser zu husten.

Animierte Grüße, Fettauge
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
und die Kommentatoren kriegen auch gleich Auges Fett ab

Und wer es nicht begriffen hat, ist an den Kommentaren ablesbar.
Ich bin durchschaut. Peinlich.

Wie gut, daß wenigstens eine hier begreift, daß das Lied nur ein sinnloses Gestottere ist.
Oder Buchstabensuppe.

"Gedichte nach Zahlen" (entsprechend "Malen nach Zahlen") - schöne Anregung.
Aber längst bekannt bei den Mathematikern, die das "Ästhetische" guter Theorien loben oder die symmetrisch-asymmetrischen, selbstabbildenden und rätselreizenden Binnenstrukturen der Zahlenreiche als poetische Figuren auffassen.
 
F

Fettauge

Gast
Mondnein, nein, ich dachte weniger an Zahlen als vielmehr an Gummibärchen. Würde sich doch gut machen, wenigstens könnte man nach dem Genuss obiger Hackstücke angenehm farbenfroh lyrisch rülpsen.

Was aber nun die Kommentatoren angeht, so verwundert mich hier überhaupt gar nichts mehr. Ich bin es gewohnt. Muss ich mehr sagen? Bei einigen Leuten frage ich mich in der Tat, was sie in einem Forum suchen, in dem es angeblich um Lyrik geht.

Aber nun schnapp wieder aus, auch der kreativste Lyrikzertrümmerer kommt irgendwann wieder zu sich. Dumm nur, dass das überhaupt nicht neu ist, ich erinnere an Dada. Nur dass die Dadaisten zumindest einen gesellschaftskritischen Impetus hatten, den ich bei diesem - wie soll ich es nennen? -
noch nicht mal zwischen den zerhackstückten Silben finden kann. Es ist eben einfach bedauerlich: Man kann nie alles haben.

Friedliche Grüße, Fettauge
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Fettauge,

über Geschmack soll man bekanntlich nicht streiten.

Meine Antwort auf Deinen ersten Kommentar war ähnlich "humorig" gemeint wie Dein Kommentar.

Tit for tat - was hattest Du erwartet?

Aufregen sollten sich daher keiner von uns :)

Unaufgeregte Grüße

Herbert

PS:
Nur dass die Dadaisten zumindest einen gesellschaftskritischen Impetus hatten, den ich bei diesem - wie soll ich es nennen? -
noch nicht mal zwischen den zerhackstückten Silben finden kann.
Hier muss ich Dir deutlich widersprechen. Dies ist ein sehr politisches Gedicht. Wenn Du das nicht finden kannst, ist es wohl eher Dein Problem.

Noch eine kleine Idee zum Nachdenken: Nur wenn sich ein Zündholz reibt, geht es in Flammen auf. Warum also reiben?
 



 
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