Karl Feldkamp
Mitglied
Als nicht ganz selbstunkritischer Alter weiß er, dass Geläster von den peinlichen Sonderlichkeiten des jeweiligen Lästerers ablenken kann und zumeist auch soll.
Doch Werner kann es einfach nicht lassen, seine Altersgenossen der Lächerlichkeit preis zu geben, da sie ihm ständig berechtigende Anlässe liefern: Gejammer über ihre Kränkeleien, über ihre alzheimersche Vergesslichkeit, ihre Behauptungen, im Gegensatz zu manchem Mitsenior noch jung zu sein und auf Frauen zu wirken.
Am schlimmsten treiben es selbstverständlich jene, die ständig über ihre Mitalten herziehen, um möglichen anderen Lästerern zu signalisieren, dass diese mit allerübelstem Hohn rechnen müssen, wenn sie es auch nur wagen sollten, über den Lästerer herzuziehen. Dabei geraten sie in regelrechte Wettbewerbe nach dem Motto: Wer kann den großmauligsten Altersgenossen mundtod lästern?
Werner hingegen geht es nur darum, seine weitgehend geschätzten Mitsenioren in möglichst humorvoller Weise auf ihre peinlichen Macken aufmerksam zu machen. Immerhin war er vor seinem Renteneintritt Sozialarbeiter und will – wie seine noch tätigen Berufskollegen natürlich auch - immer nur helfen und ihr Klientel dabei unterstützen, sich realistischer wahrzunehmen.
Bekanntlich lässt das Vermögen zur Selbsterkenntnis von Jahr zu Jahr nach, selbst und gerade wenn Senioren altersstarr behaupten, sich und ihr Leben noch fest im Griff zu haben.
Thomas, einst von Frauen bewundert und gut aussehend, erscheint selbst in seinem Alter von 75 Jahren noch ansehnlich. Ein Zahnarzt, der sein Handwerk verstand, hat ihm ein perfekt moduliertes Keramik-Gebiss eingesetzt, das verglichen mit Jugendfotos keinerlei Lücken und schief stehende Zähne aufweist. Sympathische Lachfalten haben sich in sein ohnehin stets freundliches Gesicht eingegraben. Und mittels Salben, Cremes und Schönheitswässerchen – so gestand er mir in leicht angetrunkenem Zustand - konnte er die Straffheit seiner Haut weitgehend erhalten. Ein wenig Sport, viel Wandern sowie ausreichend Schlaf taten und tun ihr Übriges.
Ja, und tatsächlich, wenn Werner mit ihm durch das Ortszentrum Engelskirchens geht, schauen sich selbst weitaus jüngere Frauen nach ihm um.
Leider können sie sich bei ihren Ortsbegehungen nur wenig unterhalten, da Thomas neben seiner vielen Bewegung auch dazu neigt, viel und gut zu essen. Das hat zu einem ansehnlichen Bauch geführt, den er, sobald sich ihnen eine attraktivere Frau nähert, Luft anhaltend einzuziehen versucht. Das lässt ihn allenfalls stoßseufzend reden .
Seine Brille vergisst der eitle Kurzsichtige ohnehin zu Hause.
Somit schlenderten sie beide kürzlich schweigend nebeneinander her.
Die zwei jungen Damen, die sich ihnen näherten, begannen schon, weit bevor sie an ihnen vorbeigehen konnten, laut zu kichern.
Wenige Schritte vor ihnen blieben sie plötzlich stehen. Die Blonde der Beiden schien sich hinter der Braunhaarigen zu verstecken.
Thomas holte noch einmal Luft, richtete sich auf und wollte lächelnd an den jungen Frau vorbeiziehen.
Da trat die Blonde hinter der Braunhaarigen hervor, stellte sich Thomas in den Weg und küsste ihn auf die Wange. „Hallo, Opa. Bist du schlank geworden.“
Prustend atmete Thomas aus. „Ach, du.“ Und an Werner gewandt, keuchte er: „Darf ich Dir meine Enkelin Kathrin vorstellen?“
Nun atmete auch Thomas hörbar aus, obwohl er gar nicht bemerkt hatte, wie er – vermutlich aus Solidarität - auch die Luft anhielt. Und nachdem Werner wieder eingeatmet konnte, fehlten ihm die Worte.
„Opa, ist das dein Freund, von dem du mir erzählt hast?“ Thomas nickte. Und seine Enkelin grinste Werner an.
Thomas und seine Enkelin unterhielten sich noch kurz über Kathrins Eltern. Dann verabschiedeten sie sich.
„Was hast du denn deiner Enkelin über mich erzählt?“ wollte Werner von Thomas wissen.
„Nur das Beste!“ wich er aus.
Sie kehrten – wie gewohnt – noch ins Café Pütz ein, da Thomas gern schon am späten Vormittag Sahnetorte aß, die ihm dort von einer besonders freundlichen rotblonden Kellnerin serviert wurde, der er dabei gern Arme und Hüfte tätschelte.
Als er Thomas schließlich fragte, was er denn seiner Enkelin von ihm erzählt habe, sah er der wohlgrundeten Kellnerin hinterher und schnalzte unüberhörbar mit der Zunge.
„Ich habe ihr gesagt, dass du sehr eitel bist und dich bei Frauen nur mühsam zurückhalten kannst.“
„Aber…, was fällt dir ein?“
„Nichts. Rein gar nichts. Sollte ich ihr vielleicht sagen, dass Du ein überheblicher Langweiler bist, der sich damit am Leben erhält, über seine Altergenossen herzuziehen?“
Doch Werner kann es einfach nicht lassen, seine Altersgenossen der Lächerlichkeit preis zu geben, da sie ihm ständig berechtigende Anlässe liefern: Gejammer über ihre Kränkeleien, über ihre alzheimersche Vergesslichkeit, ihre Behauptungen, im Gegensatz zu manchem Mitsenior noch jung zu sein und auf Frauen zu wirken.
Am schlimmsten treiben es selbstverständlich jene, die ständig über ihre Mitalten herziehen, um möglichen anderen Lästerern zu signalisieren, dass diese mit allerübelstem Hohn rechnen müssen, wenn sie es auch nur wagen sollten, über den Lästerer herzuziehen. Dabei geraten sie in regelrechte Wettbewerbe nach dem Motto: Wer kann den großmauligsten Altersgenossen mundtod lästern?
Werner hingegen geht es nur darum, seine weitgehend geschätzten Mitsenioren in möglichst humorvoller Weise auf ihre peinlichen Macken aufmerksam zu machen. Immerhin war er vor seinem Renteneintritt Sozialarbeiter und will – wie seine noch tätigen Berufskollegen natürlich auch - immer nur helfen und ihr Klientel dabei unterstützen, sich realistischer wahrzunehmen.
Bekanntlich lässt das Vermögen zur Selbsterkenntnis von Jahr zu Jahr nach, selbst und gerade wenn Senioren altersstarr behaupten, sich und ihr Leben noch fest im Griff zu haben.
Thomas, einst von Frauen bewundert und gut aussehend, erscheint selbst in seinem Alter von 75 Jahren noch ansehnlich. Ein Zahnarzt, der sein Handwerk verstand, hat ihm ein perfekt moduliertes Keramik-Gebiss eingesetzt, das verglichen mit Jugendfotos keinerlei Lücken und schief stehende Zähne aufweist. Sympathische Lachfalten haben sich in sein ohnehin stets freundliches Gesicht eingegraben. Und mittels Salben, Cremes und Schönheitswässerchen – so gestand er mir in leicht angetrunkenem Zustand - konnte er die Straffheit seiner Haut weitgehend erhalten. Ein wenig Sport, viel Wandern sowie ausreichend Schlaf taten und tun ihr Übriges.
Ja, und tatsächlich, wenn Werner mit ihm durch das Ortszentrum Engelskirchens geht, schauen sich selbst weitaus jüngere Frauen nach ihm um.
Leider können sie sich bei ihren Ortsbegehungen nur wenig unterhalten, da Thomas neben seiner vielen Bewegung auch dazu neigt, viel und gut zu essen. Das hat zu einem ansehnlichen Bauch geführt, den er, sobald sich ihnen eine attraktivere Frau nähert, Luft anhaltend einzuziehen versucht. Das lässt ihn allenfalls stoßseufzend reden .
Seine Brille vergisst der eitle Kurzsichtige ohnehin zu Hause.
Somit schlenderten sie beide kürzlich schweigend nebeneinander her.
Die zwei jungen Damen, die sich ihnen näherten, begannen schon, weit bevor sie an ihnen vorbeigehen konnten, laut zu kichern.
Wenige Schritte vor ihnen blieben sie plötzlich stehen. Die Blonde der Beiden schien sich hinter der Braunhaarigen zu verstecken.
Thomas holte noch einmal Luft, richtete sich auf und wollte lächelnd an den jungen Frau vorbeiziehen.
Da trat die Blonde hinter der Braunhaarigen hervor, stellte sich Thomas in den Weg und küsste ihn auf die Wange. „Hallo, Opa. Bist du schlank geworden.“
Prustend atmete Thomas aus. „Ach, du.“ Und an Werner gewandt, keuchte er: „Darf ich Dir meine Enkelin Kathrin vorstellen?“
Nun atmete auch Thomas hörbar aus, obwohl er gar nicht bemerkt hatte, wie er – vermutlich aus Solidarität - auch die Luft anhielt. Und nachdem Werner wieder eingeatmet konnte, fehlten ihm die Worte.
„Opa, ist das dein Freund, von dem du mir erzählt hast?“ Thomas nickte. Und seine Enkelin grinste Werner an.
Thomas und seine Enkelin unterhielten sich noch kurz über Kathrins Eltern. Dann verabschiedeten sie sich.
„Was hast du denn deiner Enkelin über mich erzählt?“ wollte Werner von Thomas wissen.
„Nur das Beste!“ wich er aus.
Sie kehrten – wie gewohnt – noch ins Café Pütz ein, da Thomas gern schon am späten Vormittag Sahnetorte aß, die ihm dort von einer besonders freundlichen rotblonden Kellnerin serviert wurde, der er dabei gern Arme und Hüfte tätschelte.
Als er Thomas schließlich fragte, was er denn seiner Enkelin von ihm erzählt habe, sah er der wohlgrundeten Kellnerin hinterher und schnalzte unüberhörbar mit der Zunge.
„Ich habe ihr gesagt, dass du sehr eitel bist und dich bei Frauen nur mühsam zurückhalten kannst.“
„Aber…, was fällt dir ein?“
„Nichts. Rein gar nichts. Sollte ich ihr vielleicht sagen, dass Du ein überheblicher Langweiler bist, der sich damit am Leben erhält, über seine Altergenossen herzuziehen?“