Lass mich in Ruh, aber guck mich dabei an

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N. Valen

Mitglied
Ich sitz hier,
in meinem unsichtbaren Raum,
zwischen Müde und Magisch,
zwischen
„Sprich mich an“
und
„Fass mich bloß nicht an.“

Meine Haare machen,
was sie wollen.
Meine Gedanken auch.
Ich bin kein Rätsel.
Ich bin ein Zustand.

Und du?
Du darfst gucken.
Nicht reden.
Nicht stören.
Nur –
gucken.
So wie man in ein Aquarium starrt,
wo irgendwas Schönes
gerade keine Ahnung hat,
dass es schön ist.

Ich will keine Fragen.
Nur ein bisschen Licht auf der Haut,
das nicht von der Sonne kommt,
sondern von dir.
Von deinem Blick.

Nicht glotzen.
Nicht scannen.
Nicht ausziehen mit den Augen.

Nur:
sehen.

Und dann wieder:
in Ruh lassen.
 

sufnus

Mitglied
Hey!
Das flapsige "gucken" ist eine, gewiss "gewollte", Irritation in dem ansonsten rhetorisch aufgeladenen Gedicht, in dem das "nicht ausziehen mit den Augen" wohl die Schlüsselstelle für das Verständnis darstellt.
Ist es wirklich ein Liebesgedicht, wie @ogolo vermutet? Vielleicht.
Es geht jedenfalls um Grenzen in diesen Zeilen und ich glaube, sie sind selbst auch in einem existentiellen Grenzbereich angesiedelt, in dem ein Gesehenwerden zwischen Gefährdung und Erfüllung changiert. Die weitere Entwicklung bleibt offen.
LG!
S.
 

N. Valen

Mitglied
Lieber sufnus,
danke dir für deine genaue Lektüre! Ja, das „gucken“ ist tatsächlich als Bruch gedacht – fast wie ein Stolperwort, das die ernste Spannung unterläuft und zugleich zuspitzt.
Die Deutung als Grenzbereich trifft mein Empfinden sehr: gesehen werden ist sowohl Einladung als auch Risiko. Ob das dann „Liebesgedicht“ heißt, lasse ich gerne offen – wichtiger schien mir das Changieren zwischen Bedürfnis und Abwehr.
Herzliche Grüße
N. Valen
 



 
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