GrüßDich, Tula!
Das Bild vom Prisma ist ganz ausgezeichnet. Es entspricht der Multidimensionalität der aufgebrochenen Wörter.
Mich wundert immer wieder, wie oft man ausgerechnet in einem Dichtungsforum auf "verstehen" angesprochen wird. Es geht bei Gedichten so viel oder wenig um ein Verstehen, wie bei Musik. Ich würde bei Musik durchaus von "Verstehen" sprechen, wenn es um die harmonische Analyse geht, wobei ich mich aber seit Jahrzehnten frage, wie es sich mit der Logik im Verhältnis z.B. der unteren großen Mediante zur Subdominante verhält: In welche Richtung geht die Spannungsauflösungs-Differenz, vor allem beim Weiterschreiten zur Tonika? Das größere Rätsel ist dann das Melodie-Gefälle, die Satzförmigkeit der Kadenzen-Schleife ausgehend von der Tonika und wieder in sie einmündend.
Und dann bei Modulationstreppen, bei tonartwechselnden Sequenzen.
Und wiederum, ein paar Schritte weiter, bei immer fortschreitenden Überraschungen, Umdeutungen und Neuorientierungen etwa in Bruckners Neunter oder Mahlers Siebenter. Oder die harmonische Schlüssigkeit in John Lennons Walrus.
Wirklich modern wäre eine Dichtung, die die Multidimensionalität ernst nimmt, die die Stringtheorie sie in der Physik ausgelotet hat: Die Atome nicht im Raum, sondern der Raum in den Atomen. Von solchen Umwälzungen bin ich fremd-weit entfernt.
Das Gedicht oben ist ja nicht gleichschwebend-abstrakt, wie Anton Weberns Zwölftonmusik oder Mondrians Farbauswägungen. Es spielt nur mit dem kleinteiligen Sinnwechsel.
Es ist auch nicht wirklich "experimentell", dafür ist es viel zu konventionell. Trotz der Collagen-Ausrisse in formalisierter Logik-Sprache "Es gibt mindestens ein x, für das gilt ..." und der paradoxen Auflösung zur Null hin in der letztendlichen Klausel.
grusz, hansz