leben

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Frodomir

Mitglied
Hallo minimalist,

ich finde, dein Gedicht strahlt eine gewisse Tiefe aus, aber so richtig kann es mich nicht in seinen Bann ziehen. Ich denke, das liegt daran, dass das entscheidende Wort am Ende des Gedichtes zu abstrakt ist. Das Wort leben erzeugt kein Bild, aber schon immerhin eine ungefähre Emotion, die mir persönlich für ein so kurzes Gedicht aber nicht schlagkräftig genug ist. Dass der Thread ebenfalls den Titel leben trägt, hat zudem die Pointe schon gespoilert.

An sich finde ich allerdings die Gegenüberstellung von lächeln (hier gewissermaßen ein falsches oder trauriges) und leben auf der Metaebene interessant, auch wenn das Bild in der Ausführung aus den benannten Gründen mich leider nicht ganz abholen kann.

Liebe Grüße
Frodomir
 

wiesner

Mitglied
ein Erinnerungsfoto der (ersten?) Schwangerschaft

die Zäsur ist glänzend gesetzt, das Innehalten des Lesers eine 'Forderung' des Werdens

Gruß
Béla
 

Frodomir

Mitglied
Hallo wiesner,

deine Interpretation finde ich sehr schön und das Gedicht würde dadurch für mich stark aufgewertet. Aber wenn dies die Intention war, wäre es zumindest meiner Meinung nach eine gute Idee, diese Konkretisierung im Titel des Gedichtes wenigstens anzudeuten.

Liebe Grüße
Frodomir
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo minimalist,

mir geht da ähnlich wie Frodomir. Das Gedicht will nicht richtig zünden bei mir.
"leben" ist mir da zu allgemein oder auch zu speziell, wenn ich nach Bélas Interpretation gehe.

Liebe Grüße
Manfred
 

minimalist

Mitglied
"leben" ist für mich das LEBEN. Wo ist da das Problem? Und Lächeln auf einem Foto ist doch oftmals eher künstlich, wie eine Maske.

Es geht hier um ein altes Foto, auf dem jemand lächelt. Doch ein Betrachter erkennt hinter diesem Lächeln etwas anderes, vielleicht Sorgen, Schmerzen, Widerwillen, Zorn, oder was auch immer. Leben eben...

Ich finde, LEBEN ist Aussage genug, wenn man es mal gegen das "künstliche" Lächeln oder Lachen setzt. MIt LEBEN sollte doch jeder etwas anfangen können.

Ich hatte nicht gedacht, dass dieser Text so schwer zu verstehen ist. Aber man kann sich täuschen...

@Frodomir (und teils auch Franke),
ich glaube nicht, dass der Titel so etwas wie ein Spoiler ist. Bis zum Ende des kurzen Textes bleibt doch völlig unklar, worauf der Text hinausläuft. Der Titel nimmt daher die "Pointe" nicht wirklich vorweg.
Und für mich erzeugt "leben" durchaus ein Bild, wenn es im Gegensatz zum künstlichen "lächeln" gelesen wird. Du hast es doch selbst erkannt und schon erklärt, der Gegensatz lächeln - leben war dir doch klar. Da ist es nur noch ein Schrittchen bis zur Bedeutung, was hier "leben" heißt.

@Franke,

Hallo minimalist,

mir geht da ähnlich wie Frodomir. Das Gedicht will nicht richtig zünden bei mir.
"leben" ist mir da zu allgemein oder auch zu speziell, wenn ich nach Bélas Interpretation gehe.

Liebe Grüße
Manfred

ist dir "leben" nun zu allgemein oder zu speziell? Für mich ist "leben" einfach LEBEN.

Sorry, ich verstehe hier das Problem wirklich nicht. Aber ich bin der Autor, vielleicht übersehe ich etwas.
 
Zuletzt bearbeitet:

Frodomir

Mitglied
Hallo minimalist,

schrei doch nicht so :)

Es geht mir nicht um das inhaltliche Verständnis deines Textes, denn das ist mir schon klar. Es geht eher um die Wirkung von Worten, und je abstrakter ein Wort ist, desto weniger Immersion oder Bildhaftigkeit kann es in der Regel, zumindest bei mir, erzeugen. Und dieses "Problem" habe ich mit deinem Gedicht, weshalb es für mich leider zu wenig poetische Kraft entwickelt.

Liebe Grüße
Frodomir
 

minimalist

Mitglied
Hi Frodomir,

Hier kommen wir wohl nicht zusammen. ;) Dir ist das Wort Leben hier im Text zu abstrakt. Das sehe ich ganz anders. Klar, Leben kann viel bedeuten, aber genau das ist hier der Zweck dieses Wortes. Was am unter dem Lächeln sehen kann, das ist nicht einfach in Worte zu fassen, denkbar ist so Vieles, wie eben das Leben selbst vielfältig ist. Leben steht mit Absicht separat als Einzelzeile. Um Nachhall zu erzeugen, den Leser dazu zu bewegen, nachzudenken, was denn das Leben hier bedeutet, was man ggf in diesem Gesicht erkennen kann. Es geht darum, daß diese letzte Zeile den Leser auffordern soll. Deshalb diese vage, abstrakte Zeile. Poetische Kraft ist hier zweitrangig, wie das ja bei vielen Kürzestgedichten der Fall ist.

Aber es ist doch schön, grundsätzlich verschiedenen Ansichten dazu zu begegnen.
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @minimalist ,
ich habe die Unterhaltung mitverfolgt. Für mich ist hier das Foto zunächst der starre Abzug. Wie man so schön sagt, ich will diesen Augenblick festhalten, einfangen. Erst durch die Betrachtung erwacht dieses ursprüngliche Abbild zum Leben. Es schimmert durch, es regt sich. Daher meine Idee: den Titel unverändert lassen und die letzte Verszeile durch regung ersetzen. Das ist nur ein Vorschlag, Meister des Werks bist du:)
Ich finde, es ist dir sehr gut gelungen, einen Kontrast zu setzen.
Wie man das Lächeln wertet, geht für mich bereits einen Schritt weiter in der Interpretation. In meiner subjektiven Wahrnehmung steht an erste Stelle das Erstarrte dem Lebendigem gegenüber. Darin ist oder war Leben, Bewegung und Regung. (etwas verkorkst ausgedrückt)
Liebe Grüße ubertas
 

minimalist

Mitglied
Moin ubertas,

danke dir für die Wertung und deinen Kommentar.

Meine Sturheit ist mir ja mittlerweile schon richtig peinlich. Ich weiß, alle Kommentatoren haben sich in den Text hineinversetzt, frodomir, franke und jetzt auch du. Verdammt, vielleicht habt ihr alle Recht. Doch mein Gefühl für den Text bleibt: leben ist es! Und das regen, das du vorschlägst und was es auch erfasst, ist doch auch im leben drin.

Sorry an alle Kommentatoren für meine Dickschädeligkeit, was eigentlich gar nicht meine Art ist. Aber hier fühle ich meinen Origninaltext zu tief bei mir, um ihn zu ändern.
 

Ubertas

Mitglied
Moin moin,
ich sehe da gar keine Dickschädeligkeit. Nur, dass du mit voller Leidenschaft hinter deinem Wort stehst. Es zeigt darüber hinaus, dass du nicht wahllos Zeilen ausschmückst. Sie bedeuten dir sehr viel. Somit steht da nicht einfach "leben" wie ein Plakat. Es hat seinen Sinn!
Das hat für mich einen Sympathiestern verdient:)
ubertas
 

petrasmiles

Mitglied
Das ist für mich ein typischer Fall der Kontextualität, die nicht immer 'zündet' - muss es auch nicht.
Gerade bei minimalistischem ;-) Wortgebrauch fällt auf jedes Wort ein großes Bedeutungsgewicht - wenn da der Kontext nicht für jeden mitschwingt, wird es anders empfunden als vom Autor gemeint - oder schwächer. Ich halte es eher für ein Wunder, wie oft Dir das gelingt, lieber Minimalist.

Insbesondere bei diesem Text denkt jeder an ein anderes lächelndes Gesicht, vielleicht ein geliebtes Gesicht, von dem man ein schweres Leben weiß, oder aber das gestellte Lächeln, das lügt - nur im letzteren Fall schwingt 'die Zäsur' von Béla mit, im ersteren Fall wäre es ein ganz anderer und emotionalerer Kontext.

Dass beide Lesarten möglich sind, zeichnet den Text aus - und schwächt ihn gleichzeitig, denn bei der Kürze sollte die Bedeutung 'festgenagelt' werden.
Ich stelle fest, dass diese Variante 'mit Zäsur' die Deine ist - und dann ist das eben so.

Liebe Grüße
Petra
 

minimalist

Mitglied
Ubertas und Petra,

danke euch für eure Kommentare. Gesagt ist vielleicht alles, aber für mich war es jedenfalls interessant, wie unterschiedlich man den Text lesen und bewerten kann. Und deshalb bin ich für ausnahmslos jeden Kommentar hier im Thread dankbar.
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @minimalist ,
da bin ich ganz deiner Meinung. Es ist wirklich immer wieder interessant, wie unterschiedlich Worte wahrgenommen werden. Man selbst hat einen konkreten Gedanken oder auch viele unterschiedliche. Sobald jemand anderes zu denken und lesen beginnt, entsteht etwas neues. Neue Wahrnehmungen.
Das macht die Kommentarfunktion auch so wertvoll.
Danke für dein Gedicht!
Lieben Gruß ubertas
 

minimalist

Mitglied
ein Erinnerungsfoto der (ersten?) Schwangerschaft

die Zäsur ist glänzend gesetzt, das Innehalten des Lesers eine 'Forderung' des Werdens

Gruß
Béla
Sorry, dass ich deinen Kommentar überlesen habe. Ignorieren ist eigentlich nicht meine Art, es war keine Absicht.

Interessant, deine Interpretation. Hat mir gefallen.

Sorry noch mal und LG
Minimalist
 



 
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