Hallo, SilberneDelfine
Dein Stück Kurzprosa funktioniert in der Hinsicht nicht, indem Du dem Leser keine Chance bietest, die Endgültigkeit zu erkennen oder überhaupt zu bemerken. Dein Text bietet nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass ein Unglück geschehen würde.
Wie bereits erkannt – der Titel ist ungeschickt gewählt. „Reisende“ oder noch einfacher „Reise“ böten da bessere Möglichkeiten der freien Interpretation („Die
letzte Reise“).
Sie stand am Flughafen in der Halle mit dem Kleinen.
So konstruiert stolper ich als Leser, ich hatte zunächst den Eindruck, etwas würde fehlen. Es brauchte einen Moment, bis ich „mit dem Kleinen“ auf „Sie“ bezog, nicht auf „in der Halle“ (Satzposition des Objekts). Es gibt zwei Möglichkeiten. Einen Aktionsbezug:
Sie stand am Flughafen in der Halle [blue]und hielt den[/blue] Kleinen [blue]an der Hand[/blue].
Oder (wie bereits empfohlen) eine Umstellung des Satzes:
Sie stand mit dem Kleinen am Flughafen in der Halle.
Außerdem – es gibt viele Hallen an einem Flughafen. Wie wäre es mit dem präziseren Abflugterminal?
Darüber hinaus – es müsste sich doch um das Plural an Personen handeln, ihr unerwähnter Mann ist schließlich auch noch dabei. Also möglicherweise auch „Sie standen …“
Dann umarmte sie ihren Mann und sagte: "Bis bald!"
In Ordnung so.
Sie winkte und lächelte, als er an Bord ging und ihr und dem Kind [blue]von der Treppe[/blue] aus eine Kusshand zuwarf.
Ich habe kein Problem damit, dass er von der Treppe aus noch Kusshände werfen kann. Nirgendwo wird erwähnt, wie „groß“ der Flughafen ist und das ist auch belanglos. Jeder (ich glaube wirklich jeder!) kann sich diese Szene vorstellen. Und nur darauf kommt es an.
Zusätzlich wäre diese Szene ein wunderbarer Platz für einen Hinweis auf das Endgültige, indem Du ihn „eine [blue]letzte[/blue] Kusshand“ werfen lässt.
Und ihr war so zum Weinen.
Das könnte man so stehen lassen.
Man könnte auch das einleitende „Und“ unter den Tisch fallen lassen. Einen zeitlichen Abstand erfährt der Abschluss durch die räumliche Distanz zum vorhergehenden Text.
Man könnte das „so“ auch um ein „lange“ ergänzen:
Ihr war so lange zum Weinen.
Nachdem ich Deinen Text jetzt Satz für Satz zerlegt habe, bin ich gespannt auf Deine Reaktion.
Ich hoffe aber, ich konnte Dir eine externe Sicht auf Deinen Text etwas näher bringen.
Herzlichst und aufmunternd Grüßend
Frank