Mohameds Tod

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Max Neumann

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3:57 Uhr in der Frühe, Mohamed hat seit Tagen nicht geschlafen, und er weiß nicht, was ihn zuerst plagte: Schlaflosigkeit oder Übermüdung, sein Kinn liegt auf den erkalteten Händen, er will schreien, doch quetscht mit den Fingerspitzen, aus denen spitze Nägel herausragen, die Lippen zusammen.

Eine Blutspur rinnt links und rechts hinab, wie auf dem Cover eines Vampirfilms, denkt er, aber er gibt nichts drauf: Lediglich sieht er im Spiegelbild ein Gesicht, das er hasst.

Stunden sind vergangen, der Tag begann längst, und die sehnsüchtigen Aufforderungen seines fünfjährigen Sohnes, die Tür zu öffnen, hatte Mohamed nicht beachtet; sein Kopf liegt nun über den weißen Schreibtisch gebreitet, in einer Blutlache, entstanden aus seinen aufgeschnittenen Pulsadern.

Mohamed denkt nicht mehr. Er ist tot.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Tissop, nach deinem letzten Satz müsste die Geschichte eigentlich erst losgehen, nämlich die Erklärung, wie es dazu kam, dass Mohamed tot ist.
In dieser Kürze funktioniert die Geschichte nicht.

Gruß, blackout
 

Max Neumann

Mitglied
Hi blackout,

ich wollte eigentlich die zwei letzten Sätze streichen, aber das ging nicht mehr, um die Geschichte noch weiter zu verknappen, da ja bereits vorher erklärt wird, dass Mohameds Pulsadern aufgeschnitten sind.

Da haben wir halt unterschiedliche Ansichten über Inhalt in diesem Falle. Danke für dein Feedback.

LG
Tissop
 

Vagant

Mitglied
Sie, die Story, funktioniert nicht - wie schon gesagt - und sie ist für einen kurzprosaischen Text, bei dem es auf jedes Wort ankommt, sprachlich so schmalbrüstig, dass man die Veröffentlichung hier eigentlich für einen verspäteten Karnevalsspaß halten sollte.
4 oder 5 unnütze Adjektive, ein scheppes Bild, falsch platziertes Verb, krude Grammatik;
da schickt mir ja meine Mutter nachts noch bessere WhatsApps.
Ein wenig mehr Arbeit am eigenen Text könnte da aber schon sein, auch wenn grad Fasching war.
Nix für ungut, Vagant.
 
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Max Neumann

Mitglied
Was soll ich auf so ein plumpes Hating antworten. Vielleicht, dass du es als Büttenrede mal in Betracht ziehen solltest. Aber so vor deinem ganz speziellen Publikum.

Übrigens würde dir dein Profilbild bestimmt gut als Maske stehen, so'n bisschen einen auf Widerkäuer machen, hmmh?
 
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Vagant

Mitglied
Die Kurzprosa lebt von der Präzision der Sprache, vom Rhythmus und von der Wirkung passender Bilder; ist damit ein eher schweres literarisches Geläuf. Um da sauber durchzukommen braucht so ein Text ein Mindestmaß an Arbeit, und es kann manchmal Tage dauern, bist so ein Ding dann wirklich rund ist.
Was mich eigentlich stört, ist nicht der Text als solches, sondern der Fakt, dass du hier einen Schnellschuss platziert der diese Arbeit am Text offensichtlich vermissen lässt.
Ansonsten: sorry für's Haten. Ich schau mal, ob ich mich bessern kann.
Vagant.
 

jon

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Teammitglied
"sein Kopf liegt nun über den weißen Schreibtisch gebreitet "
Das ging nur, wenn ihm jemand den Kopf quasi zu Brei geschlagen hätte

Darüber hinaus teile ich die Ansicht, dass das so nicht funktioniert.
Die konkrete Zeitangabe bezieht sich worauf? Formal scheint es der Moment zu sein, zu dem Mohammed sich die Fingernägel in die Lippen rammt. (Warum eigentlich? Und wieso hat er so lange Krallen?) Wofür ist es relevant, dass es 3:57 Uhr und nicht 4:01 Uhr stattfindet?
Haupt-Element ist doch, dass er sich umbringt, oder? Sollte nicht dieser Zeitpunkt benannt werden?
Außerdem irritiert mich der Spiegel: Mohammed steht/sitzt 3:57 Uhr also im Bad/Flur/einem anderen Ort mit Spiegel. Der Ort der Selbsttötung ist dann aber das Büro. Auch in dieser Hinsicht (der Lokalität) hat der Moment von 3:57 Uhr also nichts mit dem Suizid zu tun.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Sieh mal, Tissop, dein Text wäre eine Einleitung zu einem längeren Text, und zwar zu einer Rückblende. Der jetzt vorliegende Text sagt im Grunde nur, dass Mohamed tot ist. Da erhebt sich beim Leser doch sofort die Frage: Warum denn? Und diese Frage beantwortest du in deinem Text nicht. Das ist kein Cliffhanger, wo man die Spannung halten will, indem man die Erklärung des Vorgangs ins nächste Kapitel verschiebt. Du musst doch nicht erwarten, dass der Leser von deinem letzten Satz so erschüttert ist, dass er nichts weiter wissen will. Gerade wegen des letzten Satzes braucht er eine Erklärung.

Gruß, blackout
 

Max Neumann

Mitglied
@jon: Seit wann gibt es nicht auch in anderen Zimmern außer dem Bad oder dem Flur einen Spiegel? Und die Uhrzeit zu benennen, ist doch okay. Ich kann diese Kritik nicht verstehen, hat nichts mit Kritikunfähigkeit zu tun, hier waren durchaus ein paar gute Vorschläge dabei, aber warum solche Einschränkungen vornehmen?
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Wenn man sich auf so wenige Wörter einschränkt, dann muss man "solche Einschränkungen vornehmen". Denn in so kurzen Texten muss alles auf den Punkt hin geschreiben sein - man hat ja nicht viel Platz. Etwas überspitzt gesagt: Kein Wort und kein Satzzeichen darf noch veränderbar sein, ohne sich auf den Inhalt auszuwirken.

In einem Roman ist es "okay", die exakte Uhrzeit zu nennen, auch wenn sie nicht essentiell wichtig ist - in so kurzen Text muss man als Leser annehmen, der Inhalt wäre ein anderer, wenn es nicht exakt 3:57 Uhr gewesen wäre.

In einem so kurzen Text ist ein Spiegel nicht bloß ein Gegenstand, sondern auch Zeichen für einen Ort. Natürlich kann es überall Spiegel geben, sogar unter dem Sitz des Schreibtisschstuhles, wenn das jemand so braucht/haben will. Aber: Als Leser erwartet man ihn dort nicht. Man erwartet Spiegel im Bad, im Flur, eventuell im Schlafzimmer (am Kleiderschrank oder Schminktisch). Für den Autor heißt das: Entweder man legt den Ort fest und sagt mit dem Wort "Spiegelbild" dass es dort auch einen Spiegel gibt, oder man erwähnt einen Spiegel und setzt dabei darauf, dass der Leser ihn der Erfahrung nach verortet.

Man kann "Spiegelbild" ja auch ohne Spiegel meinen (Monitor, das Glas eines Bildes, eine spiegelnde Schrankoberfläche). Aber dann muss man das dazusagen, denn der Leser denkt natürlich zuerst einen Spiegel.

Zur Illustration: Wenn man in einem Text ohne Vor- und Nach-Erklärung schreibt: "Egon schaute auf den Tacho", dann sieht der Leser ihn sofort in einem Auto (irgendeiner Größe) oder auf einem Motorrad/Moped. Wenn der Tacho 200 km/h anzeigt, versteht der Leser, dass Egon wahrscheinlich nicht auf einem Moped sitzt. Wenn im Text nun stünde, dass Egon - bei der Tachoanzeige von 200 km/h - aufsteht und rausgeht, dann wird es schon knifflig: Der Leser sieht Egon ja immer noch im Auto/auf dem Motorrad. Eventuell könnte er im Cockpit eines Flugzeugs gesessen haben, dann hätte da aber "Geschwindigkeitsmesser" gestanden, weil das eher Fliegersprache ist. Woran man als Leser aber ganz sicher nicht "automatisch" denkt, ist ein Fahrsimulator - obwohl es da garantiert einen gibt.
 

Max Neumann

Mitglied
Hallo jon,

danke für dein ausführliches Feedback, habe einiges davon für eine Überarbeitung in Betracht gezogen. Schrieb zum ersten Mal einen dermaßen kurzen Text, inspiriert von einem Autor hier, doch feuerte ihn zu schnell raus.

In Zukunft werde ich sorgsamer vorgehen und solche scheinbar bedeutungslosen Details stärker hinterfragen. Das macht Sinn.

Liebe Grüße
Tissop
 

Max Neumann

Mitglied
So, hier folgt nun die Überarbeitung. Danke an alle, die mir Feedback gegeben haben, konnte nicht jeden Punkt umsetzen, doch habe mir Mühe gegeben. Denke aber, das ist eine Zwischenfassung. Über weitere Vorschläge würde ich mich freuen.


Mohameds Selbstmord


Im Morgengrauen. Mohamed befindet sich in seinem Arbeitszimmer, seit Tagen hat er nicht geschlafen. Er sitzt am Schreibtisch, über den Reste aus Kokain verlaufen, wie in klebrigen Pfützchen. Sein Gesicht ist eingefallen, die Knochen an den Wangen klar konturiert, er gleicht einem fast Gestorbenen; die Augen wahnhaft geöffnet.

Hin und wieder klopft Mohameds Sohn, bittet seinen Vater, aufzumachen.

Stunden sind vergangen, der Tag begann längst, und die sehnsüchtigen Aufforderungen seines fünfjährigen Sohnes, die Tür zu öffnen, beachtet Mohamed nicht. Entschlossen führt er ein scharfes Messer an seine linke Pulsader und schneidet sie auf, mehrmals.

Immer häufiger und heftiger hämmert sein Sohn gegen die Tür.

Mohameds Kopf liegt nun über den weißen Schreibtisch gebreitet, in einer Blutlache. In ihr spiegeln sich seine aufgerissenen Augen.
 



 
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