Meine Übersetzung des Titels (nach Google): "beweglicher Augenblick"
Aufbau in sieben Teile, wobei der siebte Teil keinen Text mehr hat und die Teile jeweils mehr oder weniger kürzer werden.
Nach "I." ist im Gegensatz zu den Nummerierungen ein Absatz gesetzt.
Die einzigen Satzzeichen sind Klammern, Punkte, Schrägstriche und ein Doppelpunkt - es gibt keine Kommata.
Das erste Wort eines jeden Teiles ist klein geschrieben, bis auf "Klang" und "Stille", die aber auch so groß geschrieben gehören; ansonsten folgt die Groß- und Kleinschreibung den Regeln. Die jeweiligen Teile sind nur inhaltlich miteinander verbunden, bis auf Teil V und Teil VI, die auch mit einem Enjambement verbunden sind.
Es wird viel mit recht surrealistischer Synästhesie gespielt:
- "die Kälte kriecht";
- "der Atem ist [...] silbern";
- "[die Stunden] sind viel zu laut";
- "Stromaufwärts schwimmen Worte";
- "Stille strömt";
- "graumeliertes Schweigen".
- Aber auch der Titel, den ich ja als "beweglicher Augenblick" übersetzt habe - erscheint mir als eine Synästhesie. Vielleicht ist Synästhesie aber das falsche Wort.
Die Bilder, die hier recht fragmentarisch evoziert werden vernetzen sich zu einem Gesamtbild, das noch zu entschlüsseln ist.
TEIL I.:
Es ist zu mutmaßen, dass sich das "auf unsere Lippen" auf die Aussage in der Klammer davor bezieht "die Kälte kriecht". Es würde also heißen: "die Kälte kriecht auf unsere Lippen" und somit wird hier ein Gefühl von erloschener Intimität vermittelt. Die umgebenden Bilder "leuchtende Balkone" und "irritiert flackernde Straßenlaternen" deuten auf ein städtisches Szenario hin. Dann: "dein fragender Blick" - das Gegenüber des lyrischen Ichs schaut eventuell das lyrische Ich an, welches wiederum interpretiert, dieser Blick sei fragend. Sie mögen sich womöglich seit einiger Zeit schon kennen. (So deute ich.) Im Folgenden ("der Atem ist heute silbern die Schritte knirschen synchron es ist nicht mehr weit.") wird vielleicht die Jahreszeit angedeutet - Winter, zumindest kalt genug, dass der Atem sichtbar wird. Außerdem wird klar, dass das lyrische Ich und das lyrische Du zusammen irgendwo hingehen, zu einem nicht weit entfernten Ort. Das Knirschen kann vom Schnee kommen. Die Kälte die eingangs auf ihre Lippen kroch, muss nicht symbolisch bewertet werden, es kann auch nur reine Deskription einer sinnlichen Wahrnehmung sein.
TEIL II. - VII.:
Das Gedicht fühlt sich nach einer Momentaufnahme an. Selbst im Teil V. sind sie immer noch nur "einen Aufschrei entfernt"! Das "Schweigen", das sich im Teil VI. "erhebt" war womöglich schon vorher da, als das lyrische Du nur fragend blickte! Im Teil II vergehen Stunden, die nicht einmal mehr messbar sind, nur sehr laut - das Ticken der Uhr! Die Worte, die schwimmen, könnten eigentlich meine vorherige Aussage widerlegen, dass sich das Schweigen das ganze Gedicht lang zieht. Stille, Klang des Regens, hörbare Schritte und dann das Schweigen ... das alles sind Wortfelder, die irgendwie ja in eine Richtung zu zeigen scheinen. Für mich wird eine Geschichte erzählt, obwohl die Handlung hier zu stehen scheint.
Ich kann aber nur vermuten ... Meine Deutungen gehen ins Leere.
Zu bemerken ist in jedem Fall aber die unkonventionelle Wortwahl:
- "lichtscheu",
- "graumeliert" und
- "Straßenlaternen", die nicht "irritierend" sondern "irritiert" flackern.
Ohne Frage ein Gedicht das einer schweren Analyse dürftig ist. Einer Analyse, die ich zu vollbringen nicht in der Lage zu sein scheine. Ich bin ein wenig eingetaucht, konnte aber nichts greifen, nur staunend schauen!
Es freut mich sehr, revilo, dass ich endlich mal ein Upload von dir hier erleben durfte! Welch ein Vergnügen!