mond (sonettkranz)

4,30 Stern(e) 4 Bewertungen

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend schnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht. die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen schlechten fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
halb im finstern liegt die szenerie
der grose wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich die blüten kaum. die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

schein voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das schloss. es biegt der ast

sich krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

wie geister tragen taxis ihr verschöntes gold
an dir vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich weiß ja nicht ob sich überhaupt jm. die Mühe macht
das alles zu lesen. Würde mich über eine Rückmeldung aber sehr freuen :)
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend schnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht. die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen schlechten fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
halb im finstern liegt die szenerie
der grose wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich die blüten kaum. die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

schein voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das schloss. es biegt der ast

sich krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

wie geister tragen taxis ihr verschöntes gold
an dir vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Metrik

Nur zur Metrik - xX soll bedeuten, daß da ein Iambus (zum fünffüßigen Vers) fehlt. Wenn einer zuviel ist, steht da [6 statt 5]. Andere Unklarheiten mit rot oder blau - siehe selbst.

Bravo! Ein großes und mutiges Ding!


1.
beschreibt sie gut. [red]xX[/red] die plastiktüte

zerbricht. [red]x[/red] katzen balgen an der mauer

folgt peitschend schnee, [red]xX[/red] ein grauer rauher

2.
(hier leiht der fluss [red]xX [/red]sich seine bilder

3.
des himmels eingestreut, [red]xX [/red]wie helle

der lkw's (du denkst an einen [blue]schlechten [/blue]fluch) [6 statt 5]

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben [blue]ein. der [/blue]garten ist derselbe [6 statt 5]

4.
[red]x[/red] halb im finstern liegt die szenerie

sich [blue]die [/blue]blüten kaum. [red]xX[/red] die enten hellen

5.
die bäume haben [blue]ihre [/blue]körper überdacht [6 statt 5]

6.
7.
schein[red]t[/red] voll und schwer, als trüge er die last

sich hart das schloss. [red]xX [/red]es biegt der ast

sich krumm. [red]xX [/red]und hoch auf den terrassen

8.
beginnt die salve früher krähen. vis[blue]-a'-vis[/blue][6 statt 5]

9.
verwischten knöpfen. [red]Xx[/red] wie die boten

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der [blue]vielen [/blue]fernen fühle"[6 statt 5]
doch ist dein atem schwach,[red] xX [/red]es traf

dich sonst kein wort, [red]xX [/red]und die kristalle

fehlt nur noch das[red]s[/red] [red]xX [/red]ein blumenkübel

wie geister tragen taxis ihr ver[blue]schöntes[/blue] gold[6 statt 5]
an dir vorbei (nur einer [blue]der dir [/blue]achtung zollt[6 statt 5]

11.
das auge brennt [red]xX [/red], wenn es nach innen schaut,

und schwankt und steht und zittert [red]Xx[/red] wieder

der vogelbeeren. und [blue]der straßenschiene[/blue]

12.
im gang [blue]wie ei[/blue]ne uhr. ein zeuge eines volks[6 statt 5]

[blue]er[/blue] [red]X [/red][blue]in [/blue]zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab [red]xX [/red]und folgst

13.
erfroren [red]Xx [/red]in das rosagrau

14.
der rosen, schmilzt es denn? [red]xX[/red] die themse

15.
beschreibt die stadt in ihrem leichten [blue]schlaf[/blue]
der wind wetzt seine messer an dir [blue]scharf[/blue].
 
O

orlando

Gast
Bravo! Ein großes und mutiges Ding! (mondnein)
Dem schließe ich mich vorbehaltlos an. Es ist erstaunlich, was du so alles aus einer Mondsichel herausholst, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Allein der erste Vers mit seinem versteckten Oxymoron ist grandios. :)
Ich mag deine expressive Sprache eh sehr und erfreue mich an jedem Einzelwerk.
Die Übergänge sind gelungen, und das Werk wirkt tatsächlich als Einheit, was nur wenigen gelingt.
[Und da du gleichsam zu "meinen" lupanischen Endeckungen zählst, kann ich nur rufen: "Siehste, siehste, ich hab' es gleich gesehen, gehört und gefühlt - ein rischtischer Dischter!"

Des Lobes volle Grüße
orlando
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die leere plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. zwei katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend hagelschnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der alte fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht? die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
im finstern liegt die szenerie
der grose wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich kaum die blüten und die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

scheint voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das vorhangsschloss. es biegt der ast

sich wild und krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die bunten boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

still tragen taxis ihr verschöntes gold
vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die leere plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. zwei katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend hagelschnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der alte fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht? die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
im finstern liegt die szenerie
der grose wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich kaum die blüten und die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

scheint voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das vorhangsschloss. es biegt der ast

sich wild und krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die bunten boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

still tragen taxis ihr verschöntes gold
vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in die zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Mondnein
Ich habe jetzt ein bischen überarbeitet.
Bei einigen Zeilen will mir aber keine wirkliche Verbesserung
einfallen.

Ein einfaches fülladjektiv ist zwar schnell gefunden, bei einigen
Zeilen leidet (für meinen Geschmack) der Rythmus zu sehr darunter.

Bei anderen Zeilen weiß ich wiederum nicht was ich streichen soll, ohne es komplett umzuschreiben.
Vielleicht fällt mir ja noch was ein, wenn ich es ein wenig ruhen lasse

Vielen, vielen Dank!
Nicht nur für die Mühe! die du dir gemacht hast
Auch fürs lesen!
Und natürlich das Lob. :)


Hallo Orlando
Ja, einige Tage arbeit steckt hier schon drinn.
Gerade deswegen freut mich euer Lob so sehr.

Was soll ich sagen? außer Danke! :)


Hallo Bernd
Thanx für die Empfehlung :)


Knicks
Und L.G
Patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die leere plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. zwei katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend hagelschnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der alte fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht? die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
im finstern liegt die szenerie
der große wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich kaum die blüten und die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

scheint voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das vorhangsschloss. es biegt der ast

sich wild und krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die bunten boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

still tragen taxis ihr verschöntes gold
vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in die zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
1.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht, an einem dieser orte
der ruhelosigkeit. die alte pforte
steht offen. gräber kentern an der themse

ein schwarzer strich am park und dunkles garn
beschreibt sie gut. die leere plastiktüte
die rose mit dem reif an ihrer blüte
die beeren, die gleich frost pupillen starrn

du drückst sie, bis das glas in deiner hand
zerbricht. zwei katzen balgen an der mauer
the english rain sagst du, dem regenschauer

folgt peitschend schnee, ein grauer rauher
es sitzt der blick der eule auf der lauer
in dieser nacht verlierst du den verstand.

2.
in dieser nacht verlierst du den verstand
haarfeine risse ziehen durch das hirn
nicht ganz bei dir und außerhalb der stirn
beginnt die bucht aus sand, das flache land

bespannt das weite netz der straßenlichter
(hier leiht der alte fluss sich seine bilder
und zeigt im spiegel schunkelnd die gesichter)
von ferne bleibt ihr blinder blick ein milder,

zerstreuter fingerzeig, ein blick zurück
ist's furcht? die folgt? die sucht? die findet?
im dunkel bist du an dem licht erblindet

das ist das drama wohl in deinem stück
gespielt von jedermann, in fremder hand.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand.

3.
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
durch einen feinen riss im horizont
verschwand der vogelzug. die wolkenwand
zieht sich ergraut zurück. ein breites band

von weißen körnern bleibt so in das tuch
des himmels eingestreut, wie helle
geschliffne salze. und die grelle welle
der lkw's (du denkst an einen fluch)

das aquarell der landschaft welkt in gelbe
und rote farben ein. der garten ist derselbe
den du vergessen hast, die schweren kränze

die ihre düfte tragen und der leise klang
der blätter. licht fällt leicht am weg entlang
und schatten ziehen eine feine grenze

4.
und schatten ziehen eine feine grenze
im finstern liegt die szenerie
der große wagen rollt geräuschlos wie
ein kauz in seinem flug, die wilden gänse

im park verbergen sich in ihrem schweigen
ein altes paar pflückt schnecken von den gräsern,
verrücktes bild, so fremd als ob es gläsern
zu scherben fällt, bei deinem blick. es zeigen

sich kaum die blüten und die enten hellen
das weiße porzellan des sees. so sacht
doch ausgeblutet liegen wiesenwellen,

mit kleinen messingknöpfen in dem blau
und grau. am himmel öffnet sich genau
die dunkle blüte einer langen nacht.

5.
die dunkle blüte einer langen nacht
ein passepartout für wechselnde gefühle
vor dem cafe verwelken matt die stühle
die bäume haben ihre körper überdacht

ein alter mann sieht seinem schatten nach
der kopf der pfeife wie ein rotes lid
und vor ihm liegt ein wilder garten brach
die dunkle blüte - die dich immer sieht.

das mosaik der blätter in der böe
hast du enträtselt und als wort getragen
die zeitung, alt vergilbt, gewinnt an höhe

im flug zeigt sie verstorbene gesichter
ein bild wird deutlicher und dichter
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen

6.
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
was lange in dir ruhte? sind's die raben?
schon wieder die bronchiale reizung? haben
die vögel die ihr schweigen tragen

dich so verwirrt, zerstört? und dieses bellen
des hundes - klagt es nicht wie still es ist?
als ob die stadt die weiße fahne hisst
siehst du die hasen auf den wiesen. wellen

des friedens. flocken die im winde jagen
ein büschel gras verdeckt die weichen ohren
sie lauschen, lauschen wie ein stummes heer

und fast als hätten sie sich still verschworen
verschwinden sie. die nacht wird wieder schwer
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen.

7.
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
die bitterstoffe liegen auf der zunge
der straßenstaub sitzt kratzend in der lunge
und lässt dich pfeifen. selbst der magen

scheint voll und schwer, als trüge er die last
der stunden. an den kaufpassagen liegt
ein duft von moder. an die türen schmiegt
sich hart das vorhangsschloss. es biegt der ast

sich wild und krumm. und hoch auf den terrassen
geht schwarz der vollmond eines nagels auf
darunter eine rote jacke, drauf

ruht still ein hut, du hast die bunte tracht
schon oft am tag gesehen, in den gassen.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht.

8.
derweil der mond, im scherz, darüber lacht
das du noch immer durch die gassen ziehst
beginnt die salve früher krähen. vis-a'-vis
die bäckerei, bis sie die tür um acht

von der umarmung ihrer kette löst
ist lange hin. die laiber brote streichen
als duft herum. noch sind die morsezeichen
der sterne, wie ein rätsel, ungelöst,

und die figuren, die am wegrand matt
nur stehen, leihen sich ihr schwarz am schatten
an dürre bäume wirft der wind den satten

gekrümmten körper, bis der baum sich duckt
und zuckt, doch bleibt's zu still! als sei die stadt
ein karpfenmaul das alle laute schluckt.

9.
ein karpfenmaul das alle laute schluckt
durchbricht die haut des teichs, du wirfst die krumen
hinab, und schaust wie wild der körper zuckt
die algen, dünne schlangen, und die blumen

am teichrand wirken trotz der dunkelheit
wie leuchtdioden, hell und grün mit roten
verwischten knöpfen. wie die bunten boten
des letzten frühlings, einer fremden zeit.

ein kurzer blick, hinab in dein gesicht
bis hart dein blick in deine augen traf
ein vogel fliegt den körper durch die fische

am rand wirft die laterne dünne striche,
wie zeichen einer fremden welt, das licht
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf.

10.
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
nur eines deiner bitteren gefühle?
du denkst an rilke: "freund der vielen fernen fühle"
doch ist dein atem schwach, es traf

dich sonst kein wort, und die kristalle
die auf den autos feine bilder spannen
verwischst du mit der hand. die hohen tannen
mit ihrem nadelblick im niederfalle

verhöhnen dich (du nimmst es ihnen übel)
fehlt nur noch das ein blumenkübel
dich jetzt erschlägt (wenn man noch hoffen darf)

still tragen taxis ihr verschöntes gold
vorbei (nur einer der dir achtung zollt
der wind) - wetzt seine messer an dir scharf

11.
der wind wetzt seine messer an dir scharf
die kleinen klingen schneiden rot in deine haut
das auge brennt, wenn es nach innen schaut,
bis es sich selbst in seinen blicken traf

am teich, nun ist es blind für sich. und blind
bist du im fallen. keine schlucht ist tiefer
und dunkler als das herz in uns, der wind
wird stärker. an den häusern legt ein schiefer

verbogner baum die eigne krone nieder
und schwankt und steht und zittert wieder
als ob er sich im zorne sträubt und duckt.

vor deinen füßen liegen die rubine
der vogelbeeren. und der straßenschiene
folgt müd dein blick, der wie verängstigt zuckt.

12.
folgt müd dein blick (der wie verängstigt zuckt)
nicht auch dem eignen schatten und erschrickt?
das dunkle auge einer krähe blickt
dir nach - wie glatt es aus den zweigen lugt

als murmel in die federn eingestickt
ein stummer gast, der zu den wäscheleinen
und über stromnetz und balkone seinen
geschwärzten körper gleiten lässt. er tickt

im gang wie eine uhr. ein zeuge eines volks
von sehenden. die wände und die zweige
vor seinem flug, sie dehnen sich, als steige

er in die zwischenräume, die nur er bewohnt
dann wendest du dich ab und folgst
den wolken. sterne schwinden um den mond

13.
den wolken, (sterne schwinden um den mond)
verzeihst du dass sie jene überdecken,
wenn sie, gewaltig, ihre leiber strecken
wie große wale. wenig wird verschont

von der gefräßigkeit, doch blitzen hier und da
schon licht und farben durch den spalt
und suchen zitternd an den ästen halt,
die dünn wie finger schwanken und dann starr

erfroren in das rosagrau
der spalten ihre fäden werfen, dran
die sonne hochgezogen wird um dann

das erste gold zu fräsen in das blau.
nur einer steht noch immer da: der mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.

14.
die sense, die auch tags am himmel thront
der wind, der farben von den gräsern zieht
das auge, das aus zweigen auf dich sieht
die dunkle blüte, die dich nicht verschont

die alte kette, die geschlossen liegt
die krumen, die in deiner tasche ruhn
der vogelzug, der horizont, was tun
wenn all das nun zu ende ist? und schmiegt

sich rilke sanfter an dein ohr? und wann
wird auch der zeiger heil? das frostgewand
der rosen, schmilzt es denn? die themse

so groß, ein blaues, hingemaltes band
wird sie noch dunkel werden, nächste nacht?
- der mond blitzt mit dem lächeln einer sense.




15.
der mond blitzt mit dem lächeln einer sense
in dieser nacht verlierst du den verstand
die zeiger bröckeln aus dem uhrenrand
und schatten ziehen eine feine grenze.

die dunkle blüte einer langen nacht
hat sich die bresche zu dir hingeschlagen
du musst sie ächzend auf dem rücken tragen
derweil der mond, im scherz, darüber lacht

ein karpfenmaul das alle laute schluckt
beschreibt die stadt in ihrem leichten schlaf
der wind wetzt seine messer an dir scharf.

folgt schwach dein blick (der wie verängstigt zuckt)
den wolken? sterne schwinden um den mond,
die sense, die auch tags am himmel thront.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Und übrigens: Gratulation zum "hundertsten"!
(Du wirst gewiß nicht "aus dem Fenster steigen und verschwinden")
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
pardon, ich meinte weniger die Zahl der Aufrufe (da war ich gerade der 100.) als vielmehr die Zahl Deiner hier eingereichten Lieder. Lustige Kongruenz.
 

Monochrom

Mitglied
Hi,

tolle Arbeit. Auch wenn das Versmaß nicht so stimmig ist, bin ich wirklich begeistert über diese Ideen- und Wortfülle.

Bleib dran, weiter so. Prima.

Daumen hoch,
Monochrom
 



 
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