Morgenblüten

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Morgenblüten


Erinnerungen ziehen als Schauer,
An meinem Himmel blau,
Durch meinen Schopfe grauer
Und meine Hände rau.

Wenn ich nach ihnen greife,
Umtänzeln sie mich scheu,
Wenn ich ein Liedchen pfeife,
Auch wenn ich was bereu,
Freu ich mich schon auf morgen.

Durchs Alter wird man weiser,
So pflegen sie zu sagen.
Trotzdem sing ich mich heiser,
Will noch vieles wagen,
Bin ruhiger doch nicht leiser
Und werd' noch lange nicht verzagen.

Ich freu mich schon auf morgen.
Wenn ich ans Gestern denke,
Muss ich weinen und auch lachen.
Dann schätz' ich des Lebens Geschenke,
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.

Denn wer des Lebens Samen streute,
Auf alten Boden vergangen.
Dem sprießen Zweige heute,
An denen Morgenblüten prangen.
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Benjamin -

mal von den Ecken und Kanten abgesehen, die jetzt keine Rollen spielen wollen, muss ich sagen, dass es mir gefällt.
Es besitzt so eine natürliche Überzeugung gehüllt in Authentizität, Zuversicht und Sanftmut.
Die Sprache ist schlicht, wohlüberlegt und ich finde, dass man dem Gedicht ansieht, dass es voller Mühe steckt.
Ich finde, es ist ein gutes Gedicht.

Und das möchte ich hier ausdrücklich loben.
Dies ist das Schöne an Lyrik: Sie ist Vieles und doch darf sie, wenn sie es so will, nichts sein. Als Resultat setzt es Atmung frei.

Maren
 
Vielen Dank für deine Bewertung, @klausKuckuck . Magst du mir etwas mehr deiner Zeit widmen? Würde mich gern verbessern, deswegen bin ich hier. Ich konnte mit deinem Bewertungstext recht wenig anfangen. Vielleicht bin ich auch einfach beschränkt heute. Was hat dir konkret gefallen, was findest du konkret schwach?

LG Benjamin
 

klausKuckuck

Mitglied
Ganz kurz: Im Gedicht ist durchgehend kein den Leser mitnehmender Rhythmus, es holpert. Und wie! (In freier Versform könnte man das durchgehen lassen). Eine verbindliche Strophenform existiert nicht (auch nicht im Wechsel vier Verse, fünf Verse – vielmehr Versbündel nach Laune). Die Aussage mutet wie ein Mutmacherliedchen an, nicht die Naivität des Verfassers spiegelnd sondern den Klischees folgend.
Gruß KK
 
Vielen Dank fürs Feedback @klausKuckuck . Strophenform 4 - 5 - 6 - 5 - 4 . Die erste Strophe und die letzte sind pretty good vom Rhythmus. 3 und 4 holpern ziemlich. Wie würdest du den Rhythmus ändern? Weil bei dem Holpern stimme ich dir auf jeden Fall zu. Find nur das mit dem "Klischees folgend" etwas aus der Luft gegriffen. Welche Klischees genau? Krass, dass ich da noch drei Sterne bekommen habe. Hab halt nur negatives gehört bis jetzt. Meinst du, ich hätte das Gedicht eher in "Experimentelle Lyrik" veröffentlichen sollen?

LG Benjamin
 

klausKuckuck

Mitglied
Ich kann dich auf Schwächen des Gedichts, die aus meiner Sicht bestehen, hinweisen, aber sie ausbessern musst du dann schon selbst. Ein Beispiel für Klischees: die vorletzte Strophe – ob sie da nun steht, oder du lässt sie weg, am Gedicht ändert sich dadurch in meiner Einschätzung nichts.
KK
 

seefeldmaren

Mitglied
Vielen Dank für die netten Worte, @seefeldmaren . Bin auch offen für technische Kritik.
Das mit dem Metrum ist so eine Sache - wenn du es strikt glätten und lernen möchtest, dann kommst du am Duden nicht vorbei. Der Duden zeigt dir die korrekten Betonungen. Andererseits ist Sprache regional und über Silben kann man streiten, was ich hier aber nicht tun möchte.

Dein Gedicht X'e ich trotzdem mal durch:


Erinnerungen ziehen als Schauer,
xXxXxXxxXx
An meinem Himmel blau,
xXxXxX
Durch meinen Schopfe grauer
xXxXxXx
Und meine Hände rau.
xXxXxX

Wenn ich nach ihnen greife,
xXxXxXx
Umtänzeln sie mich scheu,
xXxXxX
Wenn ich ein Liedchen pfeife,
xXxXxXx
Auch wenn ich was bereu,
xXxXxX
Freu ich mich schon auf morgen.
xXxXxXx (wobei "freu" hier eigentlich als Trochäus herkommt)

Durchs Alter wird man weiser,
xXxXxXx
So pflegen sie zu sagen.
xXxXxXx
Trotzdem sing ich mich heiser,
XxXxxXx
Will noch vieles wagen,
XxXxXx
Bin ruhiger doch nicht leiser
xXxxXxXx
Und werd' noch lange nicht verzagen.
xXxXxXxXx

Ich freu mich schon auf morgen.
xXxXxXx
Wenn ich ans Gestern denke,
xXxXxXx
Muss ich weinen und auch lachen.
XxXxXxXx
Dann schätz' ich des Lebens Geschenke,
xXxxXxxXx
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.
XxxXxXxXxXx

Denn wer des Lebens Samen streute,
xXxXxXxXx
Auf alten Boden vergangen.
xXxXxxXx
Dem sprießen Zweige heute,
xXxXxXx
An denen Morgenblüten prangen.
xXxXxXxXx

Das Metrum ist inkohärent. Die X'e stehen für betonte Silben (großes X = betont) und für unbetonte Silben (kleines x = unbetont).

Hier findest du einen sehr guten Leitfaden zum Thema:


Maren
 

sufnus

Mitglied
Hey Maren!
Lieben Dank für die Verlinkung meiner Versfußlehre, die ich wirklich mal fortsetzen sollte, da ich ja da auf (höchstens) halber Strecke stecken geblieben bin.
Und für Benjamin im Besonderen oder alle im Allgemeinen: Wer zu den Versfüßen Anmerkungen oder Kommentare hat: Bitte folgenden Link benutzen, damit es übersichtlich bleibt: https://www.leselupe.de/beitrag/fragen-kommentare-einwaende-zur-versfusslitanei-158667/
LG!
S.
P.S.
Gerne kann ich bei Bedarf auch noch zu Deinen Zeilen Senf zugeben... wenn es Du noch Feedbackinteresse hast, lieber Benjamin.
 
Vielen Dank für die technische Kritik @seefeldmaren , @sufnus . Werde mich da reinlesen und poste dann eine Verbesserung. Bei doppelt unbetonten Silben hintereinander holpert es. Vor allem 3. und 4. Strophe überarbeite ich noch. Danke übrigens auch für dein Engagement Maren, mir hier das Gedicht durch zu X'en. Ich entschuldige mich übrigens fürs Ewigbrauchen beim Antworten. Ich muss durch Einschränkungen die Bildschirmtastatur von meinem Computer nutzen, was das schriftliche Interagieren extrem verlangsamt. Ist also nicht missachtend gemeint.

MfG Benjamin
 
@klausKuckuck Du hast mit deiner Kritik schon recht gehabt. Ich fand sie nur in Teilen etwas harsch. Hab ich vielleicht auch einfach falsch verstanden. Strophe 3 und 4 sind im Nachhinein schon schlecht und ich glaube, dass ich das besser kann.

MfG Benjamin
 

molly

Mitglied
Hallo Benjamin,

mir gefällt Dein Gedicht, auch wenn es noch holpert. Es ist ein lebensbejahender Text. Nur nicht den Mut verlieren.


@Maren,
danke für den Link zu sufnus Versfußlehre

Viele Grüße molly
 

anbas

Mitglied
Hallo Benjamin,

ich freue mich, wenn hier in der Leselupe so offensiv um Unterstützung gebeten wird. Du hast ja auch schon einige wertvolle Hinweise erhalten. Manchmal helfen aber auch konkrete Änderungsvorschläge weiter. Dies möchte ich nun an ein paar Stellen versuchen. Ob Du die Vorschläge annimmst, bleibt natürlich komplett Dir überlassen (ich nehme es auch nicht übel, wenn Du keinen der Vorschläge übernimmst ;)).

Erinnerungen ziehen zieh'n als Schauer,
An meinem Himmel blau,
Durch meinen Schopfe grauer
Und meine Hände rau.

Wenn ich nach ihnen greife,
Umtänzeln sie mich scheu,
Wenn ich ein Liedchen pfeife,
Auch wenn ich was bereu,
Freu ich mich schon auf morgen.

Durchs Alter wird man weiser,
So pflegen sie zu sagen.
Trotzdem sing ich mich heiser,
Will noch so vieles wagen,
Bin ruhiger doch nicht leiser
Und werd' noch lange nicht verzagen.

Ich freu mich schon auf morgen.
Wenn ich ans Gestern denke,
Muss ich weinen und auch lachen.
Dann schätz' ich des Lebens Geschenke,
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.
(Diese Verse müssen aus meiner Sicht komplett überarbeitet werden)


Denn wer des Lebens Samen streute,
Auf alten Boden vergangen. (Hier holpert es auch noch heftig, mir fällt aber im Moment keine Lösung ein)
Dem sprießen Zweige heute,
An denen Morgenblüten prangen.

Noch ein Alternativ-Vorschlag zum Visualisieren der Metrik. Maren hat das gängige System mit den großen und kleinen Kreuzen gewählt. Mir persönlich hilft es mehr , wenn ich die zu betonenden Silben fett hinterlege (auch, wenn dies mit etwas Mehrarbeit verbunden ist). Zur Veranschaulichung nehme ich mal die Strophe, in der es aus meiner Sicht den größten Bearbeitungsbedarf gibt:
Ich freu mich schon auf morgen.
Wenn ich ans Gestern denke,
Muss ich weinen und auch lachen.
Dann schätz' ich des Lebens Geschenke,
oder
Dann schätz' ich des Lebens Geschenke
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.
oder
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.
oder
Wegen der Menschen die mich glücklich machen.
Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Betonung kann ich, so wie Maren, auch nur auf den Duden verweisen (obwohl ich schon sehr lange Reimgedichte schreibe, brauche ich ihn hin und wieder immer noch :rolleyes:). Beim Online-Duden gibt es den Hinweis teilweise auch zum anhören.

Nun hoffe ich, dass Dir meine Ausführungen noch ein Stück weitergeholfen haben.


Liebe Grüße

Andreas
 
Es ist jetzt durchgehend jambisch denke ich, außer Str 4, V 3. Ich finde, dass es sich mit Trochäus besser anhört.


Erinnerungen zieh'n als Schauer,
An meinem Himmel blau,
Durch meinen Schopfe grauer
Und meine Hände rau.

Will ich nach ihnen greifen,
Umtänzeln sie mich scheu.
Wenn sie mein Herze streifen,
So folgen sie mir treu.

Durchs Alter wird man weiser,
So pflegen sie zu sagen.
Dennoch singe ich mich heiser,
Will manches neues wagen,
Bin ruhig, doch nicht leiser,
Und werde nicht verzagen.

Wenn ich ans Gestern denke,
Dann muss ich weinen und auch lachen.
Und so gedenk ich der Geschenke,
Bei denen, die mich glücklich machen.

Denn wer des Lebens Samen streute,
Auf alten Boden schon vergangen.
Dem sprießen lieblich Zweige heute,
An denen Morgenblüten prangen.
 



 
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