Danke sehr, Hotaru. Das ist interessant, was Du über Haiku schreibst. [...]
ありがとうございます (Danke sehr)
Hallo Ito Hotaru,
auch von mir ein freundliches Hallo!
Ich kenne mich mit Haikus so gut wie garnicht aus, deshalb fand ich es ebenfalls sehr interessant, was du in deinem Kommentar geschrieben hast. Ich stelle mir nur die Frage, ob es nicht möglich wäre, bei der Form nicht eine solche Strenge walten zu lassen, denn vielleicht würde das Gedicht auch ohne diese eine große Wirkung erzielen können?
Hallo Frodomir.

Danke sehr für deine Antwort. Nun es ist so, dass für die meisten japanischen Gedichtformen strenge Regeln herrschen. Vor allem was die Struktur anbelangt. Bei einem Haiku gilt das um so mehr, da es oft den Anspruch erhebt, als letzter Gedanke der Gegenwärtigkeit eines Menschen zu fungieren. Nicht umsonst werden sie oft so angesehen, wie es in Europa die berühmten letzte Worte eines kürzlichen Verstorbenen darstellen. Traditionell wird dies in einer strengen Form fixiert, die sich auf die Abfolge der Moren (3-Wortgruppen (Zeilen) mit 5-7-5 Moren länge - eine More ist ein Sprechlaut der jap. Sprache bsw. の no, oder す su oder い i oder け ke ... かわいい kawaii, niedlich = 4 Moren), den Bezug auf Gegenwärtiges d.h. die Zeitform muß immer Präsens, einem Ankerpunkt in der konkreten (Jahres)zeit, meist durch ein Wort, wie beispielsweise Mond oder Kirschblüte) und der Naturbezogenheit darlegt.
Warum machen wir das so?
Ich denken, es liegt darin begründet, dass die japanische Sprache nicht die Gestaltungsmöglichkeiten der zum Beispiel deutschen oder anderen westlichen Sprachen bereithält, bei der zum Beispiel vielfältige Variationen im Satzbau, der Betonung (Versmaß) oder der Reimart als stilistische Mittel möglich und gewünscht sind. Es gibt keinen Plural, keine Deklinationen, keine grammatikalischen Geschlechter, nur zwei Zeitformen (Gegenwart und Vergangenheit). All das ist in der japanischen Sprache nicht möglich. Wir haben einen quasi in Blei gegossenen Satzbau, eine unnachgiebige immer gleiche Länge oder Betonung aller Moren, die, wenn man sie ändert teils sofortige krasse Bedeutungsunterschiede hervorbringt (das Wort
hashi, je nach Betonung kann es Brücke (橋), Kante (端) oder Essstäbchen (箸) bedeuten). Und je nach Sprachstil (Höflichkeitsform) enden Sätze oft gleich und immer auf das Verb. Es gibt folglich nicht die umfangreichen stilistischen Mittel, die euch zugänglich sind.
Dafür aber gibt es andere Stilmittel, die westliche Sprachen nicht in der Lage sind, nachzubilden. Ein Beispiel dafür ist eben genau dieses 5-7-5-Morenschema, dass quasi kaum nachgebildet werden kann, da die deutsche Sprache auf Silben aufbaut und nicht auf Moren. Oder es gibt das Stilmittel der Homonyme/Homophone, die es in der deutschen Sprache zwar auch gibt (der Leiter, die Leiter zb), jedoch aber nicht in dem Umfang, wie wir sie in der japanischen Sprache finden. Das bringt bspw. Wortspiele wie folgendes hervor:
sumomo mo momo mo momo no uchi (李も桃も桃の内, “Pflaume und Pfirsich zählen zu den Pfirsichgewächsen”).
Daher ist es zum Beispiel möglich, Gedichte so zu schreiben, dass es ja nach dem, wie ich es lese, komplett unterschiedliche Inhalte gibt. Diese Variationen in der Aussage können wir zwar durch die Verwendung von chinesischen Schriftzeichen anstelle der japanischen vermeiden. Aber wir müssen ja nicht. Und dann können wir Gedichte schreiben, die komplett auf zwei oder noch mehr Arten gelesen werden können und deren Bedeutung folglich komplett offengelassen wird. Ein berühmtes Beispiel dafür: ひるからはちとかげもあリくものみね = "Ab der Mittagszeit ist es etwas schattiger; ein Wolkenhimmel" = "Blutegel, Moskitos, Bienen, Eidechsen, auch Ameisen, Spinnen und Flöhe, nicht wahr?"
Aus all diesen Beispielen und Erklärungen und es gäbe noch mehr dazu zu sagen, verstehst Du also vielleicht, dass es zwar sicherlich möglich wäre, die Strenge aufzulösen, jedoch aber dann noch viel mehr der klassischen Charakteristika dieser Gedichtform und der ihr zugrundeliegenden Kultur und Sprache verloren ginge. Was vielleicht schade wäre.
im silbenfluss, ein klassisches haiku. vom inhalt gedeutet, wahrheit wagnis.
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