textfunde
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Die Autobahn ist ein glühendes Band am Horizont. Mit großem Getöse donnern die LKWs, Könige des Asphalts, von Osten nach Westen und wieder zurück. An ihren Flanken kleben kleinere Fische, Autos voller Pendler und Nachtschwärmer, eine Hand am Steuer, die andere an Handys, Zigarettenstummeln und Kaffeebechern. Wer mitten im Abendverkehr steckt, nimmt dessen krude Schönheit selten wahr: das Heulen hunderter Reifen auf dem Asphalt. Das Leuchten von Scheinwerfern, Armaturenbrettern und Neonreklamen. Der Puls der Lebensader der motorisierten Welt. Laut sind sie, die Nachtstraßen, grell und nervtötend. Doch wer sich an ihnen stört, ist nicht mit dem Land jenseits der Begrenzungspfähle vertraut.
Ein Gedankenexperiment. Du bist spät unterwegs, ein Gefangener der Fahrspuren, du hast es satt. Du folgst den Neonzeichen, dem Glühen der Tankstellen, dem elektrischen Feuer der Fastfoodketten. Du wechselst die Fahrspur. Du nimmst die nächste Ausfahrt, bist bald an der Raststätte, dem modernen Äquivalent einer Karawanserei entlang der Seidenstraße. Samarkand im Wüstensand. In der Haltebucht würgst du den Motor ab. Du steigst aus, schreitest vorbei an den Reklameschildern, kletterst über den Zaun und landest im Gras. Du läufst querfeldein. Du entfliehst dem künstlichen Licht und dem Tosen des Asphalts. Schon nach wenigen Metern nimmt die Strahlkraft der Autobahn ab. Der Lärm verebbt. Das Heulen der Fahrzeuge ist bald nur noch eine weitere Note im Hintergrundrauschen des Kosmos. Einen halben Kilometer von der Fahrbahn entfernt beginnst du, dich einsam zu fühlen. Jeder weitere Schritt durchs kniehohe Gras führt dich fort von den Menschen, die du vor wenigen Minuten noch verflucht hast. Sonntagsfahrer, Vollidioten, Hirnamputierte. Du beginnst, sie zu vermissen. Du bist nun ein Reisender auf einem fremden Planeten.
Äcker und Weideland verschwinden. Kleinere Ortschaften werden zu Lichtinseln, zu fernen Satelliten im Orbit der Hansestadt. Die Bäume entlang der Feldwege verschütten weiter ihre Blätter. Ungesehen. Unbeobachtet. In früheren Zeiten hätte es viele Beobachter gegeben: Füchse, Wildschweine, Eisvögel und Wölfe. Feldarbeiter, Vagabunden und Landstreicher. Die Welt ist leer geworden. Dies ist das Zeitalter des Asphalts. Die Ära der steigenden Meeresspiegel. Das Land verdorrt, die Städte wachsen, die Dörfer bluten aus. Und doch...und doch ahnst du, dass du nicht allein bist.
Du hast Angst. Du drehst um. Du läufst zurück durchs hohe Gras und kletterst unbeholfen über den Zaun. Vielleicht gönnst du dir einen Kaffee an der Raststätte und lachst über deine Schnapsidee. Vielleicht wechselst du einige Worte mit anderen Reisenden, wärmst dich für eine Weile am Feuer, steigst zurück ins Auto und vergisst die Nachtlande und ihre geheimen Bewohner. Wir nehmen es dir nicht übel. Wir sind nie einsam.
Ein Gedankenexperiment. Du bist spät unterwegs, ein Gefangener der Fahrspuren, du hast es satt. Du folgst den Neonzeichen, dem Glühen der Tankstellen, dem elektrischen Feuer der Fastfoodketten. Du wechselst die Fahrspur. Du nimmst die nächste Ausfahrt, bist bald an der Raststätte, dem modernen Äquivalent einer Karawanserei entlang der Seidenstraße. Samarkand im Wüstensand. In der Haltebucht würgst du den Motor ab. Du steigst aus, schreitest vorbei an den Reklameschildern, kletterst über den Zaun und landest im Gras. Du läufst querfeldein. Du entfliehst dem künstlichen Licht und dem Tosen des Asphalts. Schon nach wenigen Metern nimmt die Strahlkraft der Autobahn ab. Der Lärm verebbt. Das Heulen der Fahrzeuge ist bald nur noch eine weitere Note im Hintergrundrauschen des Kosmos. Einen halben Kilometer von der Fahrbahn entfernt beginnst du, dich einsam zu fühlen. Jeder weitere Schritt durchs kniehohe Gras führt dich fort von den Menschen, die du vor wenigen Minuten noch verflucht hast. Sonntagsfahrer, Vollidioten, Hirnamputierte. Du beginnst, sie zu vermissen. Du bist nun ein Reisender auf einem fremden Planeten.
Äcker und Weideland verschwinden. Kleinere Ortschaften werden zu Lichtinseln, zu fernen Satelliten im Orbit der Hansestadt. Die Bäume entlang der Feldwege verschütten weiter ihre Blätter. Ungesehen. Unbeobachtet. In früheren Zeiten hätte es viele Beobachter gegeben: Füchse, Wildschweine, Eisvögel und Wölfe. Feldarbeiter, Vagabunden und Landstreicher. Die Welt ist leer geworden. Dies ist das Zeitalter des Asphalts. Die Ära der steigenden Meeresspiegel. Das Land verdorrt, die Städte wachsen, die Dörfer bluten aus. Und doch...und doch ahnst du, dass du nicht allein bist.
Du hast Angst. Du drehst um. Du läufst zurück durchs hohe Gras und kletterst unbeholfen über den Zaun. Vielleicht gönnst du dir einen Kaffee an der Raststätte und lachst über deine Schnapsidee. Vielleicht wechselst du einige Worte mit anderen Reisenden, wärmst dich für eine Weile am Feuer, steigst zurück ins Auto und vergisst die Nachtlande und ihre geheimen Bewohner. Wir nehmen es dir nicht übel. Wir sind nie einsam.