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Diese Kurzgeschichte ist eigentlich die Personalisierung einer Person in einem SF-Roman.
Es würde mich sehr interessieren, wie diese Frau beim Leser rüber kommt.
Hoffentlich viel Spaß.
Narda
Sie lag neben ihrem Sandsurfer und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Narda schloss für einen Moment die Augen und genoss den heißen Wüstenwind, der die nahende Nacht ankündigte.
Die Luft wurde etwas sauerstoffreicher, wenn Saridanus am Horizont verschwunden war. Sie liebte diesen Moment, der Unwissenden unverbrauchte Luft vorgaukelte. Ihre Aufmerksamkeit war abgelenkt, doch das kleine Licht entging ihr nicht.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda und schob sich bis zur Kante der Sanddüne.
Vorsichtig peilte sie durch ihr Fernglas und beobachtete das Licht weiter, wobei sie sich kurze Notizen auf einem Taschencomputer machte. Schließlich verschwand das Blinklicht und Narda schob sich zurück. Wenig später war von dem kleinen Sandsurfer nur noch eine Staubfahne zu sehen.
Narda hatte es eilig. Ihr Gönner machte in der letzten Zeit den Eindruck, als würde er auf einer Fortsetzung ihrer Beziehung keinen Wert mehr legen. Doch noch hatte sie ihr Ziel nicht erreicht, darum musste sie alle Möglichkeiten nutzen, die ihr zur Verfügung standen. Es war wichtig, das eben Erfahrene weiter zu geben, um ihr gesetztes Ziel zu erreichen.
Es war dunkel, als Narda Kabairo erreichte. Die Stadt stammte noch aus den Zeiten, als ein normales Leben an der Oberfläche möglich war. Jetzt waren die oberirdischen Gebäude meist verfallen und bestanden aus aneinander gereihten Slums, in denen nur unbequeme, kriminelle oder einfach nur verarmte Menschen wohnten. Die überall eingesetzten und gut belegten Militärposten waren sehr notwendig, um dieses Gewimmel von Menschen aller Art zu kontrollieren. Die Regierung machte daraus keinen Hehl, sondern setzte diesen Umstand sogar als Wahlpropaganda ein.
Narda versteckte ihr Gefährt außerhalb der Stadt und schlich durch Strassen, die diesen Namen nicht mehr verdienten. Schließlich gelangte sie an eine halb verfallende Hütte. An einer Tür gab sie leise Klopfzeichen.
Ebenso leise raunte eine Stimme hinter dem Eingang: „Wer?“
„Kadesch, mach auf. Hier draußen ist es nicht geheuer.“
Die Pforte ging auf und Narda wurde ins Dunkel gezogen. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, spürte sie, dass ihr jemand eine Waffe unters Kinn hielt. Ein Licht flammte auf und blendete sie. Narda wartete nicht lange, sondern handelte.
Gedankenschnell schlug sie zu. Gleichzeitig packte sie die Waffe und ging in die Hocke. Die Lampe klapperte zu Boden und der Besitzer lag stöhnend daneben.
„Verdammt!“, ächzte er. „Bist du übergeschnappt?“
„Palderas? - Warum hältst du mir eine Knarre an den Kopf? So was vertrage ich nicht sonderlich gut.“
„Wir müssen vorsichtig sein, die Regierungstruppen patrouillieren wieder verstärkt.“
„Wenn von denen einer vor der Tür gestanden hätte, wärst du schon erledigt gewesen. Wo ist Mara?“
Palderas schickte Narda in die Kellerräume und besetzte wieder seinen Wachposten. Wie fast überall auf Kronor, befanden sich Wohnbereiche unter der Erde, denn gerade bei der untersten Bevölkerungsschicht, war es kaum möglich, überall sichere Schleusen und Klimaanlagen einzubauen.
Narda betrat einen Raum, in dem etwa 40 Menschen kauerten. Leises Wimmern war zu hören, doch niemand achtete darauf. Sie fand ihre Freundin damit beschäftigt, einem etwa siebenjährigen Kind Flüssigkeit einzuflössen. Mara sah auf und winkte ihr, zu warten.
Einige Minuten später saßen sie zusammen und Mara sagte: „Schön dich mal wieder zu sehen. Wie geht es dir?“
„Im Moment ist noch alles klar. Aber mein Feris ist mir nicht mehr so hörig wie früher. Ich muss etwas unternehmen.“
„Verstehe. Hast du schon die Infos eingeholt?“
Narda nickte und gab den Taschencomputer an die Frau weiter. Mara überprüfte kurz die Daten und lächelte.
„Das wird deinem geliebten Feris nicht gefallen.“
„Ich bin nur eine arme, fast verlassene Frau und - ein wenig rachsüchtig“, feixte Narda. „Was ist mit diesen Leuten hier?“
„Das Übliche. Verletzt und unterernährt. Wir haben fast keine Vorräte mehr.“
„Ist die Lieferung nicht angekommen? Ich habe Baldet erst vor zwei Tagen ein ganze LKW-Ladung Lebensmittel unterschlagen und sie hier her geschickt.“
„Das wird der Transporter gewesen sein, der gestern von den Militärs beschlagnahmt worden ist. Die machen sich damit ein schönes Leben. Verdammt!“
Narda ballte wütend die Fäuste. Es wurde immer schwieriger, die Menschen hier zu unterstützen. Wer nicht verhungern wollte, musste sich den Rebellen anschließen, auch wenn klar war, dass diese Leute nichts besser machen würden als die momentane Regierung. Sie wurde von Mara aus ihren Gedanken gerissen.
„Was hast du jetzt vor, Narda?“
„Am liebsten würde ich alle Militärstützpunkte in Arkanien in die Luft jagen.“
„Du weißt, dass uns das nichts nützt. Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du deine Position bei Baldet verspielt. Damit wäre dein Ziel in sehr weite Ferne gerückt und unser Leben noch schwieriger.“
„Ich weiß“, seufzte Narda niedergeschlagen. „Wann weißt du, ob alles glatt läuft?“
„Spätestens in zwei Tagen. Ich gebe dir auf dem üblichen Weg Bescheid.“
Die Frauen verabschiedeten sich und Narda machte sich auf den Rückweg. Dabei lief sie einer Militärpatrouille über den Weg. Die beiden Männer hoben sofort ihre Waffen und forderten Narda auf, stehen zu bleiben, doch die dachte gar nicht daran. Sie durfte hier nicht gefunden werden, deshalb schoss sie, ohne zu zögern, auf die Männer. Sie traf jedoch nur einen, während der Andere die Schüsse erwiderte und nach Verstärkung schrie.
Narda flüchtete durch die Kloaken der dunklen Gassen. Sie kannte sich hier gut aus, deshalb hatte sie keine Angst um sich. Doch da war die Sorge um ihre Freunde. Das Militär kannte keine Gnade, wenn es darum ging, Übergriffe der Rebellen zu ahnden. Leider wurden dabei immer die Falschen bestraft.
Jetzt war es jedoch zu spät, um darüber nachzudenken. Der Soldat kam ihr näher und sie musste auf ihren Weg achten. Keinesfalls durfte später ihr Fluchtweg rekonstruiert werden. Vorbei an stinkenden Müllbergen und huschendem Ungeziefer, rannte sie bis zu einem eingefallenen Eingang und wartete. Der Verfolger ließ nicht lange auf sich warten. Wenig später lag er stumm im Dreck der Strasse. Narda wollte und durfte keine Rücksicht nehmen. Jetzt lief sie zu ihrem Sandsurfer zurück und machte sich aus dem Staub.
Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner, Feris Baldet, und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei wollüstig vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Kerl zu beschäftigen, um den Ekel nicht übermächtig werden zu lassen. Doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft.“
Feris erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem riesigen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber du musst nun stark sein. Ich habe mich entschlossen, dass du auf mich verzichten musst. Das heißt: Du gehst. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück und warf ein Handtuch zu Narda herüber, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Also, zieh dich an. Wenn ich zurückkomme, bist du weg. Oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Aber Narda“, staunte Baldet und wich einige Schritte zurück. „Was ist denn mit dir los? Mein Schmusekätzchen …“
„Noch ein Wort und dein Schmusekätzchen kratzt dir die Augen aus.“
„Narda, sei vernünftig.“
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur fauler Ausschuss raus. Ich will versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Wenn du das nicht kapieren willst, werde ich es dir rein prügeln. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich noch kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Pass auf! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen deine geliebte Arbeit verlieren und mit ihr dein schönes, bequemes Leben. Wenn du Pech hast, stecken Sie dich auch noch in den Knast. Dort kannst du dich dann mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda auf. Er begriff überhaupt nicht, wovon die Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es nur eine Affäre, wie schon viele andere vorher. Die Frauen aus den Slums waren immer sehr gefügig gewesen, ohne nur den geringsten Zweifel seiner Autorität aufkommen zu lassen. Und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug.
Er hatte gleich gewusst, dass es ein Fehler war, ihren Wunsch zu erhören und sie auf die Fliegerschule von Denabis gehen zu lassen. Menschen aus diesen Schichten waren undankbar. Hier hatte er den besten Beweis. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Ruh dich noch ein bisschen aus, bevor du gehst. Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“ unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug, sondern es geht hier um nackte Tatsachen. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, wird dich dein Boss rufen. Er wird dir wahrscheinlich nahe legen, zu kündigen. Das wäre die beste Version für dich.
Allerdings glaube ich eher, dass dich jemand vom Sicherheitsdienst erwarten wird. Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten etwas höchst Verächtliches. Kannst du dir vorstellen, was mit dir passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord… überführen… ich habe nicht… ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel fiel. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben zurück in die Slams von Kabairo abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf die Free World? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Selbst die Rebellen sprechen schon davon. Also, was ist nun?“
„Wie soll ich das machen? Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik der Station und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ich? Ich stelle mir vor, wie du deine schleimigen Finger, die doch sonst auch überall drin stecken, in alle Richtungen ausstreckst und alles für deine liebe Freundin Kadesch tust.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch Baldet wollte noch nicht aufgeben. Er stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen. Du wirst arretiert.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und zog ein verstecktes Messer aus der Tasche. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch unmöglich, doch Narda sprach sehr überzeugend. Bei genauem Nachdenken, kamen ihm auch einige Ungereimtheiten des Mordfalles in den Sinn.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage, seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen, was aber nicht gelang.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda. „Sieh in deinem Schreibtisch nach. In der obersten Schublade liegen die Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda nahm das Messer weg und stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis Baldet sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werde ich gleich meine Freunde bitten, in deinem Schreibtisch im Büro der GABA einige Unterlagen zu deponieren, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule war, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Undenkbar!“
Narda lächelte und gab ein Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen überprüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Als Bonus darfst du dir vielleicht sogar aussuchen, wer verschwinden soll. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass, wenn Narda nicht gelogen hatte, er keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Sachen ging. Unter den wachsamen Augen Nardas schleppte er sich zu seinem Schreibtisch und prüfte die Akten des Mordfalls Azuba, die sie hinein gelegt hatte. Die Unterlagen schienen tatsächlich echt zu sein.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der Hand und fragte, ob er einverstanden sei. Er nickte nur und Narda verabschiedete sich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte. Schon bald würde sie zu den Auserwählten des Planeten gehören und damit ihr oberstes Ziel erreicht haben.
Es würde mich sehr interessieren, wie diese Frau beim Leser rüber kommt.
Hoffentlich viel Spaß.
Narda
Sie lag neben ihrem Sandsurfer und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Narda schloss für einen Moment die Augen und genoss den heißen Wüstenwind, der die nahende Nacht ankündigte.
Die Luft wurde etwas sauerstoffreicher, wenn Saridanus am Horizont verschwunden war. Sie liebte diesen Moment, der Unwissenden unverbrauchte Luft vorgaukelte. Ihre Aufmerksamkeit war abgelenkt, doch das kleine Licht entging ihr nicht.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda und schob sich bis zur Kante der Sanddüne.
Vorsichtig peilte sie durch ihr Fernglas und beobachtete das Licht weiter, wobei sie sich kurze Notizen auf einem Taschencomputer machte. Schließlich verschwand das Blinklicht und Narda schob sich zurück. Wenig später war von dem kleinen Sandsurfer nur noch eine Staubfahne zu sehen.
Narda hatte es eilig. Ihr Gönner machte in der letzten Zeit den Eindruck, als würde er auf einer Fortsetzung ihrer Beziehung keinen Wert mehr legen. Doch noch hatte sie ihr Ziel nicht erreicht, darum musste sie alle Möglichkeiten nutzen, die ihr zur Verfügung standen. Es war wichtig, das eben Erfahrene weiter zu geben, um ihr gesetztes Ziel zu erreichen.
Es war dunkel, als Narda Kabairo erreichte. Die Stadt stammte noch aus den Zeiten, als ein normales Leben an der Oberfläche möglich war. Jetzt waren die oberirdischen Gebäude meist verfallen und bestanden aus aneinander gereihten Slums, in denen nur unbequeme, kriminelle oder einfach nur verarmte Menschen wohnten. Die überall eingesetzten und gut belegten Militärposten waren sehr notwendig, um dieses Gewimmel von Menschen aller Art zu kontrollieren. Die Regierung machte daraus keinen Hehl, sondern setzte diesen Umstand sogar als Wahlpropaganda ein.
Narda versteckte ihr Gefährt außerhalb der Stadt und schlich durch Strassen, die diesen Namen nicht mehr verdienten. Schließlich gelangte sie an eine halb verfallende Hütte. An einer Tür gab sie leise Klopfzeichen.
Ebenso leise raunte eine Stimme hinter dem Eingang: „Wer?“
„Kadesch, mach auf. Hier draußen ist es nicht geheuer.“
Die Pforte ging auf und Narda wurde ins Dunkel gezogen. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, spürte sie, dass ihr jemand eine Waffe unters Kinn hielt. Ein Licht flammte auf und blendete sie. Narda wartete nicht lange, sondern handelte.
Gedankenschnell schlug sie zu. Gleichzeitig packte sie die Waffe und ging in die Hocke. Die Lampe klapperte zu Boden und der Besitzer lag stöhnend daneben.
„Verdammt!“, ächzte er. „Bist du übergeschnappt?“
„Palderas? - Warum hältst du mir eine Knarre an den Kopf? So was vertrage ich nicht sonderlich gut.“
„Wir müssen vorsichtig sein, die Regierungstruppen patrouillieren wieder verstärkt.“
„Wenn von denen einer vor der Tür gestanden hätte, wärst du schon erledigt gewesen. Wo ist Mara?“
Palderas schickte Narda in die Kellerräume und besetzte wieder seinen Wachposten. Wie fast überall auf Kronor, befanden sich Wohnbereiche unter der Erde, denn gerade bei der untersten Bevölkerungsschicht, war es kaum möglich, überall sichere Schleusen und Klimaanlagen einzubauen.
Narda betrat einen Raum, in dem etwa 40 Menschen kauerten. Leises Wimmern war zu hören, doch niemand achtete darauf. Sie fand ihre Freundin damit beschäftigt, einem etwa siebenjährigen Kind Flüssigkeit einzuflössen. Mara sah auf und winkte ihr, zu warten.
Einige Minuten später saßen sie zusammen und Mara sagte: „Schön dich mal wieder zu sehen. Wie geht es dir?“
„Im Moment ist noch alles klar. Aber mein Feris ist mir nicht mehr so hörig wie früher. Ich muss etwas unternehmen.“
„Verstehe. Hast du schon die Infos eingeholt?“
Narda nickte und gab den Taschencomputer an die Frau weiter. Mara überprüfte kurz die Daten und lächelte.
„Das wird deinem geliebten Feris nicht gefallen.“
„Ich bin nur eine arme, fast verlassene Frau und - ein wenig rachsüchtig“, feixte Narda. „Was ist mit diesen Leuten hier?“
„Das Übliche. Verletzt und unterernährt. Wir haben fast keine Vorräte mehr.“
„Ist die Lieferung nicht angekommen? Ich habe Baldet erst vor zwei Tagen ein ganze LKW-Ladung Lebensmittel unterschlagen und sie hier her geschickt.“
„Das wird der Transporter gewesen sein, der gestern von den Militärs beschlagnahmt worden ist. Die machen sich damit ein schönes Leben. Verdammt!“
Narda ballte wütend die Fäuste. Es wurde immer schwieriger, die Menschen hier zu unterstützen. Wer nicht verhungern wollte, musste sich den Rebellen anschließen, auch wenn klar war, dass diese Leute nichts besser machen würden als die momentane Regierung. Sie wurde von Mara aus ihren Gedanken gerissen.
„Was hast du jetzt vor, Narda?“
„Am liebsten würde ich alle Militärstützpunkte in Arkanien in die Luft jagen.“
„Du weißt, dass uns das nichts nützt. Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du deine Position bei Baldet verspielt. Damit wäre dein Ziel in sehr weite Ferne gerückt und unser Leben noch schwieriger.“
„Ich weiß“, seufzte Narda niedergeschlagen. „Wann weißt du, ob alles glatt läuft?“
„Spätestens in zwei Tagen. Ich gebe dir auf dem üblichen Weg Bescheid.“
Die Frauen verabschiedeten sich und Narda machte sich auf den Rückweg. Dabei lief sie einer Militärpatrouille über den Weg. Die beiden Männer hoben sofort ihre Waffen und forderten Narda auf, stehen zu bleiben, doch die dachte gar nicht daran. Sie durfte hier nicht gefunden werden, deshalb schoss sie, ohne zu zögern, auf die Männer. Sie traf jedoch nur einen, während der Andere die Schüsse erwiderte und nach Verstärkung schrie.
Narda flüchtete durch die Kloaken der dunklen Gassen. Sie kannte sich hier gut aus, deshalb hatte sie keine Angst um sich. Doch da war die Sorge um ihre Freunde. Das Militär kannte keine Gnade, wenn es darum ging, Übergriffe der Rebellen zu ahnden. Leider wurden dabei immer die Falschen bestraft.
Jetzt war es jedoch zu spät, um darüber nachzudenken. Der Soldat kam ihr näher und sie musste auf ihren Weg achten. Keinesfalls durfte später ihr Fluchtweg rekonstruiert werden. Vorbei an stinkenden Müllbergen und huschendem Ungeziefer, rannte sie bis zu einem eingefallenen Eingang und wartete. Der Verfolger ließ nicht lange auf sich warten. Wenig später lag er stumm im Dreck der Strasse. Narda wollte und durfte keine Rücksicht nehmen. Jetzt lief sie zu ihrem Sandsurfer zurück und machte sich aus dem Staub.
Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner, Feris Baldet, und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei wollüstig vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Kerl zu beschäftigen, um den Ekel nicht übermächtig werden zu lassen. Doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft.“
Feris erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem riesigen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber du musst nun stark sein. Ich habe mich entschlossen, dass du auf mich verzichten musst. Das heißt: Du gehst. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück und warf ein Handtuch zu Narda herüber, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Also, zieh dich an. Wenn ich zurückkomme, bist du weg. Oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Aber Narda“, staunte Baldet und wich einige Schritte zurück. „Was ist denn mit dir los? Mein Schmusekätzchen …“
„Noch ein Wort und dein Schmusekätzchen kratzt dir die Augen aus.“
„Narda, sei vernünftig.“
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur fauler Ausschuss raus. Ich will versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Wenn du das nicht kapieren willst, werde ich es dir rein prügeln. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich noch kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Pass auf! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen deine geliebte Arbeit verlieren und mit ihr dein schönes, bequemes Leben. Wenn du Pech hast, stecken Sie dich auch noch in den Knast. Dort kannst du dich dann mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda auf. Er begriff überhaupt nicht, wovon die Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es nur eine Affäre, wie schon viele andere vorher. Die Frauen aus den Slums waren immer sehr gefügig gewesen, ohne nur den geringsten Zweifel seiner Autorität aufkommen zu lassen. Und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug.
Er hatte gleich gewusst, dass es ein Fehler war, ihren Wunsch zu erhören und sie auf die Fliegerschule von Denabis gehen zu lassen. Menschen aus diesen Schichten waren undankbar. Hier hatte er den besten Beweis. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Ruh dich noch ein bisschen aus, bevor du gehst. Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“ unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug, sondern es geht hier um nackte Tatsachen. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, wird dich dein Boss rufen. Er wird dir wahrscheinlich nahe legen, zu kündigen. Das wäre die beste Version für dich.
Allerdings glaube ich eher, dass dich jemand vom Sicherheitsdienst erwarten wird. Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten etwas höchst Verächtliches. Kannst du dir vorstellen, was mit dir passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord… überführen… ich habe nicht… ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel fiel. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben zurück in die Slams von Kabairo abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf die Free World? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Selbst die Rebellen sprechen schon davon. Also, was ist nun?“
„Wie soll ich das machen? Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik der Station und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ich? Ich stelle mir vor, wie du deine schleimigen Finger, die doch sonst auch überall drin stecken, in alle Richtungen ausstreckst und alles für deine liebe Freundin Kadesch tust.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch Baldet wollte noch nicht aufgeben. Er stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen. Du wirst arretiert.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und zog ein verstecktes Messer aus der Tasche. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch unmöglich, doch Narda sprach sehr überzeugend. Bei genauem Nachdenken, kamen ihm auch einige Ungereimtheiten des Mordfalles in den Sinn.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage, seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen, was aber nicht gelang.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda. „Sieh in deinem Schreibtisch nach. In der obersten Schublade liegen die Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda nahm das Messer weg und stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis Baldet sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werde ich gleich meine Freunde bitten, in deinem Schreibtisch im Büro der GABA einige Unterlagen zu deponieren, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule war, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Undenkbar!“
Narda lächelte und gab ein Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen überprüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Als Bonus darfst du dir vielleicht sogar aussuchen, wer verschwinden soll. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass, wenn Narda nicht gelogen hatte, er keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Sachen ging. Unter den wachsamen Augen Nardas schleppte er sich zu seinem Schreibtisch und prüfte die Akten des Mordfalls Azuba, die sie hinein gelegt hatte. Die Unterlagen schienen tatsächlich echt zu sein.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der Hand und fragte, ob er einverstanden sei. Er nickte nur und Narda verabschiedete sich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte. Schon bald würde sie zu den Auserwählten des Planeten gehören und damit ihr oberstes Ziel erreicht haben.