Hallo
@revilo und Johnson,
nehmen wir von Robert Frost aus "Das Geheimnis sitzt", S.7
"Wir tanzen herum, und vermuten, im Kreis,
das Geheimnis doch sitzt in der Mitte und weiß."
Ist es nicht etwas Erhabenes und Schönes, ja fast Magisches, die Kapazität als Homo sapiens zu besitzen, sich zu Textfragmenten wie diesen kognitiv zu positionieren und, von diesen Gedankenbrocken ausgehend, sich auf eine Expedition des Geistes begeben zu können? Und das allein durch das Intellektualisieren, die Möglichkeit zu haben, sich von dem Ordinären und hermetisch Verschlossenem los-zu-lösen, und in eine Welt der Ästhetik zu baden, respektive zu immersieren?
Mir fiel dieses Wesen des "Intelligenz-Rassismus" bereits häufiger auf, und ich frage mich nach dem Kausalzusammenhang. Gäbe es diese spezielle Form des Explorierens nicht, dann würden wir heute nicht Automobil fahren, wir besäßen keine OLED-Flatscreens, wir hätten keine Smartphones, und wir könnten vermutlich keine hochkalibrige Kunst oder Literatur rezipieren, denn all diese Spannungsfelder sind von "Intellektuellen" aufgeladen und durchdrungen. Würde es diesen Typus von Mensch nicht geben, dann befänden wir uns sprachlich noch bei "Haus sein fertig, Fundament booga uuga".
Man könnte es damit analogisieren: Ein Veganer erwirbt Carnes (Fleisch) und zeigt sich beim Konsum perplex, warum er Fleisch zu sich nimmt.
Es gleicht einem Vabanquespiel, dieses doch eigentlich exquisit schöne Feld aus der Welt der Schönheit zu anathematisieren und zu degradieren, wenn es doch Fundament für unser heutiges Dasein ist.
Und ohne diesen ungesteuerten, meiner Auffassung nach, intrinsischen Trieb, den Dingen auf den Grund gehen zu können, verbliebe auf Dauer das Diskursniveau gerade in Foren sehr flachwässrig. Vielleicht existiert in deinem Leben eine Domäne, die dich mit überaus positiven Leidenschaften erfüllt und dir viel offeriert und in der du auch kompetent agierst und natürlich wirkst du in diesem Bereich, ebenfalls, mehr oder minder bewusst intellektuell.
Es wird wohl nur eine Minderheit von Menschen oder Nutzern geben, die dagegen mit Geringschätzung agieren. Ich empfinde solche manifesten Attacken gegenüber Etwas (oder auch Nutzern), das in der Substanz seines Wesenskerns vollständig positiv ist, als bedenklich; ja, es stimuliert mich zu interrogativen Überlegungen nach den Causae (Grund), da doch eigentlich jedes Lebewesen bestrebt ist, sich zu evolutionieren.
Da du in einem anderen Diskursstrang Neugierde gegenüber erlesener Literatur bekundet hast, folgen nun zwei Referenzen: Jonathan Cullen - "Was ist Literatur" und John M. Ellis - "The Theory of Literary Criticism: A Logical Analysis", insbesondere die Seiten 25–200 und 25–60 sind von hoher Potenz und äußerst faszinierend. Sei allerdings prämoniert: Ellis ist nicht billig. Cullen ist im Web kostenlos verfügbar. Aber macht ja nichts, denn in Bildung zu investieren ist ja kein dummer Schachzug.
Ja, jetzt habe ich genau das getan, was du verteufelst. Und ich frage mich warum? Es ist genau die gleiche Faszination wie jemand, der für Autos oder für das Kochen brennt. "Oh nein, das intellektuelle Gelaber um Königsberger Kloppse ist unerträglich!" Aber genau das sorgt dafür, dass diese eben gut schmecken.
Denn ohne Intelligenz gäbe es heute kein Feuer. Denk mal drüber nach.
Logi