Hallo Oliver,
wie so oft sind Deine Anmerkungen eine durchaus positive Herausforderung für mich

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Zunächst aber Folgendes:
solche Gedichte, die sich mit er Ich-Findung beschäftigen sind schon (zu) viel geschrieben worden....
Sorry, solch ein Statement ist Quatsch und Deiner nicht würdig. Zum einen kann man - also Autor/Autorin - so viel
schreiben, wie er, sie, es es mag (vielleicht sollte man das sogar). Bezüglich des
Veröffentlichens dieser Texte kann es dem geneigten Leser vielleicht hier und da zu viel werden, doch das sind wohl eher individuelle und keine allgemeingültige "Schmerzgrenzen". Außerdem müsste man das dann auch zur "Liebeslyrik" sagen und hier noch viel eher die Produktion und Veröffentlichung solcher Texte ab sofort untersagen

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Nun zu den "Allerweltsmetaphern" und den "(versteckten) Botschaften". Hier kann ich Deine Kritik ein wenig nachvollziehen, aber auch nur sehr eingeschränkt. Ich denke, es gibt auch hier unterschiedliche Geschmäcker. Was spricht gegen direkte Aussagen in der Lyrik? Wer hat festgelegt, dass solche Texte keine Lyrik ist?
Ich mag z.B. gerade keine Lyrik, bei der ich rätseln und grübeln muss, wo ich die Botschaft finde und was mir denn der Autor/die Autorin sagen will. Ich mag Gedichte, die direkt sind. Das mag dann für die "wahren" Lyriker eher minderwertige Qualität sein, doch damit kann ich leben. Das soll nicht heißen, dass ich um Lyrik, in der es um "Rafinesse" geht, einen Bogen mache. Ab und zu habe ich mich auch in dieser Richtung ein wenig ausprobiert und will mich auch in dieser Sparte weiterentwickeln (weshalb ich Dir für Deine Rückmeldung auch dankbar bin) - es reizt mich aber insgesamt nicht so, wie Texte, die die Leser direkt ansprechen. Doch vor allem, wehre ich mich dagegen, wenn mir gesagt wird, was "wirkliche" Lyrik ist oder zu sein hat.
Lyrik lebt aber von(versteckten) Botschaften und sprachlicher Rafinesse
Bei dieser Bemerkung von Dir musste ich ein wenig schmunzeln, da sie z.T. das wiederspiegelt, was ich in meinem Gedicht mit folgender Zeile auch meine:
links die alltagszwänge liegen lassen
Genau darum geht es doch (auch): Sich eben nicht dem "Das macht man so", "Das tut man nicht" zu unterwerfen.
Meine Güte, ich habe nicht jahrzehntelang versucht, mich von solchen spießigen Anwandlungen zu befreien, nur, um mich an anderer Stelle dem wieder zu unterwerfen. Es gibt bei Sonetten, Haikus und anderen Formen klare Vorgaben. Man kann bei manchen Gedichten darüber diskutieren, ob es noch Lyrik oder doch eher Prosa ist. Und natürlich kann man darüber reden, ob ein Gedicht, der Klang eines Gedichtes oder bestimmte Aussagen eines Gedichtes dieses interessanter, schöner oder aussagekräftiger werden lassen, wenn sie anders formuliert, oder mit anderen Metaphern versehen werden. Aber bitte nicht mit Pauschalsätzen, die den Anklang habe von "(wahre) Lyrik ist...".
Ich merke diesen Hang, meine Vorstellungen als "oberste Maxime" hinzustellen, übrigens bei mir selber, wenn ich Reimgedichte lese, in denen die Merik holpert. Für mich ist es harte Arbeit an mir, hier etwas mehr Toleranz zu entwickeln

, mehr darauf zu schauen, ob eine holpernde Metrik wirklich immer nur stört oder durch gute Formulierungen, Pointen zweitrangig wird. So haben z.B. Ringelnatz und andere teilweise wunderschöne Gedichte geschrieben, in denen die Metrik alles andere als glatt ist.
Tja, großer Meister, spannend, welche Gedanken sich aus solch einem Text mit "Allerweltsmetaphern" entwickeln können, oder

? (Solche Fragen und Überlegungen gehören für mich übrigens auch zur "Ich-Findung" und der "Ich-Entwicklung".

).
Liebe Grüße
Andreas
... ach ja, trotz meiner - vielleicht etwas zu ausufernden - "Gegenrede", nehme ich Deine Anmerkungen durchaus ernst und werde mir das Gedicht mit etwas zeitlichem Abstand noch mal vornehmen. Mal sehen, ob ich es dann immer noch so schreiben würde, oder ob ich mir dann eingestehen muss, dass der "olle Oliver" doch nicht so ganz Unrecht gehabt hat

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