Und wieder einmal war sie gefallen. Tief, und ohne sich fangen zu können. Wie ein Stein ins dunkle Wasser, wie das Blatt eines alten Baumes, welches vom stürmenden Wind weit davon getragen wurde. Die Dunkelheit schien sie zu verfolgen, die schwarzen Krallen gierig nach ihr ausgestreckt. Und sie rannte um ihr Leben, versuchte, die qualvollen Erinnerungen aus ihrem Kopf zu verbannen, die sie jeden Tag, zu jeder Stunde in das tiefe, voll Trauer und Angst gefüllte Loch zurückziehen konnten. Viel zu lange hatte sie gewartet. Und schließlich war es zu spät. So gut wie jede Träne hatte sie geweint; keine war Narbe verblasst. Es war ihr egal. Nichts berührte sie mehr. Sie war taub. Und verlassen von Hoffnung, Liebe und Geborgenheit.
Damals.
Es war alles besser gewesen. Sie war klein, unschuldig. Niemand hatte ihr erklärt, dass ihr erbärmliches Leben es nicht verdient hatte, noch hier zu sein. Kein Mensch sollte je den Grund für ihre Abgrenzung erfahren, warum sie keine Hilfe annahm. Weshalb sie sich verstecken musste. Mit seinem warmen Licht hüllte der Vollmond sie ein. Es schien, als versuchte er, das Mädchen in eine Umarmung zu ziehen, ihr zu sagen, dass alles gut werden würde. Eines Tages. Doch sie wusste zu genau, dass Lügen nicht halfen. Nicht ihr. Niemals würde es den Hauch einer Chance geben, dass sich ein noch so schwaches Lädcheln auf ihre aufgesprungenen und kalten Lippen stahl. Stattdessen lebte sie für den Tod, auf irgendeine Art und Weise. Sollte er sie doch empfangen, mit ihrem Leben war so oder so nichts mehr anzufangen. Und bald würde es soweit sein. Endlich. Ein paar Schritte war sie nur noch entfernt von der Nacht, dem Tod, den Klauen des Raben, welche sie jede Minute mit sich reißen konnten. Aber vielleicht sah er sie nicht. Sie breitete die Arme aus, als ihre Füße die Spitze des Berges erreichten. Ein Versuch. Nicht mehr. Weit, sehr weit unter ihr plätscherte das Wasser und Felsen verzierten die Brandung. Jetzt schien der Mond sie nicht mehr trösten zu wollen. „Nein“, schien er zu sagen. „Du hast es nicht verdient.“ Sein Glitzern umgab sie, wie, als ob er ihr beibringen wollte, dass es tatsächlich Zeit war, zu gehen.
Für immer.
Ein Hauch Zufriedenheit überkam sie. Natürlich stimmte das. Was sonst war richtig?
Ihr letzter Versuch, dem Tod in die Arme zu laufen, war kläglich gescheitert. Wie jedes Mal. Und immer wieder hatte sie sich in den Kopf gerufen, dass der nächste Vollmond ihr die Wahrheit sagen würde. All‘ das waren Vermutungen gewesen. Doch dieses Mal war sie sich sicher. Ein besseres Leben würde auf sie warten, wenn sie nicht mehr hier war. Die Hoffnung stimmte sie fröhlich, auf eine Art, die den Moment unbeschreiblich und weit entfernt erscheinen ließ. Das Glück, oder wie man es nennen mochte, hatte stets an ihrer Seite gestanden, auch, wenn es für sie nichts Positives an sich hatte. Kein Tod, unerträgliches Leiden.
„Spring!“, schien eine Stimme hinter ihr sie aufzufordern. „Los!“
Und dann Stille. Grauenhafte Stille.
„Tu‘ es nicht…“, flüsterte die Hoffnung tief, ganz tief verborgen in ihr, die sie verloren geschätzt hatte. Und plötzlich war sie da. Die Angst, welche sie davon abhielt, ihr Leben zu verlassen. Und ohne Vorwarnung kullerte eine Träne ihre blasse Wange hinunter und fiel auf den rauen Boden. Sie sollte die letzte sein. Und das Mädchen schien sich in ihr widerzuspiegeln, sah eine zerbrochene Vase, dessen Rose verdorrt und schwach herunterhing, alles Leben ausgelöscht. Ihre Augen sagten vieles. Beschrieben die Mischung der Gefühle, die sich in ihr breit machten. Tatsächlich war sie glücklich, zufrieden damit, bald nicht mehr die Last des Lebens auf ihren Schultern spüren zu müssen, andererseits enttäuscht, sich aufgegeben zu haben. Und doch fühlte es sich an, als hätten ganz alleine ihre Erinnerungen entschieden. Sie sprang. Und fiel, schloss die Augen und lächelte. Das war das Ende. Ihr Ende.
Und es fühlte sich gut an.
Damals.
Es war alles besser gewesen. Sie war klein, unschuldig. Niemand hatte ihr erklärt, dass ihr erbärmliches Leben es nicht verdient hatte, noch hier zu sein. Kein Mensch sollte je den Grund für ihre Abgrenzung erfahren, warum sie keine Hilfe annahm. Weshalb sie sich verstecken musste. Mit seinem warmen Licht hüllte der Vollmond sie ein. Es schien, als versuchte er, das Mädchen in eine Umarmung zu ziehen, ihr zu sagen, dass alles gut werden würde. Eines Tages. Doch sie wusste zu genau, dass Lügen nicht halfen. Nicht ihr. Niemals würde es den Hauch einer Chance geben, dass sich ein noch so schwaches Lädcheln auf ihre aufgesprungenen und kalten Lippen stahl. Stattdessen lebte sie für den Tod, auf irgendeine Art und Weise. Sollte er sie doch empfangen, mit ihrem Leben war so oder so nichts mehr anzufangen. Und bald würde es soweit sein. Endlich. Ein paar Schritte war sie nur noch entfernt von der Nacht, dem Tod, den Klauen des Raben, welche sie jede Minute mit sich reißen konnten. Aber vielleicht sah er sie nicht. Sie breitete die Arme aus, als ihre Füße die Spitze des Berges erreichten. Ein Versuch. Nicht mehr. Weit, sehr weit unter ihr plätscherte das Wasser und Felsen verzierten die Brandung. Jetzt schien der Mond sie nicht mehr trösten zu wollen. „Nein“, schien er zu sagen. „Du hast es nicht verdient.“ Sein Glitzern umgab sie, wie, als ob er ihr beibringen wollte, dass es tatsächlich Zeit war, zu gehen.
Für immer.
Ein Hauch Zufriedenheit überkam sie. Natürlich stimmte das. Was sonst war richtig?
Ihr letzter Versuch, dem Tod in die Arme zu laufen, war kläglich gescheitert. Wie jedes Mal. Und immer wieder hatte sie sich in den Kopf gerufen, dass der nächste Vollmond ihr die Wahrheit sagen würde. All‘ das waren Vermutungen gewesen. Doch dieses Mal war sie sich sicher. Ein besseres Leben würde auf sie warten, wenn sie nicht mehr hier war. Die Hoffnung stimmte sie fröhlich, auf eine Art, die den Moment unbeschreiblich und weit entfernt erscheinen ließ. Das Glück, oder wie man es nennen mochte, hatte stets an ihrer Seite gestanden, auch, wenn es für sie nichts Positives an sich hatte. Kein Tod, unerträgliches Leiden.
„Spring!“, schien eine Stimme hinter ihr sie aufzufordern. „Los!“
Und dann Stille. Grauenhafte Stille.
„Tu‘ es nicht…“, flüsterte die Hoffnung tief, ganz tief verborgen in ihr, die sie verloren geschätzt hatte. Und plötzlich war sie da. Die Angst, welche sie davon abhielt, ihr Leben zu verlassen. Und ohne Vorwarnung kullerte eine Träne ihre blasse Wange hinunter und fiel auf den rauen Boden. Sie sollte die letzte sein. Und das Mädchen schien sich in ihr widerzuspiegeln, sah eine zerbrochene Vase, dessen Rose verdorrt und schwach herunterhing, alles Leben ausgelöscht. Ihre Augen sagten vieles. Beschrieben die Mischung der Gefühle, die sich in ihr breit machten. Tatsächlich war sie glücklich, zufrieden damit, bald nicht mehr die Last des Lebens auf ihren Schultern spüren zu müssen, andererseits enttäuscht, sich aufgegeben zu haben. Und doch fühlte es sich an, als hätten ganz alleine ihre Erinnerungen entschieden. Sie sprang. Und fiel, schloss die Augen und lächelte. Das war das Ende. Ihr Ende.
Und es fühlte sich gut an.