Der Saal füllt sich. In letzter Minute drängelt ein Mann durch die Reihe und setzt sich rechts neben mich. Dabei lächelt er mich für einen Augenblick freundlich an. Verstohlen mustere ich ihn und bewundere sein schönes Profil und seine tolle Ausstrahlung. Dann Applaus. Ein Gitarrist kommt auf die Bühne, das Konzert beginnt. Als die zarten Gitarrenklänge den Raum erfüllen, wage ich nicht , mich zu bewegen. Erst recht nicht, weil ich spüre, dass mein Nachbar zu mir herüber sieht. Er schlägt seine Beine übereinander, berührt dabei fast meine Wade. Zwischen unseren Händen auf den Armlehnen ist nur ein fingerbreiter Abstand. Während des ganzen Konzertes bin ich mir seiner Nähe bewusst, doch am Schluss fesselt mich mein Lieblingsstück, die Alhambra. Das Tremolo perlt wundervoll durch den Saal. Ich weiß, wie schwer es ist, das Tempo zu beherrschen. Das Spiel des Künstlers ist voller Melancholie. Sicher glitzert in meinen Augen das Bühnenlicht. Der Klänge Sehnsucht läßt meine Gedanken in die Ferne schweifen, zur Alhambra in Granada und ich kann die Stimmung dieses Ortes spüren. Ob der Fremde neben mir auch die Töne als flirrende Hitze empfindet? Abrupt wird meine Ergriffenheit vom tosenden Beifall unterbrochen. Der Mann an meiner Seite erhebt sich, dreht sich in meine Richtung und lächelt strahlend. „Wie schön Anna, dass du auch da bist. Darf ich dich zu einem Glas Wein einladen?“ Verwundert blicke ich zu der Frau links neben mir. Sie antwortet freudig: „Gern Anton“. Ich stehe auf und gehe.
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