Ich habe mich als junger Mann immer gefragt, warum die alten Leute ständig von früher reden. Jetzt, da mein eigener Puffer erschreckend klein geworden ist, gehe ich auch immer öfter in den Jahren zurück.
Dabei sind viele Gesichter und Stimmen verschwunden, andere stehen klar und deutlich vor mir. So hatte ich peinliche Begegnungen auf einem 40-jährigen Klassentreffen, bei dem mich Menschen in den Arm genommen haben, weil sie erfreut waren mich zu sehen und ich hatte kein Gesicht und keinen Namen in meiner Erinnerung.
Andere stehen klar und deutlich vor mir, obwohl ich sie seit Jahrzehnten nicht mehr gesprochen habe.
So ergeht es mir mit Erika, die ich zuletzt 1979 gesehen habe. Wir hielten uns jeden Mittag an der Bushaltestelle im Arm und hingen wie Ertrinkende an den Lippen des anderen. Wir gingen hinterher auf vollkommen verschiedenen Wegen, aber sie war immer in meinen Gedanken. Vor fünf Jahren sah ich ihre Todesanzeige.
So rein und unschuldig habe ich nie wieder geliebt. Gesagt habe ich es ihr nie.