Ruhe!

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anbas

Mitglied
Ruhe!

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.
Ab jetzt will ich darum nichts hören, nichts sehen
- das werden die meisten von Euch wohl verstehen.
Doch neben mir sitzt leider wieder die Mandy,
mit laut-schriller Stimme bequatscht sie ihr Handy.
Was wär ich erleichtert, würd' ich es mal wagen,
den Mandys der Welt in die Fresse zu schlagen.

Mir geht es nicht gut, und ich brauche viel Schonung,
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
und suche bei leiser Musik meinen Frieden.
- Die Nachbarin hat sich da anders entschieden,
sie übt grade jetzt wieder mal Violine,
und das stundenlang – mir zerfetzt es die Miene.
Ich könnte mein Leben viel besser genießen,
würd' ich diese Geigerin heut' noch erschießen.

Ob in den Cafés, ob im Kaufhaus beim Shoppen:
Es dudelt Musik und kein Mensch kann sie stoppen.
Aus Kopfhörern scheppern im Bus schräge Töne,
mein Nachbar treibt's gerne mit lautem Gestöhne.
Das Knattern der Biker kann ich nicht mehr hören,
und stets plärren irgendwo auch noch paar Gören.
Die Stadt ist ein Moloch von üblem Getöse
- ich laufe bald Amok und mein' es nicht böse.

Doch nun hab' ich Urlaub und weiß, was ich tue:
Ich such in den Bergen die himmlische Ruhe.
Das Dorf so idyllisch, hier möchte ich bleiben!
Mein Glücksgefühl kann ich Euch gar nicht beschreiben.
Nur hält meine Freude grad für ein paar Stunden.
Dann folgt schon der Trubel mit kläffenden Hunden,
es krähen die Hähne, es knattern Traktoren
- selbst in meinem Magen fängt's an zu rumoren.

Ab da dreh ich durch und fang laut an zu schreien.
Das Brüllen – so merk ich – kann auch sehr befreien.
Dann kippe ich um. Eine zirpende Grille
verkündet: "Du stirbst, aber dann herrscht auch Stille."
Ich lächle beim Sterben, mach mich auf die Reise,
das Himmelstor öffnet sich sachte und leise
- doch dann hör ich überall Engel laut singen
und möchte vom nächstbesten Wolkenrand springen.
 

Rudolph

Mitglied
Ein gelungenes Gedicht. Ich habe mich köstlich amüsiert.

Wenn man ein wenig bei den Betonungsschwerpunkten mogelt - und das finde ich bei einem Gedicht dieses Inhalts durchaus statthaft - ergibt sich ein Rhythmus, der gut zum beschriebenen Sachverhalt passt.
 

anbas

Mitglied
Hallo Rudolph,

ich freue mich, dass Dir das Gedicht gefällt.

Was die metrischen Unebenheiten betrifft, so gibt es aus meiner Sicht nur eine Stelle, die etwas heikel ist
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
"Darum" ist metrisch gesehen ein "fieses" Wort, da es laut Duden sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Silbe betont werden kann. Je nach Sprachgewohnheit kann es hier einen "aus dem Rhythmus schleudern". Ich habe daher einige Versuche mit "Drum bleibe ich ..." gemacht, war mit dem Ergebnis aber nie so ganz zufrieden. Hier werde ich aber vielleicht noch einmal nachbessern

Ansonsten kann man diesen Text - wie ich erst nach seiner Fertigstellung feststellte - auch rappen. Das ist zwar nicht so ganz meine Musik, aber ich bin durchaus am Überlegen, ihn zu vertonen und hierfür auch einen Refrain zu entwickeln. Sollte es soweit kommen, werde ich das Lied dann als Tondatein an diesen Text anhängen.

Liebe Grüße und vielen Dank für Deine Rückmeldung

Andreas
 

Rudolph

Mitglied
Hallo Andreas,

ja, an Rap habe ich auch gedacht.

Was ich sagen wollte, muss ich wohl an einem Beispiel zeigen, etwa den Anfang des Gedichts.

"Normal" betont würde das so lauten:

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.

So wird das nichts.

So aber

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.

wird ein Rap daraus, der wunderbar die Qual des LyrI wiedergibt.

Bei entsprechender Betonung holpert auch diese, von dir genannte Zeile nicht:

darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
 

anbas

Mitglied
Ruhe!

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.
Ab jetzt will ich darum nichts hören, nichts sehen
- das werden die meisten von Euch wohl verstehen.
Doch neben mir sitzt leider wieder die Mandy,
mit laut-schriller Stimme bequatscht sie ihr Handy.
Was wär ich erleichtert, würd' ich es mal wagen,
den Mandys der Welt in die Fresse zu schlagen.

Mir geht es nicht gut, und ich brauche viel Schonung,
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
und suche bei leiser Musik meinen Frieden.
- Der Nachbar hat sich leider anders entschieden,
er übt grade jetzt wieder mal Violine,
und das stundenlang – mir zerfetzt es die Miene.
Ich könnte mein Leben viel besser genießen,
würd' ich diesen Geiger noch heute erschießen.

Ob in den Cafés, ob im Kaufhaus beim Shoppen:
Es dudelt Musik und kein Mensch kann sie stoppen.
Aus Kopfhörern scheppern im Bus schräge Töne,
die Nachbarin treibt's gern mit lautem Gestöhne.
Das Knattern der Biker kann ich nicht mehr hören,
und stets plärren irgendwo auch noch paar Gören.
Die Stadt ist ein Moloch von üblem Getöse
- ich laufe bald Amok und mein' es nicht böse.

Doch nun hab' ich Urlaub und weiß, was ich tue:
Ich such in den Bergen die himmlische Ruhe.
Das Dorf so idyllisch, hier möchte ich bleiben!
Mein Glücksgefühl kann ich Euch gar nicht beschreiben.
Nur hält meine Freude grad für ein paar Stunden.
Dann folgt schon der Trubel mit kläffenden Hunden,
es krähen die Hähne, es knattern Traktoren
- selbst in meinem Magen fängt's an zu rumoren.

Ab da dreh ich durch und fang laut an zu schreien.
Das Brüllen – so merk ich – kann auch sehr befreien.
Dann kippe ich um. Eine zirpende Grille
verkündet: "Du stirbst, aber dann herrscht auch Stille."
Ich lächle beim Sterben, mach mich auf die Reise,
das Himmelstor öffnet sich sachte und leise
- doch dann hör ich überall Engel laut singen
und möchte vom nächstbesten Wolkenrand springen.
 

anbas

Mitglied
Hallo Rudolph,

die von Dir vorgeschlagene Form der Betonung hatte ich genau so vorgesehen. Ich denke, dass es grundsätzlich kein Problem darstellen sollte, wenn "hatte" unbetont bleibt.

Bei
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
ging es mir nur darum, auf das Problem hinzuweisen, dass manche Menschen gewohnheitsmäßig die Betonung auf die erste Silbe von "darum" legen, was laut Duden ebenfalls legitim ist. Daher besteht hier bei manchen Lesern die Gefahr, dass sie aus der Metrik geschleudert werden.

Vielen Dank für Deine Anmerkungen.

Liebe Grüße

Andreas


PS: Die Vertonung ist in Arbeit - auch, wenn es kein Rap wird :)
 

anbas

Mitglied
Hi rogathe,

das LyrIch war schon mehrfach beim Ohrenarzt, weil es die Dinger nicht mehr rausbekam :D.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Ruhe!

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.
Ab jetzt will ich darum nichts hören, nichts sehen
- das werden die meisten von Euch wohl verstehen.
Doch neben mir sitzt leider wieder die Mandy,
mit laut-schriller Stimme bequatscht sie ihr Handy.
Was wär ich erleichtert, würd' ich es mal wagen,
den Mandys der Welt in die Fresse zu schlagen.

Mir geht es nicht gut, und ich brauche viel Schonung,
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
und suche bei leiser Musik meinen Frieden.
- Der Nachbar hat sich leider anders entschieden,
er übt grade jetzt wieder mal Violine,
und das stundenlang – mir zerfetzt es die Miene.
Ich könnte mein Leben viel besser genießen,
würd' ich diesen Geiger noch heute erschießen.

Ob in den Cafés, ob im Kaufhaus beim Shoppen:
Es dudelt Musik und kein Mensch kann sie stoppen.
Aus Kopfhörern scheppern im Bus schräge Töne,
die Nachbarin treibt's gern mit lautem Gestöhne.
Das Knattern der Biker kann ich nicht mehr hören,
und stets plärren irgendwo auch noch paar Gören.
Die Stadt ist ein Moloch von üblem Getöse
- ich laufe bald Amok und mein' es nicht böse.

Doch nun hab' ich Urlaub und weiß, was ich tue:
Ich such' in den Bergen die himmlische Ruhe.
Das Dorf so idyllisch, hier möchte ich bleiben!
Mein Glücksgefühl kann ich Euch gar nicht beschreiben.
Nur hält meine Freude grad für ein paar Stunden.
Dann folgt schon der Trubel mit kläffenden Hunden,
es krähen die Hähne, es knattern Traktoren
- selbst in meinem Magen fängt's an zu rumoren.

Ab da dreh ich durch und fang laut an zu schreien.
Das Brüllen – so merk ich – kann auch sehr befreien.
Dann kippe ich um. Eine zirpende Grille
verkündet: "Du stirbst, aber dann herrscht auch Stille."
Ich lächle beim Sterben, mach mich auf die Reise,
das Himmelstor öffnet sich sachte und leise
- doch dann hör ich überall Engel laut singen
und möchte vom nächstbesten Wolkenrand springen.
 

anbas

Mitglied
Ruhe!

Ich fahr mit der U-Bahn und will nur nach Hause,
im Job hatte ich heute nicht mal 'ne Pause.
Ab jetzt will ich darum nichts hören, nichts sehen
- das werden die meisten von Euch wohl verstehen.
Doch neben mir sitzt leider wieder die Mandy,
mit laut-schriller Stimme bequatscht sie ihr Handy.
Was wär ich erleichtert, würd' ich es mal wagen,
den Mandys der Welt in die Fresse zu schlagen.

Mir geht es nicht gut, und ich brauche viel Schonung,
darum bleibe ich heute in meiner Wohnung
und suche bei leiser Musik meinen Frieden.
- Der Nachbar hat sich leider anders entschieden,
er übt grade jetzt wieder mal Violine,
und das stundenlang – mir zerfetzt es die Miene.
Ich könnte mein Leben viel besser genießen,
würd' ich diesen Geiger noch heute erschießen.

Ob in den Cafés, ob im Kaufhaus beim Shoppen:
Es dudelt Musik und kein Mensch kann sie stoppen.
Aus Kopfhörern scheppern im Bus schräge Töne,
die Nachbarin treibt's gern mit lautem Gestöhne.
Das Knattern der Biker kann ich nicht mehr hören,
und stets plärren irgendwo auch noch paar Gören.
Die Stadt ist ein Moloch von üblem Getöse
- ich laufe bald Amok und mein' es nicht böse.

Doch nun hab' ich Urlaub und weiß, was ich tue:
Ich such' in den Bergen die himmlische Ruhe.
Das Dorf so idyllisch, hier möchte ich bleiben!
Mein Glücksgefühl kann ich Euch gar nicht beschreiben.
Nur hält meine Freude grad für ein paar Stunden.
Dann folgt schon der Trubel mit kläffenden Hunden,
es krähen die Hähne, es knattern Traktoren
- selbst in meinem Magen fängt's an zu rumoren.

Ab da dreh ich durch und fang laut an zu schreien.
Das Brüllen – so merk ich – kann auch sehr befreien.
Dann kippe ich um. Eine zirpende Grille
verkündet: "Du stirbst, aber dann herrscht auch Stille."
Ich lächle beim Sterben, mach mich auf die Reise,
das Himmelstor öffnet sich sachte und leise
- doch dann hör ich überall Engel laut singen
und möchte vom nächstbesten Wolkenrand springen.








So, nun gibt es das Ganze auch noch vertont und mit Refrain - ich hoffe, es gefällt Euch.

Rezitation: mp3/128232_ruhe--5a-.mp3
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Urheberrechte

Gibts doch schon längst, von John Cage: ein paar Minuten Stille auf der Bühne, wo die Quartettstreicher ihre Instrumente einfach nur stille halten.
 

wüstenrose

Mitglied
Hi anbas,
wusste zwar schon, dass du auch Gitarre + Gesang drauf hast, hab aber noch nie einen Song von dir gehört.
Gefällt mir gut!

lg wüstenrose
 

anbas

Mitglied

anbas

Mitglied
Hallo mondnein,

Gibts doch schon längst, von John Cage: ein paar Minuten Stille auf der Bühne, wo die Quartettstreicher ihre Instrumente einfach nur stille halten.
Ich verstehe nicht ganz, was Du damit sagen willst. Nur, weil schon mal etwas zum Thema "Ruhe" geschrieben bzw. gesungen wurde ist das Thema dadurch doch nicht abgegrast, oder?

Liebe Grüße

Andreas
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
nein

nicht etwas, sondern [blue]Stille [/blue]haben die gesungen.

Das ist es doch, worum es geht, oder?
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Moin Andreas,

jetzt hab ich endlich die Ruhe gefunden, mir Deine Vertonung anzuhören. Find ich super!

Gruß Ciconia
 

anbas

Mitglied
Hallo Ciconia, hallo hansz,

Eure Rückmeldungen ist bei mir komplett untergegangen. Nun aber, mit deutlicher Verspätung, danke dafür!


Hallo hansz,

ja, es geht um Stille - doch (für mich) auch darum, in Ruhe gelassen zu werden, von dem lärmenden Alltagstrubel. Das ist noch eine weitere Nuance, finde ich.

Die Idee der Stille auf der Bühne, die Instrumente plötzlich schweigen lassen, gefällt mir. Etwas Ähnliches gibt es auch auf der CD "Mensch" von Herbert Grönemeyer ( https://de.wikipedia.org/wiki/Mensch_(Album) ). Mir geht es allerdings so, wenn ich die CD zu Hause höre, kann ich mich interessanterweise schlecht auf diese Stille einlassen. In einem Konzertraum, da bin ich mir sicher, würde es mir leichter fallen.



Hallo Ciconia,

ich freue mich, dass Dir die Vertonung gefällt und Du fürs Reinhören die Ruhe gefunden hast ;).


Liebe Grüße

Andreas
 



 
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