Lieber Manfred,
ich denke schon, dass hier der geignete Ort ist, sich über deinen Text und die damit verbundene Frage eines wahrhaftigen und angemessenen Umgangs im Gedenken der KZ-Opfer zu unterhalten.
Auch wenn ich gut damit leben kann, dass hier andere Teilnehmer zu einer anderen Beurteilung kommen, so möchte ich mein Urteil dennoch nicht verhehlen, sondern im Gegenteil noch etwas eingehender begründen.
Du wählst als Titel den Namen
"Sachsenhausen", nichts weiter, und implizierst so auf dem
"Lagerweg" eine Gegenwart des Konzentrationslagers, das bereits zu DDR-Zeiten als Kaserne missbraucht, später größtenteils abgerissen und zu einer Gedenkstätte mit Mahnmal und Museum umgebaut wurde. Wer heute "Sachsenhausen" besucht, besucht demnach eine Erinnerungsstätte. Den Versuch der Aktualisierung des Geschehens ...
drinnen
die Schreie der Toten
... aus den letzten noch erhaltenen 'kläglichen' Resten empfinde ich als reine Sensationshascherei. Sich die Schreie der "Toten" zu imaginieren, nicht etwa der Getöteten, Ermordeten, Gefolterten, bringt zugleich eine veredelnde Ästhetik ins Spiel, die sich im schönen Widerspruch des Außens und Innens gefällt, anstatt sich des völligen Scheiterns einer Erinnerung zu stellen.
"Nicht Sachsenhausen" - der Text hätte sich vielleicht einer Wahrheit nähern können, hier bleibts nur der übliche Betroffenheitskisch, der uns überall dort entgegentropft, wo Schülerwandertage auf Gedenkrituale treffen.
Grüße
JB