Sapir-Whorf-Hypothese
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Die Sapir-Whorf-Hypothese sagt aus, dass es bestimmte Gedanken einer einzelnen Person in einer Sprache gibt, die von jemandem, der eine andere Sprache spricht, nicht verstanden werden können. Sie sagt aus, dass die Art und Weise, wie ein Mensch denkt, stark durch seine Muttersprache beeinflusst sei. Wenn man eine andere Sprache spräche, denke man auch anders. Die kontrovers diskutierte Annahme wurde von Benjamin Whorf aufgestellt, der sich auf den Sprachwissenschaftler Edward Sapir beruft und die Hypothese gemeinsam mit ihm vertrat. Whorf selbst war Chemieingenieur und hatte seine linguistischen Kenntnisse autodidaktisch erworben.
Die Hypothese wurde in den 1950er Jahren bekannt, als Whorfs Schriften zu dem Thema posthum veröffentlicht wurden.
Inhaltsverzeichnis
1 Linguistisches Relativitätsprinzip
2 Argumente
3 Beispiel, wie die Sprache die Wahrnehmung beeinflusst
4 Politik und Etikette
Linguistisches Relativitätsprinzip
1955 entwickelte Dr. James Cooke Brown die Loglan-Sprache (die eine Quelle für Lojban bildete) um die Hypothese zu testen. Nach schwerer Kritik durch die Linguisten um Noam Chomsky wird die Hypothese von den meisten Linguisten heute nur in der schwachen Form akzeptiert, dass die Sprache Einfluss auf unser Denken haben kann, auch als linguistisches Relativitätsprinzip bezeichnet. Eine Diskussion der Argumente Chomskys findet sich zum Beispiel in Steven Pinkers Buch: "Der Sprachinstinkt".
Der zentrale Gedanke der Sapir-Whorf-Hypothese ist die Idee der linguistischen Relativität, die aussagt, dass die Bedeutungsunterschiede zwischen verwandten Begriffen in einer Sprache oft beliebig sind und nur für diese Sprache gelten.
Whorf ging einen Schritt weiter und behauptete, dass die Weltanschauung, die Weltsicht einer Person stark von den Vokabeln und der Syntax ihrer Sprache bestimmt werden (linguistischer Determinismus). Whorf selbst nannte seine Version linguistisches Relativitätsprinzip.
Argumente
Ein mögliches Argument gegen die "starke" Version, dass alle Gedanken durch die Sprache beschränkt werden, in der man sie ausdrückt, kann durch eine persönliche Erfahrung gefunden werden. Jeder hat sicher bereits die Erfahrung gemacht, dass es manchmal schwierig ist, den "richtigen" Ausdruck zu finden und und war sich bewusst, dass die gefundenen Worte nicht dem entsprachen, was man eigentlich sagen wollte, was man meinte. Manchmal findet man auch nicht die geeigneten Worte, einem Anfänger etwas zu erklären, obwohl man selbst es versteht. Das zeigt, das Gedanken nicht allein aus einer Menge von Worten und deren Verknüpfungen bestehen, denn man ist in der Lage, etwas zu verstehen, ohne es in Worte fassen zu können.
Das entgegengesetzte Extrem, dass Gedanken gar nicht durch Worte beeinflusst werden, wird ebenso weithin als falsch betrachtet. Zum Beispiel kann gezeigt werden, dass die Unterscheidbarkeit von ähnlichen Farben davon beeinflusst wird, wie in der jeweiligen Sprache die Namen der Farben gebildet werden.
Eine Studie zeigte, dass gehörlose Kinder von hörenden Eltern manche kognitiven Aufgaben, die nichts mit dem Hören zu tun hatten, nicht lösen konnten, während gehörlose Kinder gehörloser Eltern damit keine Probleme hatten. Das lag daran, dass ihre Eltern die Zeichensprache besser beherrschten.
Computerprogrammierer, die unterschiedliche Programmiersprachen kennen, betrachten ein Problem oft in völlig unterschiedlicher Weise.
Beispiel, wie die Sprache die Wahrnehmung beeinflusst
Benjamin Lee Whorf arbeitete als Inspektor bei einer Versicherungsgesellschaft. Dort untersuchte er Schadensfälle.
Ein Kessel, der vorher Flüssigbrennstoff enthielt, war mit einer Aufschrift gekennzeichnet: "leer". Es kam zu einer Explosion, weil die Arbeiter nicht an die Möglichkeit glaubten, dass ein leerer Behälter gefährlich sein könne. Das Wort "leer" hatte ihnen die Möglichkeit genommen, an eine Gefahr zu denken. Eine relevante Information wäre gewesen: "Vorsicht! Kessel kann explosive Gase enthalten."
Politik und Etikette
Einige haben versucht, die Hypothese in ein politisches Werkzeug zu verwandeln. Sogenannte "politisch korrekte" Sprache stammt von dem Glauben, dass man, zum Beispiel, wenn man eine "sexistische" Sprache verwende, auch sexistisch zu denken tendiere. (Entsprechend gelte wohl auch die Umkehrung, wenn man den "Sexismus" aus der Sprache verbanne, verbanne man ihn auch aus dem Leben.) In der strengsten Form ist die Denkweise, dass durch Sprachbeschränkungen aktuelle politische Ziele zu erreichen seien, wohl eine Form des Wunschdenkens. So hat der Gebrauch des Großbuchstaben "I" (liebe FreundInnen) wenig für die tatsächliche Gleichberechtigung gebracht.
Allerdings kann eine neue Form politischer Etikette durch politisch beschränkte Sprachformen durchaus erreicht werden, die unerwünschte Anwendung von Wörtern als Bruch der sozialen Norm darstellt.
Streitbar ist jedoch die These, dass die politische Etikette die Empfindungen bzw. Auffassungen ändere. Der Philosoph Steven Pinker betrachtete zum Beispiel die sogenannte "euphemism treadmill" (Euphemismus-Tretmühle) - den Effekt, dass euphemistische Neologismen alle negativen Assoziationen der Wörter aufnahmen, die sie ersetzten. Ein deutsches Wort in diesem Zusammenhang ist das euphemistische Wort "Abwickeln", welches das Wort "Schließung von Betrieben und Einrichtungen" ersetzen sollte und den negativen Charakter übernahm. Ebenso darf man wohl behaupten, dass die Assoziationen mit z.B. den Wörtern "Behinderter" oder "Azubi" sich bei vielen Menschen nicht von denen unterscheiden, die früher "Krüppel" und "Lehrling" hatten. Beispielsweise wurde das Wort "behindert" schon bald nach seiner Einführung in den Alltag ebenso für viele Menschen zum Schimpfwort wie einst "Krüppel".
Es ist in der historischen Linguistik auch festgestellt worden, dass Worte aus dem Sexuellen und Ausscheidungs-Bereich (also aus Bereichen, die in praktisch allen Kulturen ein Tabu darstellen) in den meisten Sprachen nach jeweils nur wenigen Generationen durch andere ersetzt werden, denen dann bald wieder das gleiche Schicksal droht. Bei Schriftsprachen ist dies, genau wie der allgemeine Sprachwandel, etwas verlangsamt.
Bedeutende Linguisten
Johann Gottfried von Herder
Wilhelm von Humboldt
Ferdinand de Saussure
Walter Benjamin
Noam Chomsky
GNU-Lizenz http://www.wikipedia.de
Mitwirkende am Artikel:
http://de.wikipedia.org/w/wiki.phtml?title=Sapir-Whorf-Hypothese&action=history
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Die Sapir-Whorf-Hypothese sagt aus, dass es bestimmte Gedanken einer einzelnen Person in einer Sprache gibt, die von jemandem, der eine andere Sprache spricht, nicht verstanden werden können. Sie sagt aus, dass die Art und Weise, wie ein Mensch denkt, stark durch seine Muttersprache beeinflusst sei. Wenn man eine andere Sprache spräche, denke man auch anders. Die kontrovers diskutierte Annahme wurde von Benjamin Whorf aufgestellt, der sich auf den Sprachwissenschaftler Edward Sapir beruft und die Hypothese gemeinsam mit ihm vertrat. Whorf selbst war Chemieingenieur und hatte seine linguistischen Kenntnisse autodidaktisch erworben.
Die Hypothese wurde in den 1950er Jahren bekannt, als Whorfs Schriften zu dem Thema posthum veröffentlicht wurden.
Inhaltsverzeichnis
1 Linguistisches Relativitätsprinzip
2 Argumente
3 Beispiel, wie die Sprache die Wahrnehmung beeinflusst
4 Politik und Etikette
Linguistisches Relativitätsprinzip
1955 entwickelte Dr. James Cooke Brown die Loglan-Sprache (die eine Quelle für Lojban bildete) um die Hypothese zu testen. Nach schwerer Kritik durch die Linguisten um Noam Chomsky wird die Hypothese von den meisten Linguisten heute nur in der schwachen Form akzeptiert, dass die Sprache Einfluss auf unser Denken haben kann, auch als linguistisches Relativitätsprinzip bezeichnet. Eine Diskussion der Argumente Chomskys findet sich zum Beispiel in Steven Pinkers Buch: "Der Sprachinstinkt".
Der zentrale Gedanke der Sapir-Whorf-Hypothese ist die Idee der linguistischen Relativität, die aussagt, dass die Bedeutungsunterschiede zwischen verwandten Begriffen in einer Sprache oft beliebig sind und nur für diese Sprache gelten.
Whorf ging einen Schritt weiter und behauptete, dass die Weltanschauung, die Weltsicht einer Person stark von den Vokabeln und der Syntax ihrer Sprache bestimmt werden (linguistischer Determinismus). Whorf selbst nannte seine Version linguistisches Relativitätsprinzip.
Argumente
Ein mögliches Argument gegen die "starke" Version, dass alle Gedanken durch die Sprache beschränkt werden, in der man sie ausdrückt, kann durch eine persönliche Erfahrung gefunden werden. Jeder hat sicher bereits die Erfahrung gemacht, dass es manchmal schwierig ist, den "richtigen" Ausdruck zu finden und und war sich bewusst, dass die gefundenen Worte nicht dem entsprachen, was man eigentlich sagen wollte, was man meinte. Manchmal findet man auch nicht die geeigneten Worte, einem Anfänger etwas zu erklären, obwohl man selbst es versteht. Das zeigt, das Gedanken nicht allein aus einer Menge von Worten und deren Verknüpfungen bestehen, denn man ist in der Lage, etwas zu verstehen, ohne es in Worte fassen zu können.
Das entgegengesetzte Extrem, dass Gedanken gar nicht durch Worte beeinflusst werden, wird ebenso weithin als falsch betrachtet. Zum Beispiel kann gezeigt werden, dass die Unterscheidbarkeit von ähnlichen Farben davon beeinflusst wird, wie in der jeweiligen Sprache die Namen der Farben gebildet werden.
Eine Studie zeigte, dass gehörlose Kinder von hörenden Eltern manche kognitiven Aufgaben, die nichts mit dem Hören zu tun hatten, nicht lösen konnten, während gehörlose Kinder gehörloser Eltern damit keine Probleme hatten. Das lag daran, dass ihre Eltern die Zeichensprache besser beherrschten.
Computerprogrammierer, die unterschiedliche Programmiersprachen kennen, betrachten ein Problem oft in völlig unterschiedlicher Weise.
Beispiel, wie die Sprache die Wahrnehmung beeinflusst
Benjamin Lee Whorf arbeitete als Inspektor bei einer Versicherungsgesellschaft. Dort untersuchte er Schadensfälle.
Ein Kessel, der vorher Flüssigbrennstoff enthielt, war mit einer Aufschrift gekennzeichnet: "leer". Es kam zu einer Explosion, weil die Arbeiter nicht an die Möglichkeit glaubten, dass ein leerer Behälter gefährlich sein könne. Das Wort "leer" hatte ihnen die Möglichkeit genommen, an eine Gefahr zu denken. Eine relevante Information wäre gewesen: "Vorsicht! Kessel kann explosive Gase enthalten."
Politik und Etikette
Einige haben versucht, die Hypothese in ein politisches Werkzeug zu verwandeln. Sogenannte "politisch korrekte" Sprache stammt von dem Glauben, dass man, zum Beispiel, wenn man eine "sexistische" Sprache verwende, auch sexistisch zu denken tendiere. (Entsprechend gelte wohl auch die Umkehrung, wenn man den "Sexismus" aus der Sprache verbanne, verbanne man ihn auch aus dem Leben.) In der strengsten Form ist die Denkweise, dass durch Sprachbeschränkungen aktuelle politische Ziele zu erreichen seien, wohl eine Form des Wunschdenkens. So hat der Gebrauch des Großbuchstaben "I" (liebe FreundInnen) wenig für die tatsächliche Gleichberechtigung gebracht.
Allerdings kann eine neue Form politischer Etikette durch politisch beschränkte Sprachformen durchaus erreicht werden, die unerwünschte Anwendung von Wörtern als Bruch der sozialen Norm darstellt.
Streitbar ist jedoch die These, dass die politische Etikette die Empfindungen bzw. Auffassungen ändere. Der Philosoph Steven Pinker betrachtete zum Beispiel die sogenannte "euphemism treadmill" (Euphemismus-Tretmühle) - den Effekt, dass euphemistische Neologismen alle negativen Assoziationen der Wörter aufnahmen, die sie ersetzten. Ein deutsches Wort in diesem Zusammenhang ist das euphemistische Wort "Abwickeln", welches das Wort "Schließung von Betrieben und Einrichtungen" ersetzen sollte und den negativen Charakter übernahm. Ebenso darf man wohl behaupten, dass die Assoziationen mit z.B. den Wörtern "Behinderter" oder "Azubi" sich bei vielen Menschen nicht von denen unterscheiden, die früher "Krüppel" und "Lehrling" hatten. Beispielsweise wurde das Wort "behindert" schon bald nach seiner Einführung in den Alltag ebenso für viele Menschen zum Schimpfwort wie einst "Krüppel".
Es ist in der historischen Linguistik auch festgestellt worden, dass Worte aus dem Sexuellen und Ausscheidungs-Bereich (also aus Bereichen, die in praktisch allen Kulturen ein Tabu darstellen) in den meisten Sprachen nach jeweils nur wenigen Generationen durch andere ersetzt werden, denen dann bald wieder das gleiche Schicksal droht. Bei Schriftsprachen ist dies, genau wie der allgemeine Sprachwandel, etwas verlangsamt.
Bedeutende Linguisten
Johann Gottfried von Herder
Wilhelm von Humboldt
Ferdinand de Saussure
Walter Benjamin
Noam Chomsky
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Mitwirkende am Artikel:
http://de.wikipedia.org/w/wiki.phtml?title=Sapir-Whorf-Hypothese&action=history