Schatten - schreibgeschützt

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Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
so still
ist der stein das
land der fluss das
du hörst wie die kleinen
kolben der stille
in ihnen stampfen
du weißt – etwas
ist wahr das
du vergessen hast
und dein schatten
fegt licht vor der haustüre
bis die büroklammer erde
und himmel
papiere von schatten
und wind verschiedener stöße
zu einem roman heftet
dessen dunkel
schreibgeschützt bleiben muss
wenn man so redet
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Hat denn unserem Patrick noch niemand die Schulter geklopft?



Wo ist Trakl, der mit zwei Madeln die Bergwiese herunterkommt um zu teilen?

Wo ist Jesus, der alles schon vorher wusste?


Sind wir alle nicht verrückt vor Angst zu sterben in einem weder endlichen noch endlosen All?
 
G

Gelöschtes Mitglied 23736

Gast
ein flickwerk und teilweise abgekupfert. die sprache der menschen ist begrenzt.

patrick, zu viel stille. wo ist die zukunft?
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
stare!
Wenn hier irgendwas abgekupfert ist, dann weise es nach.

grusz, hansz
 

Perry

Mitglied
Hallo Patrick,

ob Kupfer oder Blech,
mir gefällt das Blättern in den Naturbildern durchaus, zudem daraus ja wohl irgendwann
ein "Roman" entstehen soll.
Ich hoffe, die Büroklammer ist dafür groß genug. ;)

LG
Manfred
 

Mimi

Mitglied
"die sprache der menschen ist begrenzt." -
Das ist so ähnlich wie mit dem Horizont;
im Grunde gibt es keine Begrenzung.... außer die eigene...
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
... etwas
ist wahr dass
du vergessen hast
Meinst Du, Patrick, "das du vergessen hast"?

Das ist eine hübsche Melodien-Schleife zweier Sätze. Regt dazu an, es mehrmals zu lesen.

grusz, hansz
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke euch :) Zumindest den brauchbaren Kommentaren; - mensch, die Leselupe ohne das ganze Getrolle, das wärs! Und du hast Recht Hansz, da ist ein "s" zu viel ...
 

Ralf Langer

Mitglied
Hi Patrich, umschleiche nun schon einige Zeit dieses Stück das mir in grossen Teilen zusagt.
Aber, da ist ein Punkt, der mir ein Rötsel bleibt und mir einen tieferen Zugang verbietet:

es ist nur ein Wort, aber mir fehlt der Bezug
Zeile 6: „in ihnen stampfen“…

ich finde kein Wort im ganzen Satz auf das es sich beziehen könnte

der Stein kann es nicht sein , müsste in „ihm“ heissen.
Der Fluss? Dito
Das Land? dito

der Stille? Dann stünde da :“ihr“

blieben die Kolben selbst.
Wenn das so wäre verstünde ich das gar nicht
Tautologisch und queres Bild …

also Ihnen:

stünde da dir zum beispiel
Dann begreife ich das Bild
Wäre auch für mich das „selbstverständliche“ Wort an dieser Stelle

in „ihnen“? Den Menschen?
Die tauchten bisher gar nicht auf, ausser als lyrisches du…
Magst du mir da bitte einen Fingerzeig geben!

lg
Ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Die Zeilenumbrüche kaschieren hier bewusst die Aufzählung von Stein, Land und Fluss.
Sie sind auf kontextueller Ebene alle 3 von Stille belebt.
Also ist sie, die Stille, in allen von "ihnen", die so still sind, Ralf, dass man die kleinen Kolben der Stille stampfen hören kann.


so still
ist der stein das
land der fluss das(s)
du hörst wie die kleinen
kolben der stille
in ihnen stampfen
Warum braucht der Schatten Schreibschutz? - Poetik / Lyrik übt sich seit je her darin, mit stilistischen Überlebensmitteln Unsagbares spielerisch geschickt in Bild und Klang zu setzen. Um es nicht bloßzustellen. Um die Welt zu retten.

Gute Nachtgrüße,

Elke
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Patrick,
mir gefällt die im Gedicht verwendete Sprache sehr gut!
Sie wirkt auf mich unaufdringlich und doch sehr eindringlich. Die Bilder wirken sehr beliebig und gleichzeitig haftet ihnen was Folgerichtiges, Zwingendes an. Als wären die Worte aus der Nacht geholt und sichtbar gemacht worden.

lg wüstenrose
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Patrick:

Schatten schreibgeschützt

ich sehe hier vier ,eher fünf Teile. Ich drösele das mal auf, so wie ich es lese:

Teil 1
so still
ist der stein das
land der fluss das
du hörst wie die kleinen
kolben der stille
in ihnen stampfen

Teil2
du weißt – etwas
ist wahr das
du vergessen hast

Teil 3
und dein schatten
fegt licht vor der haustüre

Teil 4
bis die büroklammer erde
und himmel
papiere von schatten
und wind verschiedener stöße
zu einem roman heftet
dessen dunkel


schreibgeschützt bleiben muß


Teil 5
wenn man so redet

Vorab möchte ich noch sagen das die Zeilenumbrüche hier gut und schwierig gesetzt wurden. Sie verzögern, beinahe stoppen sie die erste Lesart und den Zugang zum Verstehen.
Ich denke das ist hier mit Absicht so gemacht worden.
Zum Beispiel die Umbrüche im ersten Teil auf „das“

Einmal Aufzählung, einmal „das“ als Nebensatz eingeführt. Wie soll man es lesen?
Gut gemacht ein Stolperer für den Hastigen Leser!
Ich versuche einmal das lyrische ich zu verorten. Also worüber wird hier gesprochen? Wo ist das ICH?

Vielleicht eine Person, eigentlich nur ein Schatten, also etwas vom Licht und Körper auf den Boden (der Tatsachen?) geworfenes (Teil 3). Das lyrische Du also vor einer Haustüre entkörpert „enticht“, ein Schatten der mäandert, weil er sich bewegt. Ist das das Leben? Das was einen Menschen kennzeichnet. Flüchtig wie ein Schatten, legen wir ebenso flüchtige Schatten auf den Boden.

Etwas das also unbeständig ist und um im Bild vom Schatten zu bleiben, keinen dauerhaften Eindruck in der Erde hinterlässt?

Und daraus wird dann der Roman des Lebens geheftet!
Genial.
So setzte ich hier den Ort des lyrischen Du.
Im Borchertschen Sprachjargon: „Draussen vor der Tür“.

Der Anfang, also Teil1, ist komplex. Ich denke textlich ist es hier als Voraussetzung zur Wahrnehmung von Teil 3 und 4 gedacht.

Die Umgebung muss so still sein:
das die kleinen Kolben der Stille gehört werden können.

Was will das sagen?
Die Stille hat hier einen Motor. Die Kolben der Stille, bewegen sich auf und ab, und lassen so erst die Stille entstehen und zur Wahrnehmung kommen.
Aber hier ist es so still, das der Motor der die Stille betreibt „lautlich“ wird: Sie stampfen.
Es gibt keine Stille in sich selbst! Sie muss „angetrieben“ werden um zu Existenz zu gelangen.

Welch schöner“ streitbarer“ Gedanke!

Und dann : „du weißt etwas
ist wahr das
du vergessen hast“

Hier bin ich im Gedicht selbst etwas auf dem Schlauch.

Nun ja, ich mag das Statement und die inneren Reibereien die solch eine Behauptung mit sich bringt.
Bin mir aber nicht sicher ob sie in diesem Gedicht von Bedeutung ist.
(Ich könnte mir vorstellen diesen teil herauszunehmen.)

Ich komme direkt zu einem wichtigen Abschnitt in teil 4:

„dessen dunkel schreibgeschützt bleiben muss“

Der dunkleTeil des Romans (des Lebens). Was sollte das sein. Oder, wie entsteht er?
Stelle ich mir einen Roman als Buch vor, so ist sein „dunkel“ der Text , wenn das Buch selbst verschlossen bleibt.
Er ist also unlesbar, bis ich den Buchrücken aufklappe. Ein schöner Gedanke, wobei ich glaube das es von dir hier nicht beabsichtigt ist.

Das „Dunkel“ also, ein Ort der verborgen bleibt, vielleicht so wie Ich – Es – und Überich“
Ein Teil unseres „bewußten Seins“ agiert im Verborgenen. Die Motive, die eigentliche Entstehungsgeschichte , die zum Lebensbuch selber führt, ist unantastbar, oder bildlich „unleserlich“.
Und dieses „dunkel“ muss schreibgeschützt bleiben. Also vor nachträglichen Veränderungen bewahrt!

Ob das gelingt?

Ist nicht die Vergangenheit wie Knete in den Händen der Gegenwart? Ist nicht gerade das schon Geschehene das „Plusquampefekte“ der ideale Besitz des „Bewußten Seins“ und kann nachträglich jederzeit korrigiert werden; damit am Ende aus den vielen Bruchstücken der einzelnen Gegenwarten überhaupt eine erzählbare Geschichte des Lebens wird, und nicht alles nur Stückwerk bleibt?
Aber so ist hier der Anspruch!

Vielleicht um Authenzität zu bewahren.


„wenn man so redet“
ein Ende das ich nicht recht begreifen will. Wer redet denn hier überhaupt?
Eigentlich niemand: lyrdu sagt kein Wort.
Ein „man“ taucht im Text selbst nicht auf!

Außer, ja außer diese Zeile bezöge sich auf das vorher geschriebene selber.
Als griffe der Dichter selbst hier in Geschriebenes ein!
Als hebe der Autor den Zeigefinger und ruft: Vorsicht, hier ist „Betrug“ am Werk.
Als bedeutete es nach dem uralten Spruch: Reden ist Silber Schweigen ist Gold.

„Wenn man so redet“,im Sinne von „was man so sagt“, „woher soll ich wissen was ich denke, bevor ich höre was ich sage“.


Da bin ich ganz unsicher.... genug geredet...


Dir einen schönen Tag


LG
Ralf
 



 
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