Schreibtagebuch

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FrederikH

Mitglied
"Ich schreibe jetzt einen Roman."

"Wieder mal - schön. Worüber diesmal?”

"Eben das gilt es noch herauszufinden. Aber: am Ende des Monats habe ich den Erstentwurf fertig."

"Bleiben also noch 28 Tage. Ziemlich ambitioniert für jemanden, der sonst nicht mal den Müll runterbringen kann bevor die Fliegen eine Zivilisation gegründet und sich in unser WLAN eingehakt haben…"

„Das ist jawohl völlig übertrieben! Und so schwer ist das gar nicht. Fangen wir einfach an mit den W-Fragen an: 'Wer?', 'Wann?', 'Wie?', 'Warum?' und 'Wo?'. Wer? Das sind natürlich wir und Persönlichkeit bekommen wir durch unsere Dialoge auch genug."

Mein Smartphone vibriert. Ich habe eine neue Nachricht mit anonymem Absender.

– Ha, so einfach geht es mit dem Wann: das Smartphone als Zeitanker.

Aber zurück zur eben empfangenen Nachricht: Darin steht geschrieben:

Seid gegrüßt Versorger,

Wir, das Fliegenvolk,
verlangen Freiheit für
unsere Brüder und Schwestern
aus der dunklen Welt.​

"Sehr witzig, sag doch einfach, dass ich den Müllsack in der Abstellkammer vergessen habe! Außerdem: Lenk nicht vom Thema ab!

„Ich dachte ich gebe mal ein bisschen Input, solange dir nichts einfällt. Von irgendetwas wird dein Roman aber schon handeln müssen, sonst verläuft das Ganze hier nur wieder im Sande.”


"Ich muss gar nichts. Aber ich habe schon eine Idee - um genau zu sein DIE Idee schlechthin. Die einfache Lösung für mein Problem der Ideenlosigkeit lautet: ich bin einfach nur die Figur in dem Roman, den ich schreiben werde. Was darin passiert kann sich mal schön jemand anderer überlegen."

"Auf die Gefahr hin mich zu irren: Jemand anderer wäre dann am Ende trotzdem wieder Du, oder?”

"Am Ende vielleicht. Aber jetzt eben nicht. Also kann ich einfach schreiben - Ideen hin oder her."


"Also so in etwa: Du der Protagonist, der jetzt mal eben in bis Ende des Monats einen Roman schreiben will und Dazu ich, dein Mitbewohner, deine Stimme der Vernunft und dein Gegenspieler, der dich von dem Wahnsinn abhalten will?”

"Du, meine Stimme der Vernunft? Hättest du wohl gerne.“

"War ja nur ein Vorschlag..."

"Aber du hast Recht. Wir brauchen einen kosmischen Gegenspieler, einen Erzbösewicht, ein Feindbild: Jemanden, der mit aller Macht versucht mein Vorhaben zu verhindern."

"Du willst ein Buch schreiben... Wer außer dir selbst sollte dich daran hindern?"

"Die Schreibblockade!"

Eine pummelige, gestreifte Katze, schleicht, beziehungsweise stapft, beziehungsweise trampelt in die Küche und zieht mit folgendem Kunststück unsere Aufmerksamkeit auf sich: Sie springt vom Teppich auf einen Hocker, vom Hocker auf die Küchenzeile, rutscht beim Sprung von der Küchenzeile aus und landet Kopf voran wieder auf dem Teppich.

"Deine Katze?"

"Es ist schon eine ziemlich niedliche Schreibblockade.“

"Also eine Katzengeschichte - wie kreativ."


"Na gut, dann bin ich eben mein eigener Gegenspieler und du, du bist bloß ein Fragment meiner Gedanken. Mein innerer Schweinehund bist du!"

"Dein innerer Schweinehund bringt jetzt mal den Müll für dich runter. Überleg du dir derweil mal, was wir essen und worüber du wirklich schreiben willst. Der Kühlschrank ist mal wieder fast leer und auch sonst gibt es nur noch trocken Toast."

Toastbrot! Das ist es! Essen und Thema zu gleich: Toastbrot ist das Schweizer Taschenmesser unter den Weizenprodukten. Es absorbiert Hitze besser als jeder Topflappen, ist saugfähiger als manches Küchenpapier, als Ninja-Wurftoast eine gefürchtete Waffe an jedem Esstisch und wenn man sehr verzweifelt ist, kann man es sogar essen.

“…”

Ich mache mir arme Ritter.

Arme Ritter, auch Rostige Ritter, Semmelschnitten, Semmelschmarrn, Weckzämmädä, Kartäuserklöße, Weckschnitten, Gebackener Weck, Bavesen, Pofesen, Blinder Fisch oder in der Schweiz auch Fotzelschnitten genannt, sind eine einfache Speise aus altbackenen Brötchen, Weißbrotscheiben bzw. altem Toast. Der Name geht auf die sich vermehrt im 14. Jahrhundert ereignende Verarmung des Ritterstandes zurück. Die "armen Ritter" der Zeit konnten ihren Gästen nichts Besseres anbieten als billiges Brot mit Eiern.

Plötzlich springt meine Schreibblockade – diesmal erfolgreich - auf den Tisch und mein Block fällt auf den Teppich. Ist vermutlich besser so.

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Ich schiebe mein Essen von der Pfanne auf einen extra dafür bereit gestellten Teller. Mein innerer Schweinehund hat die Reise zum fernen Land der Müllentsorgung offenbar erfolgreich beendet, denn ich höre die Flurtür ins Schloss fallen und Schritte im Hausflur. Ich nehme meinen Teller mit dem Essen und setze mich an den Esstisch. Mein innerer Schweinehund ächzt im Flur vor der Wohnungtür. Es klimpert. Ihm ist wohl der Schlüssel heruntergefallen. Ich stehe auf. Ich hole mir Messer und Gabel und gehe zurück zu meinem Teller. Der Schlüssel scheint das Schloss diesmal erfolgreich gefunden zu haben. Ich setze mich und beginne zu essen. Mein innerer Schweinehund kommt zurück in die Wohnung und auf direktem Wege in die Küche.

"Was gibt's zu Essen?"

"Ich habe mir Toast mit Ei gemacht. Hirngespinste brauchen nichts zu essen."

"Macht nichts."

Er nimmt mir meinen Teller weg und beginnt zu essen.

"Und? Hast du jetzt eine bessere Idee?"

"Nee, meine Schreibblockade ist auf den Tisch gesprungen und da habe ich erst mal gekocht."

"Was war denn mit dem Krimi, den du neulich mal angefangen hattest? Besser als ein Buch über Toastbrot ist der doch allemal."

“Mal schauen…”


In diesem Augenblick, es war übrigens eine finstere, wolkenverhangene Nacht … ( „Stimmt doch gar nicht!“ „Und wenn schon.“)

… hörten wir einen lauten markerschütternden Schrei, der klang als hätte sich jemand beim Glasschlagen auf die Finger gekloppt.

"Was für ein bescheuerter Vergleich. Den hast du doch aus einem lustigen Taschenbuch geklaut."


“Nicht geklaut, gelernt! Ist doch ein Roman und keine wissenschaftliche Arbeit hier. Wäre doch auch total kontraproduktiv, wenn man ständig durch Fußnoten aus der Handlung herausgewissen werden [Anm. des Autors: Mein innerer Schweinehund hat im übrigen recht: Der Ausdruck kommt aus dem Lustigen Taschenbuch Nr. 298 – „Sonne über Sansolei“. Musste ich allerdings auch erst mal bei einer Suchmaschine herausfinden...]. Wollen wir jetzt herausfinden was es mit dem Schrei auf sich hat, oder nicht?"

"Den hast du dir doch nur ausgedacht, oder?"

"Na und?"

Ich nehme meine Schreibblockade unter den Arm und gehe über die Treppe nach draußen. Mein innerer Schweinehund bleibt verdutzt in der Küche sitzen.

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Erwarteterweise ist in der Gasse alles ruhig. Keine Spur von einer aufgebrachten Menschenmenge, die um eine leblose Gestalt herumsteht. Wer war zu so etwas fähig? Kein Blut, keine offenen Wunden, kein Puls und - dramatische Pause - keine Leiche. Das perfekte Verbrechen. Ich lasse meine Schreibblockade an der Stelle schnuppern, an der die Leiche durch tragische Abwesenheit glänzt. Vielleicht findet sich noch irgendwo auch nur der kleinste Hinweis auf ein Verbrechen.

Doch nichts.

Ich hätte meine Schreibblockade vermutlich oben lassen sollen, dann wäre mir an dieser Stelle sicher etwas Besseres eingefallen, als mitten in der Nacht in der Gasse unter unserem Küchenfenster herumzulungern.

Mein innerer Schweinehund steht am Küchenfenster und ruft zu uns nach unten.

"Kommst du endlich mit der Katze aus der Gasse raus, bevor noch jemand die Polizei ruft wegen nächtlicher Ruhestörung am hellichten Tag?"

Ich seufze und gehe stumm in unserer Wohnung zurück. Es ist nicht leicht einen Roman zu schreiben, wenn man ständig mit einer Schreibblockade unter dem Arm durch die Gegend läuft und von seinem inneren Schweinehund daran gehindert wird mit dem Plot anzufangen.

"Dann lass das Tier halt laufen. Wenn du es nicht immer überallhin tragen würdest, wäre es bestimmt auch nicht so dick."

"Das ist a) übertrieben und b) gemein!“

Meine Schreibblockade springt just in diesem Moment vom Kühlschrank auf den Tisch.

Der Tisch bricht zusammen.
Ein neuer Morgen, dieselbe Zimmerdecke. Ich seufze und weiß noch immer nicht, worüber ich schreiben soll. Versuchen wir es noch mal mit dem ‚Wo?‘:

Herzlich willkommen in meinem WG-Zimmer,

Es ist eigentlich ein recht großer Raum für WG-Verhältnisse - 18m² um genau zu sein. Durch die Eingangstür schaut man direkt auf ein großes Doppelfenster und von dort aus in den Nachbargarten (dazu später mehr). Die Vorhänge am Fenster sind eine hässliche Nacherzählung von Orange und Beige, vermutlich Überbleibsel aus den 70ern. Es stehen zwei Pappmaché-Figuren und ein kleiner Rolltisch davor. Auf dem Rolltisch liegt ein geöffneter Mikrofonkoffer. Darunter, im offenen Teil des Tisches, eine Kiste mit verschiedenen Papieren und Unterlagen. Dazu zwei Ordner, in die eigentlich noch der Inhalt der Kiste einsortiert werden müsste. Die Pappmaché-Figuren sind eine Giraffe und ein zweibeiniger Wasservogel. Die Giraffe ist einen guten Meter groß und schwarz-weiß gefärbt. Um die Weihnachtszeit herum trägt sie zuweilen eine Nikolausmütze und eine Sonnenbrille. Sie schaut aus dem Fenster heraus in den Garten- sehr romantisch. Auch dient sie als Hutständer und Signal. Sieht man vom Garten aus die Giraffe mit Hut, ist das ein Hinweis auf die Anwesenheit des Bewohners. Der Vogel ist vom Garten aus nicht sichtbar. Er hat einen langen Schnabel und trägt eine Badekluft. In einem früheren Zimmer stand er auf einem erhöhten Podest, weswegen er den Namen "Der Bademeister" trägt. Die Giraffe hat keinen Namen. Sie stand immer auf dem Boden. Links neben dem Fenster steht ein großer Kleiderschrank. Meist steht er halb geöffnet - dafür gibt es zwei Gründe: Er ist zu voll und die rechte Tür dient zum Trocknen von Handtüchern. Daneben west ein Korb mit dreckiger Wäsche zusammen mit einer Kiste voller Dinge, die keinen Platz im Raum hatten, vor sich hin…

Plötzlich steht Mein innerer Schweinehund im Türrahmen.

„Du solltest mal wieder aufräumen.“

„Du solltest mal wieder anklopfen.“

„Wir bekommen Besuch - vielleicht reicht dir das ja als Anlass.“

Ich gehe brummend aus meinem Zimmer und runter in den Nachbargarten.


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Ich stehe im Nachbargarten und betrachte eine, wie ich finde, sehr gelungene Installation.

Dort steht eine weiße Fahne. Und wenn es einfach nur eine weiße Fahne wäre, fände ich es schon großartig. Eine Kampfansage an all die Nationalflaggen, welche sonst solche Orte schmücken. Eine weiße Fahne als Kampfansage.

Aber es geht weiter: Die Fahne und etwa fünf Quadratmeter Rasen drumherum sind mit kaum einem Meter hohen Stacheldraht umzäunt. Was soll das? Geht es um Privateigentum, Nationalstaaten, Kleinbürgerlichkeit? Soll damit die Kampfansage noch mal überbetont werden? Oder fand das einfach nur jemand witzig?

Ich seufze, setze mich hin und beginne - mutmaßlich aus Langeweile - Goethes Prometheus zu rezitieren.

“… Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde …


“Ist ja kein bisschen überheblich mit dem Prometheus.”


“Ach, das ist ja alles nicht so ganz Ernst gemeint. Immerhin hat eins meiner Nachbilder keine andere Aufgabe als ständig an mir rumzukritteln. Aber wo wir gerade bei Gottkomplexen sind.”

“Jetzt bin ich gespannt.”


“Es ist doch irgendwie interessant. Seit Jahrtausenden wollen Anhänger verschiedener Religionen und Glaubensgemeinschaften an Schicksal und Bestimmung glauben und wir als Romanfiguren wissen sogar mit Bestimmtheit, dass es so was gibt. Unsere Geschichte ist an beiden Buchenden gedeckelt und jeder unsere Schritte wurde schon für uns gegangen. Die nun folgende Geschichte ist das schon Gewesene während es passiert.”


„Wohl wahr, wohl war. Im übrigen und nur so ganz nebenbei bemerkt: Der Besuch sitzt inzwischen in der Küche und wartet. Auf uns.“


„Ach, weißt du, ich hab‘ ihren Namen vergessen und sie kann sich doch immer gleich alles merken. War mir einfach peinlich.“


"Und deswegen bist du in den Garten geflüchtet? Du bist doch der Autor. Denk dir halt einen Namen für sie aus."


“Stimmt, warum eigentlich nicht.”

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Wir betreten den Hausflur und machen uns auf den mühevollen Weg die drei Stockwerke zu unserer WG hinauf. Durch die Beschreibung dieses Vorgangs versuche ich noch einen moment Zeit zu gewinnen - nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich mich doch noch an ihren Namen erinnere. Ich seufze. Was soll's - ist ja nur mein Roman.


“Ich denke du solltest deine Dialogformatierung für Gespräche mit mehr als zwei Personen überdenken bevor wir reingehen.”

“Wieso?”

“Wird halt schnell unübersichtlich. Du könntest doch einfach an den Rand schreiben, wer gerade spricht. Nicht sehr innovativ, aber es könnte funktionieren.”

Wir betreten unsere Wohnung. In der Küche steht schon unserer Besuch und lauscht unserem Gespräch.

ICH: Eigentlich eine gute Idee.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Du willst das mit dem inneren Schweinehund jetzt echt durchziehen was?

ICH: Warum denn nicht? Passt doch.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Passt gar nicht. Und zu lang ist es auch noch.

ICH: Umso mehr Text kommt zusammen

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Das ist natürlich sehr wichtig.

MUSE: Ich will euch ja nicht stören, aber worum geht's denn überhaupt?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Hier, lies mal.

Mein innerer Schweinehund nimmt mir mein Skript weg und überreicht es der Muse.

ICH: Ich habe übrigens beschlossen dich "Muse" zu nennen.

MUSE: Ich sehe schon. Sehr schmeichelhaft. Passt ja irgendwie dazu, dass du meinen Namen vergessen hast.

Ich nehme mir eilig das Skript zurück.

ICH: Schluss mit mitlesen. Wieso?

MUSE: Die mythologischen Musen waren Töchter der Mnemosyne - der griechischen Göttin der Erinnerung[...].[(Ich: Die Muse schweift manchmal etwas ab. Zugunsten der besseren Lesbarkeit verlege ich den Schwall an unheimlich interessanten Fakten im Zweifelsfall einfach in einen Spoiler.)
MUSE: ”Unverschämt. Wo war ich? Die Musen, von denen es nach Hesiod übrigens 9 an der Zahl gibt, sind Töchter der Mnemosyne. Deswegen heißen sie unter anderem auch auch Mnemoniden. Wenn du eine Muse der Inspiration haben wolltest dann solltest du mich vielleicht eher Kalliope, die mit der schönen Stimme, die Muse der epischen Dichtung, der Rhetorik, der Philosophie und der Wissenschaft nennen. Oder vielleicht Thalia, die Festliche, die Blühende, die Muse der Komödie."]

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Es braucht also schon am zweiten Tag die Mutter aller Musen...

ICH: Ach, naja. Kann man ja im nachhinein auch noch ändern.

MUSE: Das mit dem inneren Schweinehund ist auch gut.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Ansichtssache.

MUSE: Ein Sinnbild der Willensschwäche als Mitbewohner. Wer kennt das nicht aus dem Studentenleben...
[Muse: Meine Lieblingsverwendung des Audrucks geht auf den SPD-Politiker Kurt Schumacher zurück. Ein Auszug aus seiner denkwürdigen Reichstagsrede: „Wenn wir irgend etwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, daß ihm zum erstenmal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.“ Die Rede zum nachlesen: https://www.fes.de/fulltext/historiker/00781a20.htm]

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Nur sind hier die eindeutig die Rollen vertauscht worden.

ICH: Du hättest dich halt nicht mit dem Autor anlegen sollen.

MUSE: Ein Argument dagegen wäre, dass der Ausdruck "innerer Schweinehund" sich nur im deutschen Sprachraum wiederfindet. Für eine eventuelle Übersetzung des Werkes wäre der Name also eher ungeeignet.

ICH: Das klingt so als wäre das nicht mein Problem.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: So richtig viel passieren tut in deiner Geschichte ja nicht, oder?

MUSE: Das ist wahr. Nicht mal was zu Trinken bekommt man hier. Schöne Gastgeber seid ihr mir.

ICH: Ich glaube zwischen dem Leergut müssten noch ein paar volle Flaschen liegen.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Ne, ist leer. Aber in der Abstellkammer steht noch was.

Wir sitzen einen Augenblick schweigend zusammen im Raum. Niemand rührt sich. Wäre dies hier eine Wüste, würde vermutlich eine Steppenhexe vorbeirollen.
[Muse: Steppenhexen heißen diese verdorrten Büsche, die in Westernfilmen gerne mal als Stilmittel vorbeirollen.]

Nach einer gefühlte halben Ewigkeit steht die Muse auf, geht raus und schliesst demonstrativ die Küchentür hinter sich.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Und das soll jetzt noch bis 50.000 Wörter so weitergehen? Schlechte Wortspiele, unnützes Wissen und passiv-aggressives Gehabe?

ICH: Vergiss nicht die Episoden mit meiner Schreibblockade.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Oh ja, Katzengeschichten, wahnsinnig kreativ.

MUSE: Eine meiner Lieblingskatzengeschichten ist ja die mit dem Zen-Meister. Kennt ihr die?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Wo kommt denn jetzt auf einmal die Muse wieder her.

ICH: Die Muse wird sich von jetzt an immer zu Wort melden, wenn mir etwas interessantes zu einem Thema einfällt oder es zu einer Sache etwas zu erläutern gibt. Ich möchte dazu ergänzen, dass alles was die Muse von sich gibt als überliefertes Wissen, Wort Gottes, wahr, wahrhaftig und absolut faktengeprüft zu betrachten ist.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Mit anderen Worten: von Wikipedia abgeschrieben.

ICH: Naja, das kommt dem ja heutzutage am nächsten.

MUSE:
Muse: Jedenfalls zurück zu der Geschichte mit dem Zen-Meister: Dieser wurde, so erzählt man sich, jeden Abend von der Klosterkatze bei seiner Meditation gestört. Damit sie nicht länger herumstreunen konnte, ließ er sie nun immer während der Abendmeditation anbinden. Noch lange nach dem Tode des Zen-Meisters wurde die Katze stets während der Abendmeditation angebunden. Und als die Katze schließlich starb, wurde eine andere besorgt, um sie ordnungsgemäß während der Abendmeditation anzubinden. Jahrhunderte später schrieben die Schüler des Zen-Meisters Abhandlungen über das Anbinden der Katze während der Abendmeditation. Diese Geschichte ist auch eine schöne Allegorie für das Entstehen von Ritualen.

MUSE: Übrigens liegt deine Katze vor der Tür und will gefüttert werden.

Ich stehe auf und öffne die Tür. Tatsächlich liegt dort auf der Türschwelle meine kleine Schreibblockade und ist eingeschlafen. Ich nehme sie auf den Arm, trage sie zu ihrem Fressnapf und lege ihr Köpfchen an den Rand der Schale. Soll sie fressen, wenn sie wach wird.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Bei so einem aufgedunsenen Körper von Köpfchen reden, kann wohl wirklich nur ihr Herrchen.

ICH: Hörst du wohl auf ständig ins Skript zu schauen?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Welches Skript denn? Du wirst doch nur geschrieben, also gibt es auf unserer Existenzebene überhaupt kein Skript.

ICH: Du weißt genau was ich meine.


Meine Schreibblockade, die dem plötzlich leeren Napf nach zu urteilen wohl gerade gefressen hat, rollt sich zu Meinem inneren Schweinehund und übergibt sich unter lautem Getöse in seine halboffenen Hausschuhe.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Das mit dem gebrauchten Katzenfutter war vielleicht doch nicht so eine gute Idee.

Die Muse, wie immer Herrin der Lage fängt sich beim Versuch meine Schreibblockade zu beruhigen einen Fingerbiss ein.

MUSE: Aua! Ich glaub deine Katze mag mich nicht!

ICH: Musen und Schreibblockaden haben sich noch nie sonderlich gut verstanden.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Boah ne, das hast du jetzt nicht gesagt.

ICH: Lasst mich, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich muss sofort zum Tierarzt!

Ich schnappe mir meine Schreibblockade und laufe nur mit Bademantel und -latschen bekleidet nach draußen.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Wir hören dann mal auf zu existieren bis du wieder da bist, falls das okay für dich ist.

ICH: Ja, ist okay. Viel Spaß!

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Ich weiß nichts von Tiermedizin. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch nicht einmal etwas von richtiger Tierernährung. Daher konnte die Muse nicht mitkommen. Not kennt kein Gebot und vor allem keine Zeit für den inneren Schweinehund. Es hilft also alles nichts – das geschulte Auge des Fachmanns muss aushelfen dem Rätsel der Krankheit meiner Schreibblockade auf die Spur zu kommen.

TIERARZT: Ihre Schreibblockade hat Adipositas.

ICH: Das kann nicht sein.

TIERARZT: Schauen Sie sich das arme Tier doch an. Völlig überfressen. Sie haben ihre Schreibblockade mit ihrer Vorstellung von Liebe überfüttert und krank gemacht.

ICH: Das lasse ich mir in meinem Roman nicht sagen. Ich gehe zu einem anderen Arzt!

TIERARZT: Sie können nicht gehen.

ICH: Wieso nicht?

TIERARZT: Weil Sie bleiben werden. Ich habe während der Stuhlprobe ein bisschen in ihren Notizen vorgeblättert und Sie werden gleich immer noch hier sein.

ICH: Mist, blöder Plot. Na gut, also was können Sie tun, um meiner Schreibblockade zu helfen.

TIERARZT: Ich fürchte, ich kann fast gar nichts tun. Sie müssen etwas tun, damit es besser werden kann.

ICH: Ich mache alles - ich liebe meine Schreibblockade!

TIERARZT: Das dachte ich mir schon, als ich gelesen habe wie lange sich dieses Gespräch hier ziehen wird.

ICH: Sie sind nicht zufällig mit meinem inneren Schweinehund verwandt, oder?

TIERARZT: Ich bin Arzt.

ICH: Tierarzt.

TIERARZT: Nun ja, ein Allgemeinmediziner kennt die Physiologie eines Tieres sehr gut - keine Frage. Ein guter Tierarzt dagegen muss quer durch Zoo und Garten allerlei Patienten behandeln können. Kein Grund für Spot also.

ICH: Ich wollte Sie auch nicht beleidigen.

TIERARZT: Wie auch immer. Ich mache Ihnen einen Diät- und Trainingsplan für Ihre Schreibblockade fertig. Wenn Sie sich daran halten dürfte es Ihr bis zum Ende des Romans wieder besser gehen.

ICH: Sie haben doch nicht etwa nachgeschaut was am Ende passiert, oder?

Die Antwort des Tierarztes versinkt im plötzlich eintretenden Erzählerkommentar. Ich lasse mir die Pläne und einen Blutdruckmesser für Katzen mitgeben und mache mich auf den Weg zurück nach Hause.
Ich laufe gehetzt über die Straße, seufze, bleibe stehen und schreibe diesen Satz zu Ende. Diesen Prozess wiederhole ich noch einige Male.

Irgendwann wird mir schon etwas Gutes einfallen.

Gehen. Stehen. Schreiben. Gehen. Stehen. Schreiben. Gehen.Stehen.Schreiben. Doch leider fällt mir nichts ein.

Eigentlich habe ich heute auch keine Zeit zum Schreiben. Es müssen aber nun mal jeden Tag diese knapp 2000 Wörter auf das Papier, sonst wird das nichts mit dem Roman bis zum Ende des Monats. Dabei ist mein Zeitplan heute sogar so eng, dass ich nicht mal auf Papier schreiben kann, sondern alle paar Meter stehen bleibe und auf dem Smartphone tippe. Ich sehe vermutlich aus wie der letzte Smombie und dazu wirkt sich sowas bei mir auch immer gleich negativ auf den Schreibflow aus. Wenn ich von Hand schreibe, kann ich nämlich während des Schreibens nicht vorher irgendwo etwas korrigieren, daher geht es schneller voran. Wenn ich ein Dokument digital geöffnet vor mir sehe, schaue ich aber ab und an noch mal, was ich bisher geschrieben habe und ändere etwas oder füge etwas hinzu. Dieser Absatz zum Beispiel war beim ersten Ansatz nach dem Satz "Eigentlich habe ich heute keine Zeit zum Schreiben." vorbei, aber dann habe ich im Nachhinein noch ein bisschen mehr geschrieben.

Fazit: von der Hand aufs Papier funktioniert einfach besser. Meine Gedanken sind scheinbar motorische Wald- und Tintenvernichter. Nicht das mir irgendetwas gehaltvolles einfallen würde, was das Opfer Wert wäre.

Mein innerer Schweinehund: Schreib doch einfach so Ein-Satz-Dialoge.

Ich: Ah und wozu?

Mein innerer Schweinehund: Naja, du schreibst ja immer unsere Namen an den Anfang.

Ich: Stimmt, da kommt ganz schön was zusammen.

Mein innerer Schweinehund: Nicht wahr?

Ich: Ja, doch

Mein innerer Schweinehund: Da siehste mal.

Ich: Danke. Hält einen zu mindestens am Schreiben bis wieder eine Idee kommt.

Mein innerer Schweinehund: Bitte gerne. Nichts zu danken.

Ich: Hm. Auf Dauer könnte das aber langweilig werden. Noch ein paar großartige Ideen parat?

Mein innerer Schweinehund: Du könntest zum Beispiel erklären wo wir uns gerade aufhalten

Plötzlich rauscht ein LKW mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei.

Ich: Zum Beispiel an diesem Satz können die Leser und Leserinnen erahnen, dass wir uns irgendwo in der Nähe einer Straße aufhalten. Wegen der Geschwindigkeit des LKWs nehmen sie vielleicht sogar korrekterweise an, wir wären auf einer Autobahn."

Zwei Autos rasen mit weit über 180 km/h und laut hupend an uns vorbei.

Mein innerer Schweinehund: Konkreter wäre vielleicht noch interessant zu wissen, dass wir gerade auf der Überholspur der Gegenfahrbahn einer Autobahn unterwegs sind. Zu Fuß. Was mich zu meiner nächsten Frage bringt: Was machen wir hier eigentlich?

Ein roter BMW bemerkt uns fast zu spät und schafft es gerade noch im letzten Moment die Spur zu wechseln.

Ich: Ich hatte folgenden Geistesblitz: Romanfiguren an sich sind ja recht verletzlich und so eine Kollision mit einem Auto auf der Autobahn kann durchaus schmerzhaft sein. Ich aber bin nicht nur eine Romanfigur, sondern auch noch der Autor dieser Geschichte. Ergo, wenn du mir noch folgen kannst, kann ich nicht sterben, ehe die 50.000 Wörter voll sind. Wer schreibt sonst die Geschichte weiter? Narrative Notwendigkeit mein Lieber! Dir kann ich nur empfehlen, dicht bei mir zu bleiben. Andererseits bist du ohnehin nur ein Hirngespinst von mir also dürfte dir eigentlich nichts passieren.

Auf der Spur neben uns gerät der Verkehr allmählich ins Stocken. Vermutlich wurde die Spur weiter vorne - beziehungsweise aus Sicht der Autofahrer weiter hinten - bereits abgesperrt.

Mein innerer Schweinehund: Dein Hirngespinst zweifelt gerade ernsthaft an deiner geistigen Gesundheit und an seiner eigenen. Wie sind wir überhaupt hierhin gekommen und warum bin ich mitgekommen?

Ich: Das weiß ich nicht mehr. Ich kann mir ja auch nicht alles merken. Aber es wird schon seinen Grund gehabt haben.

Mein innerer Schweinehund: Das ist Machtmissbrauch. Bloß weil ich mich an nichts erinnern kann, wenn du nicht schreibst, dass ich mich daran erinnern kann.

Am Ende des sich langsam bildenden Staus werden einige ferne Lichter von Polizeiwagen sichtbar.

Mein innerer Schweinehund: Wir sollten besser runter von der Autobahn. Es sei denn du möchtest dir überlegen, was wir gleich der Polizei erzählen werden.

Ich: Gar kein Problem. Wir setzen jetzt erst mal gemütlich unser Gespräch fort und sobald es mit den Hütern des Gesetzes brenzlig wird, mache ich einfach einen Absatz und setze unsere Geschichte an einer anderen Stelle fort. Wird schon niemand fragen, ob unser Handeln in diesem speziellen Fall irgendwelche Konsequenzen gehabt haben wird.

Ein Wagen schert plötzlich vor uns aus und versucht auf der Überholspur den nun etwa 25 Kilometer langen Stau zu umfahren, erkennt aber in letzter Sekunde uns als Hindernis an und schiebt einen anderen Wagen gegen die Leitplanke. Funken sprühen, es scheppert mächtig und die Luft riecht instensiv nach verbranntem Gummi und anderen nicht mehr recht funktionierenden KFZ-Bauteilen. Ich schlendere unbehelligt weiter.

Mein innerer Schweinehund: Sollten wir nicht nach den Insassen schauen?

Ich: Solange ich keine Verletzten beschreibe, kommt niemand zu Schaden. Und wer nicht existiert, bei dem kann man auch keinen Sachschaden verursachen. Aber lass mal auf die andere Spur wechseln und zurückgehen. Hier ist jetzt ja sowieso erst mal Stau.
Ich: Schon irre, wie wir aus der Sache nochmal heil wieder rausgekommen sind.

Mein innerer Schweinehund: Ja, Schade nur, dass du den Leserinnen und Lesern das Wie nicht erzählen wirst.

Ich: Mir fällt dazu auch ehrlich gesagt nichts ein.

Mein innerer Schweinehund: Na schön. Hast du schon Pläne für deine narrativ-notwendige Unsterblichkeit? Mit großer Kraft kommt große Verantwortung und so. Wird das jetzt eine Superheldengeschichte? Hab gehört die sind seit einiger Zeit in Mode...

Ich: Könnte man machen, allerdings wäre das nicht sonderlich nett.

Mein innerer Schweinehund: Meinst du das mit den ungeschriebenen Verletzten?

Ich: Genau. In unsere momentane Welt existieren keine Verbrechen. Ja es existieren außer mir, dir, der Muse, meiner Schreibblockade und dem Tierarzt überhaupt noch keine anderen Personen. Nur irgendwelche verschwommenen Autofahrer und Polizisten. So viel die Leserinnen und Leser wissen, könnte diese Geschichte genauso gut in einer postapokalyptischen Parallelwelt spielen in der es nur zufälligerweise Smartphones und unsere WG gibt.

Mein innerer Schweinehund: Du willst also deine Kraft nicht für das Gute einsetzen?

Ich: Nee, ich müsste erst das Böse erst herbeischreiben und dazu Leute die vom Bösen bedroht werden. Das wäre einerseits - wie gesagt - gemein den unschuldigen Leuten gegenüber und andererseits zu viel Arbeit.

Mein innerer Schweinehund: Ach, mit Personen, die noch nicht einmal mehr existieren hast du Mitleid, aber uns lässt du auf der Autobahn herumlaufen.

Ich: Na fein, was solls. Du gibst ja doch nicht auf bis ich es probiere. Warte kurz.

Mein innerer Schweinehund: Worauf denn?

Ich werfe meinem inneren Schweinehund die Tageszeitung an den Kopf.

Ich: Hier, bitte. Der Artikel über das Geiseldrama in der Bank.

Rätselhaftes Verschwinden

Am heutigen Morgen ereignete sich ein seltsamer Vorfall in der Zentralbank. Während eines Banküberfalls hatte ein vermummter Mann mehrere Geiseln genommen. Bevor die Polizei jedoch mit den Verhandlungen um die Freilassung beginnen konnte, verschwand der Täter auf einmal spurlos. Alle Geiseln konnte unbeschadet freikommen. Nach dem vermummten und mutmaßlich bewaffneten Täter wird weiterhin gefahndet.


Mein innerer Schweinehund: Einfach verschwunden? Warst du das?

Ich: Ja, ich habe ihn einfach mitgebracht.

Bankräuber (panisch): Was mache ich hier? Lassen Sie mich hier raus Sie Irrer oder ich schieße!

Ich: Das kannst du nicht.

Bankräuber: Warum nicht?

Ich: Erstens weil ich mich weigere darüber zu schreiben. Zweitens hast du nur eine mit schwarzer Farbe angemalte Banane in der Hand.

Bankräuber (panisch): W-Was?

Mein innerer Schweinehund: Ich stimme dem Mann mit der Waffe zu: 'W-was?'. Du hast einen bewaffneten Mann mit in unsere Küche gebracht?

Ich: Keine Waffe, es sei denn du bezeichnest eine Südfrucht als Waffe. Außerdem ist das hier nicht unsere Küche, sondern der Raum der Imagination und Sie Herr Bankräuber sind jetzt pensioniert. Setzen Sie sich. Möchten Sie einen Kaffee?

Der pensionierte Bankräuber (perplex): Ja, Bitte.

Mein innerer Schweinehund: Warum siezt du den Bankräuber denn auf einmal und warum bekommt er Regieanweisungen beim Reden und wir nicht?

Ich: Und warum stellst du immer so blöde Fragen – halt, nein, ich weiß warum: weil ich deine Rolle so geschrieben habe... Wer es als Bankräuber bis zur Pensionierung schafft, der hat eben Respekt verdient und da unser Herr pensionierter Bankräuber noch längst nicht lange genug hier ist, um zu wissen wie er so tickt, fand ich es eben nötig hierbei genauer zu erklären in welchem Gemütszustand er sich gerade befindet.
Außerdem habe ich dir verboten ins Skript zu schauen…

Mein innerer Schweinehund (sabbernd): Ich hätte aber trotzdem gerne Regieanweisungen und zwar welche, die auch zutreffend sind. Ich sabbere gar nicht.

Ich: Doch, doch, steht hier so in dem Skript, dass du doch sonst so gerne mitliest.

Der pensionierte Bankräuber: Entschuldigung, dürfte ich auch mal etwas fragen?

Ich und Mein innerer Schweinehund (gleichzeitig): Nein! Wir versuchen hier gerade zu streiten.

Der pensionierte Bankräuber fällt uns ins Wort und beginnt ein paar wirre Worte zu murmeln.

Der pensionierte Bankräuber: Ist mir gar nicht aufgefallen, da Sie beide ja anscheinend gar keine emotionalen Zustände beim Sprechen haben. Ich habe gerade mal einmal ein Blick auf ihr Papier geworfen und dabei ist mir aufgefallen, dass ich jetzt mit Sprechen dran bin und ein paar Worte sprechen werde. Leider fällt mir gar nicht ein was ich jetzt sagen soll...

Ich: Tja.

Mein innerer Schweinehund: Tja. Warum jetzt eigentlich nicht wieder mit umklammertem “(gleichzeitig)”?

Ich: Um auf mehr Wörter zu kommen, aber warum gehst du nicht auf den armen pensionierten Bankräuber ein.

Mein innerer Schweinehund: Mach du doch.

Ich: Ne, du bist der, der immer die ganzen Fragen stellt.

Mein innerer Schweinehund: Du hast dir doch nur noch nicht wirklich überlegt, wie die Szene hier ausgehen soll, oder?

Ich: Doch, ich habe es mir sogar schon aufgeschrieben. Der pensionierte Bankräuber wohnt ab jetzt neben dem Kühlschrank unterm Tisch beim Leergut. Mir fällt nur noch nicht ein warum.

Mein innerer Schweinehund: Vermutlich aus demselben Grund wie immer. Die Muse sitzt ja auch schon seit Tagen an unserem Küchentisch, da du dich standhaft weigerst zu beschreiben, wann jemand mal den Raum verlässt.

Muse (fällt Meinem inneren Schweinehund ins Wort): Außerdem verlange ich mehr aufgeschriebene Redezeit. Ich rede mir seit Stunden den Mund fusselig, aber du schreibst einfach nichts davon auf. Die Leserinnen und Leser gewinnen doch so den Eindruck, dass deine einzige weibliche Figur gar nichts zu sagen hätte.

Ich: Die Leserinnen und Leser wissen doch gar nicht, ob ich oder Mein innerer Schweinehund männlich, weiblich oder transsexuelle hyperdimensionale Paraexistenzen sind. Aber gut: meine liebe Muse, erzähl doch ein bisschen von dir. Was hast du so gemacht, wo kommst du her und so weiter und so fort.

Muse: Nichts hab ich gemacht und Nirgendwo komm ich her. Du hast mir ja noch keine Hintergrundgeschichte geschrieben.

Ich (abwehrend): Ich mir aber doch auch nicht. Der Einzige hier mit einer erahnbaren Vergangenheit ist der pensionierte Bankräuber. Der war früher mal Bankräuber.

Der pensionierte Bankräuber (an seiner Kaffeetasse nippend): Hach, die guten alten Tage.

Muse: Bekomme ich auch einen Kaffee?

Aus der Gasse unter unserem Fenster erschallt eine laute aber zugleich freundliche, sanfte und vertraute Stimme.

Tierarzt: Schütten Sie mir bitte auch eine Tasse ein?

Mein innerer Schweinehund: Wo kommt denn jetzt auf einmal der Tierarzt her? Hast du den nach hier bestellt? Zu dem bist du doch nach Skript tatsächlich gelaufen.

Ich: Nicht so wirklich. Ich bin nur im Bademantel nach draußen gerannt. Ich habe vergessen zu schreiben, dass ich zur Tierarztpraxis gehe und der einzige sonst vordefinierte Raum an dem der Tierarzt gewesen sein kann, war die Gasse unter unser Küche.

Mein innerer Schweinehund: Der Tierarzt wohnt in der Gasse unter unserer Küche?

Tierarzt (freundlich beim Hereinkommen): Nein, ich arbeite dort nur. Ich wohne in ihrem Keller.

Ich serviere allen Leuten Kaffee.

Tierarzt: Sehr eindrucksvoll übrigens wie Sie die Tassen in der Luft über dem seit Kapitel eins zerdepperten Küchentisch aufstellen.

Das komplette Teeservice fällt auf den Boden und zerschellt. Meine Schreibblockade ist durch den Lärm wach geworden und pupst laut.

Mein innerer Schweinehund (laut, wütend): Ne echt, ich krieg zu viel, ich krieg Platzangst! Schreib jetzt dieses Chaos endlich mal in Ordnung und sorge dafür, dass mal ein paar Leute gehen, sonst tauschst du mit dem Tierarzt!

Der Tierarzt geht in den Keller.
Die Muse geht nach Hause - wo auch immer das sein mag
Meine Schreibblockade verlässt den Raum...
und nimmt ihren Pups mit.
Der pensionierte Bankräuber verschwindet beim Leergut unterm Tisch neben dem Kühlschrank.
Mein innerer Schweinehund bleibt da, macht aber dafür den Fußboden sauber und repariert den Küchentisch.

Ich: Besser?

Mein innerer Schweinehund: Das Ende könnte man noch überarbeiten aber sonst solide.
Wir liegen am Strand und geniessen die Sonne. Gut, das ist so nicht ganz richtig. Mein innerer Schweinehund liegt am Strand und geniesst die Sonne. Ich versuche einige Sätze auf’s Papier zu bringen, werde dabei aber ständig von selbiger geblendet - von Genuss kann also nicht wirklich die Rede sein. Leider blieb der Sonnenschirm im Keller verschollen. Er stand auf der Liste der Dinge, die wir im letzten Winter wiederfinden wollten. Naja, nächstes Jahr gibt es wieder einen Sommer nach einem Winter. Auch die Muse und meine Schreibblockade geniessen mutmaßlich nur eingeschränkt. Die Muse joggt über den Strand - langsam - sehr langsam - um ja nicht die Schreibblockade einzuholen.
Meine Schreibblockade dagegen rennt - der Mimik und Grazilität nach - um ihre Existenz. Zu mindest mag es auf Außenstehende so wirken. Tatsächlich setzen wir - also vor allem die Muse - den Trainingsplan für meine Schreibblockade in die Tat um. Nach einigem rumprobieren hat sich herausgestellt, dass ich meine Schreibblockade leider nicht wirklich motivieren konnte, sich zu bewegen. Nach etwas mehr herumprobieren hat sich ergeben, dass ich es auch nicht schaffe meinen inneren Schweinehund zu motivieren zu versuchen mit dem Training zu helfen. Die Muse blieb also als naheliegende und irgendwie passende Option übrig und siehe da - meine Schreibblockade läuft ganz unaufgefordert vor der Muse her - bzw. weg. Nur wozu das Ganze?

Mein innerer Schweinehund: Um darauf hinzuweisen, dass der Roman nach Teil 1 noch nicht vorbei ist, aber gleichzeitig erst mal Pause ist. Quasi eine Werbeunterbrechung.

Ich: Möglich.

Ich stehe seufzend auf.

Ich: Das war ja ein ganz netter Urlaub, aber jetzt wird es Zeit für ein bisschen Action!

Ich springe ich auf eine vorbeifliegende Rakete. Schauen wir mal wohin die Reise geht.
Warum eine Rakete… was habe ich mir dabei gedacht? Denke ich, während mir der Flugwind um die Ohren weht. Ich halte mich mit beiden Armen an der Spitze der Rakete fest, auf die ich mutig am Vortag in den Sonnenuntergang geritten bin. Okay, wie lässt sich das hier auflösen. Erst mal Fakten sammeln. Ich liege auf einer Rakete, die gerade Richtung Wer-weiß-wo fliegt. Wenn ich loslasse, kann ich zwar nicht sterben, aber dann hat die Szene wieder kein Ende. Was haben wir an Hilfmitteln. Ein Badehandtuch, ein Kugelschreiber und ein Notizbuch. Hm.

Mein innerer Schweinehund: Und deine Mitbewohner.

Ich: Ja, sicher - und was bringt mir das?

Muse: Immerhin können wir dabei helfen, dein Wissen auszuweiten. Das ist nämlich nicht irgendeine Rakete, sondern die Super Strypi - eine Trägerrakete für kleine Nutzlasten.

Ich: Sehr interessant.

Der Antrieb beginnt zu stottern.

Die Rakete beginnt plötzlich, zunächst langsam, in der Luft zu rotieren.

Ich: Kleine Nutzlasten hast du gesagt?

Am unteren Ende der Rakete entdecke ich meine Schreibblockade, die mit der Besessenheit einer Katze im Wohnzimmervorhang die Rakete emporklettert. Die Rakete rotiert zunehmend stärker und unkontrolliert, wobei die Spitze selbst die Kreiselspitze bildet.

Ich: Hat noch irgendjemand irgendwelche großartigen Ideen oder hilfreiche Hinweise?

Der rasende Flugwind macht sämtliche Kommunikation unmöglich. Ich seufze. Die Rakete taumelt im unkontrolliertem Zustand in eine Wortwolke und dort direkt in einen Schwarm geflügelter Worte. Ich weiche gerade noch einem gebratenen Hähnchen aus. Als alles hoffnungslos scheint, wird im allerletzten Moment die Rakete von ein paar besonders gewichtigen Ratschlägen aus dem Off in Stücke gerissen.

Alles wird schwarz.
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Am Erdboden angekommen, klettere ich aus den Trümmern stöhnend in einen vorbeifahrenden Zug. Das ist dann wohl doch das bessere Transportmittel, um von A nach B zu kommen. Nach einem kurzen Erholungsnickerchen erwache ich.

Mein innerer Schweinehund: So richtig viel gebracht hat die Raketenepisode ja nicht, oder?

Ich: Mir war halt sterbenslangweilig.

Mein innerer Schweinehund: Aber das war einfach nur Random.

Ich: Besser als Erzählungen übers Bahnfahren.

Mein innerer Schweinehund: Geht. Führ doch sonst wieder irgendeine neue Figur ein. Ist doch ein guter Zeitpunkt für.

Ich: In der Bahn? Was denn? Eine unfreundliche Fahrkartenkontrolleurin? Einen exzentrischen Fernreisenden? Laut Musik hörende, nervtötende Jugendliche? Gab es doch alles schon. Es mangelt in der Bahn einfach an neuartigen Charakteren...

Plötzlich existiert ein linkwinkliges Dreieck mitten ins Abteil herein.

Mein innerer Schweinehund: Was soll denn ein linkwinkliges Dreieck sein?

Das linkwinklige Dreieck setzt eine Horde Odradek auf dem Abteilboden aus. Diese beginnen sofort außerordentlich herumzuwuseln.

Ich: Viel besser.

Mein innerer Schweinehund: Hm.

Das linkwinklige Dreieck wabert um sich, betrachtet all die braven regelkonformen rechten Winkel in den Ecken. Schließlich spricht es mit tiefer anti-geometrischer Stimme

Das linkwinklige Dreieck: Diese Winkel sind falsch. Eure Welt kennt nicht die Perfektion wahrer rechter Winkel. Alles ist voll von 'fast, aber nicht ganz', von bloßer Wahrscheinlichkeit von Möglichem und von nicht Ausgeschlossenem.

Mein innerer Schweinehund: Das ist doch großer Unfug. Es gibt keine linkwinkligen Dreiecke. Punkt, Basta, Aus!

Das linkwinklige Dreieck: Warum aber sollte ich nicht existieren?

Mein innerer Schweinehund: Weil das logisch, mathematisch und sprachlich Unsinn ist?

Das linkwinklige Dreieck: Zweifle nicht.Ich bin. Der Existenz zum Trotz. Was ich bringe sind Artefakte fremder Welten.

Mein innerer Schweinehund: So was wie Odradek? Ich wusste, bis eben gar nicht das Odradek Rudeldingviecher sind.

Muse: Sicherlich fragt ihr euch, wer oder was ein oder eine Odradek überhaupt ist. Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Vielleicht hilft eine Kurzfassung aus der Herkunftswelt. Wahrscheinlich aber eher nicht:

Es sieht zunächst aus wie eine flache sternartige Zwirnspule, und tatsächlich scheint es auch mit Zwirn bezogen; allerdings dürften es nur abgerissene, alte aneinander geknotete, aber auch ineinander verfilzte Zwirnstücke von verschiedenster Art und Farbe sein. Es ist aber nicht nur eine Spule, sondern aus der Mitte des Sternes kommt ein kleines Querstäbchen hervor und an dieses Stäbchen fügt sich dann im rechten Winkel noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren Stäbchens auf der einen Seite, und einer der Ausstrahlungen des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen aufrecht stehen. Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens findet sich kein Anzeichen dafür; nirgends sind Ansätze oder Bruchstellen zu sehen, die auf etwas derartiges hinweisen würden; das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. Näheres lässt sich übrigens nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich und nicht zu fangen ist. Er hält sich abwechselnd auf dem Dachboden, in Treppenhaus, auf den Gängen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere Häuser übersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn — schon seine Winzigkeit verführt dazu — wie ein Kind. „Wie heißt du denn?“ fragt man ihn. „Odradek“, sagt er. „Und wo wohnst du?“ „Unbestimmter Wohnsitz“, sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Blättern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. Übrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint. Vergeblich frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art Ziel, eine Art Tätigkeit gehabt und daran hat es sich zerrieben; das trifft bei Odradek nicht zu. Sollte er also einstmals etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem Zwirnsfaden die Treppe hinunterkollern?


Die Odradek mit der für sie typischen, lungenlosen Stimme (im Chor): Wir sind keine Dingviecher. Wir sind unbestimmbar und ohne erkennbaren Sinn!

Ich: Ich mag den Ausdruck aber. Fortan seid ihr Odradek, Klan der Dingviecher.

Odradek, Klan der Dingviecher (im Chor singend und eilig auf der Flucht zum neuen Wohnort):

Eine Weltflucht, die ist lustig,
eine Weltflucht, die ist schön,
denn da kann man fremde Welten
und noch vieles andre sehen.

Das linkwinklige Dreieck: Du beschmutzt und missbrauchst die Schöpfung großer Meister.

Ich: Macher von Volksliedern? Außerdem beschmutze ich sie nicht, sondern ehre sie mit einem Gastauftritt. Ist doch kein Karnevalsverein hier.

Mein innerer Schweinehund: Können wir einfach so tun, als wäre das hier alles gar nicht passiert?

Wir, beziehungsweise ich steige aus dem Zug aus. Was für ein absonderlicher Nachmittag.
Ein neuer Tag und es ist noch immer dieselbe Zimmerdecke. Allerdings sitzt eine dicke schwarze Fliege in der Mitte. Und da soll noch mal einer sagen, dass das Leben vor allem jenseits der eigenen vier Wände stattfindet. Ich tue das was ich am besten kann - ich seufze. Jetzt haben wir zwar einen Haufen irgendwie interessanter Figuren, aber die Handlung kommt nicht in Schwung.

Mein innerer Schweinehund: Wem sagst du das? Ich habe schon im ersten Kapitel gesagt, dass deine Prämisse keinen ganzen Roman füllen wird.

Es hilft alles nichts. Ich berufe einen Krisenstab ein.

Der pensionierte Bankräuber kommt neben dem Leergut hervor.
Die Muse ist, wie immer, präsent. Irgendwie.
Der Tierarzt kommt von der Gasse unterm Küchenfenster nach oben.
Meine Schreibblockade schnarcht friedlich auf dem Kühlschrank.
Das linkwinklige Dreieck beginnt in den Raum hineinzuexistieren.
Odradek, Klan der Dingviecher stürmt die Küchenzeile .

Ich: Habe ich irgendwen vergessen?

Muse: Die Giraffe, den Bademeister, die Elefanten, den Wolpertinger und die Nachbarn

Ich: Welcher Elefant, welche Wolpertinger?

Muse: Das war die Szene in der dein Mitbewohner aus dem Fenster gesprungen und auf einem Elefanten in der Praxis gelandet ist.

Ich: Ach die.

Muse: Die hattest du aber gestrichen meine ich.

Ich: Ja stimmt, irgendwer hat gemeckert. Und die Nachbarn?

Mein innerer Schweinehund: Wer einen Nachbargarten hat, wird wohl auch Nachbarn haben.

Der pensionierte Bankräuber: Ich habe sogar schon versucht mich bei ihren Nachbarn zum Kaffee einladen zu lassen, aber sie haben mich nicht eingelassen. Einbrechen wollte ich auch nicht - ich bin ja pensioniert...

Ich: Gut, ja, ich gebe zu: wir haben Nachbarn, aber ich habe keine Lust die zum Krisenstab einzuladen.

Mein innerer Schweinehund: Ist vielleicht auch besser so. Können sich Leserinnen und Leser ja selber überlegen, was die zu sagen hätten.

Das linkwinklige Dreieck: Eine Schreibaufforderung an Dritte ist eine Invasion. Machtausübung. Selbstkontinuität von Ego im Alter.

Mein innerer Schweinehund: Alter, das linkwinklige Dreieck ist ein Laberkopp, was eigentlich erstaunlich ist, da es ja gar keinen erkennbaren Kopf hat.

Ich: Woher soll man denn wissen, ob es einen Kopf hat? Es kann ja gar keine Form haben. Zu Mindest keine die wir wahrnehmen könnten.

Muse: Da wollte ich ja gestern schon was zu sagen. Rechter Winkel hat nichts mit rechts oder links zu tun, sondern kommt von lateinisch rectus - aufrecht.

Muse: Neben den rechten Winkeln kennen viele Leserinnen und Leser aus der Schulmathematik sicher noch die spitzen Winkel, die kleiner sind als rechte Winkel und die stumpfen Winkel, die größer sind. Darüber hinaus gibt es aber auch Nullwinkel (0°), gerade Winkel (180°), Reflexwinkel (360° > Winkel >180° ) ,Voll- oder Rundwinkel (360°) und für alles was nicht rechts ist, gilt als Sammelbegriff: Schräge Winkel. Linke Winkel dagegen sucht man in der Mathematik tatsächlich vergebens und was ein linkwinkliges Dreieck sein soll, müsste uns der Verfasser dieses Textes verraten. Doch der schweigt unwissend lächelnd.

Mein innerer Schweinehund: Hmpf. Aufrecht ist an dem linkwinkligen Dreieck jedenfalls gar nichts.

Die Odradek schubsen - mit einigem Aufwand - meine Schreibblockade vom Kühlschrank.

Tierarzt: Naja, alles sehr interessant, aber ich muss mich jetzt empfehlen. Die Arbeit ruft.

Alle gehen ab.
Leere, nichts als Leere. Ein weiter, unbelebter Raum. Eine Wüste, die nicht länger lebt - vielleicht nie gelebt hat. Eine Stille, die nur im luftleeren Raum entstehen kann. Eine Stille in der nicht einmal die Zeit klingen kann, da nichts ist, was ihr Vergehen anzeigen könnte.


Wie kam es dazu? Nun, einst war die Wüste womöglich bewohnt. Einst wurden dort Gespräche über Alltägliches und Absonderliches geführt. Doch immer war dort Unzufriedenheit. Etwas war zu voll, zu leer, zu lang, zu kurz, zu einfach, zu kompliziert, zu umständlich, zu geradlinig...

Dann gingen sie alle und nach dem Verlassen der Figuren schuf sich die Leere einen ersten Raum. Das war den Unzufriedenen nicht genug. Die Figuren sollten nicht nur gehen. Sie sollten auch schnell gehen. Auf einmal sollten sie gehen. Niemanden zurücklassen sollten sie und so gingen alle. Alle gingen ab. Selbst die lungenlose Stimme hinter den Dingen.

Wie sollte es aber weitergehen? Wie wieder anfangen? Es gab kein 'Ich' mehr, dass erzählen konnte, bis es in diesem Satz negiert wurde.

Die negierte, abgelehnte Existenz, das Inkonsequente, das Störende, das linkwinklige Dreieck schob sich durch die Lücke des negierten 'Ich' zurück in die Realität der weißen Wüste. Es war einfach nicht, deshalb konnte es diesen Platz für sich erobern.

Das linkwinklige Dreieck: Ich bin und so sei 'Ich' erneut!


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Zurück in der WG-Küche angekommen:

Ich: Ha! Ich wusste das linkwinklige Dreieck würde sich als nützlich erweisen.

Mein innerer Schweinehund: Das hätte auch schief gehen können. Wenn du eine Welt erstellst, achte wenigstens auf deine Wortwahl. 'Alle gehen ab'. Wie bescheuert. Der Roman ist doch kein Bühnenstück. Wovon sollen wir denn abgehen?

Ich: Ach, jetzt ist das plötzlich mein Fehler. Das habe ich doch nur geschrieben, damit du aufhörst zu meckern. Hätte ich jedes Mal jeden einzeln gehen und kommen lassen, hättest du dich darüber später garantiert genauso beschwert.

Mein innerer Schweinehund: Besser redundantes Beschreiben von kommenden und gehenden Figuren als die Weltinexistenz zu riskieren.

Ich: Ist ja gut, ich schwöre in Zukunft darauf zu verzichten mich in irgendeiner Weise zu kurz zu fassen...

Sagte ich mit einer tiefen resignierenden Stimme. In ihr lag die Gesamtheit des Missfallens gegenüber dem Mangel an Experimentierfreudigkeit des Gegenübers. Wer war er, dass er sich nicht dem fügen konnte, was das Schicksal, nein, die Vorhersehung für ihn bereit hielt? Wer war er, dass er es wagte mir ins Wort zu fallen. Mir, seinem Schöpfer? Ein Wicht war er. Ein Wicht, der ohne mich nicht einmal fünf Minuten lang existieren könnte. Seine Gestalt so unbeschrieben, dass man selbst in seiner Gegenwart nicht wirklich sicher sein konnte, dass er es war und nicht bloß jemand, der seinen Namen, seine Bezeichnung verwandt.

Mein innerer Schweinehund: Mach halt, wie du meinst. Apropos Vorhersehung: Ein Glück ist das Kapitel jetzt vorbei.
Ich habe geträumt ich wäre ein Käsecracker. Ich lag einfach so in meinem Zimmer herum. Mich umzingelten in meiner misslichen Lage dazu noch einige Staubmäuse. Dann kam plötzlich meine Schreibblockade vorbei und frass mich einfach auf. Vermutlich bekam sie von mir Durchfall. Vielleicht auch wieder Flatulenz. Dem Geruch nach zu schliessen urteilen vermutlich beides.
Ich sitze nachdenklich zusammen mit der Muse im Nachbargarten, als mein innerer Schweinehund sich zu uns gesellt.

Mein innerer Schweinehund: Das Thema Roman bis zum Ende des Monats hat sich dann wohl wieder erledigt, oder?

Ich: Ach nein, wieso?

Mein innerer Schweinehund: Zwei Tage kaum ein Eintrag im Tagebuch?

Ich stehe auf und gehe wütend-genervt nach oben.

Mein innerer Schweinehund: Also?

Ich trete ein wenig Leergut durch den Wohnungsflur. Seit der pensionierte Bankräuber beim Leergut in der Küche eingezogen ist, ist nicht mehr genug Platz für alle Flaschen.

Ich: Es ergibt einfach keinen Sinn.

Mein innerer Schweinehund: Da musst du in diesem Roman etwas spezifischer werden, fürchte ich.

Ich: Die Sache mit der Wüste.

Mein innerer Schweinehund: Noch spezifischer?

Ich: Naja, alle gehen ab - also ist niemand mehr da. Wer beschreibt also die Wüste? Wer hat dem linkwinkligen Dreieck einen Raum geschaffen, in den es hineinexistieren konnte?

Mein innerer Schweinehund: Nicht du?

Ich: Eben nicht ich. Ich als Roman-Schreiber vielleicht - aber nicht ich als Figur in meinem Roman. Ich habe ja nicht existiert.

Mein innerer Schweinehund: Also?

Ich: Alles spricht dafür, dass zwischen mir und meinem Roman-Schreiber-Ich eine weitere Entität am Werke ist.

Mein innerer Schweinehund: Hm, ja und?

Ich: Das geht so nicht. Vielleicht glaubt sie sogar mächtiger zu sein als ich. Da hat sie die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht!

Mein innerer Schweinehund: Okay... Was ist dein Plan?

Ich: Das ist das Problem. Wir müssen planen, aber irgendwie so, dass die Entität das nicht mitbekommen kann. Darüber grübel ich seit zwei Tagen nach.

Mein innerer Schweinehund: Wenn wir über deinen Plan reden, kann das mysteriöse, mächtige Etwas doch einfach mitlesen.

Ich: Genau - aber ich habe immerhin schon eine Idee, die wir ausprobieren können.

Ich schreibe etwas auf ein Blatt Papier und reiche es meinem inneren Schweinehund.

Mein innerer Schweinehund: Ich kann es nicht lesen. Du hast ja nicht geschrieben, was du auf das Blatt geschrieben hast.

Ich: Das ist doch der Sinn der Sache. Vielleicht kann man die Entität ja überlisten.

Erneut zeige ich meinem inneren Schweinehund das beschriebene Blatt Papier. Mein innerer Schweinehund liest es langsam und ausführlich.

Mein innerer Schweinehund: Ja schön, ich verstehe es aber nicht.

Mein innerer Schweinehund liest den Text auf dem Blatt Papier erneut und versteht ihn dieses Mal auch.

Mein innerer Schweinehund: Ne du, ich glaube das bringt nichts. Ich weiß was da steht und ich verstehe es auch, aber anfangen kann ich damit nicht, weil ich nicht einmal weiß, was 'es' überhaupt ist, solange du nicht schreibst was da steht.

Ich: Hm. Wir brauchen wohl noch eine bessere Idee. Wir müssen ihn, sie oder es irgendwie aus der Reserve locken, dann wird es schon irgendwann einen Fehler machen und dann kriege ich es.

Mein innerer Schweinehund: Du willst eine Entität aufspüren, die womöglich gar nicht in diesem Roman existiert. Klingt für mich nach der Jagd nach dem unwahrnehmbaren Einhorn.

Muse: Ein philosophisches Gedankenspiel also. Für etwas was nicht auf irgendeine Weise wahrnehmbar ist, kann es mutmaßlich weder Beweise für noch gegen die Existenz geben. Siehe auch Gottesbeweise - hier nur weniger hoch emotionalisiert.

Ich: Kein Grund aufzugeben.
Ich sitze in einem unendlich großen, leeren weißen Raum. Er erinnert zunächst an die Leerenwüste. Tatsächlich bildet dieser Raum jedoch das genaue Gegenstück zu ihr - es ist der endlose Raum der Imagination. In ihm kann ich überallhin reisen, überall hin gehen und alles tun was und wann ich will. Beispiel:

Ich sitze mit meiner Schreibblockade, meinem inneren Schweinehund und der Muse in einem U-Boot 20.000 Meilen unter dem Meer. Wir erkunden die Geheimnisse der Tiefsee. Unerforschte, tiefe Gräbe, Unterwasservulkane, mysteriöse Kreaturen…

Ich : Aber kein Einhorn - ach verdammt ich kann mich hier irgendwie nicht wirklich entfalten.

Mein innerer Schweinehund: Du konntest noch nie gut Zuhause arbeiten.

Ich: Ich bin ja gar nicht Zuhause. Ich bin in einem U-Boot zwanzigtausend Meilen unter dem Meer und schweife mit meinen Gedanken in die Verne.

Mein innerer Schweinehund: Wenn du das schreibst. Übrigens 'Verne' ist jawohl nicht dein ernst.

Muse: Jules Verne - Autor von 20.000 Meilen unter dem Meer. Da geht es um die Nautilus, in der wir uns gerade mutmaßlich befinden. Warum und wozu, werden wir aber wohl nie erfahren.

Ich: Ach, wenn ich mich langweile mache ich immer schlechte Wortspiele. Was habe ich übrigens über das mitlesen gesagt?

Mein innerer Schweinehund: Bei dem Unsinn denn du manchmal verzapft kann man aber nicht die Übersicht bewahren, wenn man nicht ab und an mal mitliest.

Ich: Ich verstehe, was du meinst. Das spätere editieren wird die Hölle. Wie soll das überhaupt klappen? Alles was ich ändere, widerspricht im Prinzip der Idee dieses Romans.

Mein innerer Schweinehund: Na toll, jetzt hast du mit deiner altmodischen Redewendung die Hölle in unsere schöne heile Welt gebracht.

Ich: Das ist doch nur so eine Redensart aus vergangenen Tagen. Wir leben in einer Welt, in der es kein Leid und kein Unglück gibt.

Mein innerer Schweinehund: Weil es das Böse nicht gibt, solange du nicht darüber schreibst? Mir scheint es viel mehr so, als würdest du das Prinzip Wegschauen nur auf die nächste Stufe treiben.

Ich: Du willst doch nur, dass ich einen absurden Superheldenroman schreibe, statt nach dem Einhorn zu suchen. Wie soll das überhaupt klappen. Angenommen ich versuche einen führerlosen Zug zu stoppen. Wie denkst du werd ich als Autor meinen Tod verhindern? Ich bin ja nicht superstark oder superdauerhaft, sondern nachher aller Wahrscheinlichkeit nach super schwer verletzt. Vielleicht entgleist der Zug auch wenige Meter vor mir oder so was. Im besten Falle überspringe ich den Crash einfach, aber das war's dann auch schon.

Mein innerer Schweinehund: Du könntest aber doch zum Beispiel die Erzählzeit bis zum Stillstand der erzählten Zeit verlangsamen und die Fahrgäste einzeln vom Zug in den Imaginationsraum schreiben oder - wenn's unbeding sein muss - in unsere Küche.
Muse: Erzählzeit ist die Zeit, die man braucht um das erzählte zu erzählen und die erzählte Zeit ist die fiktive Zeit die in der Erzählung tatsächlich vergeht. Wenn zum Beispiel in einer Geschichte ein Objekt ohne Bewegung beschrieben wird, dann vergeht erst mal gar keine erzählte Zeit aber die Erzählzeit kann sich mitunter zu einem ganzen Fantasy-Roman aufblasen. In unseren Dialogen ohne großartige Beschreibungen von zusätzlichen Details sind Erzählzeit und erzählte Zeit ungefähr gleichlang. Wenn man aber schreibt 'Zwei Jahre vergingen.', dann war das eine erzählte Zeit von zwei Jahren und eine ziemlich kurze Erzählzeit.

Ich: Ach nein, ich versuche ja meist nur so wenig Auskunft wie nötig über die erzählte Zeit zu geben. Es soll quasi das Gefühl enstehen, als würden wir uns zuweilen außerhalb von Zeit und Raum unter- und verhalten. Wann glaubst du, nur mal so als Beispiel, sind wir von unserem U-Boot-Ausflug wieder zurück in den Imaginationsraum gewechselt?

Mein innerer Schweinehund: Das ist einfach. Als deine Schreibblockade gefurzt hat. Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, gefangen mit drei schwitzenden Leibern und einem Katzenpups. Ich hätte dafür auch ein Loch in die das Raumzeitkontinuum gerissen wenn ich könnte.

Ich: Richtig, aber das hab ich gar nirgendwo geschrieben.

Mein innerer Schweinehund: Doch hast du, du hast es nur nachher wieder gelöscht und nicht wieder ergänzt und dann hat dir dieser Gesprächsverlauf so gut gefallen, dass du es rausgelassen hast! Was soll ich außerdem auch sonst sagen. Für mich sieht es so aus als hättest du dich nicht von deinem Schreibtisch wegbewegt.

Ich: Du hast eben keinen Hauch von Fantasie in dir.
 
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Hagen

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Hallo Frederik,
Eine hübsche Geschichte, in der Tat!
Ich habe das Ding mit Freuden gerne gelesen, weil es mich an meine Situationen erinnert.
Aber ich wünsche mir aber jemanden der mir erklährt was zum Teufel eine Schreibbockade ist. :rolleyes:

Ausserdem, und das tut mir weh, hast Du maches 'W' ignoriert.
Mein Lehrmeister in Sachen Kriminalistik, Hans Gustav Adolf Gross, hat daher an die Spitze der Tatrekonstruktion die 7 Leitfragen gestellt:
Quis (Wer), quid (was), ubi (wo) quibus auxiliis (womit), cur (warum), quomodo (wie), quando (wann)!
Ich würde noch Cui bono? einfügen.
Die Frage Cui bono? /ˈkuːi ˈboːno/ (lateinisch für „Wem zum Vorteil?“) – gelegentlich auch ungenau Qui bono? zitiert – ist ein geflügeltes Wort, mit dem die Frage nach dem Nutznießer bestimmter Ereignisse oder Handlungen, beispielsweise von Verbrechen oder auch politischen Entscheidungen, gestellt wird.
Egal.
Mögest Du Deine Schreibbockade jedenfalls baldmöglichst beheben, dann klapp's auch mit dem Nachbarn; - äh der Katze.

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen
 

FrederikH

Mitglied
Hallo Hagen,

freut mich, dass es dir bis hierhin gefallen hat. Ich habe mich dann mal an Tag 4 direkt einer sträflich vergessenen W-Frage gewidmet...vielleicht wird das ja noch was. Die Schreibblockade ist bekanntlich ein liebes Tierchen, welches manche AutorInnen täglich pflegen und hegen - insbesondere wohl die, die nicht viel auf's Papier bekommen. :) Ich werde sie wohl noch ein wenig umgarnen. Hab ja gehört Katzen mögen Garn.

Danke dir für die liebe Begrüßung und freue mich auf zukünftige Thekengespräche!
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
Ich habe meine Schreibblockade überwunden indem ich abwechselnd eins unser Erdmännchen sowie Annegret, meine zahme Spitzschlammschnecke umgarnt habe. ;)

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
(Noch ein Paar ScheinBAR-Geschichten und 'niveauvolle' Thekengespräche gibt's auf Humor und Satire)
(Bei Bedarf schicke ich Dir schon mal unser Cocktailkarte)
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen
 

FrederikH

Mitglied
Tag 4

Ein neuer Morgen, dieselbe Zimmerdecke. Ich seufze und weiß noch immer nicht, worüber ich schreiben soll. Versuchen wir es noch mal mit dem ‚Wo?‘:

Herzlich willkommen in meinem WG-Zimmer,

Es ist eigentlich ein recht großer Raum für WG-Verhältnisse - 18m² um genau zu sein. Durch die Eingangstür schaut man direkt auf ein großes Doppelfenster und von dort aus in den Nachbargarten (dazu später mehr). Die Vorhänge am Fenster sind eine hässliche Nacherzählung von Orange und Beige, vermutlich Überbleibsel aus den 70ern. Es stehen zwei Pappmaché-Figuren und ein kleiner Rolltisch davor. Auf dem Rolltisch liegt ein geöffneter Mikrofonkoffer. Darunter, im offenen Teil des Tisches, eine Kiste mit verschiedenen Papieren und Unterlagen. Dazu zwei Ordner, in die eigentlich noch der Inhalt der Kiste einsortiert werden müsste. Die Pappmaché-Figuren sind eine Giraffe und ein zweibeiniger Wasservogel. Die Giraffe ist einen guten Meter groß und schwarz-weiß gefärbt. Um die Weihnachtszeit herum trägt sie zuweilen eine Nikolausmütze und eine Sonnenbrille. Sie schaut aus dem Fenster heraus in den Garten- sehr romantisch. Auch dient sie als Hutständer und Signal. Sieht man vom Garten aus die Giraffe mit Hut, ist das ein Hinweis auf die Anwesenheit des Bewohners. Der Vogel ist vom Garten aus nicht sichtbar. Er hat einen langen Schnabel und trägt eine Badekluft. In einem früheren Zimmer stand er auf einem erhöhten Podest, weswegen er den Namen "Der Bademeister" trägt. Die Giraffe hat keinen Namen. Sie stand immer auf dem Boden. Links neben dem Fenster steht ein großer Kleiderschrank. Meist steht er halb geöffnet - dafür gibt es zwei Gründe: Er ist zu voll und die rechte Tür dient zum Trocknen von Handtüchern. Daneben west ein Korb mit dreckiger Wäsche zusammen mit einer Kiste voller Dinge, die keinen Platz im Raum hatten, vor sich hin…

Plötzlich steht Mein innerer Schweinehund im Türrahmen.

„Du solltest mal wieder aufräumen.“

„Du solltest mal wieder anklopfen.“

„Wir bekommen Besuch - vielleicht reicht dir das ja als Anlass.“

Ich gehe brummend aus meinem Zimmer und runter in den Nachbargarten.


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Ich stehe im Nachbargarten und betrachte eine, wie ich finde, sehr gelungene Installation.

Dort steht eine weiße Fahne. Und wenn es einfach nur eine weiße Fahne wäre, fände ich es schon großartig. Eine Kampfansage an all die Nationalflaggen, welche sonst solche Orte schmücken. Eine weiße Fahne als Kampfansage.

Aber es geht weiter: Die Fahne und etwa fünf Quadratmeter Rasen drumherum sind mit kaum einem Meter hohen Stacheldraht umzäunt. Was soll das? Geht es um Privateigentum, Nationalstaaten, Kleinbürgerlichkeit? Soll damit die Kampfansage noch mal überbetont werden? Oder fand das einfach nur jemand witzig?

Ich seufze, setze mich hin und beginne - mutmaßlich aus Langeweile - Goethes Prometheus zu rezitieren.

“… Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde …


“Ist ja kein bisschen überheblich mit dem Prometheus.”


“Ach, das ist ja alles nicht so ganz Ernst gemeint. Immerhin hat eins meiner Nachbilder keine andere Aufgabe als ständig an mir rumzukritteln. Aber wo wir gerade bei Gottkomplexen sind.”

“Jetzt bin ich gespannt.”


“Es ist doch irgendwie interessant. Seit Jahrtausenden wollen Anhänger verschiedener Religionen und Glaubensgemeinschaften an Schicksal und Bestimmung glauben und wir als Romanfiguren wissen sogar mit Bestimmtheit, dass es so was gibt. Unsere Geschichte ist an beiden Buchenden gedeckelt und jeder unsere Schritte wurde schon für uns gegangen. Die nun folgende Geschichte ist das schon Gewesene während es passiert.”


„Wohl wahr, wohl war. Im übrigen und nur so ganz nebenbei bemerkt: Der Besuch sitzt inzwischen in der Küche und wartet. Auf uns.“


„Ach, weißt du, ich hab‘ ihren Namen vergessen und sie kann sich doch immer gleich alles merken. War mir einfach peinlich.“


"Und deswegen bist du in den Garten geflüchtet? Du bist doch der Autor. Denk dir halt einen Namen für sie aus."


“Stimmt, warum eigentlich nicht.”

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Wir betreten den Hausflur und machen uns auf den mühevollen Weg die drei Stockwerke zu unserer WG hinauf. Durch die Beschreibung dieses Vorgangs versuche ich noch einen moment Zeit zu gewinnen - nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich mich doch noch an ihren Namen erinnere. Ich seufze. Was soll's - ist ja nur mein Roman.


“Ich denke du solltest deine Dialogformatierung für Gespräche mit mehr als zwei Personen überdenken bevor wir reingehen.”

“Wieso?”

“Wird halt schnell unübersichtlich. Du könntest doch einfach an den Rand schreiben, wer gerade spricht. Nicht sehr innovativ, aber es könnte funktionieren.”

Wir betreten unsere Wohnung. In der Küche steht schon unserer Besuch und lauscht unserem Gespräch.

ICH: Eigentlich eine gute Idee.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Du willst das mit dem inneren Schweinehund jetzt echt durchziehen was?

ICH: Warum denn nicht? Passt doch.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Passt gar nicht. Und zu lang ist es auch noch.

ICH: Umso mehr Text kommt zusammen

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Das ist natürlich sehr wichtig.

MUSE: Ich will euch ja nicht stören, aber worum geht's denn überhaupt?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Hier, lies mal.

Mein innerer Schweinehund nimmt mir mein Skript weg und überreicht es der Muse.

ICH: Ich habe übrigens beschlossen dich "Muse" zu nennen.

MUSE: Ich sehe schon. Sehr schmeichelhaft. Passt ja irgendwie dazu, dass du meinen Namen vergessen hast.

Ich nehme mir eilig das Skript zurück.

ICH: Schluss mit mitlesen. Wieso?

MUSE: Die mythologischen Musen waren Töchter der Mnemosyne - der griechischen Göttin der Erinnerung[...].[(Ich: Die Muse schweift manchmal etwas ab. Zugunsten der besseren Lesbarkeit verlege ich den Schwall an unheimlich interessanten Fakten im Zweifelsfall einfach in einen Spoiler.)
MUSE: ”Unverschämt. Wo war ich? Die Musen, von denen es nach Hesiod übrigens 9 an der Zahl gibt, sind Töchter der Mnemosyne. Deswegen heißen sie unter anderem auch auch Mnemoniden. Wenn du eine Muse der Inspiration haben wolltest dann solltest du mich vielleicht eher Kalliope, die mit der schönen Stimme, die Muse der epischen Dichtung, der Rhetorik, der Philosophie und der Wissenschaft nennen. Oder vielleicht Thalia, die Festliche, die Blühende, die Muse der Komödie."]

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Es braucht also schon am zweiten Tag die Mutter aller Musen...

ICH: Ach, naja. Kann man ja im nachhinein auch noch ändern.

MUSE: Das mit dem inneren Schweinehund ist auch gut.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Ansichtssache.

MUSE: Ein Sinnbild der Willensschwäche als Mitbewohner. Wer kennt das nicht aus dem Studentenleben...
[Muse: Meine Lieblingsverwendung des Audrucks geht auf den SPD-Politiker Kurt Schumacher zurück. Ein Auszug aus seiner denkwürdigen Reichstagsrede: „Wenn wir irgend etwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, daß ihm zum erstenmal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.“ Die Rede zum nachlesen: https://www.fes.de/fulltext/historiker/00781a20.htm]

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Nur sind hier die eindeutig die Rollen vertauscht worden.

ICH: Du hättest dich halt nicht mit dem Autor anlegen sollen.

MUSE: Ein Argument dagegen wäre, dass der Ausdruck "innerer Schweinehund" sich nur im deutschen Sprachraum wiederfindet. Für eine eventuelle Übersetzung des Werkes wäre der Name also eher ungeeignet.

ICH: Das klingt so als wäre das nicht mein Problem.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: So richtig viel passieren tut in deiner Geschichte ja nicht, oder?

MUSE: Das ist wahr. Nicht mal was zu Trinken bekommt man hier. Schöne Gastgeber seid ihr mir.

ICH: Ich glaube zwischen dem Leergut müssten noch ein paar volle Flaschen liegen.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Ne, ist leer. Aber in der Abstellkammer steht noch was.

Wir sitzen einen Augenblick schweigend zusammen im Raum. Niemand rührt sich. Wäre dies hier eine Wüste, würde vermutlich eine Steppenhexe vorbeirollen.
[Muse: Steppenhexen heißen diese verdorrten Büsche, die in Westernfilmen gerne mal als Stilmittel vorbeirollen.]

Nach einer gefühlte halben Ewigkeit steht die Muse auf, geht raus und schliesst demonstrativ die Küchentür hinter sich.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Und das soll jetzt noch bis 50.000 Wörter so weitergehen? Schlechte Wortspiele, unnützes Wissen und passiv-aggressives Gehabe?

ICH: Vergiss nicht die Episoden mit meiner Schreibblockade.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Oh ja, Katzengeschichten, wahnsinnig kreativ.

MUSE: Eine meiner Lieblingskatzengeschichten ist ja die mit dem Zen-Meister. Kennt ihr die?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Wo kommt denn jetzt auf einmal die Muse wieder her.

ICH: Die Muse wird sich von jetzt an immer zu Wort melden, wenn mir etwas interessantes zu einem Thema einfällt oder es zu einer Sache etwas zu erläutern gibt. Ich möchte dazu ergänzen, dass alles was die Muse von sich gibt als überliefertes Wissen, Wort Gottes, wahr, wahrhaftig und absolut faktengeprüft zu betrachten ist.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Mit anderen Worten: von Wikipedia abgeschrieben.

ICH: Naja, das kommt dem ja heutzutage am nächsten.

MUSE:
Muse: Jedenfalls zurück zu der Geschichte mit dem Zen-Meister: Dieser wurde, so erzählt man sich, jeden Abend von der Klosterkatze bei seiner Meditation gestört. Damit sie nicht länger herumstreunen konnte, ließ er sie nun immer während der Abendmeditation anbinden. Noch lange nach dem Tode des Zen-Meisters wurde die Katze stets während der Abendmeditation angebunden. Und als die Katze schließlich starb, wurde eine andere besorgt, um sie ordnungsgemäß während der Abendmeditation anzubinden. Jahrhunderte später schrieben die Schüler des Zen-Meisters Abhandlungen über das Anbinden der Katze während der Abendmeditation. Diese Geschichte ist auch eine schöne Allegorie für das Entstehen von Ritualen.

MUSE: Übrigens liegt deine Katze vor der Tür und will gefüttert werden.

Ich stehe auf und öffne die Tür. Tatsächlich liegt dort auf der Türschwelle meine kleine Schreibblockade und ist eingeschlafen. Ich nehme sie auf den Arm, trage sie zu ihrem Fressnapf und lege ihr Köpfchen an den Rand der Schale. Soll sie fressen, wenn sie wach wird.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Bei so einem aufgedunsenen Körper von Köpfchen reden, kann wohl wirklich nur ihr Herrchen.

ICH: Hörst du wohl auf ständig ins Skript zu schauen?

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Welches Skript denn? Du wirst doch nur geschrieben, also gibt es auf unserer Existenzebene überhaupt kein Skript.

ICH: Du weißt genau was ich meine.


Meine Schreibblockade, die dem plötzlich leeren Napf nach zu urteilen wohl gerade gefressen hat, rollt sich zu Meinem inneren Schweinehund und übergibt sich unter lautem Getöse in seine halboffenen Hausschuhe.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Das mit dem gebrauchten Katzenfutter war vielleicht doch nicht so eine gute Idee.

Die Muse, wie immer Herrin der Lage fängt sich beim Versuch meine Schreibblockade zu beruhigen einen Fingerbiss ein.

MUSE: Aua! Ich glaub deine Katze mag mich nicht!

ICH: Musen und Schreibblockaden haben sich noch nie sonderlich gut verstanden.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Boah ne, das hast du jetzt nicht gesagt.

ICH: Lasst mich, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich muss sofort zum Tierarzt!

Ich schnappe mir meine Schreibblockade und laufe nur mit Bademantel und -latschen bekleidet nach draußen.

MEIN INNERER SCHWEINEHUND: Wir hören dann mal auf zu existieren bis du wieder da bist, falls das okay für dich ist.

ICH: Ja, ist okay. Viel Spaß!

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Ich weiß nichts von Tiermedizin. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch nicht einmal etwas von richtiger Tierernährung. Daher konnte die Muse nicht mitkommen. Not kennt kein Gebot und vor allem keine Zeit für den inneren Schweinehund. Es hilft also alles nichts – das geschulte Auge des Fachmanns muss aushelfen dem Rätsel der Krankheit meiner Schreibblockade auf die Spur zu kommen.

TIERARZT: Ihre Schreibblockade hat Adipositas.

ICH: Das kann nicht sein.

TIERARZT: Schauen Sie sich das arme Tier doch an. Völlig überfressen. Sie haben ihre Schreibblockade mit ihrer Vorstellung von Liebe überfüttert und krank gemacht.

ICH: Das lasse ich mir in meinem Roman nicht sagen. Ich gehe zu einem anderen Arzt!

TIERARZT: Sie können nicht gehen.

ICH: Wieso nicht?

TIERARZT: Weil Sie bleiben werden. Ich habe während der Stuhlprobe ein bisschen in ihren Notizen vorgeblättert und Sie werden gleich immer noch hier sein.

ICH: Mist, blöder Plot. Na gut, also was können Sie tun, um meiner Schreibblockade zu helfen.

TIERARZT: Ich fürchte, ich kann fast gar nichts tun. Sie müssen etwas tun, damit es besser werden kann.

ICH: Ich mache alles - ich liebe meine Schreibblockade!

TIERARZT: Das dachte ich mir schon, als ich gelesen habe wie lange sich dieses Gespräch hier ziehen wird.

ICH: Sie sind nicht zufällig mit meinem inneren Schweinehund verwandt, oder?

TIERARZT: Ich bin Arzt.

ICH: Tierarzt.

TIERARZT: Nun ja, ein Allgemeinmediziner kennt die Physiologie eines Tieres sehr gut - keine Frage. Ein guter Tierarzt dagegen muss quer durch Zoo und Garten allerlei Patienten behandeln können. Kein Grund für Spot also.

ICH: Ich wollte Sie auch nicht beleidigen.

TIERARZT: Wie auch immer. Ich mache Ihnen einen Diät- und Trainingsplan für Ihre Schreibblockade fertig. Wenn Sie sich daran halten dürfte es Ihr bis zum Ende des Romans wieder besser gehen.

ICH: Sie haben doch nicht etwa nachgeschaut was am Ende passiert, oder?

Die Antwort des Tierarztes versinkt im plötzlich eintretenden Erzählerkommentar. Ich lasse mir die Pläne und einen Blutdruckmesser für Katzen mitgeben und mache mich auf den Weg zurück nach Hause.
 

FrederikH

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Tag 5

Ich laufe gehetzt über die Straße, seufze, bleibe stehen und schreibe diesen Satz zu Ende. Diesen Prozess wiederhole ich noch einige Male.

Irgendwann wird mir schon etwas Gutes einfallen.

Gehen. Stehen. Schreiben. Gehen. Stehen. Schreiben. Gehen.Stehen.Schreiben. Doch leider fällt mir nichts ein.

Eigentlich habe ich heute auch keine Zeit zum Schreiben. Es müssen aber nun mal jeden Tag diese knapp 2000 Wörter auf das Papier, sonst wird das nichts mit dem Roman bis zum Ende des Monats. Dabei ist mein Zeitplan heute sogar so eng, dass ich nicht mal auf Papier schreiben kann, sondern alle paar Meter stehen bleibe und auf dem Smartphone tippe. Ich sehe vermutlich aus wie der letzte Smombie und dazu wirkt sich sowas bei mir auch immer gleich negativ auf den Schreibflow aus. Wenn ich von Hand schreibe, kann ich nämlich während des Schreibens nicht vorher irgendwo etwas korrigieren, daher geht es schneller voran. Wenn ich ein Dokument digital geöffnet vor mir sehe, schaue ich aber ab und an noch mal, was ich bisher geschrieben habe und ändere etwas oder füge etwas hinzu. Dieser Absatz zum Beispiel war beim ersten Ansatz nach dem Satz "Eigentlich habe ich heute keine Zeit zum Schreiben." vorbei, aber dann habe ich im Nachhinein noch ein bisschen mehr geschrieben.

Fazit: von der Hand aufs Papier funktioniert einfach besser. Meine Gedanken sind scheinbar motorische Wald- und Tintenvernichter. Nicht das mir irgendetwas gehaltvolles einfallen würde, was das Opfer Wert wäre.

Mein innerer Schweinehund: Schreib doch einfach so Ein-Satz-Dialoge.

Ich: Ah und wozu?

Mein innerer Schweinehund: Naja, du schreibst ja immer unsere Namen an den Anfang.

Ich: Stimmt, da kommt ganz schön was zusammen.

Mein innerer Schweinehund: Nicht wahr?

Ich: Ja, doch

Mein innerer Schweinehund: Da siehste mal.

Ich: Danke. Hält einen zu mindestens am Schreiben bis wieder eine Idee kommt.

Mein innerer Schweinehund: Bitte gerne. Nichts zu danken.

Ich: Hm. Auf Dauer könnte das aber langweilig werden. Noch ein paar großartige Ideen parat?

Mein innerer Schweinehund: Du könntest zum Beispiel erklären wo wir uns gerade aufhalten

Plötzlich rauscht ein LKW mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei.

Ich: Zum Beispiel an diesem Satz können die Leser und Leserinnen erahnen, dass wir uns irgendwwo in der Nähe einer Straße aufhalten. Wegen der Geschwindigkeit des LKWs nehmen sie vielleicht sogar korrekterweise an, wir wären auf einer Autobahn."

Zwei Autos rasen mit weit über 180 km/h und laut hupend an uns vorbei.

Mein innerer Schweinehund: Konkreter wäre vielleicht noch interessant zu wissen, dass wir gerade auf der Überholspur der Gegenfahrbahn einer Autobahn unterwegs sind. Zu Fuß. Was mich zu meiner nächsten Frage bringt: Was machen wir hier eigentlich?

Ein roter BMW bemerkt uns fast zu spät und schafft es gerade noch im letzten Moment die Spur zu wechseln.

Ich: Ich hatte folgenden Geistesblitz: Romanfiguren an sich sind ja recht verletzlich und so eine Kollision mit einem Auto auf der Autobahn kann durchaus schmerzhaft sein. Ich aber bin nicht nur eine Romanfigur, sondern auch noch der Autor dieser Geschichte. Ergo, wenn du mir noch folgen kannst, kann ich nicht sterben, ehe die 50.000 Wörter voll sind. Wer schreibt sonst die Geschichte weiter? Narrative Notwendigkeit mein Lieber! Dir kann ich nur empfehlen, dicht bei mir zu bleiben. Andererseits bist du ohnehin nur ein Hirngespinst von mir also dürfte dir eigentlich nichts passieren.

Auf der Spur neben uns gerät der Verkehr allmählich ins Stocken. Vermutlich wurde die Spur weiter vorne - beziehungsweise aus Sicht der Autofahrer weiter hinten - bereits abgesperrt.

Mein innerer Schweinehund: Dein Hirngespinst zweifelt gerade ernsthaft an deiner geistigen Gesundheit und an seiner eigenen. Wie sind wir überhaupt hierhin gekommen und warum bin ich mitgekommen?

Ich: Das weiß ich nicht mehr. Ich kann mir ja auch nicht alles merken. Aber es wird schon seinen Grund gehabt haben.

Mein innerer Schweinehund: Das ist Machtmissbrauch. Bloß weil ich mich an nichts erinnern kann, wenn du nicht schreibst, dass ich mich daran erinnern kann.

Am Ende des sich langsam bildenden Staus werden einige ferne Lichter von Polizeiwagen sichtbar.

Mein innerer Schweinehund: Wir sollten besser runter von der Autobahn. Es sei denn du möchtest dir überlegen, was wir gleich der Polizei erzählen werden.

Ich: Gar kein Problem. Wir setzen jetzt erst mal gemütlich unser Gespräch fort und sobald es mit den Hütern des Gesetzes brenzlig wird, mache ich einfach einen Absatz und setze unsere Geschichte an einer anderen Stelle fort. Wird schon niemand fragen, ob unser Handeln in diesem speziellen Fall irgendwelche Konsequenzen gehabt haben wird.

Ein Wagen schert plötzlich vor uns aus und versucht auf der Überholspur den nun etwa 25 Kilometer langen Stau zu umfahren, erkennt aber in letzter Sekunde uns als Hindernis an und schiebt einen anderen Wagen gegen die Leitplanke. Funken sprühen, es scheppert mächtig und die Luft riecht instensiv nach verbanntem Gummi und anderen nicht mehr recht funktionierenden KFZ-Bauteilen. Ich schlendere unbehelligt weiter.

Mein innerer Schweinehund: Sollten wir nicht nach den Insassen schauen?

Ich: Solange ich keine Verletzten beschreibe, kommt niemand zu Schaden. Und wer nicht existiert, bei dem kann man auch keinen Sachschaden verursachen. Aber lass mal auf die andere Spur wechseln und zurückgehen. Hier ist jetzt ja sowieso erst mal Stau.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
schade dass Du den Fortgang Deines bemerkenswerten Romans unter 'Antworten' eingestellt hast.
Als Einzelstory hättes Du jede Menge Sterne von mir bekommen!
Saugut finde ich dass Du die Recherche (oder weißt Du das etwa so?) unauffällig in dem Ding versteckt hast.
Chapeau!
Ich möchte mal mit Gilbert Keith Chesterton antworten:
Ein guter Roman verrät uns die Wahrheit über den Romanhelden.
Ein schlechter Roman verrät uns die Wahrheit über den Romanautor.


Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen

____________________________________
Wenn Du ein 'Licht am Ende des Tunnels' siehst und diesem zustrebst,
wirst Du - nachdem eine Rückkehr unmöglich ist - feststellen,
dass es sich um den Scheinwerfer eines nahenden D-Zuges handelt.

Merke: In Eisenbahntunnels sind selten Notfallbuchten vorgesehen!
 

FrederikH

Mitglied
Hm, hatte mir das mit den Antworten von Otto Lenk empfehlen lassen. Aber es ist ja als ein Roman/Einzelstück gedacht. Vielleicht mache ich das einfach so, dass ich den oberen Text bearbeite und gleichzeitig die Antworten druntersetze um die Updates anzukündigen. Muss da noch ein bisschen dran feilen, wie sich das im Forum gut umsetzen lässt - im besten Falle ohne gegen irgendwelche Forenregeln zu verstossen. Habe jetzt den gesamten Text im oberen Bereich - als Spoiler damit man nicht so viel scrollen muss. :)
 
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FrederikH

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Tag 7

Ich: Schon irre, wie wir aus der Sache nochmal heil wieder rausgekommen sind.

Mein innerer Schweinehund: Ja, Schade nur, dass du den Leserinnen und Lesern das Wie nicht erzählen wirst.

Ich: Mir fällt dazu auch ehrlich gesagt nichts ein.

Mein innerer Schweinehund: Na schön. Hast du schon Pläne für deine narrativ-notwendige Unsterblichkeit? Mit großer Kraft kommt große Verantwortung und so. Wird das jetzt eine Superheldengeschichte? Hab gehört die sind seit einiger Zeit in Mode...

Ich: Könnte man machen, allerdings wäre das nicht sonderlich nett.

Mein innerer Schweinehund: Meinst du das mit den ungeschriebenen Verletzten?

Ich: Genau. In unsere momentane Welt existieren keine Verbrechen. Ja es existieren außer mir, dir, der Muse, meiner Schreibblockade und dem Tierarzt überhaupt noch keine anderen Personen. Nur irgendwelche verschwommenen Autofahrer und Polizisten. So viel die Leserinnen und Leser wissen, könnte diese Geschichte genauso gut in einer postapokalyptischen Parallelwelt spielen in der es nur zufälligerweise Smartphones und unsere WG gibt.

Mein innerer Schweinehund: Du willst also deine Kraft nicht für das Gute einsetzen?

Ich: Nee, ich müsste erst das Böse erst herbeischreiben und dazu Leute die vom Bösen bedroht werden. Das wäre einerseits - wie gesagt - gemein den unschuldigen Leuten gegenüber und andererseits zu viel Arbeit.

Mein innerer Schweinehund: Ach, mit Personen, die noch nicht einmal mehr existieren hast du Mitleid, aber uns lässt du auf der Autobahn herumlaufen.

Ich: Na fein, was solls. Du gibst ja doch nicht auf bis ich es probiere. Warte kurz.

Mein innerer Schweinehund: Worauf denn?

Ich werfe meinem inneren Schweinehund die Tageszeitung an den Kopf.

Ich: Hier, bitte. Der Artikel über das Geiseldrama in der Bank.

Rätselhaftes Verschwinden

Am heutigen Morgen ereignete sich ein seltsamer Vorfall in der Zentralbank. Während eines Banküberfalls hatte ein vermummter Mann mehrere Geiseln genommen. Bevor die Polizei jedoch mit den Verhandlungen um die Freilassung beginnen konnte, verschwand der Täter auf einmal spurlos. Alle Geiseln konnte unbeschadet freikommen. Nach dem vermummten und mutmaßlich bewaffneten Täter wird weiterhin gefahndet.

Mein innerer Schweinehund: Einfach verschwunden? Warst du das?

Ich: Ja, ich habe ihn einfach mitgebracht.

Bankräuber (panisch): Was mache ich hier? Lassen Sie mich hier raus Sie Irrer oder ich schieße!

Ich: Das kannst du nicht.

Bankräuber: Warum nicht?

Ich: Erstens weil ich mich weigere darüber zu schreiben. Zweitens hast du nur eine mit schwarzer Farbe angemalte Banane in der Hand.

Bankräuber (panisch): W-Was?

Mein innerer Schweinehund: Ich stimme dem Mann mit der Waffe zu: 'W-was?'. Du hast einen bewaffneten Mann mit in unsere Küche gebracht?

Ich: Keine Waffe, es sei denn du bezeichnest eine Südfrucht als Waffe. Außerdem ist das hier nicht unsere Küche, sondern der Raum der Imagination und Sie Herr Bankräuber sind jetzt pensioniert. Setzen Sie sich. Möchten Sie einen Kaffee?

Der pensionierte Bankräuber (perplex): Ja, Bitte.

Mein innerer Schweinehund: Warum siezt du den Bankräuber denn auf einmal und warum bekommt er Regieanweisungen beim Reden und wir nicht?

Ich: Und warum stellst du immer so blöde Fragen – halt, nein, ich weiß warum: weil ich deine Rolle so geschrieben habe... Wer es als Bankräuber bis zur Pensionierung schafft, der hat eben Respekt verdient und da unser Herr pensionierter Bankräuber noch längst nicht lange genug hier ist, um zu wissen wie er so tickt, fand ich es eben nötig hierbei genauer zu erklären in welchem Gemütszustand er sich gerade befindet.
Außerdem habe ich dir verboten ins Skript zu schauen…

Mein innerer Schweinehund (sabbernd): Ich hätte aber trotzdem gerne Regieanweisungen und zwar welche, die auch zutreffend sind. Ich sabbere gar nicht.

Ich: Doch, doch, steht hier so in dem Skript, dass du doch sonst so gerne mitliest.

Der pensionierte Bankräuber: Entschuldigung, dürfte ich auch mal etwas fragen?

Ich und Mein innerer Schweinehund (gleichzeitig): Nein! Wir versuchen hier gerade zu streiten.

Der pensionierte Bankräuber fällt uns ins Wort und beginnt ein paar wirre Worte zu murmeln.

Der pensionierte Bankräuber: Ist mir gar nicht aufgefallen, da Sie beide ja anscheinend gar keine emotionalen Zustände beim Sprechen haben. Ich habe gerade mal einmal ein Blick auf ihr Papier geworfen und dabei ist mir aufgefallen, dass ich jetzt mit Sprechen dran bin und ein paar Worte sprechen werde. Leider fällt mir gar nicht ein was ich jetzt sagen soll...

Ich: Tja.

Mein innerer Schweinehund: Tja. Warum jetzt eigentlich nicht wieder mit umklammertem “(gleichzeitig)”?

Ich: Um auf mehr Wörter zu kommen, aber warum gehst du nicht auf den armen pensionierten Bankräuber ein.

Mein innerer Schweinehund: Mach du doch.

Ich: Ne, du bist der, der immer die ganzen Fragen stellt.

Mein innerer Schweinehund: Du hast dir doch nur noch nicht wirklich überlegt, wie die Szene hier ausgehen soll, oder?

Ich: Doch, ich habe es mir sogar schon aufgeschrieben. Der pensionierte Bankräuber wohnt ab jetzt neben dem Kühlschrank unterm Tisch beim Leergut. Mir fällt nur noch nicht ein warum.

Mein innerer Schweinehund: Vermutlich aus demselben Grund wie immer. Die Muse sitzt ja auch schon seit Tagen an unserem Küchentisch, da du dich standhaft weigerst zu beschreiben, wann jemand mal den Raum verlässt.

Muse (fällt Meinem inneren Schweinehund ins Wort): Außerdem verlange ich mehr aufgeschriebene Redezeit. Ich rede mir seit Stunden den Mund fusselig, aber du schreibst einfach nichts davon auf. Die Leserinnen und Leser gewinnen doch so den Eindruck, dass deine einzige weibliche Figur gar nichts zu sagen hätte.

Ich: Die Leserinnen und Leser wissen doch gar nicht, ob ich oder Mein innerer Schweinehund männlich, weiblich oder transsexuelle hyperdimensionale Paraexistenzen sind. Aber gut: meine liebe Muse, erzähl doch ein bisschen von dir. Was hast du so gemacht, wo kommst du her und so weiter und so fort.

Muse: Nichts hab ich gemacht und Nirgendwo komm ich her. Du hast mir ja noch keine Hintergrundgeschichte geschrieben.

Ich (abwehrend): Ich mir aber doch auch nicht. Der Einzige hier mit einer erahnbaren Vergangenheit ist der pensionierte Bankräuber. Der war früher mal Bankräuber.

Der pensionierte Bankräuber (an seiner Kaffeetasse nippend): Hach, die guten alten Tage.

Muse: Bekomme ich auch einen Kaffee?

Aus der Gasse unter unserem Fenster erschallt eine laute aber zugleich freundliche, sanfte und vertraute Stimme.

Tierarzt: Schütten Sie mir bitte auch eine Tasse ein?

Mein innerer Schweinehund: Wo kommt denn jetzt auf einmal der Tierarzt her? Hast du den nach hier bestellt? Zu dem bist du doch nach Skript tatsächlich gelaufen.

Ich: Nicht so wirklich. Ich bin nur im Bademantel nach draußen gerannt. Ich habe vergessen zu schreiben, dass ich zur Tierarztpraxis gehe und der einzige sonst vordefinierte Raum an dem der Tierarzt gewesen sein kann, war die Gasse unter unser Küche.

Mein innerer Schweinehund: Der Tierarzt wohnt in der Gasse unter unserer Küche?

Tierarzt (freundlich beim Hereinkommen): Nein, ich arbeite dort nur. Ich wohne in ihrem Keller.

Ich serviere allen Leuten Kaffee.

Tierarzt: Sehr eindrucksvoll übrigens wie Sie die Tassen in der Luft über dem seit Kapitel eins zerdepperten Küchentisch aufstellen.

Das komplette Teeservice fällt auf den Boden und zerschellt. Meine Schreibblockade ist durch den Lärm wach geworden und pupst laut.

Mein innerer Schweinehund (laut, wütend): Ne echt, ich krieg zu viel, ich krieg Platzangst! Schreib jetzt dieses Chaos endlich mal in Ordnung und sorge dafür, dass mal ein paar Leute gehen, sonst tauschst du mit dem Tierarzt!

Der Tierarzt geht in den Keller.
Die Muse geht nach Hause - wo auch immer das sein mag
Meine Schreibblockade verlässt den Raum...
und nimmt ihren Pups mit.
Der pensionierte Bankräuber verschwindet beim Leergut unterm Tisch neben dem Kühlschrank.
Mein innerer Schweinehund bleibt da, macht aber dafür den Fußboden sauber und repariert den Küchentisch.

Ich: Besser?

Mein innerer Schweinehund: Das Ende könnte man noch überarbeiten aber sonst solide.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
Schade dass der Roman nun zuende zu sein scheint, aber Dein innerer Scheinehund meint ja nicht ohne Grund: Das Ende könnte man noch überarbeiten aber sonst solide. - Ich stimme dem voll zu!
Von deiner Muse habe ich lange nichts mehr gelesen. Wie wär's denn, wenn sie Dich nicht nur küssen, sonder auch mit Dir ... (Du weißt schon.)

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen

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Die Muse ist auch nur ein untreues Weib!
© Thomas S. Lutter (*1962), Lyriker und Musiker
 

FrederikH

Mitglied
Hallo Hagen - ein paar Tage geht der Monat ja noch. Heute hat mich leider die Impfung ein bisschen aus der Bahn geworfen. Habe zwar einen Tag versucht zu schreiben, aber der kommt so noch nicht in die obere Version. Aber für eine Antwort reicht es vielleicht:

Tag 7

Wir liegen am Strand und geniessen die Sonne. Gut, das ist so nicht ganz richtig. Mein innerer Schweinehund liegt am Strand und geniesst die Sonne. Ich versuche einige Sätze auf’s Papier zu bringen, werde dabei aber ständig von selbiger geblendet - von Genuss kann also nicht wirklich die Rede sein. Leider blieb der Sonnenschirm im Keller verschollen. Er stand auf der Liste der Dinge, die wir im letzten Winter wiederfinden wollten. Naja, nächstes Jahr gibt es wieder einen Sommer nach einem Winter. Auch die Muse und meine Schreibblockade geniessen mutmaßlich nur eingeschränkt. Die Muse joggt über den Strand - langsam - sehr langsam - um ja nicht die Schreibblockade einzuholen.
Meine Schreibblockade dagegen rennt - der Mimik und Grazilität nach - um ihre Existenz. Zu mindest mag es auf Außenstehende so wirken. Tatsächlich setzen wir - also vor allem die Muse - den Trainingsplan für meine Schreibblockade in die Tat um. Nach einigem rumprobieren hat sich herausgestellt, dass ich meine Schreibblockade leider nicht wirklich motivieren konnte, sich zu bewegen. Nach etwas mehr herumprobieren hat sich ergeben, dass ich es auch nicht schaffe meinen inneren Schweinehund zu motivieren zu versuchen mit dem Training zu helfen. Die Muse blieb also als naheliegende und irgendwie passende Option übrig und siehe da - meine Schreibblockade läuft ganz unaufgefordert vor der Muse her - bzw. weg. Nur wozu das Ganze?

Mein innerer Schweinehund: Um darauf hinzuweisen, dass der Roman nach Teil 1 noch nicht vorbei ist, aber gleichzeitig erst mal Pause ist. Quasi eine Werbeunterbrechung.

Ich: Möglich.

Ich stehe seufzend auf.

Ich: Das war ja ein ganz netter Urlaub, aber jetzt wird es Zeit für ein bisschen Action!

Ich springe ich auf eine vorbeifliegende Rakete. Schauen wir mal wohin die Reise geht.
 
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Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
wo kam denn die Rakete auf einmal her? Und was für ein Typ Rakete wares?
Ich haffe, es war eine Black Knight. (Die Black Knight war eine britische Versuchsrakete. Sie wurde von Saunders-Roe in ein- und zweistufiger Ausführung gebaut, und war dafür ausgelegt, Anhalter nebst innerem Schweinehund mitzunehmen.)
Was mich aber viel mehr interessiert: Ist die Muse auch mitgekommen?

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen
 

FrederikH

Mitglied
Tag 8

Warum eine Rakete… was habe ich mir dabei gedacht? Denke ich, während mir der Flugwind um die Ohren weht. Ich halte mich mit beiden Armen an der Spitze der Rakete fest, auf die ich mutig am Vortag in den Sonnenuntergang geritten bin. Okay, wie lässt sich das hier auflösen. Erst mal Fakten sammeln. Ich liege auf einer Rakete, die gerade Richtung Wer-weiß-wo fliegt. Wenn ich loslasse, kann ich zwar nicht sterben, aber dann hat die Szene wieder kein Ende. Was haben wir an Hilfmitteln. Ein Badehandtuch, ein Kugelschreiber und ein Notizbuch. Hm.

Mein innerer Schweinehund: Und deine Mitbewohner.

Ich: Ja, sicher - und was bringt mir das?

Muse: Immerhin können wir dabei helfen, dein Wissen auszuweiten. Das ist nämlich nicht irgendeine Rakete, sondern die Super Strypi - eine Trägerrakete für kleine Nutzlasten.

Ich: Sehr interessant.

Der Antrieb beginnt zu stottern.

Die Rakete beginnt plötzlich, zunächst langsam, in der Luft zu rotieren.

Ich: Kleine Nutzlasten hast du gesagt?

Am unteren Ende der Rakete entdecke ich meine Schreibblockade, die mit der Besessenheit einer Katze im Wohnzimmervorhang die Rakete emporklettert. Die Rakete rotiert zunehmend stärker und unkontrolliert, wobei die Spitze selbst die Kreiselspitze bildet.

Ich: Hat noch irgendjemand irgendwelche großartigen Ideen oder hilfreiche Hinweise?

Der Fahrtwind macht sämtliche Kommunikation unmöglich. Ich seufze. Die Rakete taumelt im unkontrolliertem Zustand in eine Wortwolke und dort direkt in einen Schwarm geflügelter Worte. Ich weiche gerade noch einem gebratenen Hähnchen aus. Als alles hoffnungslos scheint, wird im allerletzten Moment die Rakete von ein paar besonders gewichtigen Ratschlägen aus dem Off in Stücke gerissen.

Alles wird schwarz.
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Am Erdboden angekommen, klettere ich aus den Trümmern stöhnend in einen vorbeifahrenden Zug. Das ist dann wohl doch das bessere Transportmittel, um von A nach B zu kommen. Nach einem kurzen Erholungsnickerchen erwache ich.

Mein innerer Schweinehund: So richtig viel gebracht hat die Raketenepisode ja nicht, oder?

Ich: Mir war halt sterbenslangweilig.

Mein innerer Schweinehund: Aber das war einfach nur Random.

Ich: Besser als Erzählungen übers Bahnfahren.

Mein innerer Schweinehund: Geht. Führ doch sonst wieder irgendeine neue Figur ein. Ist doch ein guter Zeitpunkt für.

Ich: In der Bahn? Was denn? Eine unfreundliche Fahrkartenkontrolleurin? Einen exzentrischen Fernreisenden? Laut Musik hörende, nervtötende Jugendliche? Gab es doch alles schon. Es mangelt in der Bahn einfach an neuartigen Charakteren...

Plötzlich existiert ein linkwinkliges Dreieck mitten ins Abteil herein.

Mein innerer Schweinehund: Was soll denn ein linkwinkliges Dreieck sein?

Das linkwinklige Dreieck setzt eine Horde Odradek auf dem Abteilboden aus. Diese beginnen sofort außerordentlich herumzuwuseln.

Ich: Viel besser.

Mein innerer Schweinehund: Hm.

Das linkwinklige Dreieck wabert um sich, betrachtet all die braven regelkonformen rechten Winkel in den Ecken. Schließlich spricht es mit tiefer anti-geometrischer Stimme

Das linkwinklige Dreieck: Diese Winkel sind falsch. Eure Welt kennt nicht die Perfektion wahrer rechter Winkel. Alles ist voll von 'fast, aber nicht ganz', von bloßer Wahrscheinlichkeit von Möglichem und von nicht Ausgeschlossenem.

Mein innerer Schweinehund: Das ist doch großer Unfug. Es gibt keine linkwinkligen Dreiecke. Punkt, Basta, Aus!

Das linkwinklige Dreieck: Warum aber sollte ich nicht existieren?

Mein innerer Schweinehund: Weil das logisch, mathematisch und sprachlich Unsinn ist?

Das linkwinklige Dreieck: Zweifle nicht.Ich bin. Der Existenz zum Trotz. Was ich bringe sind Artefakte fremder Welten.

Mein innerer Schweinehund: So was wie Odradek? Ich wusste, bis eben gar nicht das Odradek Rudeldingviecher sind.

Muse: Sicherlich fragt ihr euch, wer oder was ein oder eine Odradek überhaupt ist. Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Vielleicht hilft eine Kurzfassung aus der Herkunftswelt. Wahrscheinlich aber eher nicht:

Es sieht zunächst aus wie eine flache sternartige Zwirnspule, und tatsächlich scheint es auch mit Zwirn bezogen; allerdings dürften es nur abgerissene, alte aneinander geknotete, aber auch ineinander verfilzte Zwirnstücke von verschiedenster Art und Farbe sein. Es ist aber nicht nur eine Spule, sondern aus der Mitte des Sternes kommt ein kleines Querstäbchen hervor und an dieses Stäbchen fügt sich dann im rechten Winkel noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren Stäbchens auf der einen Seite, und einer der Ausstrahlungen des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen aufrecht stehen. Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens findet sich kein Anzeichen dafür; nirgends sind Ansätze oder Bruchstellen zu sehen, die auf etwas derartiges hinweisen würden; das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. Näheres lässt sich übrigens nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich und nicht zu fangen ist. Er hält sich abwechselnd auf dem Dachboden, in Treppenhaus, auf den Gängen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere Häuser übersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zurück. Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen. Natürlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn — schon seine Winzigkeit verführt dazu — wie ein Kind. „Wie heißt du denn?“ fragt man ihn. „Odradek“, sagt er. „Und wo wohnst du?“ „Unbestimmter Wohnsitz“, sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Blättern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. Übrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint. Vergeblich frage ich mich, was mit ihm geschehen wird. Kann er denn sterben? Alles, was stirbt, hat vorher eine Art Ziel, eine Art Tätigkeit gehabt und daran hat es sich zerrieben; das trifft bei Odradek nicht zu. Sollte er also einstmals etwa noch vor den Füßen meiner Kinder und Kindeskinder mit nachschleifendem Zwirnsfaden die Treppe hinunterkollern?


Die Odradek mit der für sie typischen, lungenlosen Stimme (im Chor): Wir sind keine Dingviecher. Wir sind unbestimmbar und ohne erkennbaren Sinn!

Ich: Ich mag den Ausdruck aber. Fortan seid ihr Odradek, Klan der Dingviecher.

Odradek, Klan der Dingviecher (im Chor singend und eilig auf der Flucht zum neuen Wohnort):

Eine Weltflucht, die ist lustig,
eine Weltflucht, die ist schön,
denn da kann man fremde Welten
und noch vieles andre sehen.

Das linkwinklige Dreieck: Du beschmutzt und missbrauchst die Schöpfung großer Meister.

Ich: Macher von Volksliedern? Außerdem beschmutze ich sie nicht, sondern ehre sie mit einem Gastauftritt. Ist doch kein Karnevalsverein hier.

Mein innerer Schweinehund: Können wir einfach so tun, als wäre das hier alles gar nicht passiert?

Wir, beziehungsweise ich steige aus dem Zug aus. Was für ein absonderlicher Nachmittag.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
diese Folge war mal wieder Super!
Ich habe mehrfach die heilige Schrift, die da heißt Wikipedia, bemühen müssen um mir Klarheit zu verschaffen.
Was Du alles weißt beeindruckt mich!

Super Strypi ist ein US-amerikanisches Trägerraketenprojekt für kleine Nutzlasten.
Bislang fand nur ein Flug statt, bei dem die Rakete am 4. November 2015 etwa eine Minute nach dem Start zerbrach.
Genial!!!!!!
Odradek ist eine rätselhafte und vieldeutige, am Anfang dingartige, im weiteren Verlauf jungenhafte Gestalt aus Franz Kafkas Prosatext Die Sorge des Hausvaters aus der Erzählungssammlung Ein Landarzt. Die Figur wird zumeist als Frage nach einem Sinn gedeutet, da die Auflösung seines Wirklichkeitsstatus und seines Sinns im Text unklar bleibt. Der Erzähler selbst bezeichnet das Wesen und den Sinn Odradeks ausdrücklich als unverständlich und widersprüchlich.
(wenn ich das gewußt hätte, hätte ich das auch schon verbraten) Chapeou!

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen

______________________________________
Falls Gott die Welt geschaffen hat,
war seine Hauptsorge sicher nicht,
sie so zu machen,
dass wir sie verstehen können.

Albert Einstein​
 

FrederikH

Mitglied
Hallo Hagen,

danke für die Blumen :) Die Super Strypi hab ich allerdings selbst erst mal im heiligen Buch nachschlagen müssen. In meinen Notizen stand nur "irgendeine echte Rakete, die passt einfügen". Gibt sogar ein Video von der , die zeigt wie die Super Strypi ins Schleudern gekommen ist. Odradek sind super - finde die sollte man häufiger in Geschichten einbauen :) - bin gespannt, ob die bei dir demnächst herumwuseln. Heute geht's mal wieder ein bisschen unspektakulärer weiter:

Tag 9

Ein neuer Tag und es ist noch immer dieselbe Zimmerdecke. Allerdings sitzt eine dicke schwarze Fliege in der Mitte. Und da soll noch mal einer sagen, dass das Leben vor allem jenseits der eigenen vier Wände stattfindet. Ich tue das was ich am besten kann - ich seufze. Jetzt haben wir zwar einen Haufen irgendwie interessanter Figuren, aber die Handlung kommt nicht in Schwung.

Mein innerer Schweinehund: Wem sagst du das? Ich habe schon im ersten Kapitel gesagt, dass deine Prämisse keinen ganzen Roman füllen wird.

Es hilft alles nichts. Ich berufe einen Krisenstab ein.

Der pensionierte Bankräuber kommt neben dem Leergut hervor.
Die Muse ist, wie immer, präsent. Irgendwie.
Der Tierarzt kommt von der Gasse unterm Küchenfenster nach oben.
Meine Schreibblockade schnarcht friedlich auf dem Kühlschrank.
Das linkwinklige Dreieck beginnt in den Raum hineinzuexistieren.
Odradek, Klan der Dingviecher stürmt die Küchenzeile .

Ich: Habe ich irgendwen vergessen?

Muse: Die Giraffe, den Bademeister, die Elefanten, den Wolpertinger und die Nachbarn

Ich: Welcher Elefant, welche Wolpertinger?

Muse: Das war die Szene in der dein Mitbewohner aus dem Fenster gesprungen und auf einem Elefanten in der Praxis gelandet ist.

Ich: Ach die.

Muse: Die hattest du aber gestrichen meine ich.

Ich: Ja stimmt, irgendwer hat gemeckert. Und die Nachbarn?

Mein innerer Schweinehund: Wer einen Nachbargarten hat, wird wohl auch Nachbarn haben.

Der pensionierte Bankräuber: Ich habe sogar schon versucht mich bei ihren Nachbarn zum Kaffee einladen zu lassen, aber sie haben mich nicht eingelassen. Einbrechen wollte ich auch nicht - ich bin ja pensioniert...

Ich: Gut, ja, ich gebe zu: wir haben Nachbarn, aber ich habe keine Lust die zum Krisenstab einzuladen.

Mein innerer Schweinehund: Ist vielleicht auch besser so. Können sich Leserinnen und Leser ja selber überlegen, was die zu sagen hätten.

Das linkwinklige Dreieck: Eine Schreibaufforderung an Dritte ist eine Invasion. Machtausübung. Selbstkontinuität von Ego im Alter.

Mein innerer Schweinehund: Alter, das linkwinklige Dreieck ist ein Laberkopp, was eigentlich erstaunlich ist, da es ja gar keinen erkennbaren Kopf hat.

Ich: Woher soll man denn wissen, ob es einen Kopf hat? Es kann ja gar keine Form haben. Zu Mindest keine die wir wahrnehmen könnten.

Muse: Da wollte ich ja gestern schon was zu sagen. Rechter Winkel hat nichts mit rechts oder links zu tun, sondern kommt von lateinisch rectus - aufrecht.

Muse: Neben den rechten Winkeln kennen viele Leserinnen und Leser aus der Schulmathematik sicher noch die spitzen Winkel, die kleiner sind als rechte Winkel und die stumpfen Winkel, die größer sind. Darüber hinaus gibt es aber auch Nullwinkel (0°), gerade Winkel (180°), Reflexwinkel (360° > Winkel >180° ) ,Voll- oder Rundwinkel (360°) und für alles was nicht rechts ist, gilt als Sammelbegriff: Schräge Winkel. Linke Winkel dagegen sucht man in der Mathematik tatsächlich vergebens und was ein linkwinkliges Dreieck sein soll, müsste uns der Verfasser dieses Textes verraten. Doch der schweigt unwissend lächelnd.

Mein innerer Schweinehund: Hmpf. Aufrecht ist an dem linkwinkligen Dreieck jedenfalls gar nichts.

Die Odradek schubsen - mit einigem Aufwand - meine Schreibblockade vom Kühlschrank.

Tierarzt: Naja, alles sehr interessant, aber ich muss mich jetzt empfehlen. Die Arbeit ruft.

Alle gehen ab.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
wieder mal ein wunderbarer Text.
Ich hoffe, ihn mal zwischen zwei Buchdeckeln zusammenhängend lesen zu können.
Danke auch für die Auffrischung der Schulmathematik. Ich hatte bisher alles was ich in der Schule gelernt habe gewissenhaft verdrängt.

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Die Wunderbare Ulrike (es gibt sie wirklich und sie liest mit Freuden mit!) lässt schön grüßen!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter!
Herzlichst
Yours Hagen
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Achte auf Deine Gedanken,
denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Gewohnheiten,
denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deine Handlungen,
denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Worte,
denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deinen Charakter,
denn er wird Dein Schicksal.
 

FrederikH

Mitglied
Hallo Hagen, hallo Otto,

danke für die Unterstützung.

Wünsche gleichfalls beste Gesundheit in die Runde und weiter geht's mit Tag 11. Mir scheint irgendwo unterwegs ein Tag verloren gegangen zu sein. Aber das ist ja kein neues Phänomen....


Tag 11

Leere, nichts als Leere. Ein weiter, unbelebter Raum. Eine Wüste, die nicht länger lebt - vielleicht nie gelebt hat. Eine Stille, die nur im luftleeren Raum entstehen kann. Eine Stille in der nicht einmal die Zeit klingen kann, da nichts ist, was ihr Vergehen anzeigen könnte.


Wie kam es dazu? Nun, einst war die Wüste womöglich bewohnt. Einst wurden dort Gespräche über Alltägliches und Absonderliches geführt. Doch immer war dort Unzufriedenheit. Etwas war zu voll, zu leer, zu lang, zu kurz, zu einfach, zu kompliziert, zu umständlich, zu geradlinig...

Dann gingen sie alle und nach dem Verlassen der Figuren schuf sich die Leere einen ersten Raum. Das war den Unzufriedenen nicht genug. Die Figuren sollten nicht nur gehen. Sie sollten auch schnell gehen. Auf einmal sollten sie gehen. Niemanden zurücklassen sollten sie und so gingen alle. Alle gingen ab. Selbst die lungenlose Stimme hinter den Dingen.

Wie sollte es aber weitergehen? Wie wieder anfangen? Es gab kein 'Ich' mehr, dass erzählen konnte, bis es in diesem Satz negiert wurde.

Die negierte, abgelehnte Existenz, das Inkonsequente, das Störende, das linkwinklige Dreieck schob sich durch die Lücke des negierten 'Ich' zurück in die Realität der weißen Wüste. Es war einfach nicht, deshalb konnte es diesen Platz für sich erobern.

Das linkwinklige Dreieck: Ich bin und so sei 'Ich' erneut!


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Zurück in der WG-Küche angekommen:

Ich: Ha! Ich wusste das linkwinklige Dreieck würde sich als nützlich erweisen.

Mein innerer Schweinehund: Das hätte auch schief gehen können. Wenn du eine Welt erstellst, achte wenigstens auf deine Wortwahl. 'Alle gehen ab'. Wie bescheuert. Der Roman ist doch kein Bühnenstück. Wovon sollen wir denn abgehen?

Ich: Ach, jetzt ist das plötzlich mein Fehler. Das habe ich doch nur geschrieben, damit du aufhörst zu meckern. Hätte ich jedes Mal jeden einzeln gehen und kommen lassen, hättest du dich darüber später garantiert genauso beschwert.

Mein innerer Schweinehund: Besser redundantes Beschreiben von kommenden und gehenden Figuren als die Weltinexistenz zu riskieren.

Ich: Ist ja gut, ich schwöre in Zukunft darauf zu verzichten mich in irgendeiner Weise zu kurz zu fassen...

Sagte ich mit einer tiefen resignierenden Stimme. In ihr lag die Gesamtheit des Missfallens gegenüber dem Mangel an Experimentierfreudigkeit des Gegenübers. Wer war er, dass er sich nicht dem fügen konnte, was das Schicksal, nein, die Vorhersehung für ihn bereit hielt? Wer war er, dass er es wagte mir ins Wort zu fallen. Mir, seinem Schöpfer? Ein Wicht war er. Ein Wicht, der ohne mich nicht einmal fünf Minuten lang existieren könnte. Seine Gestalt so unbeschrieben, dass man selbst in seiner Gegenwart nicht wirklich sicher sein konnte, dass er es war und nicht bloß jemand, der seinen Namen, seine Bezeichnung verwandt.

Mein innerer Schweinehund: Mach halt, wie du meinst. Apropos Vorhersehung: Ein Glück ist das Kapitel jetzt vorbei.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frederik,
schade dass in diesem Fall die Story zuende ist.
Sie geht hoffentlich noch weiter; - ich brenne drauf!
... das Übliche ...
P.S. Denk dran, die Wüste schwebt - klebt und bebt!
 



 
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