Aller guten Dinge sind Drei?
Vielen Dank, Rumpelsstilzchen, für diese erstklassige Verdauung.
Habe mir selbst auch etwas Zeit genommen, den Text überarbeitet, deine Vorschläge eingepflegt, umgestellt, wieder „zurück-korrigiert“, dann doch noch mal gelesen, eine Nacht überschlafen, am liebsten fast alles hingeschmissen, mit dem Hund zwei Stunden durch den Regen spaziert, den Text nochmal verdaut und wieder ausgespuckt, schließlich die erste Version genommen, noch mal eine Kernsanierung durchgeführt, die Balance gesucht und hoffentlich gefunden.
Ich denke mal so für mich: „Das kann sich jetzt sehen lassen.“
So langsam verstehe ich auch, wofür das Wörtchen „Arbeit“ in der Textarbeit steckt.
Allen beteiligten Lesern danke ich für die Mitarbeit.
Hier nun, mit etwas Verspätung, die Version 3:
Schrottsammler 3
„Jimm?“
Die Stimme klang drängend.
„Jimm, wo steckst du?“
„Hier!“
„Verdammt, wo?“
„Na, hier. Was willst du?“
„Jimm? Ich kann dich nirgendwo sehen! Wo steckst du?“
Zwischen den freigelegten Platinen eines Bedienpultes tauchte ein Schraubenschlüssel auf. „Hier, siehst Du das? – Ahhh!“
Ein Blitz zuckte durch den Raum, Funken flogen knisternd auf und es roch plötzlich nach Ozon.
Jimm schimpfte lautstark und krabbelte hektisch unter der Konsole hervor.
Wütend fauchte er seinen Partner an: „Na prima! Das hast du ja wieder mal sauber hingekriegt! Was ist los, Marcos? Was hast du schon wieder für ein Problem?“
„Jimm, irgendwas stimmt hier nicht.“
„Ach? Und was, bitteschön, soll hier nicht stimmen?“
„Ich..., ich kann es dir nicht so genau erklären, irgendwie..., ich hab da so ein komisches Gefühl.“
Jimm stöhnte: „Hast du irgendwo Rigelianer gesehen?“
„Ich glaub` nicht, dass das hier ein rigelianisches Schiff ist.“
„Was? Was soll es denn sonst sein? Etwa Mosrohn?“
„Nein, die Mosrohner fangen doch gerade erst mit der Raumfahrt an.“
„Eben, sie fangen gerade erst an. Damit sind sie zwar schon seit zehntausend Jahren beschäftigt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen.“ Jimms Stimme troff vor Sarkasmus. „Und, sieht das ganze hier aus wie eines von unseren Schiffen?“
Die Antwort war kaum hörbar: „Nein.“
„Kannst du mir dann verraten, wessen Schiff das sein soll?“
Marcos schaute schweigend zu Boden, er reagierte nicht.
„Nun, ich warte!“
„Und wenn..., wenn wir das Schiff einer unbekannten Rasse entdeckt haben?“
Jimm erwiderte bissig: „Tja, dann sind wir wohl am Ende.“ Er hob ein kleines Sprechgerät hoch: „Sicko, melde dich.“
Einige Sekunden verstrichen, dann versuchte er es noch einmal: „Sicko, melde dich!“
Wieder ließ er einen kurzen Moment verstreichen, dann brüllte er ins Sprechgerät: „Sicko!“, und zu Marcos gewandt: „Ich glaube die pennt!“
„Was ist, Boss?“
Die Stimme klang etwas verzerrt und von einem leisen Knistern überlagert.
„Tut mir leid, wenn ich dich geweckt haben sollte, aber könntest du mir bitte freundlicherweise das Ergebnis der Computeranalyse durchgeben? Aber nur, wenn du gerade nicht etwas Besseres zu tun hast.“
Marcos trat zwei Schritte zurück und suchte nach einem Halt. Er kannte Jimm lange genug, um zu wissen, dass er, bei diesem Tonfall, kurz vor der Explosion stand
„Ähh..., nun..., tut mir leid, aber..., ich steck` noch in der Analyse.“, erklärte die Stimme aus dem Sprechgerät.
„Was? Ich hör` wohl nicht richtig!“ Jetzt war es soweit, Jimm explodierte. „Seit über sechs Stunden hängst du an einer Analyse, für die andere höchstens zwei Stunden brauchen! Bis du verrückt? Was soll der Blödsinn? Sieh zu, das du fertig wirst. Ich gebe dir...!“
Sicko unterbrach ihn: „Hör auf! Irgendwas stimmt hier nicht!“
„Was soll diese blöde Ausrede? Was soll hier nicht stimmen?“
„Willst du hören, was der Computer bisher ermittelt hat?“
Jimm fauchte: „Ich bitte darum!“
Das Sprechgerät blieb einen Moment stumm, Sicko schien sich zu sammeln, bevor sie antwortete: „Schiffsstruktur-Vergleich: unbekannt, metallurgische Analyse: Zusammensetzung unbekannt, Altersbestimmung: 135.000 Jahre.“
Jimm stierte fassungslos auf das Sprechgerät: „Das..., das kann nicht stimmen! Wiederhole die Analyse und melde...“
Sicko unterbrach ihn erneut: „Ich wiederhole gerade zum vierten Mal. Du weißt, was das bedeutet?“
Jimm starrte voller entsetzen nun Marcos an: „Wir sind am Ende.“
„Wir mussen das melden“, stammelte Marcos.
„Fällt dir nichts Besseres ein?“
Jimm erwartete keine Antwort. Er steckte das Sprechgerät ein und blickte sich um, seine Gedanken wirbelten.
Nein, er konnte es einfach nicht glauben, das Schiff konnte nicht so alt sein, es durfte nicht so alt sein.
Wenn es tatsächlich so alt war, dann musste es das Schiff einer fremden Rasse sein.
Wenn es das Schiff einer fremden Rasse war, dann musste er es melden.
Wenn er es meldete, dann würden andere kommen, um das Schiff zu bergen.
Wenn andere das Schiff bargen, dann konnte er dieses Schiff nicht mehr verwerten.
Wenn er es nicht verwerten konnte, dann würde er nichts mehr an diesem Schiff verdienen.
Er hatte so viele Schulden, wenn er jetzt nicht etwas Geld verdiente, war er am Ende.
Konnte er es riskieren?
Gab es eine Chance?
„Marcos?“
„Wir müssen das melden.“
Jimm resignierte, er griff wieder nach dem Sprechgerät.
Drei Tage später, etwa dreihundert Lichtjahre vom Ort des Geschehens entfernt, fast zwei Kilometer unter der Oberfläche eines Planeten:
„Der Bericht, euer Hoheit.“
Die Königin beugte sich vor und nahm von ihrer Dienerin den Bericht entgegen: „Danke, mein Kind, du darfst wieder gehen.“
Er war kurz, enthielt aber alle wichtigen Fakten.
Das fremde Schiff war positiv identifiziert, die Sicherheitsprotokolle erfolgreich ausgeführt worden. Keine Überlebenden, kein Sicherheitsrisiko.
Die Königin seufzte tief.
Niemand durfte jemals erfahren, dass es eine hochentwickelte Zivilisation minderwertiger Säugetiere gegeben hatte.
Das Chaos würde über die Rigelianer, die Mosrohner und ihr eigenes Volk hereinbrechen. Als man vor fast tausend Jahren das erste Wrack dieser fremden Rasse entdeckt hatte, war man sich einig geworden, diese Entdeckung geheim zu halten. Diese Entdeckung hatte allen fundamentalen Erkenntnissen ihrer Rassen widersprochen.
Säugetiere waren eine Futterquelle.
Intelligentes Futter?
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.
Man hatte das Schiff damals gründlich untersucht. Ein fremdes Volk, in der Technologie unglaublich weit fortgeschritten. Man hatte auch ermittelt, woher dieses Volk einst stammte. Der dritte Planet einer kleinen gelben Sonne, seit über 100.000 Jahren eine tote Welt, Kometeneinschlag.
Die Königin schaute wieder auf den Bericht und las am Schluss eine Verlustliste mit drei Namen.
Jimm, Marcos und Sicko waren tot.
Sie selbst hatte ihre Tötung veranlasst, ihre eigenen Kinder geopfert.
Das Opfer war nicht sehr groß gewesen, sie hatte Millionen Söhne und Töchter.
Gedankenverloren strich sich die Königin über ihren stark geschwollenen Unterleib. In wenigen Tagen würde sie wieder einige tausend Eier legen, ihre Arbeiterrinnen hatten schon alles dafür vorbereitet.
Wie hatte sich diese fremde Rasse doch gleich selbst genannt?
Ach ja,
Menschen.