Schrumb und die Lüjonen

anbas

Mitglied
Hallo, Ihr Lieben,

den unten stehenden Text möchte ich für eine Veranstaltung einreichen, die bei mir im Stadtteil inzwischen schon fast Kultcharakter hat: Das MaiRauschen ( http://www.mairauschen.de/ ). Hierfür werden zu einem bestimmten Thema Texte eingereicht, die in einer Anthologie zusammengefasst werden. In der Regel acht bis neun der sich beteiliegenden Autoren tragen ihre Werke auch vor.

Das Motto des diesjährigen MaiRauschens lautet "Elfen im Weltall". Ich habe die Veranstalter bereits gefragt, unter welchem Drogeneinfluss sie standen, als sie dieses Thema auswählten. "Wir nehmen keine Drogen", hieß es. Nun ja ...

Ich habe meinen Text auch drogenfrei geschrieben - wobei auch das angezweifelt werden könnte ...

Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr bezüglich
- Rechtschreibung
- Kommata aber auch
- des Gesamteindrucks und stilistischer Feinheiten über den Text geht
- außerdem bin ich mit dem Titel noch nicht so ganz glücklich und daher für Vorschläge offen

Da ich die Geschichte massivst kürzen musste, um die vorgegebene Anzahl der Zeichen nicht zu überschreiten, bin ich mir nun unsicher, ob das dem Text geschadet hat - es fehlt der Abstand. Ihr wißt nicht, wie der Text vorher aussah, und lest ihn daher mit anderen Augen. Wenn er für in seiner Gesamtheit OK ist, kann ich aufatmen. Weiter ausführen kann ich kaum etwas, da ich aktuell gerade mal um etwa 130 Zeichen (inkl. Leerzeichen) unter der Obergrenze liege...

So, und nun zum Text:


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Exodus

Das Weltall. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2017. Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flug-Elfenstamm aus der Nähe von Lüneburg, der auf der Suche nach einer neuen Heimat immer weiter in die Tiefen des Universums vordringt und sicherlich noch viele Abenteuer erleben wird.

Alles begann Mitte der neunzehnhundertachtziger Jahre, als man um Lüneburg herum eine Ortsumgehung baute, die direkt durch das Gebiet der Lüjonen führte. Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Doch seit es diese Ortsumgehung gab, waren sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließ immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken. Viele litten an Allergien und schlimmsten Migräne-Attacken. Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die zu einer völligen Flugunfähigkeit führen konnte, musste etwas unternommen werden.

Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit mehr.

Der oberste Elfen-Rat setzte sich aus den wichtigsten elf Elfen des Stammes zusammen. Hier war Gerlowein einer unter gleichen. Er hatte kein besonderes Stimmrecht. Die Geschicke des Stammes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Ein Beschluss musste nicht nur einstimmig beschlossen sondern auch einstimmig verkündet werden. Erst wenn dies geschehen war, durfte er umgesetzt werden.

Eines der Ratsmitglieder hieß Bosskarak. Er war der älteste Elf im Stamm und wurde wegen seiner großen Weisheit sehr verehrt. Doch auch an Elfen geht der Alterungsprozess nicht spurlos vorüber. So kam es vor, dass er während der Besprechungen einschlief oder mitten im Satz vergaß, was er eigentlich sagen wollte. Immer wieder musste man ihn wecken und über den aktuellen Stand der Diskussion informieren. Das erschwerte die einstimmige Beschlussfassung erheblich. Nachdem man zwei Monate später endlich einen Beschluss gefasst hatte, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: Die einstimmige Verkündung des Beschlusses. Immer wieder vergaß Bosskarak den Wortlaut, versprach sich oder redete langsamer als die anderen. Einige Male schlief er sogar während des Redens ein.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten. Man bemühte Coachs, Rhythmustrainer und Dirigenten. Selitara, die große Heilerin des Stammes, verabreichte Bosskarak konzentrationsfördernde Mittel. Und der Astrologe Paskinajus ermittelte immer wieder neue Zeitpunkte, an denen die Sternenkonstellation besonders günstig für die Beschlussverkündung war. Doch nichts half. Schließlich einigte man sich darauf, den Wortlaut des Beschlusses auf das absolute Minimum zu verringern. Die weiteren Erläuterungen sollte dann Gerlowein vortragen. Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.

So kam es dann endlich dazu, dass der oberste Elfen-Rat vor den Stamm treten und die Entscheidung verkünden konnte. Diese lautete: Wir wandern aus!

Dann kam Gerloweins große Stunde, der nun den Beschluss weiter ausführen sollte.

"Liebe Elfen", rief er. "Mit Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Naturgeistern mit Respekt begegnet, doch auch diese werden immer weniger. Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern."

Jene Elfen, die nicht gerade allzu sehr unter ihrer Migräne, einer Allergie oder der Krasomanie litten, bejubelten den Beschluss. Sofort machte man sich daran, Arbeitsgruppen zu bilden. Jede Arbeitsgruppe wurde von einem eigenen Elfen-Rat geleitet. Auch hier mussten die Beschlüsse natürlich – ganz nach altem Brauch – einstimmig erfolgen und verkündet werden. Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Grundsätzlich spielt bei Elfen die Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner. Denn je länger sich die Umsetzung des Auswanderungsbeschlusses hinzog, umso größer wurde die Zahl der schwer erkrankten und arbeitsunfähigen Elfen. Man hatte inzwischen sogar eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, um einen Weg zu finden, wie man die flugunfähigen Stammesmitglieder in die neue Heimat transportieren könnte. Die Reise an sich war kein Problem, da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehörten, die auch ohne Atemluft im Weltall überleben konnten. Man musste lediglich noch Flugtechniken entwickeln, um besser mit der Schwerelosigkeit zurechtzukommen – doch dafür hatte sich schon längst eine Arbeitsgruppe gebildet.

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm aber immer weiter zu, so dass man sich dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen. Die Wahl fiel auf den großen Schrumb. Er gehörte einer relativ neuen und noch nicht überall anerkannten Gattung von Naturwesen an – den Gartenzwergen. Schrumb übernahm den Auftrag gerne. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat begleiten zu dürfen. Er selber war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen. Nachdem der oberste Elfen-Rat lange getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung, und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.

Sogleich machte sich dieser mit großem Eifer ans Werk. Zunächst verschaffte er sich einen Überblick, in dem er alle Arbeitsgruppen besuchte, die sich bis dahin gebildet hatten – es waren insgesamt 93. Einige von ihnen konnte er sofort auflösen, wie zum Beispiel die "Arbeitsgruppe zur Koordination der Arbeitsgruppen". Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selber. Die Arbeitsgruppen "Spiel und Gesang während der Reise", "Literatur und Theater unterwegs" sowie "Künstlerische Umsetzung der Reiseimpressionen" fasste er zu einer "Arbeitsgruppe Kultur" zusammen. Erstaunlicherweise war es auch möglich, die Arbeitsgruppe "Verpflegung" aufzulösen, da es den Elfen-Wissenschaftlern zwischenzeitlich gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sonnen und Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte. Bei anderen Arbeitsgruppen erwies es sich als notwendig, sie wieder auf das eigentliche Ziel einzunorden. So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt war, als Kooperationspartner bemühen sollte.

Die Verringerung der Arbeitsgruppen machte sich schnell bemerkbar, da nun wesentlich mehr Elfen für die eigentliche Arbeit zur Verfügung standen. Nach einigen Wochen beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen. Hierzu rief er alle noch bestehenden Elfen-Räte zusammen – es waren inzwischen nur noch elf.

"Hochverehrte Elfen-Räte", setzte er mit feierlicher Stimme an, "in den letzten Wochen konnten wir schon große Fortschritte erzielen. Doch immer noch dauert es viel zu lange, bis die Entschlüsse der einzelnen Räte in die Tat umgesetzt werden können.

Wie ihr alle wisst, achte ich Eure Traditionen. Und ich bin voller Bewunderung für den Einsatz, den ihr bei der Umsetzung dieses großen Planes an den Tag legt. In Anbetracht dessen, dass ihr in eine neue Welt aufbrechen wollt, in der euch viel Neues erwartet, empfehle ich, einige eurer Gebräuche kritisch zu hinterfragen, um flexibler auf diese Anforderungen reagieren zu können. Diese Entwicklung braucht Zeit, und Vieles von dem kann während unserer langen Reise weiter bedacht und umgesetzt werden. Doch ich empfehle dringend, schon jetzt im Sinne des Projektes mit einer Veränderung zu beginnen.

Aufgrund meiner Beobachtungen aus den letzten Wochen schlage ich vor, die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen und stattdessen Sprecher einzusetzen, welche die gefassten Beschlüsse in Zukunft verkünden sollen.

Überlegt meine Worte gut, besprecht Euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu dieser Frage."

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rats-Mitglieder waren geschockt. Auf solch radikale Veränderungsvorschläge waren sie nicht vorbereitet gewesen. Es war Gerlowein, der seine Worte als erster wiederfand.

"Oh, erhabener Schrumb", begann er würdevoll, "deine Worte müssen in der Tat überdacht werden. Der oberste Elfen-Rat wird hierüber beraten. Wir werden uns sofort zurückziehen und dir dann unsere Entscheidung mitteilen."

Nachdem Gerlowein dies gesagt hatte, zog er sich mit dem obersten Elfen-Rat zurück. Und bereits nach zwei Wochen war man zu einem Ergebnis gekommen. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.

"Habt ihr meinen Vorschlag überdacht und eine Entscheidung getroffen?" fragte Schrumb.

"Ja, das haben wir, erhabener Schrumb!" antwortete der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und alleine weitersprach.

"Erhabener Schrumb", begann er bedächtig, stockte und schaute dann auf den Stichwortzettel, den er in der Hand hielt. "Besonders uns Alten fällt es schwer, Traditionen aufzugeben und uns auf Neues einzulassen. Doch deine Worte haben uns überzeugt. Wir stehen vor großen Veränderungen, die auch Veränderungen von uns verlangen. Wir stimmen daher deinem Vorschlag zu, bestehen aber auf eine Arbeitsgruppe, deren Aufgabe es sein wird, diese Entwicklung zu überwachen und zu begleiten."

"Nun, dann soll es so sein", antwortete Schrumb, der gerade noch verhindern konnte, laut aufzustöhnen, als das Wort "Arbeitsgruppe" fiel.

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb sorgte sehr schnell dafür, dass die Sprecher als Mitglied ohne Stimmberechtigung in die Elfen-Räte aufgenommen wurden und somit über alle Beschlüsse von Anfang an informiert waren.

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war. Um ihn selber aus der Atmosphäre hinauszubringen, wurden dann allerdings sämtliche übrigen Mitglieder des Stammes benötigt. Später im Weltall reichte dann eine kleine Gruppe aus, die ihn in Richtung der neuen Heimat zog.

Nun dauerte es nur noch wenige Monate, bis alle Vorbereitungen abgeschlossen waren. Am 01.04.2017 machte sich das Elfenvolk der Lüjonen auf den Weg. Man hatte sich ein Planetensystem am äußersten Rand der Milchstraße ausgesucht (es ist das elfte von links). Erfreulicherweise verlief die Reise bis zum heutigen Tag planmäßig und ohne besondere Zwischenfälle.

Und sollten Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch den Weltraum schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen auf dem Weg in eine bessere Zukunft befindet.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Hallo anbas,

mir ist das etwas zu wenig kraftvoll, im hinteren Drittel wurde der Spannungsbogen sogar mal so schwach, dass ich eigentlich aufhören wollte zu lesen. Aber ich räume ein, dass das vielleicht auch nur einer tagesformabhängigen Leseunlust geschuldet sein könnte (es ist immerhin Freitag ;) ).

Titel-Ideen: Der lange Weg / Aufbruchswehen / Gruppenarbeit / Gründlich …


Fehler, Gedanken zu Stil/Redundanz/etc. und andere Details:

Das Weltall. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2017.
Trotz bereits vielfacher Nutzung noch immer hübsch. Nur hat es mit der Story nichts zu tun, denn die spielt nicht im Weltall.

Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flug-Elfenstamm aus der Nähe von Lüneburg, der auf der Suche nach einer neuen Heimat immer weiter in die Tiefen des Universums vordringt und sicherlich noch viele Abenteuer erleben wird.
Besser „Flugelfen-Stamm“, oder?
Auch das führt in die falsche Richtung, auch wenn es rein sprachlich korrekt ist.

Alles begann Mitte der neunzehnhundertachtziger Jahre, als man …
Wenn die Zeichenzahl so wichtig ist, kanst du hier „1980er“ schreiben.

Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließ immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken.
ließen

Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die zu einer völligen Flugunfähigkeit führen konnte, musste etwas unternommen werden.
führen kann

Dies war seit Generationen nicht [blue]mehr[/blue] nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit [blue]mehr[/blue].
Hier war Gerlowein einer unter gleichen.
unter Gleichen

Er hatte kein besonderes Stimmrecht.
Entbehrlich, weil es auf den selben Inhalt wie der vorherige Satz hinausläuft. Oder?

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten.
dieses Problem Herr zu werden

Man bemühte Coachs, Rhythmustrainer und Dirigenten.
Das fand ich im ersten Moment herrlich absurd. Als mir klar wurde, dass es das nicht wirklich ist, hatte ich eher das Gefühl, dass es nicht gut eingebettet ist.
Lieber „Coaches"?

Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.
Ein Zugereister kann Mitgleid im Rat werden? Die sind pragamatischer als ich dachte …


"Liebe Elfen", rief er. "Mit Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Naturgeistern mit Respekt begegnet, doch auch diese werden immer weniger. Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern."
Was hat diese sehr kurze Rede mit großer Stunde zu tun?
Statt "doch auch diese" wäre "und auch diese" richtiger, oder?

Sofort machte man sich daran, Arbeitsgruppen zu bilden.
Hübsch. Aber ich hatte beim Lesen das Bedürfnis, den Grund anzuhängen, warum es Gruppen sind und nicht nur eine.


Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Grundsätzlich spielt bei Elfen die Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner.
Hier fand ich die Anbindung(en) nicht perfekt. Ich war versucht „Grundsätzlich spielt bei Elfen Zeit ja keine so große Rolle" oder sogar "Nun spielt ja Zeit bei Elfen eigentlich keine so große Rolle" zu lesen.

Die Reise an sich war kein Problem, da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehörten, die auch ohne Atemluft im Weltall überleben konnten. Man musste lediglich noch Flugtechniken entwickeln, um besser mit der Schwerelosigkeit zurechtzukommen – doch dafür hatte sich schon längst eine Arbeitsgruppe gebildet.
… dass die Luft auch zum Fliegen mit Flügeln nötig ist, spielt offenbar auch keine Rolle.
Fehlt im Teil nach dem Gedankenstrich nicht ein "auch"?
An dieser Stelle hatte ich das Gefühl, dass der Text nach der "Plotting by Writing"-Methode enstanden ist. Der Faden schlenkert von "ArbeitsgruppeN" zu "das dauert!" zu "Problem deswegen" und "weitere Arbeitsgruppe zur Lösung", weiter nach "die Reise selbst" und nochmal zu "noch 'ne Arbeitsgruppe(n)" (wobei diese ja von Anfang an existiert haben muss, weil das Thema essentiell für das Prjekgt ist) …

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm aber immer weiter zu, so dass man sich dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen.
Worauf bezieht sich hier das "aber"?

Nachdem der oberste Elfen-Rat lange getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung[red],KEIN KOMMA[/red] und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.
Sogleich machte sich dieser mit großem Eifer ans Werk.
„mit großem Eifer" ist entbehrlich.

Zunächst verschaffte er sich einen Überblick, in dem er alle Arbeitsgruppen besuchte, die sich bis dahin gebildet hatten – es waren insgesamt 93.
indem

Wie ihr alle wisst, achte ich Eure Traditionen.
Da er "ihr" sagt, muss er auch "euch" sagen

Aufgrund meiner Beobachtungen aus den letzten Wochen schlage ich vor, die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen und stattdessen Sprecher einzusetzen, welche die gefassten Beschlüsse in Zukunft verkünden sollen.
Dafür holt er so aus? Das ändert an dem ganzen Prozess gar nichts. Auch wenn ich beim zweiten Lesen jetzt annehme, dass das genau der von dir gewünschte Effelt ist (Dafür das Ausholen? Und was ändert das?), verfestigt sich zugleich das Gefühl, dass hier laut pfeifend die Luft aus der Story entweicht.

Überlegt meine Worte gut, besprecht Euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu dieser Frage."
euch

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rats-Mitglieder waren geschockt.
bei Binde-s nicht noch ein Binde-Strich (also "Elfen-Ratsmitglieder" oder "Elfen-Rat-Mitglieder")

Auf solch radikale Veränderungsvorschläge waren sie nicht vorbereitet gewesen. Es war Gerlowein, der seine Worte als erster wiederfand.

"Oh, erhabener Schrumb", begann er würdevoll, "deine Worte müssen in der Tat überdacht werden. Der oberste Elfen-Rat wird hierüber beraten. Wir werden uns sofort zurückziehen und dir dann unsere Entscheidung mitteilen."
… und hier war die Luft dann ganz raus. Trotz der Kopf-Erkenntnis, dass dieses "viel Lärm um nichts" wohl Absicht ist. Etwas anderes wäre es vielleicht, wenn dies Sache hier Hauptthema wäre, als Hauptproblem der Verzögerung gezeigt worden wäre. (Hauptproblem ist aber die Vielzahl der Gremien + die einstimmige Beschlussfassung.)

Nachdem Gerlowein dies gesagt hatte, zog er sich mit dem obersten Elfen-Rat zurück. Und bereits nach zwei Wochen war man zu einem Ergebnis gekommen. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.
… und noch mehr zu diesem sich als belanglos anfühlenden Thema …

"Habt ihr meinen Vorschlag überdacht und eine Entscheidung getroffen?" fragte Schrumb.
… und ncoh mehr Text (lass es sie doch einfach sagen!)

"Ja, das haben wir, erhabener Schrumb!" antwortete der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und alleine weitersprach.
… und noch mehr …

"Erhabener Schrumb", begann er bedächtig, stockte und schaute dann auf den Stichwortzettel, den er in der Hand hielt. "Besonders uns Alten fällt es schwer, Traditionen aufzugeben und uns auf Neues einzulassen. Doch deine Worte haben uns überzeugt. Wir stehen vor großen Veränderungen, die auch Veränderungen von uns verlangen. Wir stimmen daher deinem Vorschlag zu, bestehen aber auf eine Arbeitsgruppe, deren Aufgabe es sein wird, diese Entwicklung zu überwachen und zu begleiten."
… udn noch mehr. Dass die Pointe hier nicht ganz ohne Witz ist, riss es für nicht mehr raus.

"Nun, dann soll es so sein", antwortete Schrumb, der gerade noch verhindern konnte, laut aufzustöhnen, als das Wort "Arbeitsgruppe" fiel.
Schrumb so in den Fokus zu nehmen (als einzigen), halte ich für stilstörend und überflüssig (die Pointe mit "noch eine AG" finktioniert auch so).

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb sorgte sehr schnell dafür, dass die Sprecher als Mitglied ohne Stimmberechtigung in die Elfen-Räte aufgenommen wurden und somit über alle Beschlüsse von Anfang an informiert waren.
… und noch mehr.

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war. Um ihn selber aus der Atmosphäre hinauszubringen, wurden dann allerdings sämtliche übrigen Mitglieder des Stammes benötigt. Später im Weltall reichte dann eine kleine Gruppe aus, die ihn in Richtung der neuen Heimat zog.
Plotting by Writing: Hier schwenkst du wie beiläufig wieder zu einem Hauptaspekt der Reise und bist dann auch schon ratzfatz am Ende angekommen.

Am 01.04.2017 machte
am besten „1. April 2017“, mindestens aber „1. 4. 2017"



Viel Krümelkram, ich weiß, aber du wolltest es ja so. Oder?
Viel Erfolg schon mal!
 

anbas

Mitglied
Hallo Jon,

ich danke Dir ganz herzlich. Mag sein, dass es Krümelkram ist - aber auch der hilft, mehr aus der Geschichte zu machen. Außerdem bringen solche Rückmeldungen auch mich selber in meiner Schreiberei weiter.

Ich hoffe, dass ich schon an diesem Wochenende die Zeit habe, mich an die Überarbeitung zu machen. Lust darauf habe ich, bin allerdings von den letzten Arbeitswochen so geschafft, dass ich evtl. auch nur "abhänge" :D. Aber noch habe ich auch etwas Zeit.

Liebe Grüße

Andreas
 

molly

Mitglied
""Elfen im Weltall"

Lieber Andreas,

für den Titel plaudern die Lüjonen zu lange. Sie sollten im Weltall doch bestimmt ankommen und etwas erleben.

Mir gefiele auch der Titel: Das Volk der Lüjonen.

Viele Grüße und Daumendrücken von

Monika
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Nachtrag einer sponaten Idee: Was wäre, wenn die Lüjonen über all dem Gerede überhaupt nicht ins All kämen? Dann könnte der text so beginnen: „Das Weltall. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2017 und eigentlich wollten Lüjonen schon lange unterwegs in ihre neue Heimat sein. Die Idee dazu kam den Flug-Elfen aus der Nähe von Lüneburg, als in den 1980ern eine Umgehungsstraße direkt durch ihren Lebenraum gebaut wurde und sie zunehmend unter dem Lärm und den Abgasen litten. …“
 

molly

Mitglied
... und als dann alle krank und flugunfähig sind, rettet sie der gute Zwerg in sein Zwergenreicch und wird dort von den Elfen zum König gewählt???
Und wie haben sie ihre Krankheiten in den Griff bekommen?
Ich glaube, selbst Elfen mögen keine Schmerzen.
 

kad sgard

Mitglied
was mir aufgefallen ist, am anfang schreibst du von flugelfen und weiter unten von naturelfen ... finde ich ein bisschen schade, da man sich die elfen nicht vorstellen kann.
sind sie grün, blau, lila der lüneburger heide wegen?
und der gartenzwerg, ist er dick, hat ne mütze, ein grimmiges gesicht?

die wissentschaftler die licht aus den sternen absorbieren ... sie sollten lange bärte haben oder ne verrückte idee wie man das licht in tuben füllt oder so. ich meine, licht aus sternen ziehen, das sollte belohnt werden ;)

ansonsten ist jon recht fleißig gewesen und muss ihr recht geben.

ist aber ne tolle geschichte und drücke fest die daumen


lg
kad
 

anbas

Mitglied
Hallo, Ihr Lieben,

hier nun die erste ausführliche Überarbeitung des Textes. Zum Glück habe ich festgesttelt, dass ich hinsichtlich der Zeichenzahl noch etwas Spielraum hatte - jetzt bin ich aber fast am "Anschlag".

Ich habe die meisten Eurer Anmerkungen und Vorschläge aufgenommen. Sie waren wirklich sehr hilfreich - nochmals meinen herzlichsten Dank!

Noch einmal wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr bezüglich
- Rechtschreibung
- Kommata aber auch
- des Gesamteindrucks und stilistischer Feinheiten
über den Text geht

Auch mit dem Titel hadere ich noch. "Der lange Weg" ist derzeit zwar mein Favorit, aber so ganz glücklich bin ich damit noch nicht. Mir selber schwirrt "Die Auswanderungs-AG" im Kopf herum, doch ich befürchte, dass ich damit schon zu viel von der Pointe im Titel habe.


So, und nun zum Text, zweiter Anlauf;):


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Exodus

Wir schreiben das Jahr 2017. Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flugelfen-Stamm aus der Nähe von Lüneburg, der sich auf die Suche nach einer neuen Heimat in die Tiefen des Weltalls begab.

Alles begann Mitte der 1980er Jahre, als man um Lüneburg herum eine Ortsumgehung baute, die direkt durch das Gebiet der Lüjonen führte. Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Von weitem könnte man sie für einen Mückenschwarm halten, wenn sie über der Lichtung des Waldes, in dem sie lebten, einen ihrer anmutigen Tänze aufführten. Hätte man aber genauer hingesehen, so hätte man feststellen, dass sie einen hellen, leicht blauschimmernden Körper haben, mit fast durchsichtigen Flügeln, die im Sonnenlicht gelegentlich in den Regenbogenfarben schimmern.

Seit es nun diese Ortsumgehung gab, waren sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließen immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken. Viele litten an Allergien und schlimmsten Migräne-Attacken. Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die diese zunächst braun färbt und später zu völliger Flugunfähigkeit führen kann, musste etwas unternommen werden.

Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit mehr.

Der oberste Elfen-Rat setzte sich aus den wichtigsten elf Elfen des Stammes zusammen. Hier war Gerlowein einer unter Gleichen. Die Geschicke seines Volkes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Ein Beschluss musste nicht nur einstimmig beschlossen sondern auch einstimmig verkündet werden. Erst wenn dies geschehen war, durfte er umgesetzt werden. Da es Teil der lüjonischen Kultur war, sehr blumig und weit ausholend zu reden, dauerten die Besprechungen in der Regel sehr lange. Und auch die Verkündung von Beschlüssen nahm stets viel Zeit in Anspruch.

Eines der Ratsmitglieder hieß Bosskarak. Er war der älteste Elf im Stamm und wurde wegen seiner großen Weisheit sehr verehrt. Doch auch an Elfen geht der Alterungsprozess nicht spurlos vorüber. So kam es vor, dass er während der Besprechungen einschlief oder mitten im Satz vergaß, was er eigentlich sagen wollte. Immer wieder musste man ihn wecken und über den aktuellen Stand der Diskussion informieren. Das erschwerte die einstimmige Beschlussfassung erheblich. Nachdem man drei Jahre später endlich einen Beschluss gefasst hatte, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: Die einstimmige Verkündung des Beschlusses. Immer wieder vergaß Bosskarak den Wortlaut, versprach sich oder redete langsamer als die anderen. Einige Male schlief er sogar während des Redens ein.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten. So versuchten besonders rhythmisch begabte Elfen mit Bosskarak einen eingängigen Sprechgesang einzustudieren. Selitara, die große Heilerin des Stammes, verabreichte ihm konzentrationsfördernde Mittel. Und der Astrologe Paskinajus ermittelte immer wieder neue Zeitpunkte, an denen die Sternenkonstellation besonders günstig für die Beschlussverkündung war. Doch nichts half. Schließlich einigte man sich darauf, den Wortlaut des Beschlusses auf das absolute Minimum zu verringern. Die weiteren Erläuterungen sollte im Anschluss Gerlowein vortragen. Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte und dort die im Stamm lebenden Fremd-Elfen vertrat, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.

So kam es endlich dazu, dass der oberste Elfen-Rat vor den Stamm treten und die Entscheidung verkünden konnte. Diese lautete: Wir wandern aus! Anschließend erläuterte dann Gerlowein seinem Volk den Beschluss.

"Liebe Elfen", rief er. "Mit großer Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Elfen mit Respekt begegnet, und auch diese werden immer weniger."

Dann folgte eine ausführliche Aufzählung jener Länder, in denen man die Bedürfnisse von Elfen, Trollen und anderen Naturwesen noch achtete. Er beschrieb ausführlich, wie die Menschen die Natur zerstörten. Anschließend schilderte er anschaulich, wie die Lüjonen in den letzten Jahren gelitten hatten, um danach seine Rede zu beenden, indem er feierlich ausrief:

"Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern."

Jene Elfen, die nicht gerade allzu sehr unter Migräne, einer Allergie oder der Krasomanie litten, bejubelten den Beschluss. Sofort machte man sich daran, für die weitere Planung und Umsetzung des Unternehmens Arbeitsgruppen mit den unterschiedlichsten Aufgaben zu bilden. Jede Arbeitsgruppe wurde von einem eigenen Elfen-Rat geleitet. Auch hier mussten die Beschlüsse – ganz nach altem Brauch – einstimmig erfolgen und verkündet werden. Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Eigentlich spielt ja bei Elfen Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner. Denn je länger sich die Umsetzung des Auswanderungsbeschlusses hinzog, umso größer wurde die Zahl der schwer erkrankten und arbeitsunfähigen Elfen. Man hatte inzwischen sogar eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, um einen Weg zu finden, wie man die flugunfähigen Stammesmitglieder in die neue Heimat transportieren könnte.

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm immer weiter zu, so dass man sich nach zehn Jahren dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen. Die Wahl fiel – nach weiteren sieben Jahren – auf den Großen Schrumb. Er gehörte einer relativ neuen und noch nicht überall anerkannten Gattung von Naturwesen an – den Gartenzwergen. Obwohl man ihn "den Großen Schrumb" nannte, war er eigentlich eher klein und etwas untersetzt. Wie die meisten seiner Art, hatte er einen vollen weißen Bart. Bekleidet war er mit einer roten Zipfelmütze, einer roten Jacke und einer grünen Hose. Sein Gesichtsausdruck war jedoch nicht ganz so freundlich, wie der von anderen Gartenzwergen. Er wirkte eher ernsthaft und streng.

Schrumb übernahm den Auftrag gerne. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat begleiten zu dürfen. Er selber war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen. Nachdem der oberste Elfen-Rat einige Monate getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.

Sogleich nahm er seine Arbeit auf und verschaffte sich einen Überblick über alle 111 Arbeitsgruppen, die bis dahin gegründet worden waren. Er besuchte sie, beobachtete ihre Arbeitsabläufe, um dann korrigierend einzugreifen. Einige der Gruppen konnte er sofort auflösen, wie zum Beispiel die "Arbeitsgruppe zur Koordination der Arbeitsgruppen". Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selber. Die Arbeitsgruppen "Spiel und Gesang während der Reise", "Literatur und Theater unterwegs" sowie "Künstlerische Umsetzung der Reiseimpressionen" fasste er zu einer "Arbeitsgruppe Kultur" zusammen. Bei anderen Arbeitsgruppen erwies es sich als notwendig, sie wieder auf das eigentliche Ziel einzunorden. So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt war, als Kooperationspartner bemühen sollte.

Erstaunlicherweise konnte auch die "Arbeitsgruppe Verpflegung" ihre Tätigkeit einstellen, da es den Elfen-Wissenschaftlern gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sonnen und Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte. Aus den unverdaulichen Lichtstrahlresten hatten sie sogar einen Treibstoff für den Antrieb im All herstellen können. Jede Elfe konnte so den eigenen Treibstoff produzieren. Dieser wurde einfach in eine kleine Düse geleitet, die auf ihrem Rücken befestigt werden konnte. Da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehörten, die auch ohne Atemluft im Weltall überleben konnten, brauchte dies nicht weiter erörtert werden. Auch waren sie kräftig und besaßen sehr gut Flugeigenschaften, so dass der Flug von der Erde ins Weltall ebenfalls kein Thema war. Aufgrund des Übereifers einiger Elfen hatte es aber auch zu diesen Punkten Arbeitsgruppen gegeben. Sie wurden jedoch, ohne dass Schrumb je von ihrer Existenz erfuhr, still und heimlich aufgelöst.

Die Verringerung der Arbeitsgruppen machte sich schnell bemerkbar, da nun wesentlich mehr Elfen für die eigentliche Arbeit zur Verfügung standen. Schon nach kurzer Zeit konnten weitere Arbeitsgruppen aufgelöst werden, da sie ihre Aufgabe erledigt hatten. Nach gut vier Monaten beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen. Hierzu rief er alle noch bestehenden Elfen-Räte zusammen – es waren inzwischen nur noch elf.

Da er inzwischen die Vorliebe der Lüjonen für lange huldvolle Reden kannte, bemühte er sich, ebenfalls nicht sofort zum eigentlichen Sinn dieses Treffens zu kommen. Erst zum Schluss seiner, für lüjonische Verhältnisse immer noch knapp gehaltenen Ansprache von etwa zehn Minuten, schlug vor, die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen und stattdessen Sprecher auszuwählen, die diese Aufgabe übernehmen sollten.

"Überlegt meine Worte gut", beendete er seine Ansprache. "Besprecht euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu dieser Frage."

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rat-Mitglieder waren geschockt. Einen solch radikalen Vorschlag hatte niemand erwartet. Sogleich zog sich der oberste Elfen-Rat zur Beratung zurück. Es dauerte dann aber nur zwei Monate bis man zu einem Ergebnis gekommen war. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.

"Wir haben uns entschieden, erhabener Großer Schrumb!" begann der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und mithilfe eines Stichwortzettels alleine weitersprach. Auch er holte zunächst zu einer langen Ansprache aus, um dann nach etwa einer halben Stunde mitzuteilen, dass man sich auf Veränderungen einlassen würde, sogar auf die Abschaffung der einstimmigen Beschlussverkündung – allerdings nur unter der Bedingung, dass eine neu zu gründende Arbeitsgruppe diesen Prozess überwachen und begleiten sollte.

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb sorgte sehr schnell dafür, dass die Sprecher als Mitglied ohne Stimmberechtigung in die Elfen-Räte aufgenommen wurden und somit über alle Beschlüsse von Anfang an informiert waren.

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des Großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war.

Nach und nach konnten die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Arbeit einstellen, da sie ihre Aufgaben erledigt hatten. Am längst brauchte die "Arbeitsgruppe Großer Schrumb". Doch dann fanden sie auch für seinen Transport eine Lösung: Aus isländischem Trollhaar, das bekanntlich unverwüstlich ist, wurden Seile und ein riesiges Netz geknüpft. Mit den Seilen sollte Schrumb ins Weltall geschleppt werden. Dazu benötigte man allerdings sämtliche noch gesunden Mitglieder des Stammes. Später im Weltall sollte dann eine kleine Gruppe ausreichen, die ihn in Richtung der neuen Heimat zog. Das Netz sollte dazu dienen, dass sich in ihm die Elfen während der Reise erholen konnten. Auch der Elfen-Nachwuchs sollte sich dort, gut angeseilt, aufhalten.

Am 1.April 2017 war es dann so weit, dass sich das Elfenvolk der Lüjonen auf den Weg machte. Man hatte sich ein Planetensystem am äußersten Rand der Milchstraße ausgesucht (es ist das elfte von links). Bisher verlief die Reise ohne nennenswerte Probleme. Unter der Leitung des Großen Schrumbs hatten sich neue Arbeitsgruppen gebildet, die das Leben in der neuen Heimat vorbereiten sollten.

Und sollten Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch den Weltraum schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen auf dem Weg in eine bessere Zukunft befindet.
 

anbas

Mitglied
Hallo und nochmals vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Ich habe den Text ausführlich überarbeitet, gekürzt, ergänzt, umformuliert usw. usw.

Wäre schön, wenn Ihr ihn noch einmal überprüfen würdet. Ich hoffe, ich habe ihn nicht verschlimmbessert ...

Liebe Grüße

Andreas
 

molly

Mitglied
Hallo Andreas,

Deine Geschichte gefällt mir jetzt sehr gut. Ich habe nur einen Fehler gefunden.

Auch waren sie kräftig und besaßen sehr gut[red]e[/red] Flugeigenschaften, so dass der Flug von der Erde ins Weltall ebenfalls kein Thema war.

Liebe Grüße

Monika
 

anbas

Mitglied
Hallo, Ihr Lieben,

hier nun die erste ausführliche Überarbeitung des Textes. Zum Glück habe ich festgesttelt, dass ich hinsichtlich der Zeichenzahl noch etwas Spielraum hatte - jetzt bin ich aber fast am "Anschlag".

Ich habe die meisten Eurer Anmerkungen und Vorschläge aufgenommen. Sie waren wirklich sehr hilfreich - nochmals meinen herzlichsten Dank!

Noch einmal wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr bezüglich
- Rechtschreibung
- Kommata aber auch
- des Gesamteindrucks und stilistischer Feinheiten
über den Text geht

Auch mit dem Titel hadere ich noch. "Der lange Weg" ist derzeit zwar mein Favorit, aber so ganz glücklich bin ich damit noch nicht. Mir selber schwirrt "Die Auswanderungs-AG" im Kopf herum, doch ich befürchte, dass ich damit schon zu viel von der Pointe im Titel habe.


So, und nun zum Text, zweiter Anlauf ;):


--------------------------------------------------

Exodus

Wir schreiben das Jahr 2017. Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flugelfen-Stamm aus der Nähe von Lüneburg, der sich auf die Suche nach einer neuen Heimat in die Tiefen des Weltalls begab.

Alles begann Mitte der 1980er Jahre, als man um Lüneburg herum eine Ortsumgehung baute, die direkt durch das Gebiet der Lüjonen führte. Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Von weitem könnte man sie für einen Mückenschwarm halten, wenn sie über der Lichtung des Waldes, in dem sie lebten, einen ihrer anmutigen Tänze aufführten. Hätte man aber genauer hingesehen, so hätte man feststellen, dass sie einen hellen, leicht blauschimmernden Körper haben, mit fast durchsichtigen Flügeln, die im Sonnenlicht gelegentlich in den Regenbogenfarben schimmern.

Seit es nun diese Ortsumgehung gab, waren sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließen immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken. Viele litten an Allergien und schlimmsten Migräne-Attacken. Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die diese zunächst braun färbt und später zu völliger Flugunfähigkeit führen kann, musste etwas unternommen werden.

Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit mehr.

Der oberste Elfen-Rat setzte sich aus den wichtigsten elf Elfen des Stammes zusammen. Hier war Gerlowein einer unter Gleichen. Die Geschicke seines Volkes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Ein Beschluss musste nicht nur einstimmig beschlossen sondern auch einstimmig verkündet werden. Erst wenn dies geschehen war, durfte er umgesetzt werden. Da es Teil der lüjonischen Kultur war, sehr blumig und weit ausholend zu reden, dauerten die Besprechungen in der Regel sehr lange. Und auch die Verkündung von Beschlüssen nahm stets viel Zeit in Anspruch.

Eines der Ratsmitglieder hieß Bosskarak. Er war der älteste Elf im Stamm und wurde wegen seiner großen Weisheit sehr verehrt. Doch auch an Elfen geht der Alterungsprozess nicht spurlos vorüber. So kam es vor, dass er während der Besprechungen einschlief oder mitten im Satz vergaß, was er eigentlich sagen wollte. Immer wieder musste man ihn wecken und über den aktuellen Stand der Diskussion informieren. Das erschwerte die einstimmige Beschlussfassung erheblich. Nachdem man drei Jahre später endlich einen Beschluss gefasst hatte, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: Die einstimmige Verkündung des Beschlusses. Immer wieder vergaß Bosskarak den Wortlaut, versprach sich oder redete langsamer als die anderen. Einige Male schlief er sogar während des Redens ein.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten. So versuchten besonders rhythmisch begabte Elfen mit Bosskarak einen eingängigen Sprechgesang einzustudieren. Selitara, die große Heilerin des Stammes, verabreichte ihm konzentrationsfördernde Mittel. Und der Astrologe Paskinajus ermittelte immer wieder neue Zeitpunkte, an denen die Sternenkonstellation besonders günstig für die Beschlussverkündung war. Doch nichts half. Schließlich einigte man sich darauf, den Wortlaut des Beschlusses auf das absolute Minimum zu verringern. Die weiteren Erläuterungen sollte im Anschluss Gerlowein vortragen. Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte und dort die im Stamm lebenden Fremd-Elfen vertrat, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.

So kam es endlich dazu, dass der oberste Elfen-Rat vor den Stamm treten und die Entscheidung verkünden konnte. Diese lautete: Wir wandern aus! Anschließend erläuterte dann Gerlowein seinem Volk den Beschluss.

"Liebe Elfen", rief er. "Mit großer Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Elfen mit Respekt begegnet, und auch diese werden immer weniger."

Dann folgte eine ausführliche Aufzählung jener Länder, in denen man die Bedürfnisse von Elfen, Trollen und anderen Naturwesen noch achtete. Er beschrieb ausführlich, wie die Menschen die Natur zerstörten. Anschließend schilderte er anschaulich, wie die Lüjonen in den letzten Jahren gelitten hatten, um danach seine Rede zu beenden, indem er feierlich ausrief:

"Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern."

Jene Elfen, die nicht gerade allzu sehr unter Migräne, einer Allergie oder der Krasomanie litten, bejubelten den Beschluss. Sofort machte man sich daran, für die weitere Planung und Umsetzung des Unternehmens Arbeitsgruppen mit den unterschiedlichsten Aufgaben zu bilden. Jede Arbeitsgruppe wurde von einem eigenen Elfen-Rat geleitet. Auch hier mussten die Beschlüsse – ganz nach altem Brauch – einstimmig erfolgen und verkündet werden. Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Eigentlich spielt ja bei Elfen Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner. Denn je länger sich die Umsetzung des Auswanderungsbeschlusses hinzog, umso größer wurde die Zahl der schwer erkrankten und arbeitsunfähigen Elfen. Man hatte inzwischen sogar eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, um einen Weg zu finden, wie man die flugunfähigen Stammesmitglieder in die neue Heimat transportieren könnte.

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm immer weiter zu, so dass man sich nach zehn Jahren dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen. Die Wahl fiel – nach weiteren sieben Jahren – auf den Großen Schrumb. Er gehörte einer relativ neuen und noch nicht überall anerkannten Gattung von Naturwesen an – den Gartenzwergen. Obwohl man ihn "den Großen Schrumb" nannte, war er eigentlich eher klein und etwas untersetzt. Wie die meisten seiner Art, hatte er einen vollen weißen Bart. Bekleidet war er mit einer roten Zipfelmütze, einer roten Jacke und einer grünen Hose. Sein Gesichtsausdruck war jedoch nicht ganz so freundlich, wie der von anderen Gartenzwergen. Er wirkte eher ernsthaft und streng.

Schrumb übernahm den Auftrag gerne. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat begleiten zu dürfen. Er selber war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen. Nachdem der oberste Elfen-Rat einige Monate getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.

Sogleich nahm er seine Arbeit auf und verschaffte sich einen Überblick über alle 111 Arbeitsgruppen, die bis dahin gegründet worden waren. Er besuchte sie, beobachtete ihre Arbeitsabläufe, um dann korrigierend einzugreifen. Einige der Gruppen konnte er sofort auflösen, wie zum Beispiel die "Arbeitsgruppe zur Koordination der Arbeitsgruppen". Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selber. Die Arbeitsgruppen "Spiel und Gesang während der Reise", "Literatur und Theater unterwegs" sowie "Künstlerische Umsetzung der Reiseimpressionen" fasste er zu einer "Arbeitsgruppe Kultur" zusammen. Bei anderen Arbeitsgruppen erwies es sich als notwendig, sie wieder auf das eigentliche Ziel einzunorden. So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt war, als Kooperationspartner bemühen sollte.

Erstaunlicherweise konnte auch die "Arbeitsgruppe Verpflegung" ihre Tätigkeit einstellen, da es den Elfen-Wissenschaftlern gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sonnen und Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte. Aus den unverdaulichen Lichtstrahlresten hatten sie sogar einen Treibstoff für den Antrieb im All herstellen können. Jede Elfe konnte so den eigenen Treibstoff produzieren. Dieser wurde einfach in eine kleine Düse geleitet, die auf ihrem Rücken befestigt werden konnte. Da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehörten, die auch ohne Atemluft im Weltall überleben konnten, brauchte dies nicht weiter erörtert werden. Auch waren sie kräftig und besaßen sehr gute Flugeigenschaften, so dass der Flug von der Erde ins Weltall ebenfalls kein Thema war. Aufgrund des Übereifers einiger Elfen hatte es aber auch zu diesen Punkten Arbeitsgruppen gegeben. Sie wurden jedoch, ohne dass Schrumb je von ihrer Existenz erfuhr, still und heimlich aufgelöst.

Die Verringerung der Arbeitsgruppen machte sich schnell bemerkbar, da nun wesentlich mehr Elfen für die eigentliche Arbeit zur Verfügung standen. Schon nach kurzer Zeit konnten weitere Arbeitsgruppen aufgelöst werden, da sie ihre Aufgabe erledigt hatten. Nach gut vier Monaten beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen. Hierzu rief er alle noch bestehenden Elfen-Räte zusammen – es waren inzwischen nur noch elf.

Da er inzwischen die Vorliebe der Lüjonen für lange huldvolle Reden kannte, bemühte er sich, ebenfalls nicht sofort zum eigentlichen Sinn dieses Treffens zu kommen. Erst zum Schluss seiner, für lüjonische Verhältnisse immer noch knapp gehaltenen Ansprache von etwa zehn Minuten, schlug vor, die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen und stattdessen Sprecher auszuwählen, die diese Aufgabe übernehmen sollten.

"Überlegt meine Worte gut", beendete er seine Ansprache. "Besprecht euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu dieser Frage."

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rat-Mitglieder waren geschockt. Einen solch radikalen Vorschlag hatte niemand erwartet. Sogleich zog sich der oberste Elfen-Rat zur Beratung zurück. Es dauerte dann aber nur zwei Monate bis man zu einem Ergebnis gekommen war. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.

"Wir haben uns entschieden, erhabener Großer Schrumb!" begann der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und mithilfe eines Stichwortzettels alleine weitersprach. Auch er holte zunächst zu einer langen Ansprache aus, um dann nach etwa einer halben Stunde mitzuteilen, dass man sich auf Veränderungen einlassen würde, sogar auf die Abschaffung der einstimmigen Beschlussverkündung – allerdings nur unter der Bedingung, dass eine neu zu gründende Arbeitsgruppe diesen Prozess überwachen und begleiten sollte.

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb sorgte sehr schnell dafür, dass die Sprecher als Mitglied ohne Stimmberechtigung in die Elfen-Räte aufgenommen wurden und somit über alle Beschlüsse von Anfang an informiert waren.

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des Großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war.

Nach und nach konnten die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Arbeit einstellen, da sie ihre Aufgaben erledigt hatten. Am längst brauchte die "Arbeitsgruppe Großer Schrumb". Doch dann fanden sie auch für seinen Transport eine Lösung: Aus isländischem Trollhaar, das bekanntlich unverwüstlich ist, wurden Seile und ein riesiges Netz geknüpft. Mit den Seilen sollte Schrumb ins Weltall geschleppt werden. Dazu benötigte man allerdings sämtliche noch gesunden Mitglieder des Stammes. Später im Weltall sollte dann eine kleine Gruppe ausreichen, die ihn in Richtung der neuen Heimat zog. Das Netz sollte dazu dienen, dass sich in ihm die Elfen während der Reise erholen konnten. Auch der Elfen-Nachwuchs sollte sich dort, gut angeseilt, aufhalten.

Am 1.April 2017 war es dann so weit, dass sich das Elfenvolk der Lüjonen auf den Weg machte. Man hatte sich ein Planetensystem am äußersten Rand der Milchstraße ausgesucht (es ist das elfte von links). Bisher verlief die Reise ohne nennenswerte Probleme. Unter der Leitung des Großen Schrumbs hatten sich neue Arbeitsgruppen gebildet, die das Leben in der neuen Heimat vorbereiten sollten.

Und sollten Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch den Weltraum schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen auf dem Weg in eine bessere Zukunft befindet.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Von weitem könnte man sie für einen Mückenschwarm halten, wenn sie über der Lichtung des Waldes, in dem sie lebten, einen ihrer anmutigen Tänze aufführten. Hätte man aber genauer hingesehen, so hätte man feststellen, dass sie einen hellen, leicht blauschimmernden Körper haben, mit fast durchsichtigen Flügeln, die im Sonnenlicht gelegentlich in den Regenbogenfarben schimmern.
Das Unterstrichene muss auch in der Vergangenheitsform stehen. (hätte halten können) Tipp: Ein "hätte" im Gegenzug sparen: "Bei genauerem Hinsehen hätte man allerdings festgstellt …“ Alternative: Da die Jüjonen ja inzwischen weg sind und nicht mehr über der Waldlichtung tanzen, alles etwas umbauen und in die Gegenwart setzen.
Duden.de empfhielt "von Weitem"


Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit mehr.
Wortdopplung "mehr"

Hier war Gerlowein einer unter Gleichen. Die Geschicke seines Volkes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Ein Beschluss musste nicht nur einstimmig beschlossen[red]KOMMA[/red] sondern auch einstimmig verkündet werden.
Nachdem man drei Jahre später endlich einen Beschluss gefasst hatte, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: [red][strike]D[/strike]d[/red]ie einstimmige Verkündung des Beschlusses.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten.
dieses Problems

So versuchten besonders rhythmisch begabte Elfen[red]KOMMA[/red] mit Bosskarak einen eingängigen Sprechgesang einzustudieren.
"Liebe Elfen", rief er. "Mit großer Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Elfen mit Respekt begegnet, und auch diese werden immer weniger."
Besser für das spätere Setzen wären die korrekten Anführungsstrichel unten und oben: „So hier."

Dann folgte eine ausführliche Aufzählung jener Länder, in denen man die Bedürfnisse von Elfen, Trollen und anderen Naturwesen noch achtete.
Das wäre witzig, wenn entweder dazugesagt würde, wie kurz die Liste ist, oder wenn es dann (trotz der Behauptung oben) eine lange Litanei wird.

Er beschrieb ausführlich, wie die Menschen die Natur zerstörten.
Anschließend schilderte er anschaulich, wie die Lüjonen in den letzten Jahren gelitten hatten, um danach seine Rede zu beenden, indem er feierlich ausrief:

"Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern."
Kein Absatz dazwischen

Sofort machte man sich daran, für die weitere Planung und Umsetzung des Unternehmens Arbeitsgruppen mit den unterschiedlichsten Aufgaben zu bilden.
Das Unterstrichene ist überflüssig, es sind ArbeitsguppeN - das reicht erstmal.

Wie die meisten seiner Art, hatte er einen vollen weißen Bart.
Komma ist meiner Meinung nach zu viel.

Schrumb übernahm den Auftrag gerne. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat begleiten zu dürfen.
besser: „gern“
„gestatten zu dürfen“ ist doppelt gemoppelt

Er selber war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen.
besser: „selbst“

Sogleich nahm er seine Arbeit auf und verschaffte sich einen Überblick über alle 111 Arbeitsgruppen, die bis dahin gegründet worden waren.
lieber "hundertelf" - ist als Wort übersichtlich genug

Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selber.
besser: „selbst“

So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt war, als Kooperationspartner bemühen sollte.
Wenn du oben Allgemeingültiges (Lüjonen sind / sehen aus) in der Gegenwartsform schreibst, müsstest du auch "dafür bekannt ist" schreiben. Oder?

Erstaunlicherweise konnte auch die "Arbeitsgruppe Verpflegung" ihre Tätigkeit einstellen, da es den Elfen-Wissenschaftlern gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sonnen und Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte.
Sonnen und Sterne ist in dem Zusammenhang hier inhaltlich identisch

Jede Elfe konnte so den eigenen Treibstoff produzieren.
ihren eigenen

Da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehörten, die auch ohne Atemluft im Weltall überleben konnten, brauchte dies nicht weiter erörtert werden. Auch waren sie kräftig und besaßen sehr gute Flugeigenschaften, so dass der Flug von der Erde ins Weltall ebenfalls kein Thema war.
Auch hier: Allgemeingültiges (Lüjonen gehören, können überleben, sind kräftig …) in die Gegenwartsform.

Aufgrund des Übereifers einiger Elfen hatte es aber auch zu diesen Punkten Arbeitsgruppen gegeben. Sie wurden jedoch, ohne dass Schrumb je von ihrer Existenz erfuhr, still und heimlich aufgelöst.
:D Schön!
Das "jedoch" würde ich streichen, dann klingt es noch "klammheimlicher".

Schon nach kurzer Zeit konnten weitere Arbeitsgruppen aufgelöst werden, da sie ihre Aufgabe erledigt hatten. [blue]ABSATZ?[/blue] Nach gut vier Monaten beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen.
Da er inzwischen die Vorliebe der Lüjonen für lange huldvolle Reden kannte, bemühte er sich, ebenfalls nicht sofort zum eigentlichen Sinn dieses Treffens zu kommen.
Ist huldvoll hier das passende Wort? Mir kommt es falsch vor (wem oder was wird dabei gehuldigt?).

Erst zum Schluss seiner, für lüjonische Verhältnisse immer noch knapp gehaltenen Ansprache von etwa zehn Minuten[red],KEIN KOMMA[/red] schlug vor, die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen und stattdessen Sprecher auszuwählen, die diese Aufgabe übernehmen sollten.
Diese Komma weg oder nach "gehaltenen" eins hin, würde ich sagen.

"Überlegt meine Worte gut", beendete er seine Ansprache. "Besprecht euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu dieser Frage."
Hier müssten Ausrufezeichen hin.

Es dauerte dann aber nur zwei Monate[red]KOMMA[/red] bis man zu einem Ergebnis gekommen war.
"Wir haben uns entschieden, erhabener Großer Schrumb!"[red]KOMMA[/red] begann der oberste Elfen-Rat einstimmig.
Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und mithilfe eines Stichwortzettels alleine weitersprach. Auch er holte zunächst zu einer langen Ansprache aus, um dann nach etwa einer halben Stunde mitzuteilen, dass man sich auf Veränderungen einlassen würde, sogar auf die Abschaffung der einstimmigen Beschlussverkündung – allerdings nur unter der Bedingung, dass eine neu zu gründende Arbeitsgruppe diesen Prozess überwachen und begleiten sollte.
Das ist quasi eine Dopplung zu "Bedingung" – "begleitete"

Aber Schrumb sorgte sehr schnell dafür, dass die Sprecher als Mitglied ohne Stimmberechtigung in die Elfen-Räte aufgenommen wurden und somit über alle Beschlüsse von Anfang an informiert waren.
Das irritiert mich, weil ich von Anfang an dachte, dass der Sprecher aus dem Rat und nicht nur vom Rat gekürt wird.

Nach und nach konnten die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Arbeit einstellen, da sie ihre Aufgaben erledigt hatten.
So hast du das oben schon mal formuliert, das klingt hier nun wie nicht gut überarbeitet bzw. wie ein Mangel an Einfällen.

Später im Weltall sollte dann eine kleine Gruppe ausreichen, die ihn in Richtung der neuen Heimat zog. Das Netz sollte dazu dienen, dass sich in ihm die Elfen während der Reise erholen konnten.
Unter der Leitung des Großen Schrumb[red]s[/red] hatten sich neue Arbeitsgruppen gebildet, die das Leben in der neuen Heimat vorbereiten sollten. Und sollten Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch den Weltraum schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen auf dem Weg in eine bessere Zukunft befindet.

Alles in allem: :D
Der Titel "Die Auswanderungs-AG" ist doch gut. Er verrät ja keine erst am Schluss auftretende und alles ändernde Wendung, sondern klammert den Hauptinhalt schön zusammen. Es müsste aber „AGs“ heißen …
 

anbas

Mitglied
Boah ... Danke! Mal sehen, wann ich dran weiter arbeiten kann - habe richtig Lust dazu!

Doch vorweg eine Frage zu einem Deiner Korrekturpunkte:
Nachdem man drei Jahre später endlich einen Beschluss gefasst hatte, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: [red][strike]D[/strike]d[/red]ie einstimmige Verkündung des Beschlusses.
Nach meinem Wissensstand wird nach einem Doppelpunkt groß weitergeschrieben - oder gilt das nur bei vollständigen Sätzen???

Liebe Grüße

Andreas
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Nach meinem Wissensstand wird nach einem Doppelpunkt groß weitergeschrieben - oder gilt das nur bei vollständigen Sätzen???
Ja. :)

Zusätzlich gilt: „Nach einem Doppelpunkt kann groß- oder kleingeschrieben werden, wenn der folgende Satz (wie ein Teilsatz) auch mit Gedankenstrich oder Komma angeschlossen werden könnte.
Das Haus, die Wirtschaftsgebäude, die Stallungen: Alles/alles war den Flammen zum Opfer gefallen. (Denn man könnte auch schreiben: Das Haus, die Wirtschaftsgebäude, die Stallungen – alles war den Flammen zum Opfer gefallen.)"
Das ist eine dieser aus meiner Sicht dussligen Regelungen, weil man (außer bei wörtlicher Rede*) einen Doppelpunkt immer auch als Gedankenstrich oder als Komma formulieren kann. Deshalb nehme ich bei meinen Korrektoraten nur die Regel: Folgt ein grammatikalischer Ganzsatz, diesen groß beginnen, wenn nicht, klein weiter.

(* Es sagte: „Das ist doof!“)


(Zum Nachlesen für Mitleser: http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/Groß- und Kleinschreibung Regel 93)
 

anbas

Mitglied
Auf ein Neues,

hier nun die zweite Überarbeitung des Textes. Habt nochmals herzlichen Dank für Eure Mithilfe. Ich finde, die Arbeit hat sich wirklich gelohnt.

Nun hoffe ich, dass es das war, bin aber natürlich weiterhin offen für konstruktive Anmerkungen!

Den Titel habe ich geändert, behalte mir aber vor, weiter drüber nachzudenken ;)


--------------------------------------------------

Die Auswanderungs-AGs

Wir schreiben das Jahr 2017. Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flugelfen-Stamm aus der Nähe von Lüneburg, der sich auf die Suche nach einer neuen Heimat in die Tiefen des Weltalls begab.

Alles begann Mitte der 1980er Jahre, als man um Lüneburg herum eine Ortsumgehung baute, die direkt durch das Gebiet der Lüjonen führte. Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Von Weitem konnte man sie für einen Mückenschwarm halten, wenn sie über der Lichtung des Waldes, in dem sie lebten, einen ihrer anmutigen Tänze aufführten. Bei genauerem Hinsehen hätte man aber festgestellt, dass sie einen hellen, leicht blauschimmernden Körper haben, mit fast durchsichtigen Flügeln, die im Sonnenlicht gelegentlich in den Regenbogenfarben schimmern.

Seit es nun diese Ortsumgehung gab, waren sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließen immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken. Viele litten an Allergien und schlimmsten Migräne-Attacken. Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die diese zunächst braun färbt und später zu völliger Flugunfähigkeit führen kann, musste etwas unternommen werden.

Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit.

Der oberste Elfen-Rat setzte sich aus den wichtigsten elf Elfen des Stammes zusammen. Hier war Gerlowein einer unter Gleichen. Die Geschicke seines Volkes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Eine Entscheidung musste einstimmig beschlossen, und auch einstimmig verkündet werden – so war es seit jeher Brauch bei den Lüjonen. Erst wenn dies geschehen war, durfte sie umgesetzt werden. Da es Teil der lüjonischen Kultur ist, sehr blumig und weit ausholend zu reden, nahmen die Besprechungen und auch die Verkündigungen der Beschlüssen meistens sehr viel Zeit in Anspruch.

Eines der Ratsmitglieder hieß Bosskarak. Er war der älteste Elf im Stamm und wurde wegen seiner großen Weisheit sehr verehrt. Doch auch an Elfen geht der Alterungsprozess nicht spurlos vorüber. So kam es vor, dass er während der Besprechungen einschlief oder mitten im Satz vergaß, was er eigentlich sagen wollte. Immer wieder musste man ihn wecken und über den aktuellen Stand der Diskussion informieren. Das erschwerte die einstimmige Beschlussfassung erheblich. Nachdem man drei Jahre später endlich zu einer Entscheidung gekommen war, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: die einstimmige Verkündung des Beschlusses. Immer wieder vergaß Bosskarak den Wortlaut, versprach sich oder redete langsamer als die anderen. Einige Male schlief er sogar während des Redens ein.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten. So versuchten besonders rhythmisch begabte Elfen mit Bosskarak einen eingängigen Sprechgesang einzustudieren. Selitara, die große Heilerin des Stammes, verabreichte ihm konzentrationsfördernde Mittel. Und der Astrologe Paskinajus ermittelte immer wieder neue Zeitpunkte, an denen die Sternenkonstellation besonders günstig für die Beschlussverkündung war. Doch nichts half. Schließlich einigte man sich darauf, den Wortlaut des Beschlusses auf das absolute Minimum zu verringern. Die weiteren Erläuterungen sollte dann im Anschluss Gerlowein vortragen. Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte und dort die im Stamm lebenden Fremd-Elfen vertrat, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.

So kam es endlich dazu, dass der oberste Elfen-Rat vor den Stamm treten und die Entscheidung verkünden konnte. Diese lautete: „Wir wandern aus!“ Anschließend erläuterte Gerlowein seinem Volk den Beschluss.

„Liebe Elfen“, begann er. „Mit großer Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Elfen mit Respekt begegnet, und auch diese werden immer weniger.“

Dann folgte eine Aufzählung jener Länder, in denen man die Bedürfnisse von Elfen, Trollen und anderen Naturwesen noch achtete – wobei er von Island und Irland besonders schwärmte, desweiteren ein paar skandinavische Länder aufführte, um dann seine Aufzählung mit „… und noch ein paar weitere Ecken in der Welt“ zu beenden. Er beschrieb anschließend sehr detailliert, wie der Mensch die Natur zerstörte, was bei einigen der anwesenden Elfen zu neuen Migräne- und Allergie-Anfällen führte. Geschickt griff er dies auf und schilderte anschaulich, wie die Lüjonen in den letzten Jahren gelitten hatten, um dann seine Rede zu beenden, indem er feierlich ausrief: „Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern.“

Die anwesenden Elfen bejubelten den Beschluss. Sofort machte man sich daran, für die weitere Planung und Umsetzung des Unternehmens Arbeitsgruppen zu bilden. Jede Arbeitsgruppe wurde von einem eigenen Elfen-Rat geleitet. Auch hier mussten natürlich die Beschlüsse einstimmig erfolgen und verkündet werden. Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Eigentlich spielt ja bei Elfen Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner. Denn je länger sich die Umsetzung des Auswanderungsbeschlusses hinzog, umso größer wurde die Zahl der schwer erkrankten und arbeitsunfähigen Elfen. Man hatte inzwischen sogar eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, um einen Weg zu finden, wie man die flugunfähigen Stammesmitglieder in die neue Heimat transportieren könnte.

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm immer weiter zu, so dass man sich nach zehn Jahren dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen. Die Wahl fiel – nach weiteren sieben Jahren intensiver Beratungen – auf den Großen Schrumb. Er gehörte einer relativ neuen und noch nicht überall anerkannten Gattung von Naturwesen an – den Gartenzwergen. Obwohl man ihn "den Großen Schrumb" nannte, war er eigentlich eher klein und etwas untersetzt. Wie die meisten seiner Art hatte er einen vollen weißen Bart. Bekleidet war er mit einer roten Zipfelmütze, einer roten Jacke und einer grünen Hose. Sein Gesichtsausdruck war jedoch nicht ganz so freundlich, wie der von anderen Gartenzwergen. Er wirkte eher ernsthaft und streng.

Schrumb übernahm den Auftrag gern. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat zu begleiten. Er selbst war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen. Nachdem der oberste Elfen-Rat einige Monate getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.

Sogleich nahm er seine Arbeit auf und verschaffte sich einen Überblick über alle hundertelf Arbeitsgruppen, die bis dahin gegründet worden waren. Er besuchte sie, beobachtete ihre Arbeitsabläufe, um dann korrigierend einzugreifen. Einige konnte er sofort auflösen, wie zum Beispiel die "Arbeitsgruppe zur Koordination der Arbeitsgruppen". Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selbst. Die Arbeitsgruppen "Spiel und Gesang während der Reise", "Literatur und Theater unterwegs" sowie "Künstlerische Umsetzung der Reiseimpressionen" fasste er zu einer "Arbeitsgruppe Kultur" zusammen. Bei anderen Arbeitsgruppen erwies es sich als notwendig, sie wieder auf das eigentliche Ziel einzunorden. So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt ist, als Kooperationspartner bemühen sollte.

Erstaunlicherweise konnte auch die "Arbeitsgruppe Verpflegung" ihre Tätigkeit einstellen, da es den Elfen-Wissenschaftlern gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte. Aus den unverdaulichen Lichtstrahlresten hatten sie sogar einen Treibstoff für den Antrieb im All herstellen können. Jede Elfe war so in der Lage, ihren eigenen Treibstoff zu produzieren. Dieser wurde einfach in eine kleine Düse geleitet, die auf ihrem Rücken befestigt werden konnte. Da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehören, die auch ohne Sauerstoff im Weltall überleben können, brauchte die Frage nach der Versorgung mit Atemluft nicht weiter erörtert werden. Auch die Planung des Fluges von der Erde ins Weltall war ebenfalls kein Thema, weil Lüjonen sehr gute Flugeigenschaften besitzen. Aufgrund des Übereifers einiger Elfen hatte es aber auch zu diesen Punkten Arbeitsgruppen gegeben. Sie wurden, ohne dass Schrumb je von ihrer Existenz erfuhr, still und heimlich aufgelöst.

Die Verringerung der Arbeitsgruppen machte sich schnell bemerkbar, da nun wesentlich mehr Elfen für die eigentliche Arbeit zur Verfügung standen. Schon nach kurzer Zeit konnten weitere Arbeitsgruppen aufgelöst werden, da sie ihre Aufgaben erledigt hatten.

Nach gut vier Monaten beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen. Hierzu rief er alle noch bestehenden Elfen-Räte zusammen – es waren inzwischen nur noch elf.

Da er inzwischen die Vorliebe der Lüjonen für lange und umständliche Reden kannte, bemühte er sich darum, ebenfalls nicht sofort zum eigentlichen Sinn der Versammlung zu kommen. Erst am Schluss seiner für lüjonische Verhältnisse immer noch knapp gehaltenen Ansprache von etwa zehn Minuten, in der er auch auf die Notwendigkeit einging, einige Bräuche und Gewohnheiten dem neuen Zeitalter anzupassen, schlug er vor, als erstes die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen. Stattdessen sollten Sprecher ausgewählt werden, die diese Aufgabe übernahmen.

„Überlegt meine Worte gut!“, beendete er seine Ansprache. „Besprecht euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu diesem Thema.“

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rat-Mitglieder waren geschockt. Einen solch radikalen Vorschlag hatte niemand erwartet. Sogleich zog sich der oberste Elfen-Rat zur Beratung zurück. Es dauerte dann aber nur zwei Monate, bis man zu einem Ergebnis gekommen war. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.

„Wir haben uns entschieden, erhabener Großer Schrumb!“, begann der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und mithilfe eines Stichwortzettels alleine weitersprach. Auch er holte zunächst zu einer langen Ansprache aus, um dann nach etwa einer halben Stunde mitzuteilen, dass man sich auf Veränderungen einlassen würde, sogar auf die Abschaffung der einstimmigen Beschlussverkündung – allerdings nur unter der Bedingung, dass eine neu zu gründende Arbeitsgruppe diesen Prozess überwachte und begleitete.

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb stoppte sehr schnell diese recht eigenwillige Umsetzung des "Beschlusses zur Beendigung der einstimmigen Beschlussverkündung".

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des Großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war.

Nach und nach kamen nun alle Arbeitsgruppen zu einem Ergebnis, so dass sie ihre Tätigkeiten einstellen konnten. Am längsten brauchte die "Arbeitsgruppe Großer Schrumb". Doch dann fand sie endlich eine Lösung für dessen Transport: Aus isländischem Trollhaar, das bekanntlich unverwüstlich ist, wurden Seile und ein riesiges Netz geknüpft. Mit den Seilen sollte Schrumb ins Weltall geschleppt werden. Dazu benötigte man allerdings sämtliche noch gesunden Mitglieder des Stammes. Später würde dann eine kleine Gruppe ausreichen, die ihn durch den Weltraum zog. Das Netz sollte für das Gepäck da sein und den Elfen dazu dienen, sich während der Reise auszuruhen.

Am 1.April 2017 war es dann so weit, dass sich das Elfenvolk der Lüjonen auf den Weg machte. Man hatte sich ein Planetensystem am äußersten Rand der Milchstraße ausgesucht (es ist das elfte von links). Bisher verlief die Reise ohne nennenswerte Probleme. Unter der Leitung des Großen Schrumbs hatten sich neue Arbeitsgruppen gebildet, die das Leben in der neuen Heimat vorbereiten sollten. – Und wenn Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch das All schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen auf dem Weg in eine bessere Zukunft befindet.
 

anbas

Mitglied
Hallo,

die nächste Überarbeitungsrunde ist abgeschlossen. Der Text hat auf jeden Fall gewonnen. Vielen Dank für Eure Mithilfe!

Falls es noch etwas zu ändern/überarbeiten gibt, sagt gerne Bescheid.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Ihr Lieben,

das Abgabedatum nähert sich (wurde gerade um ein paar Tage verlängert). In etwa 14 Tagen ist es soweit. Ich habe noch einmal ein paar Veränderungen vorgenommen (inkl. Titel) und denke, dass der Text fertig ist.

Falls Ihr aber noch irgendwo "Schnitzer" entdeckt, wäre ich für Rückmeldungen dankbar.

Ansonsten danke ich Euch noch einmal für Eure UNterstützung!


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Schrumb und die Lüjonen

Wir schreiben das Jahr 2017. Dies ist die Geschichte der Lüjonen, einem Flugelfen-Stamm aus der Nähe von Lüneburg, der sich auf die Suche nach einer neuen Heimat in die Tiefen des Weltalls begab.

Alles begann Mitte der 1980er Jahre, als man um Lüneburg herum eine Ortsumgehung baute, die direkt durch das Gebiet der Lüjonen führte. Die Lüjonen sind winzig kleine und sehr anpassungsfähige Elfen. Von Weitem konnte man sie für einen Mückenschwarm halten, wenn sie über der Lichtung des Waldes, der zu ihrem Reich gehörte, einen ihrer anmutigen Tänze aufführten. Bei genauerem Hinsehen hätte man aber festgestellt, dass sie einen hellen, leicht blauschimmernden Körper haben, mit fast durchsichtigen Flügeln, die im Sonnenlicht in den Regenbogenfarben glänzen.

Seit es nun diese Ortsumgehung gab, waren sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Der Autolärm und die große Konzentration an Abgasen ließen in den folgenden Jahren immer mehr Mitglieder des Stammes erkranken. Viele litten an Allergien und schlimmsten Migräne-Attacken. Als dann auch noch die Zahl der Fälle von Krasomanie zunahm, einer chronischen Austrocknung der Flügel, die diese zunächst braun färbt und später zu völliger Flugunfähigkeit führen kann, musste etwas unternommen werden.

Nach langem Zögern berief Gerlowein, der betagte Häuptling des Stammes, den obersten Elfen-Rat ein. Dies war seit Generationen nicht mehr nötig gewesen, doch Gerlowein sah keine andere Möglichkeit.

Der oberste Elfen-Rat setzte sich aus den wichtigsten elf Elfen des Stammes zusammen. Hier war Gerlowein einer unter Gleichen. Die Geschicke seines Volkes lagen nun nicht mehr in seiner Hand, sondern in der des gesamten Rates. Ein Beschluss musste einstimmig beschlossen, und auch einstimmig verkündet werden – so war es seit jeher Brauch bei den Lüjonen. Erst wenn dies geschehen war, durfte er umgesetzt werden. Da es Teil der lüjonischen Kultur ist, überaus blumig und weit ausholend zu reden, nahmen die Besprechungen und auch die Verkündigungen der Beschlüssen meistens sehr viel Zeit in Anspruch.

Eines der Ratsmitglieder hieß Bosskarak. Er war der älteste Elf im Stamm und wurde wegen seiner großen Weisheit sehr verehrt. Doch auch an Elfen geht der Alterungsprozess nicht spurlos vorüber. So kam es vor, dass er während der Besprechungen einschlief oder mitten im Satz vergaß, was er eigentlich sagen wollte. Immer wieder musste man ihn wecken und über den aktuellen Stand der Diskussion informieren. Das erschwerte die einstimmige Beschlussfassung erheblich. Nachdem man fünf Jahre später endlich zu einer Entscheidung gekommen war, tauchte das nächste, noch größere Problem auf: die einstimmige Verkündung des Beschlusses. Immer wieder vergaß Bosskarak den Wortlaut, versprach sich oder redete langsamer als die anderen. Einige Male schlief er sogar während des Redens ein.

Alle Maßnahmen, diesem Problem Herr zu werden, scheiterten. So versuchten besonders rhythmisch begabte Elfen mit Bosskarak einen eingängigen Sprechgesang einzustudieren. Selitara, die große Heilerin des Stammes, verabreichte ihm konzentrationsfördernde Mittel. Und der Astrologe Paskinajus ermittelte immer wieder neue Zeitpunkte, an denen die Sternenkonstellation besonders günstig für die Beschlussverkündung war. Doch nichts half. Schließlich einigte man sich nach drei Jahren darauf, den Wortlaut des Beschlusses auf das absolute Minimum zu verringern. Die weiteren Erläuterungen sollte dann im Anschluss Gerlowein vortragen. Sjöveriet, ein zugereister Juristenelf, der ebenfalls dem obersten Elfen-Rat angehörte und dort die im Stamm lebenden Fremd-Elfen vertrat, war an dieser spitzfindigen Lösung maßgeblich beteiligt gewesen.

So kam es endlich dazu, dass der oberste Elfen-Rat vor den Stamm treten und die Entscheidung verkünden konnte. Diese lautete: „Wir wandern aus!“. Anschließend erläuterte Gerlowein seinem Volk den Beschluss.

„Liebe Elfen“, begann er. „Mit großer Sorge sehen wir die Entwicklung auf diesem Planeten. Überall zerstört der Mensch Regionen, die unsere Heimat sein könnten. Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man uns Elfen mit Respekt begegnet, und auch diese werden immer weniger.“

Dann folgte eine Aufzählung jener Länder und Regionen, in denen man die Bedürfnisse von Elfen, Trollen und anderen Naturwesen noch achtete – wobei er zunächst von Island und Irland besonders schwärmte, desweiteren auf ein paar skandinavische Länder näher einging, um dann die übrigen Länder und Orte in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Er beschrieb anschließend sehr detailliert, wie der Mensch die Natur zerstörte; was bei einigen der anwesenden Elfen zu neuen Migräne- und Allergie-Anfällen führte. Geschickt griff er dies auf und schilderte anschaulich, wie die Lüjonen in den letzten Jahren gelitten hatten, um dann seine Rede zu beenden, indem er feierlich ausrief: „Daher haben wir uns dazu entschlossen, als erster Elfenstamm die Erde zu verlassen und in ein anderes Sonnensystem auszuwandern.“

Die anwesenden Elfen bejubelten den Beschluss. Sofort machte man sich daran, für die weitere Planung und Umsetzung des Unternehmens Arbeitsgruppen zu bilden. Jede Arbeitsgruppe wurde von einem eigenen Elfen-Rat geleitet. Auch hier mussten natürlich die Beschlüsse einstimmig erfolgen und verkündet werden. Dieser Umstand verzögerte die weitere Umsetzung des Planes erheblich.

Eigentlich spielt ja bei Elfen Zeit keine so große Rolle, da sie mehrere hundert Jahre alt werden können. Doch in diesem speziellen Fall wurde der "Faktor Zeit" ein gefährlicher Gegner. Denn je länger sich die Umsetzung des Auswanderungsbeschlusses hinzog, umso größer wurde die Zahl der schwer erkrankten und arbeitsunfähigen Elfen. Man hatte inzwischen sogar eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, um einen Weg zu finden, wie man die flugunfähigen Stammesmitglieder in die neue Heimat transportieren könnte.

Der Unmut über den langsamen Verlauf der ganzen Angelegenheit nahm immer weiter zu, so dass man sich nach zehn Jahren dafür entschied, einen externen Projekt-Leiter hinzuzuziehen. Die Wahl fiel – nach weiteren vier Jahren intensiver Beratungen – auf den Großen Schrumb. Er gehörte einer relativ neuen und noch nicht überall anerkannten Gattung von Naturwesen an – den Gartenzwergen. Obwohl man ihn "den Großen Schrumb" nannte, war er eigentlich eher klein und etwas untersetzt. Wie die meisten seiner Art hatte er einen vollen weißen Bart. Bekleidet war er mit einer roten Zipfelmütze, einer roten Jacke und einer grünen Hose. Sein Gesichtsausdruck war jedoch nicht ganz so freundlich, wie der von anderen Gartenzwergen. Er wirkte eher ernsthaft und streng.

Schrumb übernahm den Auftrag gern. Allerdings verlangte er, dass die Elfen ihm gestatteten, sie in ihre neue Heimat zu begleiten. Er selbst war es nämlich leid, sein Dasein als Gartendekoration zu fristen, fühlte er sich doch zu weit Höherem berufen. Nachdem der oberste Elfen-Rat einige Monate getagt hatte, akzeptierte man seine Bedingung und rief umgehend eine neue Arbeitsgruppe ins Leben, die den Transport von Schrumb organisieren sollte.

Sogleich nahm er seine Arbeit auf und verschaffte sich einen Überblick über alle hundertelf Arbeitsgruppen, die bis dahin gegründet worden waren. Er besuchte sie, beobachtete ihre Arbeitsabläufe, um dann korrigierend einzugreifen. Einige konnte er sofort auflösen, wie zum Beispiel die "Arbeitsgruppe zur Koordination der Arbeitsgruppen". Diese Aufgabe übernahm er ab sofort selbst. Die Arbeitsgruppen "Spiel und Gesang während der Reise", "Literatur und Theater unterwegs" sowie "Künstlerische Umsetzung der Reiseimpressionen" fasste er zu einer "Arbeitsgruppe Kultur" zusammen. Bei anderen Arbeitsgruppen erwies es sich als notwendig, sie wieder auf das eigentliche Ziel einzunorden. So hatte man in der Arbeitsgruppe "Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit" den leitenden Elfen-Rat nahezu entmachtet und die letzten sechs Monate mit ausufernden Debatten darüber verbracht, ob man sich um einen gewissen privaten Fernsehsender, der für seine Dokumentationen über Auswanderer bekannt ist, als Kooperationspartner bemühen sollte.

Erstaunlicherweise konnte auch die "Arbeitsgruppe Verpflegung" ihre Tätigkeit einstellen, da es den Elfen-Wissenschaftlern gelungen war, eine Methode zu entwickeln, wie selbst das geringste Licht der entferntesten Sterne in reichhaltige Elfennahrung umgewandelt werden konnte. Aus den unverdaulichen Lichtstrahlresten hatten sie sogar einen Treibstoff für den Antrieb im All herstellen können. Jede Elfe war so in der Lage, ihren eigenen Treibstoff zu produzieren. Dieser wurde einfach in eine kleine Düse geleitet, die auf ihrem Rücken befestigt werden konnte. Da die Lüjonen zu jenen Elfenvölkern gehören, die auch ohne Sauerstoff im Weltall überleben können, brauchte die Frage nach der Versorgung mit Atemluft nicht weiter erörtert werden. Auch die Planung des Fluges von der Erde ins Weltall war ebenfalls kein Thema, weil Lüjonen sehr gute Flugeigenschaften besitzen. Die zugewanderten Fremdelfen verfügten ebenfalls über diese Fähigkeiten, so dass für sie keine Sonderlösungen entwickelt werden mussten. Aufgrund des Übereifers einiger Elfen hatte es aber auch zu diesen Punkten Arbeitsgruppen gegeben. Sie wurden, ohne dass Schrumb je von ihrer Existenz erfuhr, still und heimlich aufgelöst.

Die Verringerung der Arbeitsgruppen machte sich schnell bemerkbar, da nun wesentlich mehr Elfen für die eigentliche Arbeit zur Verfügung standen. Schon nach kurzer Zeit konnten weitere Arbeitsgruppen aufgelöst werden, da sie ihre Aufgaben erledigt hatten.

Nach gut einem Jahr beschloss Schrumb, dass es nun an der Zeit wäre, die größte und wichtigste Veränderung auf den Weg zu bringen. Hierzu rief er alle noch bestehenden Elfen-Räte zusammen – es waren inzwischen nur noch elf.

Da er inzwischen die Vorliebe der Lüjonen für lange und umständliche Reden kannte, bemühte er sich darum, ebenfalls nicht sofort zum eigentlichen Sinn der Versammlung zu kommen. Erst am Schluss seiner für lüjonische Verhältnisse immer noch knapp gehaltenen Ansprache von etwa zwanzig Minuten, in der er auch auf die Notwendigkeit einging, einige Bräuche und Gewohnheiten dem neuen Zeitalter anzupassen, schlug er vor, als erstes die einstimmige Beschlussverkündung abzuschaffen. Stattdessen sollten Sprecher ausgewählt werden, die diese Aufgabe übernahmen.

„Überlegt meine Worte gut!“, beendete er seine Ansprache. „Besprecht euch ausführlich – aber bitte gründet keine neue Arbeitsgruppe zu diesem Thema.“

Nachdem Schrumb zu Ende gesprochen hatte, war es zunächst absolut still. Viele der Elfen-Rat-Mitglieder waren geschockt. Einen solch radikalen Vorschlag hatte niemand erwartet. Sogleich zog sich der oberste Elfen-Rat zur Beratung zurück. Es dauerte dann aber nur zwei Monate, bis man zu einem Ergebnis gekommen war. Wieder versammelten sich alle Elfen-Räte gemeinsam mit Schrumb, um zu hören, was der Rat beschlossen hatte.

„Wir haben uns entschieden, erhabener Großer Schrumb!“, begann der oberste Elfen-Rat einstimmig.

Schrumb atmete tief durch und verdrehte leicht die Augen, fand aber schnell seine Contenance wieder. Dann sah er, wie der alte Bosskarak hervortrat und mithilfe eines Stichwortzettels alleine weitersprach. Auch er holte zunächst zu einer langen Ansprache aus, um dann nach etwa zwei Stunden mitzuteilen, dass man sich auf Veränderungen einlassen würde, sogar auf die Abschaffung der einstimmigen Beschlussverkündung – allerdings nur unter der Bedingung, dass eine neu zu gründende Arbeitsgruppe diesen Prozess überwachte und begleitete.

Die Entscheidung des obersten Elfen-Rates traf überwiegend auf ein positives Echo. Doch es gab auch einige besonders konservative Elfen-Räte, die zunächst darauf bestanden, dass sie ihrem Sprecher einstimmig mitteilten, was dieser zu verkünden hätte. Aber Schrumb stoppte sehr schnell diese recht eigenwillige Umsetzung des "Beschlusses zur Beendigung der einstimmigen Beschlussverkündung".

So setzte sich letztendlich auch dieser Vorschlag des Großen Schrumbs durch. Hinzu kam, dass er mit einer Lösung für den Transport der flugunfähigen Elfen aufwarten konnte: Schrumb besaß eine Schubkarre. Außerdem war er, so wie viele Gartenzwerge, von innen hohl. Er hatte berechnet, dass in seinem Inneren und auf der Schubkarre genügend Platz für alle erkrankten Elfen war.

In den nächsten vier Jahren kamen alle Arbeitsgruppen zu einem Ergebnis, so dass sie ihre Tätigkeiten einstellen konnten. Am längsten brauchte die "Arbeitsgruppe Großer Schrumb". Doch dann fand sie endlich eine Lösung für dessen Transport: Aus isländischem Trollhaar, das bekanntlich unverwüstlich ist, wurden Seile und ein riesiges engmaschiges Netz geknüpft. Mit den Seilen sollte Schrumb ins Weltall geschleppt werden. Dazu benötigte man allerdings sämtliche noch gesunden Mitglieder des Stammes. Später würde dann eine kleine Gruppe ausreichen, die ihn durch den Weltraum zog. Das Netz war für das Gepäck gedacht, und um den Elfen die Möglichkeit zu geben, sich während der Reise auszuruhen. Auch das gesamte soziale Leben und die Aufzucht des Nachwuchses sollten dort stattfinden.

Am 1.April 2017 war es dann so weit, dass sich das Elfenvolk der Lüjonen auf den Weg machte. Man hatte sich ein Planetensystem am äußersten Rand der Milchstraße ausgesucht (es ist das elfte von links). Bisher verlief die Reise ohne nennenswerte Probleme. Unter der Leitung des Großen Schrumbs hatten sich neue Arbeitsgruppen gebildet, die das Leben in der neuen Heimat vorbereiten sollten. – Und wenn Sie, liebe Leser, in der nächsten Zeit Berichte hören, wonach man einen Gartenzwerg entdeckt hätte, der durch das All schwebt, so wissen Sie nun, dass er sich in Begleitung von Elfen befindet, die auf dem Weg in eine bessere Zukunft sind.
 

anbas

Mitglied
So, nun sollte der Text fertig sein. Oder seht Ihr noch was?

Habt Dank für Eure Hilfe!

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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