Natürlich spricht das Gedicht ein Gegenüber an - ist aber ebenso ein innerer Monolog.
Wer sich davon angesprochen sieht, wozu ich mich selbst zähle, wird mit einer einfachen, aber harten Tatsache konfrontiert.
Hallo 08/15,
das kann ich unterschreiben und so hatte ich Deinen Text auch verstanden.
Mit dem von mir monierten Satz hast Du aber sehr wohl jemanden persönlich angesprochen, und ja, das war frech, und nein, das geht nicht als sarkastisch durch.
Klar, jeder ist bis zu einem gewissen Grad frei - zu denken, fühlen, meinen, handeln -, nimmt damit eine Position ein, unterliegt aber auch Zwängen, wie eben einer Wahrheit seines Tuns - einer Position, die gewählt wurde. Und die es dann auszuhalten, statt wegzureden gilt.
Auch darin gebe ich Dir recht, aber so, wie der Mensch gebaut ist, mag er das vielleicht in seinem Kämmerlein tun, aber das gibt niemanden das Recht, es ihm unter die Nase zu reiben, und das ist der Punkt, an dem Du persönlich wurdest.
Das ist der entscheidende Aspekt, an dem wir auseinander gehen.
Was gerade passiert mit uns hat vor allem strukturelle Gründe und wir müssen aufpassen, dass wir nicht versuchen, eine 'Schuld' auf der persönlichen Ebene zu verteilen. Wenn man versucht, alles was falsch läuft, auf der persönlichen Ebene zu 'lösen', kann man sich nur verrennen. Ich nehme mal das Beispiel 'Plastikmüll'. In den 90er Jahren wurde der Grüne Punkt entwickelt; ein System, das von Anfang an daran krankte, dass es nicht verpflichtend eingeführt wurde. In der Folge landete natürlich auch Plastik von Unternehmen in den gelben Säcken, die nicht Beiträge abführten und so geriet es mehrmals in finanzielle Engpässe, weil sie mehr Plastikmüll verwerten mussten, als sie eingenommen hatten - und der Steuerzahler musste einspringen. Aber über Jahre wurden die Leute angehalten, den gelben Sack zu nutzen - und es schien zum grünen Bewusstsein dazu zu gehören, ihn zu nutzen und andere darauf hinzuweisen, dass sie das doch gefälligst der Umwelt zu Liebe auch tun sollten. Jahre später taucht deutscher Plastikmüll an allen möglichen Enden der Welt auf - der aus den gelben Säcken, denn der andere wurde ja über den Hausmüll entsorgt und wird mittlerweile energierückgewinnend verbrannt!
Auf der persönlichen Ebene waren diejenigen Umweltsünder, die ihren Müll nicht trennten, aber das Problem war und ist strukturell: Auf Lobbydruck entstandene halbherzige Gesetze, dadurch mangelnde finanzielle Ausstattung, fehlende Kontrolle bei der Umsetzung der Verwertung.
Ich kann es verstehen, sich auch lyrisch mit dem Thema Umweltschutz auseinander zu setzen, aber das sollte uns nicht der Mühe entheben, Ursachenforschung zu betreiben und die Forderungen an der richtigen Adresse anzubringen. Das schlechte Gewissen ist kein guter Ratgeber, weil wir uns gegenseitig den erhobenen Finger zeigen und freiwilig 'divide et impera' spielen, ohne dass uns jemand dazu anhalten braucht.
Liebe Grüße
Petra