Schwein gehabt

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Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Schwein gehabt


Rosarot und dämlich grinsend,
steht die Sau aus Ton gebrannt
auf dem Schreibtisch von Herrn Vincent.
Angefüllt bis an den Rand.

Voll mit Münzen und auch Scheinen,
die Herr Vincent hart erspart.
Jahrelang hat er sich keinen
Wunsch erfüllt – und das war hart.

Stets Verzicht auf Sinnesfreuden
keine Weiber, keinen Suff.
So war’s bisher, aber heute
will Herr Vincent in den Puff.

Schluss soll sein mit all dem Jammer
sparsamster Enthaltsamkeit.
Ein entschloss’ner Griff zum Hammer
Vincent ist zur Tat bereit.

Nur ein Hieb, dann fliegen Scherben.
Welch brutaler Schweinemord!
Vincent kommentiert’s mit herbem
Lachen und schon reißt’s ihn fort.

Seht! Er eilt mit schnellen Schritten
zu dem Freudenhause hin.
Heiße Hintern, stramme Titten –
Danach steht ihm jetzt der Sinn.

Honorar rasch ausgehandelt
Schon geht’s hin zum Separee.
Ach wie grazi-ös sie wandelt
Schöööön - wie eine Märchenfee.

Und dann schubst sie ihn zum Bette.
„Komm! Mach schnell, die Zeit ist knapp!“
Beide müh’n sich um die Wette,
doch sein bestes Stück bleibt schlapp.

Lustlos hängt der müde Kleinwicht
bammelnd unter Vincents Bauch.
Viel zu spät kommt nun die Einsicht.
Was lang rastet - rostet auch.

Tief beschämt flieht er von hinnen.
Hohngelächter schallt ihm nach.
Erst in einer Kneipe drinnen
Wird sie ihm bewusst – die Schmach.

Er ersäuft sein hehres Leiden.
Plötzlich kommt an seinen Tisch
ne Bekannte früh’rer Zeiten.
Graue Maus und nicht ganz frisch.

Sie so einsam – er frustriert,
leiden beide fürchterlich.
Und wie’s manchmal so passiert…
Zack! Auf einmal mag man sich.

Kurz gesagt – nach allem Anschein
kommt da richtig Liebe auf
und der Rest vom Porzellanschwein
geht dann für Viagra drauf.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Ralph

Dein Gedicht gefällt mir in puncto Heiterkeit, mit seinen überraschenden Wendungen und dieser eigentümlichen Schanktischromantik. Solche Happy Ends fallen nur Optimisten ein!

Gruß

Elke
 

Kasper

Mitglied
Selten so gelacht !!!

Hallo Ralph - absolut gelungen, schwungvoll, humoristisch - ich bewundere Leute, die solch lustige Gedanken derart lieb und nett in eine sich reimende Geschichte zu verpacken vermögen. - Danke für die Unterhaltung !

Lieben Gruß,
Kasper
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Elke, hallo Kasper,

Wenn jemand zu einem Text, der in der Rubrik "Humor und Satire" steht, mit den Worten "Selten so gelacht" reagiert, dann empfinde ich das schon als verdammt dickes Lob. Und noch etwas hat mir gefallen: der von Kasper verwendete Begriff "sich reimende Geschichte". Ja - ich bin der Meinung, dass gereimte Gedichte vor allem Geschichten erzählen sollen. Alles andere (Gefühle, Gedanken, Wortmalereien usw. sollten der Lyrik vorbehalten sein. Oder irre ich mich da?

Dass solche Happy Ends nur Optimisten einfallen können, liebe Elke, halte ich für einen interessanten Gedanken. Ich werde mal in mich gehen und versuchen rauszukriegen, ob ich mich tatsächlich vorbehaltlos zu dieser Spezies zählen darf. Und wenn der Selbsttest negativ ausfallen sollte, bleibt mir immer noch das, was ich auch für eine wesentliche Triebfeder für solche Machwerke halte - nälich: Eine ausreichende Portion Selbstironie.

So - nun sag ich aber artig danke für eure netten Kommentare, stecke klammheimlich das Lob ein und schleich mich für heute von dannen.

Gruß Ralph
 

Walther

Mitglied
Mit einem Wort: Coooooool!

Bänkelsang ist nicht so leicht, wie er aussieht. Und hier sieht er verdammt leicht aus.

Das Motto, das gute Ende, gehört zu dieser Art von Bänkelsang wie der Knödel zum Schweinsbraten. Alles Andere hätte den Leser enttäuscht. Man muß kein Optimist sein, um dem armen Helden einen guten Ausgang zu gönnen. Schließlich hatte er ihn sich verdient. ;)

Gruß W.
 

Herr Müller

Mitglied
Viel zu selten

findet man solchen Genuss an geübter Reimkunst. Die Leichtigkeit des Seins eines Wasserbauers schlechthin. Als ich die Zeilen las, konnte ich die Worte schön im sächsischen Monolog einpendeln lassen. Dann las ich die Biographie und mir war alles klar.

Klasse!

Henrik aus Dresden
 
S

Stoffel

Gast
Sorry, MICH haut das nich vom Sockel.:(
(da bringt mich eher noch die Büttenrede zumlachen)
Ist nicht bös gemeinst. *smile*

Das zu meiner Bewertung.

lG
Sanne
 

Tinka

Mitglied
Das Gedicht ist wirklich gelungen!!!!
Reime und Rhythmus sind perfekt und der Inhalt kommt so bildhaft rüber, dass man sich jede "Kleinigkeit" gut vorstellen kann....
Ich habe mich beim Lesen köstlich amüsiert!
 

La Luna

Mitglied
Hallo Ralph, :eek:)

amüsiert habe ich mich königlich über Vincent, den Schlappschwanz. Aber mein Adlerauge - unter uns gesagt: es ist das linke - entdeckte auch ein paar kleine Mogeleien.

Beispiele:
Ein weiches grinsend zum scharfen Vincent
Sinnesfreuden - heute ??? Öhm...
Scherben - herbem
Leiden - Zeiten

Metrisch strauchel ich hier:
So war’s bisher, aber heute

Vorschlag: Lieber in der Silbenzahl mogeln als bei den Hebungen und Senkungen. Es fällt weniger auf, meine ich.
Wie findest du:
So war's bisher, doch heute (?)


So, und nun schließe ich beide Augen und danke dir für das Lächeln, das du mir beschertest. :eek:)


Lieber Gruß
Julia
 
S

Saurau

Gast
Hallo Ralph Ronneberger!

Schön zu lesen, die Enjambements in den ersten Strophen finde ich besonders gelungen.
Allerdings stören mich auch ein paar Reime im Sprachempfinden, vor allem der "Leiden-Zeiten"-Reim. Das könntest du überarbeiten, dann hätte das Gedicht mehr Gehalt.

Ansonsten aber meiner Meinung nach ein humoristisches Glanzstück, dem ich eine "Acht"-ung zollte!

Liebe Grüße,
Daniel
 
B

bonanza

Gast
also ne. die niederungen des humors.
das tut weh, von anfang bis ende zu lesen.

bon.
 
Hallo Ralph,

viele Grüße aus Sachsen...
Ich finde dein Gedicht super. Es ist lustig geschrieben und man rutscht beschwingt und flüssig durch die Zeilen. Super! Danke!

Viele Grüße, Steffen
 
M

Melusine

Gast
Na ja, ganz lustig, aber... ehrlich gesagt, die große Begeisterung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ist das deutscher Faschingshumor? Okay, nett gereimt, und sonst?
Nix für ungut... es lebe der Faschingsprinz.

LG Mel

P.S.: So Zeug hab ich auch schon geschrieben. Vielleicht nicht ganz so "perfekt" aber genauso "sinnig". Echt!
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein freundliches Hallo an alle!

Uff – da hat sich ja was angesammelt! Ich hoffe ich komme mit meinen Erwiderungen nicht schon zu spät. Ich wollte nicht respektlos sein (denn ein Nicht-Reagieren auf Kommentare halte ich durchaus für respektlos), aber es fehlt mir die Zeit an allen Ecken und Enden. Ich weiß, das ist die abgedroschendste Ausrede, die es gibt, aber ich habe wirklich keine andere.


@ La Luna
Ich fange mal mit dir an.
Bei aller Freude über dein „königliches Amüsement“ hat mich dein Kommentar doch auf den Boden der handwerklichen Tatsachen zurück geführt.

Ja – der „scharfe Vincent“ und das weiche „grinsend“ – ich sehe ein, dass das ein Schnitzer ist, der mir aber unbewusst sicherlich schon häufig passiert ist, weil ich zwischen scharf und weich in diesem Zusammenhang noch nie unterschieden habe. Künftig werde ich darauf achten. Wenn ich mir den vorliegenden Text mal richtig zur Brust nehme, werde ich wohl auf das „Grinsen“ der Sau verzichten müssen und Herrn „Vincent“ umtaufen.

„Sinnesfreuden“ – „heute“ , uff, das ist einfach nur peinlich. Da hilft nur umschreiben.

„Scherben“ – „herbem“ – das ist wirklich gemogelt, in der Hoffnung: „Wird schon keiner merken.“ La Luna hat es doch gemerkt und mir Kopfzerbrechen bereitet.

„Leiden“ – „Zeiten“ – O.k. – das ist ein ähnliches Problem wie mit dem scharfen Vincent. Mal sehen, was mir als Alternative einfällt.

Dein metrisches Straucheln bei der von dir angeführten Zeile kann ich momentan nicht so recht nachvollziehen. Aber das macht nichts. Die Strophe muss eh überarbeitet werden.

Vielen Dank, Julia. Du hast mich wirklich geholfen.


@ Walther,
dein Lob hat mich gefreut. Auf deinen Vergleich mit einem Bänkelgesang wäre ich allein nicht gekommen. Nun habe ich flugs im Lexikon nachgeschaut, was man unter Bänkelsang eigentlich genau versteht. Tja – und schon sah ich deine Meinung bestätigt. Ein wichtiges Element des Bänkelsangs soll wohl auch das Verspotten zeitgenössischer Missstände sein. Nun – das ist hier nicht der Fall, aber beim nächsten Mal…Würde mich reizen.


@ Herrn Müller
Dein Kommentar war nicht Wasser auf die Mühle, sondern Öl auf die arme Poetenseele. Das reicht aus, um ein halbes Dutzend Verrisse unbeschadet glatt wegzustecken. Hm – „sächsischer Monolog“ – darüber lohnt es sich vielleicht, nachzudenken.
Es grüßt der in der Leichtigkeit des Seins schwebende Wasserbauer.


@ Sanne:
Du schreibst: „Sorry, MICH haut das nich vom Sockel.
(da bringt mich eher noch die Büttenrede zumlachen)“


Also – alles falsch gemacht! Ne Büttenrede hätte ich schreiben sollen! Da könnte was dran sein. Wenn man Glück hat, kommt man damit sogar ins Fernsehen. Die Phantasie geht mit mir durch! Ich sehe mich schon auf mit Girlanden drapieter Bühne stehen, die Bude voller Pappnasen und nach jedem Vers das aufrüttelnde, durch Mark und Bein gehende Tätääh – tätääh – tätääh!
(Schade, dass ich kein Rheinländer bin – so bleibt mir solcher Ruhm verwehrt.)


@ Tinka,

natürlich habe ich deine Worte förmlich aufgesogen und sag Dank dafür. Vor allem deine Feststellung
„…der Inhalt kommt so bildhaft rüber, dass man sich jede "Kleinigkeit" gut vorstellen kann…“
Hat mich beruhigt. Enthebt sie mich doch der Suche nach einem Illustrator.


@ saurau
Auch für deine Worte vielen Dank. Bei den „Enjambement“ musste ich ungebildeter Tropf erst mal nachschlagen. Wieder etwas gelernt! Tja – es gab mal einen hier auf der Leselupe, der war Meister darin, wenn es um das Übergreifen eines Satzes über das Zeilenende ging. Vielleicht hat er mich ein wenig anstecken können.
Der blöde Zeiten-Leiden-Reim wurde schon angesprochen. Das wird „irgendwie“ ( ne Idee habe ich noch nicht) geändert. Besonders dann, wenn mehrere Kritiker den Finger in die gleiche Wunde legen, sollte man als Verzapfer des Textes in sich gehen.

@ bonanza
Also Schmerzen wollte ich mit meinem alles in allem doch recht harmlosen Geschreibsel nun wahrlich nicht bereiten. Das tut mir leid, ist aber nicht zu ändern. Was saurau (sicherlich ein wenig übertrieben) als ein „humoristisches Glanzstück“ bezeichnet, siedelst Du in den „Niederungen des Humors“ an. So unterschiedlich können Geschmäcker eben sein. Oder ist das vom literarischen Aufenthaltsort des Konsumenten abhängig? Ich muss gestehen, dass ich mich in den Niederungen durchaus ganz wohl fühle. Beim Versuch mich in die Schwindel erregenden Höhen der Dichtkunst hinauf zu schwingen, bin ich nämlich total gescheitert.
Denn:
1.Es ist die Luft da oben ziemlich dünn, und es ist schwer sich dort zu halten

2.die Flügel erlahmten zu rasch
3.ich habe Höhenangst

4. ich musste feststellen, dass man dort sehr einsam ist, weil sich zu den Höhen der heren Dichtkunst nur sehr wenige Poeten aufzuschwingen vermögen

5.es hat die Niederung den Vorteil, dass sie wesentlich dichter besiedelt ist als irgendwelche einsamen Gipfel. Vor allem dort trifft man dort die Menschen, die man Leser nennt.


@ Lachmalwieder
Wenn ein Leser beschwingt und flüssig durch die Zeilen rutscht, ist das ne Menge Lohn für die „schweißtreibende“ Reimsuche. Vielen Dank auch für die netten Grüße aus der Heimat, die mir immer dann gegenwärtig wird, wenn ich krampfhaft nach meinen Wurzeln suche.


@ Melusine,
„Na ja, ganz lustig, aber...“ Dein „Aber“ macht mich nachdenklich – denn – mehr als „Na ja, ganz lustig“ hatte ich eigentlich gar nicht vor.

„ehrlich gesagt, die große Begeisterung kann ich nicht ganz nachvollziehen.“
Große Begeisterung? Hm. Ist das nicht ein wenig übertrieben? Da teilen mir ein paar Kollegen mit, dass sie ein Schmunzeln auf den Lippen hatten. Das hat natürlich Begeisterung ausgelöst, aber wahrscheinlich nur bei mir.

„Ist das deutscher Faschingshumor?“
Ehrlich gesagt – ich weiß es nicht. Faschingsveranstaltungen meide ich (aus welchem Grund auch immer) bereits seit meiner Kindheit. Sollte mein Text in dieses Metier passen, würde ich darin einen von mir zu bedauernden Zufall sehen. Tja – und wenn ich es mir recht überlege, so könnte ich die Frage ja eigentlich an dich einfach zurück geben. Schließlich gestehst Du doch ganz am Ende deines Kommentars: „So Zeug hab ich auch schon geschrieben.“ Wie waren denn da die Erfahrungen?

„Okay, nett gereimt, und sonst?“
Also das „nett gereimt“ nehme ich erst mal als Mini-Kompliment. Das „und sonst“ lässt mich spontan darüber nachdenken, vielleicht einen längeren prosaischen und vor allem tiefschürfenden Exkurs über das Seelenleben eines einsam verknickerten Mannes in den besten Jahren zu schreiben, der plötzlich feststellt, dass er ne Menge im Leben versäumt hat und der dann völlig unvorbereitet die katastrophalen Wirkungen unvermuteter Erektionsstörungen an sich erleben muss.
Getreu meinem Motto: „Schreib über das, was Du kennst!“ hoffe ich, dieses Projekt noch möglichst lange aufschieben zu können.

„Nix für ungut...“
Da kannst Du sicher sein!

„es lebe der Faschingsprinz“
Das ist ja fast schon eine Beleidigung - siehe oben.


So, nun bin ich durch. Nochmals danke an alle, die sich hier geäußert haben. Und nun gehe ich nach draußen und schütte mir als Buße für mein spätes Reagieren einen ganzen Kübel Asche auf mein… Scheiße. Wir haben ja Ölheizung!

Gruß Ralph
 
M

Melusine

Gast
Hallo Ralph,
hmm, tut mir leid, war wohl bisschen sowas wie ein "Frustkommentar" (*schäm*, *zerknirschtguck*). Tatsache ist, die paar "lustigen Gedichtlein", die ich gelegentlich – einfach so zum Spaß – schreibe, riefen bei meinen lieben Anverwandten stets weitaus mehr und positiveres Echo hervor als das, woran wirklich mein Herz hängt (und womit sie nix anfangen können).

Da du, wie du sagst, mit Fasching genauso wenig am Hut hast wie ich, bitte ich (ernsthaft!) um Entschuldigung für die boshafte Unterstellung.

Eigene Erfahrung mit der Materie hätte ich dir selbstverständlich nicht unterstellt *lach*.

LG Mel
 
B

bonanza

Gast
ralph, ich habe mit den niederungen keine probleme,
wenn es sich nicht gerade um gedichte dreht.
ich stelle in vielen bereichen niedere ansprüche an das leben,
wo wieder andere menschen höhere hegen.

bon.
 



 
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