Ist natürlich alles völlig wahr, unwidersprechbar.
würde am liebsten mit kernigen
und zugleich wohl klingenden sätzen
alle großkotzigen untäter aufrütteln
für deren taten ich keine worte mehr finde
Das lyrische Ich hat einen Wunsch, einen Willen, - welchen, in welche Richtung geht sein Wusch, wozu dient er?
Er scheint spontan zu sein, nicht eben durch eine Einsicht vermittelt oder von einer vernünftigen Absicht geleitet. Der Gefühlsgeleitete dieses Wunsches will eine Art Kampf mit dem Rivalen ausfechten, ihn aufrütteln, nicht aber ihn umdrehen, überzeugen oder zur Einsicht bringen. Das lyrische Ich sieht sich als moralisch überlegen, sucht aber nicht die gemeinsame Sprache oder eine dem anderen verständliche Zielrichtung. Das läßt es als psychologisches Kräftemessen erscheinen, nicht als Plan oder Gespräch.
möchte ihnen in aller gelassenheit
in die aufgerissenen hassaugen sehen und
sie für ihre machtgier grenzenlos verachten
Ja, wie gesagt. Es kippt geradezu um in die Haltung eines Attentäters, nicht eines Dialogpartners. Dieser "Verächter" des anderen hat es aufgegeben, Vernunftgründe oder praktische Klugheit sichtbar zu machen. Er sucht deshalb nicht die klugen oder gar listigen Argumente, sondern die "kernigen" Sätze, mit denen jeder erfolgreiche Redner für seine Sache wirbt, den Erfolg der Kraft, nicht den Erfolg der kompromißbereiten Problemlösung. Der eine kämpft mit dem anderen, es ist das, was Walter Benjamin die Ästhetisierung des Politischen nannte.
Mit dieser Ästhetisierung des Kampfes als Kräftemessen, der eine Kernige gegen den anderen Kernigen, der eine Verächter gegen den anderen Stolzen, der eine Urteilende gegen den anderen Urteilenden, baut das lyrische Ich eine Metaphern-Parallele, eine antithetische, auf: Feder gegen Füller, Kraftmüller gegen Kraftmeier.
Das ist schon interessant. Und auch traurig, weil es schiefgehen muß, auf tragische oder komische Art.
So "dialektisch" schräg sind moralisch sich überlegen fühlende Verse, einerseits völlig unwidersprechbar, weil jeder auf der guten Seite steht, andererseits ungenügend, weil das Rechthaben sich nicht in Überzeugung des anderen verwandelt: Es ist ja nicht Gespräch, sondern Bejahungssuche bei einem Publikum, das ein wenig nach der "eigenen Partei" aussieht.
Schwierig.