Es ist in der Tat schon so viel dazu geschrieben worden, dass es schwer fällt, den Kommentaren in einer Antwort nicht bindend zu begegnen. So einleitend und aufklärend voran, was sich in vielen wieder findet:
Wie bist du auf den Namen "s' Josi" gekommen?
Die Figur hat es wirklich gegeben, die Szenerie und den ‚Namen‘, so, wie er hier zu lesen ist, ebenfalls.
Ich bin ursprünglich im Nordrheinwestfälischen verwachsen, dann vor vielen Jahren in die Schweiz ausgewandert. Dort bin ich in den Bergen gelandet, im Oberwallis. Beruflich wirke ich im psychiatrischen Umfeld. Damals war es die „Akut-Psychiatrie“ selbst, in der ich zu schaffen (so heisst es hier) begann und ebenso auch vielschichtig berührt ‚zu schaffen bekam‘.
"S'Josi" ist eine mundartliche Kürzung des z. B. im Bärndütsch gebräuchlichen, sächlichen Artikels "es", einhergehend mit einer wohlmeinenden Verkleinerung.“
„Gesetzt, "das Josi" wäre eine veniedlichende Koseform einer männlichen Person Namens Josua oder Joachim, …
Da ist schon ganz viel drin, was folgenden Ergänzungen bedarf:
Die Verwandlung ins Neutrum findet in einigen Bergregionen, dem Dialektischen und (in diesem Kontext vielleicht mehrsinnig
‚Mündelnden‘ einen Ausdruck.
So auch im vi(e)ldü(/i)tsch Schweizerischen Gebrauch.
In diesem Fall also im (mitunter für fremde oder gar zugewanderte Ohren sehr gewöhnungsbedürftig bis einfach nur hart wirkenden) Oberwalliser-Ditsch.
In diesem Fall auch greift es auf ‚ein Josef‘ zurück und behandelt ihn/es mit einer ins Neutrum wandelnden, bzw. verdinglichenden bis entpersonalisierenden (im Verweigern eines personare, eines Durchtönen als Mensch) Form.
Die Möglichkeit eines so vorangestellten „s‘“ ist dabei jedoch in seinen Intentionen sehr variantenreich und erschliesst sich selbst für darin geübtere Zuhörer oft nur sehr schwer.
Denn es kann durchaus in der hier richtig eingebrachten verniedlichenden bis kosenden Weise in der Benennung eines Menschen vorkommen, wie jedoch auch bis sehr abschätzende und entwertende Bedeutung erlangen – und dann gibt es gar noch Facetten dazwischen.
Wenn ‚man‘ sich also an einem Tisch mit Oberwalliser Mundart Sprechenden plötzlich selbst als „s‘“ kontextualisiert erlebt: Seien alle Ohren gespitzt, denn es kann sehr Vieles bedeuten, was einem schnell entgeht.
In diesem Fall lag mir vor allem eben die allgemeiner verständliche Entpersonalisierung am Herzen, deren Form sich in systemisch kongruenten Inhalten mancher ‚Behandlungen‘ der ‚Psychiatrie‘ wiederfindet – und hier real wiederfand.
„s’Josi“ wurde damals in einem akut-psychiatrischen Rahmen ‚platziert‘ (wie es in der schnörkellosen, hier gängigen Fachsprache heißt) und war dabei wie einige andere für sein Wesen und auch seine Aussicht auf Leben doch eher de-platziert.
Es gereichte in einem Schnellverfahren eines damals noch so lautenden „Fürsogerischen Freiheitsentzugs“ (den ich nicht umherkam, beim Rapport über manche Wesen als ‚freiheitlichen Fürsorgeentzug‘ - natürlich versehentlich - versprechend umzumünzen), um Menschen ohne schützende Sozialsysteme bei kleinsten Auffälligkeiten für die ‚Normal-Bevölkerung‘ in einer doch manchmal nur fraglich förderlichen akutpsychiatrischen Unterbringung zu ‚versorgen‘. Ich spreche „damals“, aber es hat sich ausser rein versprachlichenden Umbenenungen mancher Verfahrensweise nicht viel geändert bis heute.
„s’Josi lafft a bits vil, na u`s sabbert doch auch!“ – Der Josef trinkt etwas viel und sabbern tut er auch.
@Frodomir: Vielen Dank für Dein Kommentar, mit dem Du auch getroffen hast, welche Motivation mir hier beim Schreiben voranging. Wir kennen wahrscheinlich fast alle sehr unterschiedliche Anlässe, zu ‚schreiben‘. Aus psychiatrischen Kontexten heraus liegt es mir oft am Herzen, im Sinne derer zu schreiben, die selbst nicht oder kaum für sich sprechen können, weil sie vielleicht ihrem Wesen nach nicht über die Worte verfügen, die Gehör finden könnten oder auch, weil ihnen diese Worte dem Wesen anderer (oder mancher Systeme) nach genommen wurden.
… stirbt letzten Endes sogar, wenn ich es richtig verstehe…
Ja, das tat ‚es‘ – aber innerlich, nicht körperlich.
Naja, je öfter ich deine Ballade lese, desto häufiger denke ich: Vergiss, was ich über die Länge und die Handlung deines Gedichtes geschrieben habe, …
Die ist sicher auch nicht fraglos anzunehmen und es bleibt mir nur zu hoffen, dass es dennoch irgendwie passt.
Was dem einhergeht:
Wie sprechen wir für eine solche Person (der eben gerade diese abgesprochen wurde), und wie setzen wir ihr natürlich sehr einfaches Wesen in einen noch glaubhaften Ausdruck um? Sicher nicht mit Fremdworten, sicher nicht mit Hyperkomplexität, sicher nicht mit Worten und Formen, die eben gar nicht zu ihm passen können.
So habe ich versucht, selbst eher in sehr einfachen Worten, repetierend, vor sich hin schnitzend, vielleicht (und vielleicht hoffentlich) einfältig wirkendem Modus sein Erleben darzustellen.
@Trainee: Danke Dir ebenfalls für Dein wertschätzendes Kommentar! Für mich zumindest spielt es keine Rolle, ob in dem ursprünglichen (bevor verdinglicht, entpersonalisiert) Wesen ein Mann oder eine Frau gelesen wird. Denn dieses Schicksal der sprachlichen und einhergehend lebensrealen Behandlung betrifft beide Geschlechter und ihre Wesen.
In der Form erinnert mich dein Gedicht entfernt an ein malaiisches Pantun ... weil sich bestimmte Sequenzen wiederholen, die sich wiederum gut in das Bild des gleichförmigen Anstaltsalltags schmiegen…
Wow. Danke Dir. Ja, es war daran gelegen, einerseits dem Wesen des zu behandelnden Wesens wie dem der systemisch begegnenden Behandlung im ‚Einfach-Hierhin-Setzendenten-Und-Bis-Auf-Weiteres-Wieder-Sich-Selbst-Überlassenden‘ eine Form zu geben. Du hast das viel besser formuliert und eingebracht als ich. Und die pantun-ähnlichen Wiederholungen gehen damit konform.
(
Die Klippen des Kitsches umschiffst du diesmal mit großem Geschick,…
vor allem das freut natürlich umso mehr. Im „diesmal“ nehme ich einen Bezug z.B. zu „Dem Neugeborenen“ an, der Dir nicht so gut gefallen hat. Was aber auch nicht schlimm und durchaus verständlich ist. Der war, als ich mich vor ein paar Tagen das erste Mal in einem Forum wie diesem hier angemeldet hatte, gerade in der Mache und entsprang einem gänzlich anderen Ausgerichtet-Seins: Wir erwarten, da Gott will, in etwa drei Monaten unser erstes Kind. Wie es hier so üblich ist, verfasst man nach der Geburt darüber verkündende Karten – mit dann hoffentlich niedlichen Fotos und sowas allem drum und dran. Und dazu natürlich auch ein paar niedlichen Worten, mit denen man dennoch versuchen kann, einen Großteil der vielschichtig Bekannten abzuholen. Die ‚Leserschaft‘ ist also in einem eher einfachen Nenner zu vereinen und Du kannst es Dir als Klappentext einer hübsch-bis-niedlichen Geburtskarte vorstellen. Dass ich manchmal nicht umher kann, auch so etwas einem derart geschulten und intellektuell hochfliegenden Publikum wie hier unter die zwangsläufig rümpfende Nase zu halten, entspringt meinem experimentell-humorigen Gemüt. Ich hoffe, es sei trotz manchem Verschnupfen verziehen.)
@Andere Dimension: Du bist genau auf dem richtigen Dampfer. Wahrscheinlich auch gerade, weil Du Ähnliches erlebt hast. Und Dein Gefallen freut mich ganz besonders!
@aligaga: Wow! Danke auch Dir für Deine schätzenden Kommentare, die sehr aufmerksames Lesen beweisen, so Vieles schon begriffen haben und auch zeigen, wie wertvoll es sein kann, sich in einem solchen Forum anzumelden.
Dabei unter anderem, vor allem: Hast Du hier ganz klar eine Schwachstelle ausgemacht und benannt.
Da ich selbst nur ein eher kleiner Erdengeist bin, für den oft mehr einige Wirre in manche Zeit geboren wird, der außer manchen Leben nicht viel studiert hat, also nicht auf eine germanistische Hochbildung zurückblicken kann, sind es genau diese Aufmerksamkeiten, die mich hier auch weiter bringen können.
Inzwischen ist den doitschen Sprachschwächlingen der Dativ nach der Präposition "trotz" erlaubt, o @Ciconia. Wie doof das ist, erkennt an dem "trotz allen", das du nicht beanstandet hast und das man für einen Dativ Plural halten müsste, obwohl das ja gar keinen Sinn machte.
Verständlich wäre nur ein "trotz aller" oder "trotz allem".
Und Du wirst lachen, aligaga: Ich hatte sehr kurz nach dem Einstellen des hier Zitierten bei meiner Version zu Hause ebenfalls auf ein „trotz allem“ hin korrigiert, nachdem das „allen“ zu leichtfüssig reimend daher gestolpert war. Das kann aus grammatikalischen Gründen Sinn machen, wobei mir dabei umschliessend aber vielleicht auch eher ein Hinweisen auf sein „Werk“ (mit eigenem Wert und Bedeutung) maßgebend erschien.
Da „s’Josi“ aber eben durch mich (und ich dabei hoffentlich nicht auch zu ‚anmaß‘end) sprechend ein gar noch einfacheres Gemüt als das meine ausmacht, könnte vielleicht beides passen. Ich habe es dennoch, genau, wie von Dir hier auch empfohlen, in ein „trotz allem“ umgeschrieben.
Bitte bei weiteren solchen Auffälligkeiten wiederum Meldung machen!
(Als sehr gewöhnungsbedürftig empfinde ich Dein Sprechen von Dir selbst in der dritten Person.
Wenn mein Sprössling bald in ein Alter kommt, werde ich mich daran wieder mehr gewöhnen müssen. Daneben kann es natürlich im Sinne eines (Hoch-)Würdenträgers fungieren.
Nimm es bitte mit Zwinkern. Ich danke Dir wirklich und aufrichtig!)
Dabei diese wirklich lange Stellungnahme schließend mit allem Dank für die bisherigen Leser noch zwei sprachliche Anekdoten aus eben auch jenem u.a. Oberwalliser Dialektischen:
- Wenn Ihr Euch auf einer psychiatrischen Station befindet, so für Euch allein da steht, Euch jemand dann mit den Worten „Wie geht es Euch?“ anspricht … liegt das nicht zwangsläufig daran, dass sein psychotisches Erleben noch weitere Personen neben Euch ausmachen kann.
Hier ist der Pluralis Majestatis tatsächlich noch eine mehrheitlich gebräuchliche Form der Anrede – dem antwortend nicht ebenfalls zu entsprechen, gar als sehr unhöflich aufgenommen werden kann.
- Wenn eine Pflegeschülerin Euch danach mit den Worten begegnet „„s’Josi“-s Urin schmeckt grusig!“, dann hat sie nicht zwangsläufig davon getrunken. Hier entspringt das alltagssprachliche „schmecken“ dem rein olfaktorischen Sinne eines Riechens.
So ende ich denn vorerst in freudigem Aufgehoben-Sein durch all Eure Ein- und Ausdrücke neben besten neujahrzeitlichen Rutsch-Grüßen einen meiner Lieblinge einzitierend:
„Ich habe Euch so lieb! Ich würde Euch ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken.“