Soziale Kontrolle

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rothsten

Mitglied
Ich kann nicht beurteilen, welche regionalen Eigenheiten die Spießer in rothsten Umfeld aufweisen, hier "stösst" er sich aber wohl am heftigsten an den Begriffen "Mama und Papa",
Nö Frank, ich stoße mich nicht an den Begriffen "Mama und Papa", ich denke auch nicht, dass es auf besondere Eigenheiten der Spießer ankäme, so es die überhaupt gibt. Vielmehr denke ich, dass es höchst irritierend ist, dass der Erzähler hier ein Beteiligter ist, der auch noch alles weiß.

Ich fasse es zusammen, den beteiligten Erzähler nenne ich Hänschen:

- Hänschen beobachtet, wie seine Geschwister mit Dosenfisch werfen. Hänschen sitzt also in der Küche.


- Hänschen weiß, dass Papa denkt, dass Freddy nicht so mit seinem Liebhaberstück angeben soll. Hänschen kann also Gedanken lesen.


- Hänschen hört, was die Nachbarin hinter der weggezogenen Küchengardine fabuliert über die Cabrio-Fahrt. Hänschen kann also durch Wände hören, selbst aus großer Distanz.

Sorry, aber das ist uneinheitlich, solch einen beteiligten Erzähler kann es nicht geben.

lg
 
S

steky

Gast
So ganz erschließt sich mir nicht, wer hier kontrolliert. Freddy? Der ist nur ein freiheitsliebender Mensch, der Abwechslung im Familienleben sucht, welches er auf längere Zeit wohl nicht ertragen würde. Die Mama? Schon eher. Aber was kontrolliert sie denn? Die Neugierde der Nachbarn? Mhh ... Oder versucht sie, das Spießertum aufzubrechen, indem sie bewusst an der Norm vorbeiagiert?

Ich denke, wir haben es hier mit einer radikalen Form des Nonkonformismus zu tun - eine gesellschaftliche Sackgasse.

Mag sein, meine Gedanken sind zu ernst für eine Satire.

Gerne gelesen, diese lebhafte Geschichte!

LG
Steky
 
S

steky

Gast
Nur weil jemand etwas sagt, heißt das noch lange nicht, dass es so ist, rothsten!

Ich stelle etwas infrage. Das ist alles.

Steky
 
S

steky

Gast
Wo ist denn der Beweis für das Kontrollieren Freddies?

Kannst du mir ihn nennen?

Hier wird etwas angenommen, was nicht bewiesen ist.
 
A

aligaga

Gast
@Ali amüsiert sich köstlich: Bärbel Schäfer treibt eine Handvoll Dumpfbacken vor die Studiokamera und ihr fragt nach einem Kontrollsystem? Ein Kontrollsystem??

Hihi - es gibt keines!

Hans Magnus Enzensberger hatte doch schon 1988 das Fern-Sehen als ein Nullmedium entlarvt, das sich jedweder Vernunft entzieht. Eine Gegendarstellung erfolgte von Seiten der Öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten nie.

Der inzwischen flächendeckend erfolgende Zwangseinzug der Toiletten-Gebühr half, den Schwachsinn vollends zu entgrenzen. Inzwischen haben die Modera-Toren und ihre Kumpane die Intendanz übernommen. Sie heißen "Freddy", wenn sie männlich oder schwul sind; alles andere sind "Muttis". Letztere tragen beim cruisen keine Kittelschürzen oder fleckige tops, sondern viel zu enge und zu kurze Joppen und sehen darin noch schlimmer aus als Möpse, die Eier stehlen.

Sie behaupten, sie hätten alles im Griff. Dabei legen sie die Daumen und die Zeigefinger aneinander und blinzeln in die Kameras. Das ist alles.

Lachthränchen vergießend

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Guten Abend rothsten
Sorry, aber das ist uneinheitlich, solch einen beteiligten Erzähler kann es nicht geben.
Jepp, in der Form wie Du es schilderst - gebe ich Dir recht.
Aber wie wäre es mit einem auktorialen Erzähler, welcher sich lediglich der Begriffe aus diesem Umfeld bedient?
Die Mutter der Kindchen wird zu "Mama" (faktisch ihr "Name" in diesem Stück). Der Vater nennt sich "Papa" und der Besuch hört auf "Freddy". Ich glaube, wir sind uns alle einig, das es sich beim Besuch zum Glück nicht um "Atze" handelt. ;)

Kontrolle? Hat Freddy nicht. Er wird von den "Ereignissen" mitgezogen, überrumpelt. Zeigt sich schon im "Fett-Finger-Betatschen" durch die Kids.

Ich glaube, eigentlich wollte er mit dem Auto nur Eindruck vor seinem Freund schinden. Dessen Familie hingegen ist nur darüber Beeindruckt, wie man selbst vor den Nachbarn damit aufsehen erregen kann.
S`ist halt wie im wirklichen Leben. Jeder will zeigen, was er hat, und es soll doch bitteschön immer ein bischen mehr und besser sein als beim anderen.
Beobachten sich die Nachbarn deshalb nicht gegenseitig?

Keine Ahnung, ob ich nicht zu viel hineindeute, aber so sehe ich es halt.
Vielleicht gibt uns DS ja mal einen Einblick, was sie darzustellen versuchte?


Ach ja, und könnte bitte jemand die Sanitäter für unseren armen @ali bestellen? Er muß dringend seine Beruhigungsmittel nehmen.


Abendliche Grüße in die Runde
Frank
 

rothsten

Mitglied
Aber wie wäre es mit einem auktorialen Erzähler, welcher sich lediglich der Begriffe aus diesem Umfeld bedient?
Moin Frank,

das ist doch genau der Punkt, genau so wirkt es! Ich denke aber, auktorial und beteiligt beißen sich, man müsste hier schärfer konturieren ...

Damit will ich es gut sein lassen zu diesem Thema. Scheint ja nur mein Problem zu sein.

@steky: Ich habe Dir nichts unterstellt, ich habe Deine Worte für meine Zwecke interpretiert. Entspann Dich. ;)

lg
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wie ich bereits schrieb: die Szene beschreibt ein auktorialer Erzähler, der von außen auf das Geschehen blickt und gottgleich alles sieht, hört und fühlt. Ich verstehe nicht, wie man auf einen beteiligten Erzähler kommen kann.

Der Allwissende richtet quasi einen Scheinwerfer auf die Szene am Abendbrottisch und erzählt.


Aber FrankK hat es ja verstanden, von daher bin ich beruhigt. :)

@steky: Im Text steht ganz klar, dass Mama die Nachbarn mit sozialer Kontrolle verbindet, die diese bei ihr leisten. Das ist alles. Sie gibt ihnen nur neue Nahrung ...




Vielen Dank für die Wertung!

und lG,

DS
 

onivido

Mitglied
Was koennte ich nach so vielen analytischen, kritischen, phantasevollen, intelligenten Kommentaren noch sagen koennen, ausser dass mir die Geschichte schlicht und einfach gefaellt, ohne wenn und aber.
 
M

Metino

Gast
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Abendbrottisch.
Sorry aber dieser Satz ist der erste und enthält schon mehrere Fehler, das ist wirklich Satire pur.
Meine verehrten Herren und Damen, na ja wie auch immer :D
Ein Abend um den Abendbrottisch

Dazu mehrere Fragen

1. Gibt es für jede Tageszeit einen eigenen Esstisch oder muss diese unbedingt mit Pleonasmen hervorgehoben werden?

Der Abend am Abendbrottisch
Wie groß ist die Wohnung, dass da noch 2 andere Tische für Frühstück und Mittagessen reinpassen? :eek:
Das sind gröbste Logikfehler und für Textarbeit gravierender ...
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo metino,

es gibt noch viel mehr Tische in diesem Haus, nicht Wohnung. Einen Frühstückstisch, einen täglich wechselnden Mittagstisch und einen Ausziehtisch, auf dem es Mama und Papa treiben. Zudem einen Couchtisch für diverse Potatoes, außerdem einen Wickeltisch für die Jüngsten und einen Beistelltisch für Beischläfer. Einen Bügeltisch für Geplättete.
Und manchmal wird es in dem Haus richtig idiotisch.

:)

Der von Dir bemängelte Abendbrottisch suggeriert die Mahlzeit, die eingenommen wird. Das meinte ich.


LG DS
 
S

steky

Gast
Ich denke, Metino bezieht sich eher auf die Doppelung. Das fällt mir auch erst jetzt auf. Der erste Abend macht den zweiten überflüssig.

LG
Steky
 
M

Metino

Gast
Right Steky
Doc S, nichts für ungut, dass man abends nicht, beim Frühstück oder Mittagessen sitzt dürfte klar sein.
Gruß
Peer
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Esstisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund, ledig, Single, keine Kinder. Ein Kerl wie ein Schrank. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, weil er sie sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio gucken. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und sagt zu Freddy: "Los, fahr mit mir um den Block. In diesem Cabrio. Mit offenem Verdeck! Und schön langsam fahren. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat? Wozu soll dat gut sein?"

"Wegen sozialer Kontrolle, Schatz. Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles. Meinen sie. Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet Papa ein. Freddy ist sehr amüsiert. Er ist sowieso für jeden Spaß zu haben. "Los, am besten ziehst du dir noch einen Fummel an", sagt er zu Mama, " das verwirrt doch komplett!"

Mama ist viel zu schlau für so etwas. "Nee, natürlich nicht. Im Alltagsoutfit. Dann verstehen die die Welt nicht mehr. WAS findet der denn an der?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Nachbarin zur Rechten lupft die Küchengardine. Wer macht da so einen Krach? Sie sieht Mama in Shorts, ausgelatschten Friedenssandalen und fleckigem Top zu einem Rambo-Verschnitt in ein weißes Cabrio steigen.
"Schau mal", sagt sie zu ihrem Mann, "die von nebenan hat irgendeinen Neuen. Oder ist das ihr Bruder? Komisch, hab den noch nie hier gesehen. Bah, was ein Angeberauto. Die Frau hat doch Kinder. Schämt die sich nicht, in so einem Auto zu sitzen?"

Mama hat die Nachbarin schon gesehen. Sie versucht, nicht zu lachen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Die anderen Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Die Nachbarn bemühen sich, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren, aber zwei halten aus Versehen die Gartenschläuche auf die Küchenfenster, als sie doch die Köpfe verdrehen.

Mama legt die Hand auf Freddys Arm, als sie beim letzten Haus vorbeifahren. Die Rentnergang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends hat sie nur ein Thema. Ein Thema! Und morgen auch.

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen und widersteht knapp der Versuchung, der Nachbarin, die noch immer hinter der Gardine steht, einen Kuss zuzuwerfen.

Freddy ist bald wieder in der Gegend...
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
@metino:

Ich habe schon verstanden, welche Doppelung Du meintest. Habe nun aus dem Abendbrottisch einen Esstisch gemacht und hoffe, das findet Gnade.

:)
 
M

Metino

Gast
Meine Meinung brauchst Du nicht, aber es erschien mir erwähnenswert.
Gruß
Me
 
L

Lupine

Gast
Mir hat`s auch gefallen!
Hier und da könntest du, wenn du magst, eine klitzekleine Veränderung vornehmen ...die ich nicht mit dem Rotstift markieren mag, um den Textfluss nicht zu stören:

Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Esstisch. Die Kinder bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund: Ein Kerl wie ein Schrank, ledig, Single, keine Kinder. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, die er sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Ein weißes BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und fragt: „Fährste mit mir um den Block? Mit offenem Verdeck? Und schön langsam. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat willze?"

"Nur wegen der Nachbarn, Schatz! Stehen doch ständig hinter der Gardine und observieren uns. Wenn ich vom Einkaufen komme, gucken die, WAS ich eingekauft habe. Glauben doch alles zu wissen. Aber nich` , dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet ein. Freddy ist amüsiert. Er ist für jeden Spaß zu haben. "Aber zieh dir noch einen heißen Fummel an", sagt er zu Mama.

Mama ist schlauer: "Auf keinen Fall. Ich komm` so mit, wie ich bin. Dann verstehen die die Welt nicht mehr: Was findet der bloß an so einer?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Küchengardine zur Rechten wird gelupft: Wer macht da so einen Krach? Man beobachtet die Nachbarin, wie sie in Shorts, ausgelatschten Sandalen und fleckigem Top in ein weißes Cabrio zu einem Rambo-Verschnitt einsteigt. "Guck dir das an, die von nebenan hat einen Neuen! Oder ist das ihr Bruder? Komisch, den habe ich hier noch nie gesehen. Bah, was für ein Angeberauto! Die Frau hat Kinder. Schämen sollte die sich …!"

Mama versucht, nicht zu lachen, als die Gardinen sich bewegen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Andere Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Man ist bemüht, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren. Aber zwei halten aus Versehen die Gartenschläuche auf die Küchenfenster.

Als sie beim letzten Haus vorbeifahren, legt Mama ihre Hand auf Freddys Arm. Die Rentner-Gang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends haben alle bestimmt nur ein Thema. Reicht sicher auch noch bis morgen...

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. In Zeitlupe entsteigt sie dem Wagen, widersteht nur knapp der Versuchung, den Nachbarn hinter der Gardine einen Luftkuss zuzuwerfen.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Esstisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund, ledig, Single, keine Kinder. Ein Kerl wie ein Schrank. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, weil er sie sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio gucken. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und sagt zu Freddy: "Los, fahr mit mir um den Block. In diesem Cabrio. Mit offenem Verdeck! Und schön langsam fahren. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat? Wozu soll dat gut sein?"

"Wegen sozialer Kontrolle, Schatz. Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles. Meinen sie. Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet Papa ein. Freddy ist sehr amüsiert. Er ist sowieso für jeden Spaß zu haben. "Los, am besten ziehst du dir noch einen Fummel an", sagt er zu Mama, " das verwirrt doch komplett!"

Mama ist schlauer. "Ich komm' so mit, wie ich bin. Dann verstehen die die Welt nicht mehr. WAS findet der denn an der?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Nachbarin zur Rechten lupft die Küchengardine. Wer macht da so einen Krach? Sie sieht Mama in Shorts, ausgelatschten Friedenssandalen und fleckigem Top zu einem Rambo-Verschnitt in ein weißes Cabrio steigen.
"Schau mal", sagt sie zu ihrem Mann, "die von nebenan hat irgendeinen Neuen. Oder ist das ihr Bruder? Komisch, hab den noch nie hier gesehen. Bah, was ein Angeberauto. Die Frau hat doch Kinder. Schämen sollte die sich!"

Mama hat die Nachbarin schon gesehen. Sie versucht, nicht zu lachen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Die anderen Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Die Nachbarn bemühen sich, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren, aber zwei halten aus Versehen doch die Gartenschläuche auf die Küchenfenster.

Mama legt die Hand auf Freddys Arm, als sie beim letzten Haus vorbeifahren. Die Rentnergang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends hat sie nur ein Thema. Ein Thema! Und morgen auch.

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen und widersteht knapp der Versuchung, der Nachbarin, die noch immer hinter der Gardine steht, einen Kuss zuzuwerfen.

Freddy ist bald wieder in der Gegend...
 



 
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